Protocol of the Session on May 11, 2004

Wir fordern den Lückenschluss zwischen Coburg und Suhl Richtung Erfurt zu realisieren. Er ist kostengünstig zu machen und würde sich im Netz hervorragend auswirken. Schließlich fordern wir, eine weitere Nord-Süd-Verbindung, nämlich Regensburg – Hof – Reichenbach im Vogtland zu elektrifizieren. Das ist längst überfällig, und auch hier müsste die Beschleunigung durchgeführt werden. Das ist unser Antrag.

Diese Planung ist wesentlich kostengünstiger, sie führt zu wesentlich weniger Eingriffen in den Naturhaushalt, sie ist schneller realisierbar und sie nützt dem Flächenland Bayern wesentlich mehr als die Konzentration auf eine einzige ICE-Schnellfahrstrecke, wie Sie es haben wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Beyer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das ist heute der dritte oder vierte Versuch, über diese Anträge zu sprechen. Normalerweise ist es ja so: Wenn man die Dinge etwas liegen lässt, reifen sie. Daher hätte ich jetzt erwartet, dass die Diskussion heute ein anderes Niveau hat. Ich bin von der Diskussion enttäuscht. Offensichtlich geht es doch wieder nur darum, die gleichen Argumente auszutauschen, ohne zu versuchen, die Dinge im Zusammenhang zu sehen.

Kollege Rudrof, Sie wissen ja: Ich kann Ihnen nicht böse sein. Ich war aber doch sehr überrascht, als Sie über Oberitalien und die neuen Länder gesprochen haben. Sie sind dann aber zu Oberfranken gekommen, und insofern war dann jedenfalls das wieder in Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, gerade dieses Thema zeigt, dass es richtig ist, dass sich meine Fraktion mit manchen Dingen sehr, sehr ernsthaft und fern von Plattitüden und lockeren Sprüchen auseinandersetzt.

Worum geht es uns; worum geht es der SPD-Landtagsfraktion? – Wir wollen eine Beschleunigung der Verbindung zwischen München und Berlin. Wir wollen leistungsfähige, schnelle Schienenverkehrsverbindungen, weil wir eine Alternative zu innerdeutschen Kurzstreckenflügen wollen. Wir treten deshalb für schnelle und leistungsfähige Schienenfernverkehrsverbindungen ein, sofern und soweit diese ökologisch und ökonomisch vertretbar sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheimnis: Gerade aus diesen Gründen hat sich meine Fraktion bzw. haben sich die Vorgängerinnen und Vorgänger in dieser Fraktion sehr lange, intensiv und differenziert mit dieser Trasse auseinandergesetzt. Die Bundesregierung hat sich – das ist heute im Grundsatz auch von Ihnen angesprochen worden, Herr Kollege Rudrof – auf die Realisierung der Trasse festgelegt. Wir sind der Auffassung, dass trotz der Probleme, die mit dieser Trasse unstreitig verbunden waren und verbunden sind, an dieser Entscheidung jetzt nicht mehr gerüttelt werden soll. Sie haben damals im Ausschuss gefragt, ob Sie das als Befürwortung der Strecke verstehen können. Ich habe Ihnen damals schon gesagt, wenn Sie unbedingt eine so kurze Aussage haben wollen: Natürlich ist es das. Das ist aber nicht unreflektiert. Wir haben uns mit den Dingen auseinandergesetzt.

Wir sind aber auch ehrlich genug zu sagen: Hinter die Finanzierbarkeit dieses Projektes muss ein Fragezeichen gesetzt werden. Die Gründe hierfür sind sehr differenziert. Sie liegen insoweit nicht im Toll-Collect-Debakel, das wir

immer beim Namen genannt haben und auch als Toll-Collect-Debakel bezeichnet haben. Ich habe aber gesehen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass Sie unter Verwendung der Textbausteine aus dem Antrag zu den Autobahnen morgen einen Dringlichkeitsantrag zu den Schienenwegen stellen werden, in dem Sie nach der Finanzierbarkeit fragen. Insofern werde ich einen Teil der Rede raffen; denn sonst müsste ich es Ihnen morgen oder im Ausschuss wieder erzählen. Sie wissen genau, worum es geht. Es geht darum, dass auch der Verkehrshaushalt einen Beitrag zur Konsolidierung des Rentenbeitrages leisten musste. Ich werde Sie morgen fragen, was Ihre Alternative ist: Will die CSU eine Erhöhung des Rentenbeitrages von 19,5 auf 20,5 %, oder will sie das nicht? Wenn sie das nicht will, ist sie dann in der Lage, verantwortlich Entscheidungen mitzutragen?

(Beifall bei der SPD)

Wir werden darüber zu reden haben, dass die eigentlichen Probleme hinsichtlich des Bundesverkehrshaushaltes darin liegen, dass Bundestag und Bundesrat bei der Entscheidung im Vermittlungsausschuss kurz vor Weihnachten einen fatalen Fehler begangen haben, indem sie nach dem Koch-Steinbrück-Papier Infrastrukturmaßnahmen der Schiene systemwidrig als Subvention qualifiziert haben. Herr Minister Wiesheu hat damals schon für den Nahverkehr gesagt, dass das Blödsinn ist – er hat es nicht so formuliert; das darf er ja nicht, wenn sich Herr Stoiber rühmt, dass er maßgeblich mitverhandelt hat, und wenn Herr Huber das angeblich alles bewerkstelligt hat. Trotzdem bleibt es falsch. Genau darum geht es jetzt. Ich sage es jetzt – Sie werden es morgen nochmals bestätigt bekommen -: Im Schienenverkehrshaushalt fehlen 540 Millionen Euro wegen dieser systemwidrigen Einstufung. Alle Länder, auch Bayern, haben der Liste zugestimmt. Auch Sie tragen Verantwortung. Tun Sie also jetzt nicht so, als wenn andere dafür die Verantwortung hätten.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind Realisten. Wir stehen für eine realistische Verkehrspolitik. Das bedeutet, dass man sich bei der Strecke Nürnberg – Erfurt im Moment auf die realisierbaren Dinge beschränken muss. Das sind zum einen – Herr Kollege Magerl, ich meine, auch die GRÜNEN könnten zuhören – die baurechtserhaltenden Maßnahmen. Zum anderen stellen wir uns einer weiteren Verantwortung. Herr Magerl, Sie haben leider das Thema verfehlt. Ich sage Ihnen auch, warum Sie es verfehlt haben. Die Verwirklichung der für Nürnberg unverzichtbaren S-Bahn-Strecke Nürnberg – Fürth – Forchheim mit potenzieller Verlängerung Richtung Bamberg hängt untrennbar an diesem Vorhaben. Das weiß jeder, der sich auch nur fünf Minuten mit diesem Thema beschäftigt. Wer die Strecke also nicht will, will auch die S-Bahn in Nürnberg nicht ausbauen. Mit dem Thema S-Bahn hat Ihre Fraktion in diesem Hause sowieso größere Probleme.

Nun noch kurz zu den Anträgen. Wir haben im Ausschuss ausgiebig diskutiert. Wir haben uns beim Antrag der CSU mit der Begründung enthalten, die heute von Herrn Rudrof wiedergegeben wurde: Es ist ein Schaufensterantrag. Es ist nichts anderes als ein Schaufensterantrag. Die Bun

desregierung plant nicht, das Projekt zu streichen. Ich könnte Ihnen Äußerungen der parlamentarischen Staatssekretärin Gleicke in Erwiderung auf Behauptungen von Herrn Althaus im thüringischen Wahlkampf vorlesen. Ich könnte Ihnen Herrn Stolpe vom 25. März zitieren – Sie haben ihn ja jetzt ganz aktuell zitiert. Herr Kollege Rudrof, Sie zitieren den Bundesverkehrsminister: „die Strecke kommt“ und sagen dann, dass wir deswegen Ihrem Antrag zustimmen sollen. Ihre einzige richtige Reaktion wäre gewesen, den Antrag zurückzuziehen, weil er sich erledigt hat. Das kann aber natürlich nicht sein.

Noch einen Hinweis, den ich Ihnen schon im Ausschuss gegeben hatte. Ich muss ihn Ihnen jetzt nochmals geben. Alles, was Sie heute beschließen lassen wollen und mit Ihrer Mehrheit wohl auch beschließen werden, wenn noch ein paar Kollegen so lange dableiben, haben Sie bereits im Juli 2002 beschlossen. Sie fordern baurechtserhaltende Maßnahmen. Das ist alles schon beschlossen worden. Wenn Sie das heute wieder beschließen, ist das ein Misstrauensvotum gegen Ihre eigene Staatsregierung, die offensichtlich Ihrer Meinung nach die Beschlüsse des Landtages in Berlin nicht mit der nötigen Verve vertritt.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt also überhaupt keinen Grund, diesem Antrag zuzustimmen. Wir haben aber auch gesagt, warum wir ihn nicht ablehnen, weil wir Sie kennen – Sie persönlich sind nicht gemeint, Herr Rudrof; Sie würden das nie tun. Sie würden das wieder missdeuten und würden es in übler Nachrede gegen uns wenden und sagen, wir hätten uns gegen die Trasse ausgesprochen. Das ist nicht der Fall, wie ich betont habe.

Herr Magerl, ich schaue nun zu Ihnen. Sie fordern ein Sammelsurium von Projekten. Sie haben das in Ihrem Antrag etwas beschönigend „Netz“ genannt. Darunter befinden sich viele sinnvolle Projekte. Stattdessen wollen Sie die Strecke Nürnberg – Erfurt nicht. Ich bin immer etwas skeptisch, wenn man verschiedenste Trassen des Nah- und Fernverkehrs gegeneinander aufrechnet und dabei meint, irgendetwas zu erreichen. Das ist verkehrspolitisch naiv und haushaltspolitisch ahnungslos. Es ist ein fataler Irrglaube zu meinen, in diesen Zeiten dann etwas zu bekommen, wenn man etwas anderes ablehnt. Sie werden mir nicht erklären können, wie das funktionieren soll.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE)

Duzen wir uns schon, Herr Dürr? – Gut, dann mache ich das jetzt auch, Sepp. Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ich habe schon gesagt: Wenn Sie diese Trasse ablehnen, lehnen Sie auch den Ausbau der S-Bahn Nürnberg – Fürth – Forchheim ab. Was das bedeutet, weiß Christine Stahl auch. Sie kennt auch die Spannung bei uns in der Region. Ich sage: Es ist leichter, große Reden zu schwingen und große Projekte zu diskutieren, als in mühsamer Arbeit dafür zu sorgen, dass Netze wie die Nürnberger S-Bahn Stück für Stück entwickelt werden.

Ich spreche nun ein sozialdemokratisches Thema an. Ich war bei der so genannten Feier zum Erhalt des ICE-Werkes in Nürnberg, also des alten Ausbesserungswerkes – ich bin Eisenbahner; daher kann ich das neumodische Zeug nicht gebrauchen. Christine Stahl und ich waren die einzigen Politiker, die noch da waren.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Wir duzen uns schon länger. Das darf ich. Deshalb muss ich auch nicht wie bei Herrn Dürr fragen – das heißt, er hätte mich fragen müssen.

Wir waren bei den Kolleginnen und Kollegen, die fast nicht mehr an diese Wende geglaubt haben. Alle Kolleginnen und Kollegen der CSU, nicht mehr alle taufrisch in ihren Ämtern, manche auch schon aus Ämtern ausgeschieden, haben sich dort als Retter dieses Ausbesserungswerkes feiern lassen. Als die Kameras schon verschwunden waren, haben mir Kolleginnen und Kollegen in Gesprächen gesagt: Gott sei Dank seid ihr von der Landtagsfraktion jetzt nicht mehr gegen die Strecke Nürnberg – Erfurt.

Gott sei Dank; denn der Bestand des Werkes wird jetzt bis 2007 verlängert. Jede Absage gegen einen ICE-Verkehr in Deutschland und Bayern würde die Fortführung dieses Werkes erschweren. Die Kolleginnen und Kollegen haben mir gesagt, dass wir mit unserer Haltung die Arbeitsplätze sichern. Dieses Thema interessiert vielleicht nicht den Herrn Kollegen Dr. Magerl, aber sicherlich Herrn Kollegen Dr. Runge.

Wir könnten Ihren Antrag ablehnen. Sie fordern aber eine Vielzahl sinnvoller Maßnahmen, die aufgezählt wurden und die ich deshalb nicht wiederholen muss. Aus gegebenem Anlass und mit gehörigem Respekt vor meinen Vorgängern im Amt des verkehrspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion möchte ich hervorheben, dass wir der Strecke Nürnberg – Marktredwitz – Hof keine Absage erteilen, wenn wir sagen, dass einzelne Maßnahmen, die die GRÜNEN fordern, sinnvoll sind. Diese Strecke soll im Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben werden. Unsere

Stimmenthaltung war lediglich Ausdruck einer systematischen Politik.

Ich fasse zusammen: Beide Schaufensteranträge dienen nur dem Ziel, das jeweilige politische Klientel zu bedienen. Die Anträge sind sachlich nicht begründet und wurden aus parteitaktischen Gründen gestellt. Wir betreiben eine echte und verantwortungsvolle Verkehrspolitik. Für Ihre schwarz-grünen Schaukämpfe für spätere Koalitionen stehen wir nicht zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf der Drucksache 15/186 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 15/547 die unveränderte Annahme. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion

der CSU. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion ist dieser Dringlichkeitsantrag so beschlossen.

Ich lasse nun über den Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 15/215 abstimmen. Der federführende Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/575 die Ablehnung. Wer diesem Votum zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der SPD wird dieser Dringlichkeitsantrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 7

Antrag der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote, Ruth Paulig und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ermittlung und Festsetzung der Überschwemmungsgebiete (Drucksache 15/304)

Tagesordnungspunkt 8

Antrag der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote, Ruth Paulig und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Naturnahen Hochwasserschutz umsetzen (Druck- sache 15/305)

Tagesordnungspunkt 9

Antrag der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer, Herbert Müller, Ludwig Wörner und anderer (SPD) Hochwasserschutz 2: Bayerns Flüsse brauchen mehr Raum – Neue Prioritätensetzung (Drucksache 15/202)

Tagesordnungspunkt 10

Antrag der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer, Herbert Müller, Ludwig Wörner und anderer (SPD) Hochwasserschutz 3: Entschädigungsregelungen für Landwirte (Druck- sache 15/203)

Tagesordnungspunkt 11

Antrag der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer, Herbert Müller, Ludwig Wörner und anderer (SPD) Hochwasserschutz 4: Keine neuen Baugebiete in Hochwasser-Risikogebieten (Drucksache 15/204)

Tagesordnungspunkt 12

Antrag der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer, Herbert Müller, Ludwig Wörner und anderer (SPD) Hochwasserschutz 5: Keine Öltanks in Hochwasser-Risikogebieten (Druck- sache 15/205)

Tagesordnungspunkt 13

Antrag der Abgeordneten Johann Werner-Muggendorfer, Herbert Müller, Ludwig Wörner und anderer (SPD) Hochwasserschutz 6: Bewirtschaftete Polder (Drucksache 15/206)