Protocol of the Session on May 12, 2004

Heute haben wir noch einen anderen Grund erfahren dürfen, warum Dr. Stoiber im Moment gar so holzt, gar so geifert. Er will Superminister im Kabinett Merkel werden. Superminister Stoiber ist gleich SMS und genau so nervend. Frau Merkel wird Ihren großen Spaß haben, wenn ständig jemand hinter ihr steht und mit dem Zeigefinger fuchtelt und alles, wirklich alles besser weiß.

(Beifall und Lachen bei den GRÜNEN)

Wegen seiner Berlin-Ambitionen musste unserem Ministerpräsidenten etwas ganz besonders Intelligentes einfallen zu Vertretern des jetzigen Kabinetts in Berlin. Zu Joschka Fischer wollte er sagen „Hobby-Ökonom“ und „Vielflieger“. Im Redemanuskript steht es noch. Er hat es sich aber dann doch verkniffen. Ich verkneife es mir nicht, dies zu kommentieren. Wenn man den Außenminister als „Vielflieger“ bezeichnet, ist das so intelligent, als wenn sich einer darüber beschweren würde, dass Wasser nass ist, oder feststellt, dass eine Schwangere im achten Monat einen dicken Bauch hat.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Zum Ausdruck „Hobby-Ökonom“ fällt mir ein, dass einem Juristen, der zeitlebens nur in der Ministerialbürokratie und der Politik tätig war, nicht der ganz große ökonomische Sachverstand zuzutrauen ist, zumal wir wissen, was Ministerpräsident Stoiber in den letzten Jahren verbrochen hat. Die lange Reihe an Pleiten, Pech und Pannen brauchen wir uns nur in Erinnerung zu rufen. Uns schwant nichts Gutes.

(Manfred Weber (CSU): Was hat das mit der Europapolitik zu tun?)

Auch in der heutigen Rede haben wir nur sehr viel Kritik und viele Forderungen an den Bund und die EU zu hören bekommen und ganz wenig dazu, wie Sie, Herr Dr. Stoiber, und wir alle von Bayern aus das Beste für Bayern machen wollen, obwohl Ihre Regierungserklärung den schönen Titel trägt „Bayerns Chancen gestalten“.

Seit drei Jahren reitet die Staatsregierung auf ihrem 100Millionen-Euro-Ertüchtigungsprogramm herum. Sie

scheint sich darauf auszuruhen. Jetzt werden die Milliarden-Investitionen im Rahmen zuerst der „Offensive Zukunft Bayern“ und dann der „High-Tech-Offensive“ bemüht. In unseren Augen sind das zum großen Teil Fehlinvestitionen und das Verscherbeln von Tafelsilber.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Zu dem Beispiel Türkei-Diskussion: Sie haben dieses Thema zum Wahlkampfschlager, zur Mobilisierungskeule erklärt. Das war am letzten Wochenende der einstimmige Beschluss des CSU-Wahlaufrufs. Darin heißt es, die Europawahl sei eine Volksabstimmung über den Beitritt der Türkei. Worum geht es eigentlich? – Herr Herrmann scheint immer noch nicht begriffen zu haben, worum es in der Türkei-Diskussion geht: Für Ende dieses Jahres ist von den EU-Staats- und -Regierungschefs – einschließlich von Herrn Kohl – zugesagt worden, dass es eine Terminvereinbarung für den Beginn der Beitrittsverhandlungen geben soll. Es wird also ein Termin vereinbart, wann mit den Beitrittsverhandlungen begonnen wird. Dies passiert nur, wenn es grünes Licht seitens der EU-Kommission gibt. Anders als Sie suggerieren, ist der mögliche Beitritt der Türkei keine Frage von Monaten oder wenigen Jahren, sondern, wenn überhaupt, von einem Jahrzehnt oder mehr.

Die Türkei ist seit Jahrzehnten als Beitrittskandidat im Gespräch. Das Assoziierungsabkommen datiert aus dem Jahre 1963. Aus dem gleichen Jahr gibt es den schönen Spruch des damaligen Bundeskanzlers Adenauer: „Die Türkei gehört zu Europa.“

(Margarete Bause (GRÜNE): Adenauer war modern im Gegensatz zu Stoiber!)

1996 kam die Zollunion. 1997 war es noch einmal Ihr gemeinsamer Kanzler, der ganz massiv den Beitritt der Türkei in die EU propagiert hat.

Meine Damen und Herren von der CSU, Herr Ministerpräsident, es ist gar keine Frage: Ein Türkeibeitritt in die EU birgt erhebliche Risiken und sorgt für große Herausforderungen. Diese gilt es zu diskutieren, und diese gilt es abzuwägen. Kriterien wie Tragfähigkeit, auch finanzielle Tragfähigkeit, Identität und Werte müssen hier diskutiert und abgefragt werden. Das ist keine Frage. Aber so, wie Sie mit dem Thema umgehen, ist es einfach nicht redlich, und es ist nicht statthaft. Dieses werden wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bezeichnend ist, dass Edmund Stoiber den Beitritt der Türkei wegen der Inkompatibilität mit der seiner Meinung nach jetzt notwendigen Vertiefung der europäischen Integration ablehnt. Ich zitiere:

Wenn wir eine Erweiterung der EU ablehnen, ist das nicht eine Aktion gegen die Türkei, sondern es ist eine politische Weichenstellung zur Vertiefung der politischen Union.

Das ist in der „Süddeutschen Zeitung“ nachzulesen. Was bedeutet „Vertiefung der Union“? Das heißt: mehr Kompetenzen für die Union und die Abgabe von Souveränitäten der Mitgliedstaaten. Schauen wir uns doch das Motto der CSU im Europawahlkampf einmal an; das lautet doch ganz anders. Da heißt es doch: „So viel Europa wie nötig“, also genau das Gegenteil von Vertiefung der Integration. Was wollen Sie denn eigentlich? Diese Beliebigkeit setzt sich fort und fort und fort. Aber wir denken, die Wählerinnen und Wähler werden auch draufkommen und werden Ihnen das nicht durchgehen lassen.

Der Ministerpräsident warnt vor einer finanziellen Überlastung der Europäischen Union, verkündet gleichzeitig aber, er wolle die Türkei an europäischen Programmen teilhaben lassen. Was gilt denn jetzt eigentlich? Während CSUWahlkämpfer und -Bierzeltredner nicht müde werden, mit einer Wanderungsbewegung aus der Türkei nach Deutschland zu drohen, versucht Herr Stoiber wieder in einem Interview, die privilegierte Partnerschaft zu erklären. Die eine Erklärung war die Teilhabe an den Programmen, die andere Erklärung ist die Teilhabe an den Grundfreiheiten. Zu den Grundfreiheiten gehören aber auch die Niederlassungsfreiheit und die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Was gilt denn hier jetzt eigentlich, Herr Ministerpräsident?

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Das ist ja wahnsinnig spannend!)

Wie bei anderen europapolitischen Themen auch, treiben Sie in der Türkeifrage ein Doppelspiel. Auf der einen Seite treten Sie europäisch-staatsmännisch auf, auf der anderen Seite werden Ressentiments in die Bevölkerung hineingetragen bzw. verstärkt. Niedrige Stimmungen werden bedient, nur um auch ganz rechts außen zu punkten. Darum geht es Ihnen in erster Linie.

Mit der Begründung, Volkes Stimme müsse gehört bzw. berücksichtigt werden, wird Volkes Stimme zuerst geweckt oder zumindest geölt. Der Vorschlag der privilegierten Partnerschaft ist nichts anderes als eine Leerformel, ein für die Türkei nicht akzeptables Zurückrudern. Die Kampagne von Merkel und Stoiber – Herr Maget hat es schon benannt – ist eine ganz, ganz gefährliche Brandstifterei. Wenn jetzt die versprochene Beitrittsperspektive zurückgeholt wird, schwächen Sie auf diese Art und Weise die Bemühungen der Türkei etwa in Richtung Demokratisierung und Beachtung von Menschenrechten, in Richtung wirtschaftspolitischer und haushaltspolitischer Konvergenz. Sie stärken dadurch extremistische Kräfte in der türkischen Politik, und Sie stärken dadurch auch die Islamisten. Liegt das im Interesse Deutschlands? Liegt das im Interesse der anderen europäischen Mitgliedstaaten? Liegt das im Interesse Bayerns? – Wir sagen: Nein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für uns überwiegen nach Abwägung aller Gesichtspunkte die Chancen eines Türkeibeitritts. Wir sehen den Beitritt der Türkei in die Europäische Union als Chance für ein Modell der Vereinbarkeit von Demokratie und Menschenrechten mit einer mehrheitlich islamischen Gesellschaft, wobei man immer wieder betonen muss: Die Türkei ist kein islamischer Staat, sondern wir haben dort einen ganz, ganz strengen Laizismus, viel strenger als sonst wo in Europa. Herr Bocklet wäre beispielsweise grenzwertig. Mit seinem Schnauzer dürfte er in einer türkischen Behörde gar nicht mehr arbeiten.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das darf er ja auch nicht! – Gegenrufe von der CSU – Blasius Thätter (CSU): Das ist schon ziemlich schwach!)

Wir sehen den Beitritt der Türkei als strategische außen- und friedenspolitische Chance für die Europäische Union im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Hervorzuheben ist die Funktion der Türkei als Brücke zum Nahen und Mittleren Osten und als Brücke zum Islam. Aus eben diesen Gründen fordern wir die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf, ihre Zusagen bezüglich der Beitrittsverhandlungen einzuhalten und eine unzweideutige Beitrittsperspektive für die Türkei zu eröffnen, sofern die Kommission die für den Beitritt der Verhandlungen notwendigen Fortschritte konstatieren kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nochmals ganz klar gesagt – man muss es offensichtlich stets wiederholen -: Anders als viele Beitrittsgegner glauben machen wollen, ist der Beitritt der Türkei keine Frage von Monaten oder Jahren, sondern es wird länger dauern. Im Dezember wird nicht über den Beitritt entschieden. Wie für alle anderen Aspiranten gelten auch für die Türkei die Kopenhagener Kriterien von 1993. Also müssen die Übernahme der Ziele der politischen Union, der Wirtschafts- und Währungsunion und des Acquis communautaire – also sämtlicher EU-Verordnungen und EU-Richtlinien, eine funktionierende Marktwirtschaft, die wiederum eine funktionierende Verwaltung voraussetzt, institutionale Stabilität zur Gewährleistung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten sowie Schutz von Minderheiten und schließlich auch die Lösung der Kurden- und der Zypernfrage gegeben sein. Sie können sicher sein: Wir schauen da wesentlich genauer hin als Sie.

Es war ja eh rührend, wie Herr Herrmann sich auf einmal zu den Menschenrechten geäußert hat. Nach der Erfahrung, wie Mitglieder Ihrer Partei leichtfertig mit Diktaturen in Südamerika, aber auch mit Diktaturen im südlichen Europa umgegangen sind, freuen wir uns natürlich, wenn in der Menschenrechtsfrage ein Fortschritt festzustellen ist. Ob wir Ihnen solche Ausführungen abnehmen, sei dahingestellt.

Wir sagen ganz klar: Es wäre wünschenswert, wenn die türkische Regierung den Völkermord an den christlichen Armeniern im Jahr 1915 anerkennen und verurteilen würde. In jedem Fall muss in der Türkei darüber eine Diskussion möglich sein, ohne dass Sanktionen drohen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Überhaupt gilt es, sofort die immer noch sehr, sehr virulenten Menschenrechtsverletzungen in der Türkei einzustellen. Unlängst war eine Abordnung des Europäischen Parlaments in der Türkei. Sie hat hier noch gravierende Mängel festgestellt. Ähnliches ist auch im neuesten Bericht von Amnesty International nachzulesen. Da wird mit Sicherheit nicht lockergelassen. Das ist ja auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den es abzufragen gilt. Aber wenn wir jetzt die Tür zuwerfen würden, würden wir nur großen Schaden anrichten.

Wie es um die Beitrittsfähigkeit der Türkei bestellt ist, ist anhand der jeweiligen Fortschrittsberichte zu überprüfen. Fazit ist: Die Türkei soll und will hier keinen Bonus erhalten, aber sie soll auch keinen Malus erhalten, wie es manchem Wahlkämpfer zurzeit wunderbar in den Kram passen würde.

Es liegt nahe, dass sich die Damen und Herren der CSU beim Thema Türkei genauso oder so ähnlich verhalten wie beim Thema der Osterweiterung. Heute verkündet die Staatsregierung – ich zitiere -:

Die Osterweiterung der Europäischen Union ist eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Notwendigkeit, zu der es keine Alternative gibt. Die Bayerische Staatsregierung hat sich immer zur Erweiterung der EU bekannt und sich dafür ein

gesetzt, Ost- und Westeuropa zusammenzuführen.

Dazu kann ich nur sagen: Wie verlogen, meine Damen und Herren, wie verlogen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

„Immer dafür eingesetzt“ – diese Formulierung zeigt, wie unredlich Sie doch sind. Ich zitiere einige wenige Überschriften aus der „Süddeutschen Zeitung“ vom Sommer 1998. Erstens: „Größere EU macht Union Sorgen.“ Zweitens: „Streit über Osterweiterung der EU – CSU gefährdet Bündnisfähigkeit Bonns“. Drittens: „Bundesaußenminister im SZ-Gespräch: Stoiber geht mir auf den Geist“. Wer war damals Außenminister? Nicht etwa Joschka Fischer, den interessiert gar nicht, was Stoiber macht. „Stoiber geht mir auf den Geist“ hat Außenminister Kinkel gesagt. In dieser Überschrift heißt es weiter: „Kinkel: Bayerns Regierungschef schadet deutschen Interessen“.

Genauso war es. Von wegen, Sie hätten sich immer dafür eingesetzt! Bis 1998 haben Sie genölt, gemeckert und versucht, das Ganze zu bremsen. Wir können sicher sein: Wenn es mit der Türkei so weit ist, wird die CSU die erste Partei sein, die wieder sagt: Wir haben das schon immer für richtig gehalten; wir fanden das immer richtig, und wir haben uns schon immer dafür eingesetzt. – Das ist das übliche Spiel der CSU. Ich frage mich nur: Für wie vergesslich halten Sie die Opposition im Bayerischen Landtag? Für wie vergesslich halten Sie die Medien? Für wie vergesslich halten Sie die Wählerinnen und Wähler?

(Beifall bei den GRÜNEN – Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Das ist ja so was von grottenschlecht!)

Der EU-Beitritt von zehn weiteren Staaten, darunter acht der mittel- und osteuropäischen Reformstaaten, ist ein ganz wesentlicher Schritt zur Überwindung der Trennung Europas, zur Verfestigung von Frieden und zur Völkerverständigung. Freiheit, Stabilität, Sicherheit und Wohlstand – alles Errungenschaften der Europäischen Union – sollen auf die neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt werden. Für Deutschland und für Bayern werden als Folgen der Erweiterung Wachstum, höheres Einkommen und mehr Arbeitsplätze versprochen; die Erschließung neuer Absatzmärkte und wachsende Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen sollen erreicht werden durch Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften, durch preisgünstige Bezugs- und Herstellmöglichkeiten von Vor-, Zwischen- und Endprodukten. Insgesamt soll die Erweiterung für wirtschaftliche Prosperität in Deutschland sorgen. Dieses gilt ganz besonders – das wird nicht abgestritten – für den Freistaat Bayern.

Die Erweiterung ist ein Ereignis, ein Datum, das es zu feiern gilt. Die Staatsregierung hat dies ja auch in einer Festveranstaltung am 30. April in Selb getan. Kollege Volkmann von der SPD hat das schöne Wortspiel von „Selber Feiern“ aufgebracht. Staatsregierung und CSU haben es in bewährter Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk geschafft, sich und mit sich selber zu feiern. Ich darf aus dem „Nordbayerischen Kurier“ zitieren: Sieben

Europäer heben den Schlagbaum, um die Osterweiterung der Europäischen Union zu demonstrieren. Sieben, davon sechs Deutsche, und tatsächlich ist auch ein vereinzelter Tscheche dabei, ein Generalkonsul. Die Deutschen sind fast alles Politiker, die kürzlich gewählt wurden bzw. am 13. Juni bei der Europawahl gewählt werden wollen. Mit einer Ausnahme haben sie alle das richtige Parteibuch.

(Zuruf von der SPD)

So haben Sie die Osterweiterung gefeiert. Wir meinen: Da wäre mehr möglich und eigentlich auch mehr nötig gewesen. Vielleicht war dies für Sie aufgrund der vorher genannten Vorgeschichte dann doch nicht möglich.

(Christine Stahl (GRÜNE): Schämen sollten Sie sich dafür!)

Selbstverständlich birgt die Erweiterung der Europäischen Union nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Neben Gewinnern wird es auch Verlierer geben. In besonderem Maße von den Folgen der Erweiterung, wie anschwellende Verkehrsströme oder wachsender Wettbewerbsdruck – wir haben schon darüber diskutiert –, sind die Grenzregionen in Deutschland und auch in Bayern betroffen. Die Grenzregionen sind sozusagen Nahtstelle, sind sozusagen Experimentierfeld für das zusammenwachsende Europa.

Es ist zweifellos feststellbar: In der Bevölkerung, sowohl in den neuen als auch in den alten Mitgliedstaaten, gibt es große Verunsicherung, zum Teil auch große Ängste, in Deutschland beispielsweise vor dem Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund von Niedriglohnkonkurrenz sowohl innerhalb als auch außerhalb Deutschlands, vor weiteren Einschnitten im Arbeitsrecht und in der Sozialpolitik und vor wachsender Kriminalität. In den neuen Mitgliedstaaten gibt es Befürchtungen hinsichtlich des Anstiegs der Preise für Lebensmittel und für andere Konsumgüter; es gibt auch Befürchtungen hinsichtlich eines Ausverkaufs der heimischen Industrie.

Aufgabe der Politik ist es daher, diesen Vorbehalten und Ängsten auf der einen Seite durch Überzeugungsarbeit und auf der anderen Seite dadurch zu begegnen, dass man den Gründen für Ängste die Rechtfertigung, zumindest teilweise, nimmt. Man muss festhalten – ich glaube, dies gilt quer durch alle Fraktionen -: Die Protagonisten einer zunehmenden europäischen Integration haben bei der Aufgabe versagt, die Leute mitzunehmen, und zwar dort, wo die Leute stehen, und die Leute zu überzeugen. Diese Protagonisten sind die so genannten Eliten in der Politik, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, aber auch in den Medien.