Deshalb begreifen wir in Bayern die europäische Einigung auch als Herausforderung für unsere Schul- und Hochschulpolitik. Wir wollen keinesfalls, dass sich die Europäische Kommission in dieses Thema stärker einmischt. Wir wollen diese Politik in Bayern selbst gestalten und stellen uns dem Wettbewerb. Die CSU-Fraktion wird, ebenso wie in der Vergangenheit, auch in Zukunft hier im Bayerischen Landtag die Weichen so stellen, dass Bayerns Jugend optimale Bildungsangebote erhält. „Fördern und Fordern“ heißt weiterhin die Devise. Das Gleiche gilt für die Hochschul-, Wissenschafts- und Forschungspolitik.
Herr Kollege Spaenle, wir haben gestern in der Aktuellen Stunde über dieses Thema intensiv gesprochen. Kurze Zeit darauf ist gestern Abend der neue Zusammenschluss der bayerischen Universitäten – die „Universität Bayern e.V.“ – offiziell gestartet. Sie wird ein weiterer Baustein sein, um den ganzen Freistaat Bayern als exzellenten Standort von Wissenschaft und Forschung weiter auszubauen. Am Beginn des 21. Jahrhunderts hat Bayern beste Chancen, seine Position als eine der absoluten Spitzenregionen in Europa zu festigen und weiterzuentwickeln. Spitze in Ökonomie und Ökologie, Spitze in Bildung und Wissenschaft, Spitze in Tradition und Fortschritt, menschlich und modern – für all dies steht die CSU, Herr Kollege.
Aber wir brauchen – lassen Sie mich das abschließend sagen – dafür natürlich starke Partner im Europäischen Parlament. Unser Anliegen ist, dass in Brüssel und Straßburg
bayerische Interessen kraftvoll und energisch vertreten werden. Man sollte eigentlich meinen, dies sei ein Anlie
gen aller Parteien. Doch die Überschrift in den „Nürnberger Nachrichten“ vom 10. Mai „Guten Listenplatz verschlafen – Bayerns GRÜNE bringen vermutlich keinen Kandidaten ins Europaparlament“
dass entweder bei den bayerischen GRÜNEN und bei der bayerischen SPD das Thema „Europapolitik“ doch nicht so wichtig genommen wird, wie Sie heute versuchen, den Anschein zu erwecken, oder dass die Landesverbände von SPD und GRÜNEN in ihrer Bundespartei so gut wie nichts zu melden haben, was sicherlich auch gut sein kann.
Die Überschrift „Guten Spitzenplatz verschlafen“ würde für unser ganzes Land gelten, wenn Rot-Grün in Bayern regierte.
Wir dagegen werden alles tun, damit Bayern seine großartigen Chancen im großen Europa optimal wahrnimmt.
Das Wort für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Runge. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die europäische Integration ist ein Erfolgsmodell ohnegleichen. Sie hat für Frieden, Freiheit, Sicherheit, Stabilität und wirtschaftliche Prosperität gesorgt und hat Deutschland gar die Wiederaufnahme in die
Völkergemeinschaft ermöglicht. Die jetzige Erweiterung kann gar nicht hoch genug geschätzt und begrüßt werden. Wir schließen uns gerne den danksagenden und begrüßenden Worten des Kollegen Franz Maget an.
Deswegen kann ich jetzt ganz schnell in die Niederungen der politischen Auseinandersetzung steigen. Dazu darf ich Sie, Herr Ministerpräsident, begrüßen und ansprechen. CSU und Staatsregierung sind beim Thema Europa schon immer ganz besonders scheinheilig, ganz besonders doppelzüngig, populistisch und unredlich gewesen.
In Brüssel, Straßburg und Berlin geben Sie sich staatsmännisch-europäisch. Zu Hause im Bierzelt – und nicht nur dort – werden Ängste geschürt, niedrige Stimmungen bedient und wird gegen vieles, was aus Europa kommt, polemisiert.
Wir erinnern uns noch gut, meine Damen und Herren, dass Theo Waigel als eifriger Werber für den Euro in Erscheinung trat, während Edmund Stoiber und seine Münchner Mannschaft hier Stabilitätsängste schürten, die Bevölkerung verunsicherten und Stimmung gegen die Gemeinschaftswährung und gegen den Euro gemacht haben.
Die Anliegen bayerischer Unternehmen werden von der Staatsregierung zuerst nach Straßburg bzw. Brüssel getragen. Wird diesen Anliegen nachgekommen, setzt in Bayern das große Gejammere und Polemisieren gegen EU-Gängelei und gegen EU-Zentralismus ein. Beispiel sind Normen bei Traktorsitzen, Normen bei Feuerwehranzügen. Wir haben das in diesem Hause alles erlebt und diskutiert.
Erinnern wir uns an die Diskussion um die so genannte Agenda 2000. Ministerpräsident Stoiber und Anhang scheuten nicht einmal davor zurück, Falschmeldungen über die Vorschläge der EU-Kommission zur künftigen Strukturförderung zu verbreiten. Man machte Front gegen die Kommission mit dem Tenor, Bayern würde mit der Agenda 2000 aufgrund seiner niedrigen Arbeitslosenquote vollkommen vom Bezug von Strukturfördermitteln ausgeschlossen werden. Mit dieser Falschmeldung haben Sie speziell in den ostbayerischen Regionen für große Verärgerung und Verunsicherung gesorgt.
Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber, Sie haben das damals ganz bewusst getan, und Sie tun Gleiches immer wieder. Sie blasen einen Popanz auf, dem dann zum Teil mit viel Mühe die Luft wieder ausgelassen werden muss, während Sie sich in Bayern als Retter Bayerns feiern lassen wollen.
In diesen Wochen und Tagen ist allerdings noch eine Steigerung festzustellen. Es wird nur noch geholzt, es wird nur noch gegeifert. Man muss den Eindruck bekommen, die CSU kämpfe um ihre Existenz.
Ein Paradebeispiel durften wir beim Beitrag von Herrn Herrmann wieder erleben. Das ist der Umgang mit dem Thema „Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei“. Es gibt aber auch viele andere Ausrutscher, viele andere Gemeinheiten.
Herr Pithart, der Präsident des Senates der Tschechischen Republik, hat unlängst die Annahme der Europamedaille des Freistaates Bayern verweigert mit der Begründung, er hätte bei der Annahme der Auszeichnung etwas sagen müssen, was dem Gastgeber, dem Verleiher der Medaille überhaupt nicht gepasst hätte. Sein Sprecher hat assistiert und auf die unsägliche Rolle der Bayerischen Staatsregierung im Zusammenhang mit Restitutionsansprüchen und mit dem Abstimmungsverhalten der CSU-Europaabgeordneten bei der Abstimmung zum Beitritts Tschechiens in die Europäische Union hingewiesen. Herr Dr. Stoiber, auf diese Art und Weise blamieren Sie Bayern, beschädigen Sie Bayern,
Diejenigen, die vom Thema Europa etwas verstehen und die differenzierter diskutieren, also nicht nur poltern, nicht nur polemisieren, werden entsorgt. Herr Bocklet sitzt hier und schaut traurig.
Heute haben wir noch einen anderen Grund erfahren dürfen, warum Dr. Stoiber im Moment gar so holzt, gar so geifert. Er will Superminister im Kabinett Merkel werden. Superminister Stoiber ist gleich SMS und genau so nervend. Frau Merkel wird Ihren großen Spaß haben, wenn ständig jemand hinter ihr steht und mit dem Zeigefinger fuchtelt und alles, wirklich alles besser weiß.