Wir gestalten Generationengerechtigkeit mit bester Bildung und Ausbildung, mit sicheren und wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen, mit einer Politik für die Familie, mit einer Politik für klare Werte. Das alles ist Politik für ein soziales Miteinander in Bayern. Aber Politik allein kann diese große Zukunftsaufgabe nicht meistern. Die Kraft und das Verantwortungsbewusstsein dazu müssen auch aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Woher aber kommt der Antrieb einer Gesellschaft, den Egoismus der Gegenwart
zurückzustellen zugunsten von Zukunftsinteressen? – Unsere Antwort lautet: Verantwortung für die kommenden Generationen, Liebe zur Heimat und Patriotismus für das Land, kein eigenes Glück ohne das Glück der Familie, kein eigenes Glück ohne das Glück des Landes.
Wir in Bayern vererben der nächsten Generation beste Chancen und nicht Schuldenberge und Zinslasten. Die Menschen in Bayern leben nicht auf Kosten der Zukunft. Wir in Bayern können unseren Kindern und Enkeln mit gutem Gewissen in die Augen schauen.
Der Wert einer Generation liegt nicht in ihrer Ernte, sondern in ihrer Aussaat. Deshalb bitte ich um Zustimmung zum vorliegenden Haushaltsentwurf.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat ist keine Redezeitbegrenzung vereinbart worden. Erste Wortmeldung: der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Kollege Maget.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Oder muss man jetzt schon „Graf Montgelas“ sagen? Ich weiß es nicht.
Nach einer solchen Rede muss man sich zunächst mit den unverhohlenen bundespolitischen Ambitionen des Bayerischen Ministerpräsidenten auseinander setzen. Denn unausgesprochen stand im Mittelpunkt seiner Rede wieder einmal etwas ganz Großes, etwas ganz anderes als die bayerische Haushaltspolitik. So wurden wir Zeugen einer neuerlichen Bewerbungsrede des Kanzlerkandidaten der Union.
Die vermeintlichen Fehler der anderen geißelt und brandmarkt man lautstark. Für die eigenen Fehler hat man leider überhaupt kein Gespür mehr. Die einzige Schwachstelle, die Sie heute eingeräumt haben, Herr Ministerpräsident, war die, dass die bayerischen Kinder auch nicht gescheiter auf die Welt kommen als die Kinder in Niedersachsen. Daran muss man offenbar noch arbeiten.
Längst hat sich die bayerische Landespolitik dem Machtstreben und dem Ehrgeiz des Ministerpräsidenten untergeordnet. Die verlorene Bundestagswahl 2002 arbeitet immer noch in ihm und treibt ihn an. Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt dazu:
Für Stoiber war und ist das Bundestagswahlergebnis 2002 ein großer Irrtum der Geschichte. Stoiber brennt, er brennt auf Revanche.
Für diese Revanche brauchen Sie Mobilisierungsthemen: Die Wiederbelebung des Nationalgedankens und das Zündeln in der Ausländerpolitik sind die einen Themen. Der ausgeglichene Staatshaushalt ist das andere Thema. Als Erstem soll es Ihnen hier in Bayern gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt, natürlich im Bundestagswahljahr 2006, vorzulegen. Sie wollen sozusagen die personifizierte schwarze Null sein.
Der bayerische Haushalt soll quasi das in Zahlen gegossene Psychogramm des Ministerpräsidenten sein.
Genau das ist das Problem. Diesem persönlichen Ziel ordnen Sie alles andere unter, leider auch unser Land und die Sorgen und die Chancen der Menschen in Bayern.
Im Gegenteil, jede Regierung muss mit Steuergeldern sorgfältig umgehen und mit Einnahmen sparsam wirtschaften. Es gibt keine Gebietskörperschaft mehr, die sich nicht um Haushaltskonsolidierung bemühen müsste und auch bemüht. Der Zeitpunkt aber, der Zeitrahmen, die Geschwindigkeit, das Ausmaß und die mittlere Perspektive müssen stimmen. Die Haushaltspolitik muss sachgerecht sein. Sie darf sich nicht nach persönlichen Motivationen und einem politischen Wahldatum richten. Das ist der entscheidende Vorwurf.
Ihre Haushaltspolitik, Herr Ministerpräsident, ist eindimensional. Sie besteht weit überwiegend aus Konsolidierung, aus Abbau und aus Kürzungen. Das ist Zwangssparen anstelle von Investitionen für die Zukunft. Sie wollen den ausgeglichenen Haushalt um jeden Preis und unter An
wendung sämtlicher Haushaltstricks. Die Eon-Verkaufserlöse geben Sie bereits aus, ehe sie überhaupt vereinnahmt sind. Am Grundstock verschulden Sie sich bis 2012 quasi bei sich selbst.
Unsere Philosophie ist eine andere. Für uns muss die Haushaltspolitik auch andere Ziele verfolgen. Sie muss vor allem Wachstumskräfte stärken. Sie muss die Konjunktur ankurbeln. Sie muss Investitionen fördern und damit einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leisten. Ein guter Haushalt muss im Gleichgewicht sein. Er muss alle diese Ziele gleichermaßen im Auge haben. Das haben Sie nicht.
Nur mit Kürzen, Schrumpfen und Bremsen kann man die Zukunft nicht gewinnen. Man schafft den Aufschwung nicht und kann auch nicht das größte Problem unserer Zeit, die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, in den Griff bekommen.
Die deutsche und die bayerische Wirtschaft stützen sich seit Jahren allein auf unsere Exporte. BMW, Audi, Siemens und MAN sind die Firmen, die Bayern im ersten Halbjahr ein beachtliches Wachstum beschert haben, das uns dabei geholfen hat, dass unser Land besser dasteht als andere in Deutschland. Richtigerweise verweist der bayerische Wirtschaftsminister auf eine florierende Exportindustrie, die ihre Ausfuhren um 12 % steigern konnte. Ich rate aber zur Vorsicht. Diese Absatzerfolge – vor allem in den USA – müssen nicht von Dauer sein. Sie sind im harten internationalen Wettbewerb immer in Gefahr. Weil das so ist und weil ein allein vom Export getragener Aufschwung nicht möglich ist, müssen wir endlich mehr für die Binnennachfrage tun und endlich auch unseren Mittelstand entscheidend stärken.
Der Mittelstand in Bayern hat es nicht leicht, vor allem wegen seiner Finanzausstattung. Deswegen ist es notwendig, das Mittelstandsfinanzierungsprogramm so zu gestalten, dass es auch wirklich genutzt wird, und endlich das Mittelstandsförderungsgesetz zu reformieren. In den nächsten Monaten gehen Sie das endlich nach 25 Jahren Bestand dieses Gesetzes an.
Sie müssen aber auch zugeben, wo andere dem Freistaat Bayern dabei helfen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Sie sagen zum Beispiel, das Zukunftsprojekt Galileo in Ottobrunn sei der Nachweis für die gute Politik der CSU in Bayern. Ich meine, das ist schon weit über der Grenze der Unverschämtheit.
Sagen Sie doch ein einziges Mal der Bundesregierung ein Dankeschön dafür, dass sie sich vehement dafür eingesetzt hat.
Sagen Sie ein einziges Mal danke schön dafür, dass sich die Bundesregierung für das Zukunftsprojekt eingesetzt hat, das Tausende von Arbeitsplätzen in Bayern schaffen wird. Es wurde in harter Konkurrenz zu anderen EU-Staaten hier bei uns angesiedelt. Bleiben Sie wenigstens ein einziges Mal bei der Wahrheit!
Wir brauchen für den Aufschwung auch eine steigende Nachfrage der öffentlichen Hände. Dazu haben Sie heute geradezu ein Lügengebäude aufgetürmt. Sie versuchen seit zwei Tagen, der Öffentlichkeit weiszumachen, dass Sie einen gigantischen Investitionshaushalt vorgelegt hätten. Seit gestern lese ich von einem neuen 300-MillionenEuro-Investitionsprogramm. Kein einziger Euro ist heute zusätzlich zu dem, was längst im Haushalt steht, angeboten worden – kein einziger Euro zusätzlich. Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren: Der Freistaat Bayern wird im Jahr 2006 die niedrigste Investitionsquote aufweisen, die es seit der Existenz der Doppelhaushalte in Bayern überhaupt gibt. Das ist die niedrigste Investitionsquote seit 1971.