Protocol of the Session on November 30, 2004

Zur Finanzierung. Wir haben eine Drittelfinanzierung: Ein Drittel zahlt der Staat, ein Drittel die Kommunen und ein Drittel die Tierseuchenkasse. Die Verursacher, nämlich die Landwirte, tragen ihren Anteil an den Kosten über die Tierseuchenkassenbeiträge, nämlich über dieses Drittel, das von der Tierseuchenkasse beigetragen wird.

Jetzt der Knackpunkt. Zukünftig ist das nach EU-Beihilferecht nicht mehr zulässig. Wir haben die neue Bedingung zu erfüllen, dass 25 % der anfallenden Beseitigungskosten von den Tierhaltern direkt zu erheben sind. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, ich wundere mich, dass sich so wenige dafür interessieren. Ihr werdet das von den Bauern in den nächsten Wochen um die Ohren geschlagen bekommen, dass es nur so kracht, weil nämlich die EU eine andere, eine sinnvolle Lösung, nämlich über eine Umlage über die Tierseuchenkasse, wie man es eigentlich machen könnte, nicht akzeptiert und ein Beispiel für das Aufblasen von Demokratie gesetzt wird, das für mich eine reine Horrorvision ist. Sie müssen sich nämlich Folgendes vor Augen führen: Um Gebühren – das sind diese 25 % Eigenanteil – in Höhe von 1 Million Euro einzuheben, muss man einen Verwaltungsaufwand von 500 bis 700 000 Euro dagegensetzen. Das muss man sich erst einmal ernsthaft vor Augen führen. Für mich ist das eine nicht nachvollziehbare Situation, und das hat in den letzten Jahren auch zu einer heftigen Gegenwehr der Rechtsabteilungen der Ministerien geführt. Ich verfolge das schon eineinhalb Jahre lang und muss sagen: Ich habe hohe Anerkennung vor den Bemühungen und den Kämpfen dieser Beamten aus den Ministerien. Aber leider hat es keinen Erfolg gebracht. Es hilft alles nichts, wir müssen das Gesetz so umsetzen, sonst gibt es Ärger mit der EU. Freilich kann man sagen, es sinken die Tierseuchenkassenbeiträge. Aber die Verwaltungskosten, die produziert werden, müssen die Landwirte tragen, ohne dass dahinter ein wirklicher Sinn zu erkennen ist. – Lassen wir das.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, eine vernünftige Regelung zu finden, wie man diese Einhebungen möglichst vernünftig und kostengünstig macht. Wir hatten Gespräche mit dem Kollegen Müller von der SPD-Fraktion mit den Betroffenen und haben verschiedene Modelle abgewogen. Das Ministerium hat nun die Aufgabe, das in Zukunft so zu regeln, dass der Schaden minimiert wird. Aber schlussendlich muss ich Ihnen murrend, aber doch Zustimmung zu diesem Gesetz empfehlen, weil wir denn keinen anderen Ausweg haben. Vielen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Als Nächster hat sich Kollege Müller, Memmingen, zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat ein besonders kurioser Vorgang. Nach meinem Verständnis soll die EU wichtige Aufgaben und Entscheidungen auf ihrer Ebene lösen, dort wo wichtige Entscheidungen anfallen, und den Versuch unternehmen, dass es überall gleich angewandt wird. Aber wie es dann gemacht wird, das halte ich schon im höchsten Maße für kurios. Die EU soll die wichtigen Entscheidungen treffen und nicht Inkassoverfahren

auf Landesebene vorschreiben. Dies halte ich gelinde gesagt für einen Unfug.

Worum geht es? Der Kollege Dr. Huber hat es bereits angesprochen. Wir müssen jetzt – ich will es kurz machen – 1 Million Euro direkt bei den Bauern erheben. Das geht anhand der jetzigen Konstruktion, wie es seit vielen Jahren üblich war und sich bewährt hat, nur mit einem sehr kuriosen Verwaltungsaufwand. Um 1 Million Euro einzusammeln, muss man 500 000 Euro dafür in die Hand nehmen. Wenn jemand ein Beispiel sucht, an dem man deutlich machen kann, dass die Bürokratie überbordet, dann findet man es hier. Das ist im Grund nicht akzeptabel.

Unter diesen Rahmenbedingungen mussten wir uns mit dem Gesetzentwurf auseinandersetzen und überlegen, welche Möglichkeiten wir haben, die 25 % möglichst gerecht und fair zu erheben. Ich sage ausdrücklich, es ging nicht darum zu sagen, dass wir es in Bayern hätten besser lösen können, sondern es geht um die Frage, wie wir mit den gesetzlichen Bedingungen fertig werden. Das war im Grunde genommen die Frage, die es zu lösen galt.

Es gab dafür zwei Wege. Die eine Möglichkeit war, es den Landkreisen zu überlassen. Da hätten wir allerdings ein Problem mit der Konnexität bekommen. Das Konnexitätsprinzip bedeutet, dass die Kommunen dann, wenn sie eine Aufgabe übertragen bekommt, auch Geld dafür erhalten muss. Hier bekommt sie allerdings kein Geld, sondern nur die Anweisung, wie sie die Gebühren erheben muss. Das ist nicht gerade die beste Lösung, und da kann man nur feststellen, dass eine böse Tat die nächste gebiert. Wir sind darüber nicht glücklich.

Die andere Möglichkeit war die Beantwortung der Frage, wen es betrifft. An letzter Stelle der Betroffenen steht letztendlich der Bauer, der die Gebühr bezahlen muss. Und da ist es für unsere Fraktion von Bedeutung gewesen, wie bei allem bürokratischen Aufwand der Schaden für die betroffenen Bauern unter den gegebenen Voraussetzungen, wie sie von Europa her gegeben worden sind, am geringsten gehalten werden kann. Unter den gegebenen Voraussetzungen mussten wir eine Lösung finden, die uns zwar allen nicht schmeckt, die aber in der Art, wie sie von der Staatsregierung vorgeschlagen wurde, letztendlich zielführend erscheint. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf

Drucksache 15/1424 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz auf Drucksache 15/2145 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endverhandlung ebenfalls zu. Ergänzend schlägt er vor, in § 4 als Tag des Inkrafttretens den „1. Januar 2005“ einzufügen. Wer dem Gesetzent

wurf mit dem vom endberatenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Inkrafttretenszeitpunkt zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, können wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durchführen. Ich schlage vor, diese in einfacher Form durchzuführen. Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist angenommen und hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Tierkörperbeseitigungsgesetzes“.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 11 Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, Ruth Paulig, Eike Hallitzky und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes (Drucksache 15/1183)

Zweite Lesung –

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Als Erste hat Frau Kollegin Paulig das Wort. 20 Minuten Redezeit pro Fraktion sind vorgesehen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Geht es nicht etwas schneller?)

Vielleicht schaffe ich es zwei Minuten schneller.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat beginnen zu unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes:

Bayern ist arm an natürlichen Rohstoffen, aber überreich an herrlicher Naturlandschaft.

(Manfred Ach (CSU): Das stimmt!)

Die Natur ist das Kapital für den Tourismus. Es wird aber immer deutlicher: Intakte Natur ist auch ein Standortvorteil Bayerns im Ansiedlungswettbewerb um moderne High-tech- und Dienstleistungsbetriebe.

Ich lasse jetzt einige Zeilen aus –

Naturschutz beginnt mit der Vorsorge für den Erhalt der wertvollen Landschaften.

Ja, das ist ein hervorragendes Vorwort gerade wenn man bedenkt, dass wir gerade den Antrag, die Beschneiungs

anlagen in Bayern betreffend, beschlossen haben: freies Schussfeld für Schneekanonen! Das ist genau das, was wir für die Debatte brauchen. Denn mein Zitat war die Regierungserklärung von Dr. Schnappauf vom

3. April 2003.

Wenn wir nun die bayerische Realität betrachten, sehen wir sehr deutlich, dass genau dies nicht umgesetzt wird und leider in den Köpfen der CSU-Fraktion überhaupt noch nicht angekommen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der praktischen Politik findet dieser Schutz der intakten Natur keinen Niederschlag. Dies ist umso dramatischer angesichts der Aufgaben, die wir von der EU-Ebene her übernommen haben, als da sind Natura 2000, Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und Ähnliches. Allein daran würden wir erkennen, dass ein anderes Handeln notwendig ist. Oder sehen wir uns einmal an, wie es mit dem Artenschutz bezüglich der Roten Liste aussieht. Nach der letzten Erhebung ist festzustellen, dass 40 bis 50 % der Pflanzen und Tiere in Bayern auf der Roten Liste stehen. Das sollte uns zu denken geben und uns veranlassen, ein konsequentes, modernes bayerisches Naturschutzrecht zu verankern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wäre unser Auftrag, eine moderne Naturschutzpolitik in unserem Lande Bayern umzusetzen und diesem Recht auch Geltung zu verschaffen.

Ich will daran erinnern, dass jetzt nachdem unter den alten CDU/CSU-Regierungen jahrzehntelang die Arbeit an der Novellierung eines modernen Naturschutzgesetzes gescheitert war, vom grünen Umweltminister ein solches Gesetz eingebracht und im März 2002 im Deutschen Bundestag verabschiedet worden ist. Das war in der Tat eine gewaltige Leistung, da gerade beispielsweise bei der Definition der fachlichen Praxis ein enormer Widerstand nicht nur aus den bäuerlichen Lobbyverbänden, sondern auch aus den Konzernen der Agrarindustrie gekommen war. Was ist gute fachliche Praxis? Hinsichtlich dieser Definition wurde lang gepokert und erheblicher Widerstand gegen vernünftige Regelungen geleistet. Zum Glück hat sich hier die grün-rote Bundesregierung durchgesetzt und letztendlich dann das Bundesnaturschutzgesetz verabschiedet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wesentliche Eckpunkte dieses Gesetzes sind der Aufbau eines bundesweiten Biotopverbundsystems auf 10 % der Fläche, die – wie ich bereits angedeutet habe – inhaltliche Definition der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, die Einführung des Verbandsklagerechtes für anerkannte Naturschutzverbände gegen Eingriffe in den Naturhaushalt, die Stärkung des vorsorglichen Naturschutzes durch die Einführung einer flächendeckenden Landschaftsplanung, die Neufassung der so genannten Eingriffsregelung und der Schutz vor der Ausbreitung fremder Tier- und Pflanzenarten.

Das sind wesentliche Rahmenbedingungen, die es hier in Bayern umzusetzen gilt. Es ist ja in der Tat so, dass durch dieses Gesetz das Bayerische Naturschutzgesetz bis zum April 2005 novelliert werden muss. Wir GRÜNE haben deshalb der Bayerischen Staatsregierung und auch Ihnen von der Mehrheitsfraktion, die Arbeit abgenommen und eine sehr qualifizierte moderne Fassung für ein modernes Naturschutzgesetz in Bayern vorgelegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Leider haben Sie in den Beratungen der Ausschüsse die Fassung inhaltlich nicht richtig aufnehmen können und lehnen diesen guten Gesetzentwurf ab. Ich bedaure es sehr, aber ich glaube, engagierte Beamte in den bayerischen Naturschutzbehörden wissen, welchen Meilenstein wir mit diesem Gesetzentwurf gesetzt haben.

Lassen Sie mich auf fünf Punkte eingehen.

1. Wir fordern erstens in Bayern die Schaffung eines Biotopverbundes auf mindestens 15 % der Landesfläche – Artikel 2 b.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie werden jetzt fragen, warum? Wir wollen diese 15 %, weil wir in Bayern wertvolle Landschaftsbestandteile zu schützen haben, die weit über die 10 % der Bundesgesetzgebung hinausgehen. Wir haben durch die Natura2000-Regelungen bereits heute über 11 % der Fläche geschützt und wenn wir allein die Bayernnetz-Naturgebiete dazunehmen, die nicht in Natura 2000 erfasst sind, oder die Nationalparks und die Biosphärenreservate in ihrer Gesamtheit, dann liegen wir weit über 15 %. Insofern ist der Biotopverbund in Bayern mit 15 % ein richtiger, wichtiger und notwendiger Anteil und eher das Minimum dessen, was es zu schützen gilt als ein Maximum, wie Sie es dargestellt haben.

2. Wir fordern zweitens eine Ausführung des neuen Verhältnisses von Naturschutz und Landwirtschaft durch die Definition einer guten fachlichen Praxis im Naturschutzrecht – Artikel 2 c. Es ist ganz klar gesagt, dass landwirtschaftliche Nutzung standortangepasst erfolgen muss, nachhaltige Bodenfruchtbarkeit gewährleistet bleiben muss, die langfristige Nutzbarkeit der Flächen gewährleistet sein muss – das sind wichtige Parameter –, vermeidbare Beeinträchtigungen vorhandener Biotope zu vermeiden sind, Pflanzenbau und Tierhaltung im ausgewogenen Verhältnis stehen müssen, schädliche Umweltauswirkungen zu vermeiden sind, auf erosionsgefährdeten Hängen in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ein Grünlandumbruch zu unterlassen ist. Das ist, so meine ich, eine Mindestbedingung für gute fachliche Praxis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht zuletzt, wenn wir auf den Wald sehen, fordern wir die standortheimischen Forstpflanzen und nicht irgendwelche Fichtenmonokulturen.

3. Lassen Sie mich Punkt 3 unserer inhaltlichen Änderungen anführen: Die Landschaftsplanung muss zu einem zentralen Instrument des Umwelt- und Naturschutzes ausgebaut werden, und zwar so, dass wirklich Vorsorge umgesetzt wird – Artikel 3. Es geht darum, den vorhandenen und den zu erwartenden Zustand von Natur- und Landschaftspflege zu bewerten. Es geht um die Konkretisierung von Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes. Es geht auch um die Sicherung der Erholungsvorsorge. Es geht darum, in der Landschaftsplanung vorhandene Hochwasserrückhalteflächen zu sichern, zu erhalten, zu erweitern und zu verbessern. Hierzu brauchen wir auch in der Landschaftsplanung konkrete Äußerungen zu den zu ergreifenden Maßnahmen. Zum Beispiel ist zu klären: Wie kann das Natura-2000-Netz nachhaltig gesichert und verbessert werden? Wie kann die Umweltqualität, die Regeneration von Böden, Gewässern, Luft und Klima verbessert werden? Wie kann die Artenvielfalt in Bayern gesichert werden.

Genau das muss an Zielen und konkreten Maßnahmen in der Landschaftsplanung verarbeitet, festgehalten und dann tatsächlich in der Umsetzung berücksichtigt werden.