Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Klimaveränderungen, konzentrierter Niederschlag auf kleinste Flächen: Die Hochwasserereignisse der letzten Jahre haben uns das gelehrt. Beim Hochwasserschutz geht es um Wesentliches, nämlich um den Schutz von Menschenleben und von Sachwerten. Wir haben es in der politischen Debatte mit einer hohen Emotionalisierung zu tun, weil es viele Menschen im wahrsten Sinne des Wortes hautnah betrifft. Deshalb sind Antworten zu geben. Deshalb hat die CSU-Fraktion die Staatsregierung unterstützt, dies im Aktionsplan 2020 umzusetzen und zu sagen, wir wollen technischen und natürlichen Hochwasserschutz und die Stärkung der Prävention. Diese drei Säulen sind der richtige Weg. Diesen Weg haben wir eingeschlagen.
Auch bei den Finanzen sind Antworten zu finden. Ich darf daran erinnern, die CSU-Landtagsfraktion hat beim Haushalt einen klaren Schwerpunkt gesetzt. Als die Euro-Umstellung anstand, haben wir das beim Hochwasserschutz schlicht vergessen; von 110 Millionen DM wurde auf nahezu 110 Millionen Euro umgestellt. Wir haben damit einen echten finanziellen Schwerpunkt gesetzt, weil wir die Probleme sehen.
Herr Magerl, bevor ich zu den Anträgen komme, möchte ich noch kurz auf Ihre Einschätzung eingehen. Wir erkennen alle, dass das CO2 mittlerweile die ökologische TopHerausforderung ist. Ich darf als Landespolitiker darauf hinweisen, dass Bayern die beste Bilanz in ganz Deutschland vorweisen kann.
Rot-Grün gibt uns mit dem Ausstieg aus der CO2-neutralen Atomenergie keine Antworten. Die verstärkte Nutzung von Kohle und Gas wird nicht die Antwort sein, um das CO2-Problem in den Griff zu bekommen.
Zu den Anträgen: Die GRÜNEN greifen das Thema Landesentwicklungsprogramm auf, die Ausweisung von Vorrangflächen. Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die CSU-Landtagsfraktion in der letzten Überarbeitung des Landesentwicklungsprogramms einen echten Epochenwechsel vorgenommen hat. Über Jahrhunderte hinweg haben die Menschen den Flüssen den Raum weggenommen, immer näher an die Flüsse herangebaut. Erstmals werden Vorrangflächen ausgewiesen und gesagt, wir müssen mit dieser Entwicklung Schluss machen. Wir wissen aber auch, dass das nur im Dialog mit den Kommunen geht. In der letzten Anhörung zum Thema „Reform der Regionalen Planungsverbände“ war allen wichtig, dass wir die Kommunen bei diesem Thema zu Beteiligten machen und mit ins Boot holen. Wenn die Kommunen vor Ort in den Dialog einbezogen werden sollen, dann benötigt die Ausweisung von Vorrangflächen Zeit. Die Entwicklungsfähigkeit muss beachtet werden; das war ein Antrag der CSU-Fraktion im letzten Jahr. Wir hatten auch beantragt und durchgesetzt, dass parzellengenau ausgewiesen wird, wenn die Kommunen es wünschen.
Herr Magerl kritisiert, die Befliegungen laufen und die Ergebnisse werden als geheim abgestempelt. Ich darf Ihnen sagen, was die Landwirte zurzeit wirklich bewegt – das ist etwas ganz anderes: Wenn diese Vorrangflächen gemäß der Definition für ein hundertjähriges Hochwasser ausgewiesen werden, dann wollen wir von der CSU es gemeinsam mit den Landwirten schaffen, dass man diese Flächen frei hält. Ihr Kollege Trittin in Berlin legt ein Hochwasserschutzgesetz vor, in dem für diese Vorrangflächen, die jetzt ausgewiesen werden, ein Umbruchverbot ausgesprochen wird. Das ist eine klare Entwertung dieser gesamten Flächen. Ich war gestern im Rottal unterwegs und habe mit einem Landwirt darüber gesprochen. Der sagt: Ich werde gegen diese Ausweisung klagen, ich verstehe, dass wir Schutz und Prävention machen müssen, als Landwirt verstehe ich das.
Das Anbauverbot ist hochwassertechnisch überhaupt nicht begründbar. Ob eine Frucht darauf steht oder ob es sich um Grünland handelt, spielt bei einem Hochwasser keine Rolle; die Fläche ist nach wie vor vorhanden. Bei dieser Vorgehensweise braucht man sich nicht zu wundern, wenn Landwirte sagen, sie machen bei solchen Ausweisungen nicht mehr mit.
Die Landwirte draußen haben Angst vor Trittin. Deshalb wehren sie sich zurzeit gegen diese Ausweisung von Vorrangflächen.
Im Landesentwicklungsprogramm haben wir die Ausweisung mit angeregt und wollten das auf einen guten Weg bringen, ich glaube, auch im Dialog mit allen Parteien. Es wird heute beantragt, dass wir einen Berichtsantrag beschließen. Ich schlage vor, dass wir diesen Antrag ablehnen, und zwar deshalb, weil der Minister am 19. Februar im Umweltausschuss einen umfassenden Bericht dazu gegeben hat und wir auch bei der Ministerialbürokratie Entbürokratisierung machen und keinen Antrag für einen Bericht zu noch einem Bericht brauchen.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann lösen wir den Landtag eben auf! Das braucht er dann nicht!)
Der nächste Punkt war dann der natürliche Hochwasserschutz. Die GRÜNEN fordern Deichrückverlegung, die SPD eine neue Prioritätensetzung. So steht es im Antrag.
Um den Sachverhalt zu erläutern: Derzeit besteht eine Gleichwertigkeit der drei Ziele technischer und natürlicher Hochwasserschutz sowie Vorsorgemaßnahmen. Frau Werner-Muggendorfer, derzeit entscheidet das von Ihnen gelobte Wasserwirtschaftsamt. Die Fachleute vor Ort entscheiden im Einzelfall, ob natürlicher Hochwasserschutz betrieben wird, eine Deichrückverlegung erfolgt, ein Deich gebaut wird oder anders vorgegangen wird. Ich kann deshalb nicht nachvollziehen, wieso wir jetzt eine neue Prioritätensetzung brauchen. Lassen wir doch die Fachleute vor Ort im Einzelfall entscheiden. Ich weiß auch nicht, soll Ihr Antrag bedeuten, dass wir in Zukunft keinen Deich mehr bauen, weil der natürliche Hochwasserschutz Priorität hat, was immer das bedeutet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt einen Konflikt zwischen Hochwasserschutz und Naturschutz. Bei uns in Neustadt an der Donau – die Kollegin ist darauf eingegangen – wurden für viele Millionen Euro in den neu sanierten Deich so genannte Bibermatten eingebaut, um den Deich davor zu schützen, von Bibern zerfressen zu werden. Hier gibt es einen klaren Konflikt zwischen Naturschutz und Hochwasserschutz. Ich sage Ihnen, die Menschen draußen können nicht verstehen, dass wir dafür soviel Geld ausgeben. Wenn der Biber den Deich zerstört, muss man ihn schießen können. Die CSU-Fraktion hat beim letzten Mal einen Antrag eingebracht, in dem steht,
Ein weiterer Antrag von der SPD liegt uns vor, und zwar zum Thema „Entschädigungsregelungen“. Dort wird wie in diversen Presseberichten, die wir lesen durften, unterstellt, die CSU würde zukünftig keine Entschädigungen mehr zahlen wollen. So eine Behauptung ist meiner Ansicht nach schon von der Umgangsweise innerhalb des Parlaments her nicht okay, aber da können wir uns natürlich nichts schenken. Ich darf Sie auf die Grundsätze der Entschädigungsregelung hinweisen, die mittlerweile vom Ministerium erstellt worden ist und vorliegt. Es gibt einen Vertragsentwurf für die betroffenen Landwirte. Wir als CSU wollen keine Pauschalentschädigung, sondern eine Einzelfallentschädigung. Als Freistaat Bayern sind wir bemüht, die Flächen den Landwirten abzukaufen, wenn es möglich ist.
Das nächste wichtige Thema sind die Polder. Die SPD beantragt, in ganz Bayern nur noch zwei Polderprojekte durchzuführen. Um was geht es hier? – Polder sind eine gute Möglichkeit, um Katastrophen zu verhindern. Wenn die Hochwasserwelle kommt, werden gezielt Flutungen vorgenommen, was bedeutet, die Spitze des Hochwassers wird abgeleitet. Die gesamte Fachwelt sagt, das ist der richtige Weg. Die SPD sagt dagegen, sie wolle nur zwei der sieben Projekte weiterführen, und zwar mit der Begründung, die anderen Projekte seien nicht naturnah genug. Frau Werner-Muggendorfer, ich sage Ihnen, gehen Sie hinaus und sagen Sie den Menschen in Neustadt, dass wir diese Polder nicht brauchen. Wenn die nächste Hochwasserkatastrophe kommt, werden wir die Menschen daran erinnern, dass Sie die großen Investitionen, die wir durchführen wollen, nicht haben wollen.
Das heißt für mich, dass fünf Projekte gestrichen werden, wenn es statt sieben Projekten nur noch zwei gibt.
Das sage ich in Neustadt sogar sehr deutlich, und dort ist Frau Werner-Muggendorfer in der Defensive.
Wir von der CSU befürworten die Polderlösungen. 2002 wäre beispielsweise das Kloster Weltenburg schon wieder unter Wasser gestanden, wenn nicht die ersten Polder in Betrieb gegangen wären.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist der CSU dabei wichtig? – Das Thema löst natürlich vor Ort viele Emotionen aus. Wir wollen im engen Dialog mit allen Betroffenen vorgehen. Deshalb gibt es eine Internetveröffentlichung und Ähnliches. Wir wollen den Immobilienbesitzern Sicherheit bieten. Deswegen hat die CSU-Fraktion einen Antrag in das Parlament eingebracht, dass wir die Beweissicherung, also den Schutz des Eigentums, anbieten wollen. Wir wollen mit der Landwirtschaft zu klaren Entschädigungsregelungen kommen, und wir werden im Haushalt trotz der schwierigen Situation die Mittel bereitstellen, um die Kofinanzierung der EU-Mittel sicherzustellen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist – wenn ich das politisch bewerten darf – noch gar nicht der Hammer. Der Hammer im Antrag der SPD ist der zweite Spiegelstrich. Dort formuliert die SPD, dass sie die Polderplanung für die Öberauer Schleife und die Isarmündung stoppen will. Zum Hintergrund: Die Öberauer Schleife war eine natürliche Schleife der Donau, die durch den Donauausbau abgeschnitten worden ist. Dort sind mittlerweile hochwertige Naturschutzflächen entstanden. Wenn die SPD nun sagt, diese beiden Flächen müssen aus der Planung herausgenommen werden, darf ich wiederholen, was ich bereits in meiner Presseerklärung gesagt habe: Wir fordern zwar von den privaten Grundbesitzern vor Ort, dass sie ihre Flächen für Flutungen zur Verfügung stellen, aber im Staatseigentum befindliche Naturschutzflächen dürfen nicht geflutet werden. Wir reden aber von einer Naturkatastrophe; wir reden von der Situation, dass Deiche und Dämme brechen können und dass Millionenwerte gefährdet werden. Wenn man in einer solchen Situation eine Naturschutzfläche nicht fluten darf, dann weiß ich nicht, auf welchem Stern Sie leben.
Der SPD geht es in diesem Fall – wenn ich es so formulieren darf – um das Sichern der Frösche und nicht um das Eigentumsrecht der betroffenen Landwirte und Grundstücksbesitzer.
Ich komme zum letzten Punkt, den ich erläutern möchte. Die SPD hat einen Antrag zum Thema des Donauausbaus gestellt und möchte, dass wir die Variante A realisieren, damit wir Geld für den Hochwasserschutz übrig haben. Alle Experten sagen aber, dass die Variante A den stärksten Hochwasserschutz erfordert, weil er dort die größten Probleme verursacht. Deswegen hat das Ministerium entschieden, dass wir die Variante A als Grundlage für die Hochwasserschutzplanungen nehmen, weil dafür der größte Schutz notwendig ist. Deshalb bleibt bei Umsetzung des Antrags der SPD und Realisierung der Variante A kein Geld übrig. Aus diesem Grund ist der Antrag aus unserer Sicht abzulehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CSU hat die Konsequenzen aus den Katastrophen der Vergangenheit gezogen und eine neue finanzielle Prioritätensetzung vorgenommen. Wir haben den Aktionsplan 2020 auf den
Weg gebracht und Umsteuerungen im LEP vorgenommen. Deswegen werden wir die Anträge der Opposition ablehnen.
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Herr Kollege Weber, ich möchte es nicht stehen lassen, wenn Sie mir unterstellen, ich würde mich grundsätzlich gegen bewirtschaftete Polder aussprechen. Das stimmt nicht. Wenn Sie den Antrag genau gelesen haben – und Sie haben ihn sogar zum Teil vorgelesen –. dann wissen Sie genau, dass es darum geht, die Polderbewirtschaftung an zwei von sieben Projekten auszuprobieren. Bei uns in der Region sehe ich zum Beispiel kein Problem, was den Naturschutz anbelangt, dass man so etwas nicht ausprobieren könnte.
Ich bin gern bereit, mit Ihnen über die Änderung von Anträgen nachzudenken, aber ich lasse mir von Ihnen nicht immer wieder unterstellen, Tiere wären mir mehr wert als Menschen und ich wäre generell gegen bewirtschaftete Polder. Ich habe immer gesagt, wo es nicht anders möglich ist, muss man auch über bewirtschaftete Polder nachdenken. Das ist keine Frage. Ich wehre mich aber dagegen, dass Sie die Sache vereinfachen und mir unterstellen, ich wäre prinzipiell gegen bewirtschaftete Polder, wenn wir von der SPD fordern, dass die Bewirtschaftung an zwei Projekten ausprobiert wird, damit man sieht, wie man damit umgehen kann, wie man die Entschädigung ausgestaltet und wie sich das vor allem auf die Vegetation auswirkt, wenn man über einen längeren Zeitraum Wasser in einer bestimmten Höhe auf Feldern stehen lässt.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf die Nachfrage von Frau Kollegin Werner-Muggendorfer eingehen und in aller Deutlichkeit sagen, dass die Staatsregierung an der Hochwasserschutzstrategie und dem Aktionsprogramm 2020 festhält. Daran wird sich nichts ändern. Wir investieren bis 2020 nach jetzigem Stand 2,3 Milliarden Euro. Wir investieren in diesem Jahr auch bei knappsten Kassen 95 Millionen Euro. Wir haben im letzten Jahr 135 Millionen Euro investiert.
Deshalb ist heuer eine Reduzierung auf 95 Millionen vertretbar. Im nächsten Jahr sind wieder 115 Millionen Euro geplant. Ich kann Ihnen auch sagen, welche EU-Gelder enthalten sind. In den geplanten Mitteln sind Gelder aus zwei EU-Fonds enthalten. Das ist zum einen der EAGFL
für den ländlichen Raum; hier sind für 2004 in der Gesamtsumme von 95 Millionen 47,5 Millionen Euro für den Hochwasserschutz enthalten. Aus EFRE für die strukturschwachen Gebiete sind in den insgesamt 95 Millionen Euro 12 Millionen Euro enthalten. Ich denke, das ist eine gute Zusammensetzung.
Wir setzen nach wie vor auf den natürlichen Rückhalt und auf den technischen Hochwasserschutz, so wie es Herr Kollege Weber im Vorfeld klar und deutlich ausgeführt hat.
Lassen Sie mich ganz kurz auf die Polder eingehen, weil diese in der Debatte eine Rolle gespielt haben. Ich bin der Auffassung, dass wir den natürlichen Rückhalt brauchen. Flutpolder und die Rückverlegung von Deichen ergänzen sich in der Zielsetzung einer Verbesserung des Hochwasserschutzes. Mit dem Flutpolderkonzept ist es möglich, Ausgleich bei Hochwassersituationen zu schaffen. Ein solcher Ausgleich ist dringend erforderlich und notwendig und dazu gibt es keine Alternative. Aufgrund von KostenNutzen-Abschätzungen und von Realisierbarkeitsuntersuchungen wurden sieben Polder von den Wasserwirtschaftsämtern ermittelt. Sie haben vorhin die hohe Sachkompetenz unserer Mitarbeiter in den Wasserwirtschaftsämtern angesprochen. Ich möchte diesen Aspekt unterstreichen.
Ich sage Ihnen klar und deutlich: Zwei Polder sind nicht zielführend. Wir halten an unserem Hochwasseraktionsprogramm bis 2020 fest. In aller Deutlichkeit: Unsere Wasserwirtschaftsämter setzen sich mit hoher Sachkompetenz dort ein, wo Baugebiete neu ausgewiesen werden. Die Wasserwirtschaftsämter werden immer wieder darauf hinweisen, dass Bauten in Überschwemmungsgebieten mit Sicherheit nicht zielführend sind. Das führt in allererster Linie zu finanziellen Verlusten und auch zu Leid und Einschränkungen bei den Betroffenen. Deshalb halten wir nach wie vor an unserem Konzept für Hochwasserschutz fest.