Ja, genau. Frühpensionierung in Betrieben, in denen die Betriebe dann Leute mit 55 Jahren haben gehen lassen, war volkswirtschaftlich verhängnisvoll.
(Franz Josef Pschierer (CSU): Und die Arbeitszeitverkürzung in den letzten Jahren war genauso falsch?)
Arbeitszeitverkürzung bei hoher Arbeitslosigkeit macht natürlich Sinn, weil dadurch die Arbeitszeit verteilt wird und vor allem, weil dadurch jüngere Menschen in Arbeit kommen. Das ist das Entscheidende. Das müssen wir sehen.
Die Alten arbeiten sich zu Tode, und die Jungen sitzen auf der Straße. Das kann doch keinen Sinn machen. Wir haben eine lange Warteliste mit Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern, während wir die Lehrer, die nicht mehr können, noch mehr arbeiten lassen. Das macht keinen Sinn. Deswegen sind wir gegen eine Arbeitszeitverlängerung gerade für die Beamten und Lehrer.
Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Heckner. Ich darf zwischendurch allen, die die Debatte an den Lautsprechern mitverfolgen, mitteilen, dass im Anschluss an diese Wortmeldung noch eine Wortmeldung der Staatsregierung, des Herrn Finanzministers, vorliegt. Anschließend finden die Abstimmungen über Dringlichkeitsanträge der letzten Sitzung statt, darunter eine namentliche Abstimmung. – Frau Kollegin Heckner, bitte.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich ist auch der Staatsregierung und den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion bewusst, dass wir in dieser Phase, nach Jahrzehnten stetigen Wachstums, bei den öffentlich Beschäftigten ein besonderes Maß an Verständnis für die jetzige Situation einfordern bzw. einwerben müssen. Mit der Arbeitszeiterhöhung im öffentlichen Dienst, beginnend bei den Beamten, soll ein Zeichen für die Wirtschaft gesetzt werden, die dieser Aufforderung aus reinem Selbsterhaltungstrieb bereits in vielen Fällen gefolgt ist.
Meine Damen und Herren, selbstverständlich ist uns bewusst, dass ein Ärmel-hochkrempeln, eine Mehrarbeit ohne eine gleichzeitige Steigerung des Verdienstes, in einer Wachstumsphase, wie sie in den neuen Ländern der Europäischen Union herrscht, auf mehr Motivation stößt als in einem Land, in dem es darum geht, Wohlstand zu erhalten bzw. Einbußen bei bereits erzielten Errungenschaften hinzunehmen. Herr Kollege Sprinkart, Sie haben auf die Homepage der CSU-Fraktion verwiesen. Ich gestehe ein, wir haben es, anders als die Opposition, versäumt, gezielte Aktionen anzuregen. Ich würde Ihnen jedoch empfehlen, sich einer wesentlich repräsentativeren Umfrage zuzuwenden, die heute veröffentlicht wurde. Diese Umfrage heißt „Perspektive Deutschland“; dabei wurden 450 000 Bundesbürger befragt.
- Die Kollegin weist lediglich darauf hin, dass wir nicht gezielte Aktionen durchführen, um Ergebnisse auf unserer Homepage zu erreichen. Diese Umfrage bei 450 000 Bundesbürgern hat gezeigt, dass sich die Deutschen sehr wohl der tiefen finanziellen Strukturkrise in diesem Land bewusst sind. Sie haben allerdings noch nicht die wünschenswerte Bereitschaft zu Reformen. 62 % der Befragten sprechen sich dafür aus, auch Arbeitszeitreformen durchzuführen, wenn diese Reformen als notwendig, wirksam und sozial gerecht empfunden werden. Die GRÜNEN haben für die heutige Sitzung diese Aktuelle Stunde beantragt und bezweifeln genau diese Ergebnisse. Sie arbeiten gegen unsere Gesellschaft und gegen eine Konsolidierung unserer Haushalte. Ich stelle fest: Die Ursachen der jetzt erforderlichen Maßnahmen haben nicht wir in Bayern zu verantworten.
Sie tun so, als ob die Staatsregierung eine Schatzkiste versteckt hätte, bei der man bloß zugreifen müsste, da Sie behaupten, dass das Sparen nicht notwendig sei. Sie engagieren sich nicht nur beim Thema „42-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst“, sondern stellen sich an die Seite derer, die verständlicherweise versuchen, Einsparungen von sich abzuwenden. Im Grunde fordern Sie tagtäglich die Bayerische Staatsregierung und die Mehrheitsfraktion in diesem Hause auf, die Staatsverschuldung weiter voranzutreiben. Wir hätten in der Tat eine Alternative: Wir könnten es machen wie Nordrhein-Westfalen, wo die Verschuldung nicht bei 20 Milliarden Euro, sondern bei 100 Milliarden Euro liegt. Dort wurden im Jahr 2003 weitere 5 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen.
Auch Nordrhein-Westfalen hat jetzt eine Arbeitszeitverlängerung auf 41 Stunden eingeführt, allerdings kann der Bevölkerung dort nicht mehr signalisiert werden, dass diese Einsparungen den Wohlstand sichern.
Wenn wir unseren Haushalt in konsumtiver Hinsicht in den Griff bekommen, haben wir die Chance, künftig notwendige Investitionen vorzunehmen. Wenn wir jedoch erst zu sparen beginnen, wenn wir mit dem Rücken an der Wand stehen, wie das Land Nordrhein-Westfalen, werden wir
unserer Bevölkerung diese positiven Auswirkungen nicht mehr in Aussicht stellen können. Frau Kollegin Naaß, Sie haben unseren Ministerpräsidenten angeprangert, im Jahre 1994 bei den Beamten eine Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden vorgenommen zu haben. Sie haben aber nicht erwähnt, dass kurz darauf sämtliche Bundesländer – unabhängig davon, wer dort die Regierungsverantwortung trägt – diesem Beispiel gefolgt sind.
Meine Damen und Herren von der Opposition, dies geschah sicherlich nicht mit dem Ziel, die Arbeitslosigkeit in Deutschland weiter zu verstärken, wie Sie das behaupten. Sie sollten eines bedenken: Sie können sich in diesem Hause in eine bequeme Oppositionsrolle hineinbegeben. Allerdings gibt es wenige Kilometer weiter Kolleginnen und Kollegen in den Kommunalparlamenten, die sich völlig anders verhalten. Diese Kolleginnen und Kollegen zeigen Verantwortung und sind zu Veränderungen bei den Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst bereit. Die Aussagen eines Spitzenvertreters der Kommunalverbände gilt nicht für alle Vertreter der Kommunen, auch nicht für diejenigen, die unserer Partei angehören.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Rahmenbedingungen für dieses Land und für die Bundesrepublik Deutschland ändern sich schneller, als wir alle gedacht haben. Die Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte stehen vor dramatischen Herausforderungen. Die Wirtschaft reagiert darauf mit drastischen Maßnahmen, bedauerlicherweise aber notwendigerweise auch mit Freisetzungen. Auch die Arbeitszeit wird in vielen Bereichen erhöht. Die öffentlichen Haushalte müssen ebenfalls mit drastischen Einsparungen reagieren. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil unsere Steuereinnahmen, wie in den letzten drei Jahren, permanent weiter zurückgehen.
Meine Damen und Herren, wir haben für die Jahre 2005 und 2006 eine mittelfristige Finanzplanung aufgestellt. Die staatlichen Steuereinnahmen haben dazu geführt, dass wir für diese beiden Jahre, die wir jetzt haushaltspolitisch gestalten müssen, 3,5 Milliarden Euro weniger zur Verfügung haben. Wir könnten nun – wie in früheren Zeiten – darauf reagieren, indem wir mehr Schulden aufnehmen. Genau dies ist jedoch nicht die Grundlinie dieser Mehrheitsfraktion und der Bayerischen Staatsregierung. Wir wollen eine nachhaltige Haushaltspolitik. Deshalb handeln wir im Rahmen dieses Haushaltes und sparen.
Wir haben gesehen, dass auch in anderen Ländern durchaus Bewegung herrscht. Diese Länder sparen. Ich stelle aber fest, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Veränderungen und für den Handlungsbedarf bei der Opposition gerade in München offenbar überhaupt nicht vorhanden ist. Die Erkenntnis, dass gehandelt und gespart werden muss, scheint hier überhaupt nicht vorhanden zu sein. Das ist sehr bedauerlich. Andere Oppositionsfraktionen in der Bundesrepublik Deutschland haben
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund hat vor einigen Tagen ein von mir sehr geschätzter Kommentator, Herr Peter Böhnisch, Folgendes gesagt: „Wenn die 42 Stunden in Deutschland nicht einmal gehen, was geht dann noch in deutschen Landen?“ Wenn wir in dieser Situation diese Maßnahme nicht durchsetzen können, muss tatsächlich die Frage nach der Reformfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland gestellt werden. Wir wollen, dass die Reformfähigkeit das Markenzeichen Bayerns bleibt.
Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Nachtragshaushalt 2004 einen Personalanteil von 43 %. Wenn wir gar nichts tun, keine Veränderungen, keine Einsparungen, keine Modifikationen und keine Strukturveränderungen vornehmen, werden wir auch aufgrund der steigenden Altlasten, also der Pensionslasten, längerfristig auf einen Personalkostenanteil von 50 % kommen.
Die Pensionslasten drücken uns alle miteinander. Deshalb müssen wir handeln, um nicht auf eine Personalquote von über 50 % zu kommen. Wir wollen nicht in die gleiche Situation kommen wie Nordrhein-Westfalen, das im letzten Jahr eine Nettoneuverschuldung in Höhe von 5,7 Milliarden Euro gehabt hat. Gleichwohl mussten im Haushalt 1,5 Milliarden Euro eingespart werden. Gleichwohl ist Nordrhein-Westfalen völlig handlungsunfähig. Wenn wir im Freistaat Bayern nicht wollen, dass der Landtag und die Staatsregierung in fünf oder sechs Jahren handlungsunfähig sind, müssen wir jetzt etwas tun. Die Einführung der 42-Stunden-Woche ist ein Beitrag zur mittelfristigen Sicherung dieser Handlungsfähigkeit.
Deshalb werden wir entsprechend dem Willen der Bayerischen Staatsregierung und der Mehrheitsfraktion am 1. September für die Beamten eine Arbeitszeit von 42 Wochenstunden einführen. Diese Regelung wird wie in Hessen nach Altersstufen modifiziert. Das wurde hier schon gesagt.
Herr Staatsminister, darf ich Sie einen Moment unterbrechen? Ich bitte doch um mehr Ruhe und Aufmerksamkeit. Das erleichtert die Arbeit.
Ich habe den Eindruck, dass die Betroffenen die Verlängerung der Arbeitszeit wesentlich besser akzeptieren als die Verbandssprecher. Die Betroffenen wollen hier aber Gerechtigkeit haben. Das habe ich in vielen Gesprä
Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, einen Gleichklang zwischen den Beamten und den Angestellten herbeizuführen. Dies ist natürlich nicht ohne weiteres möglich. Dazu müssen wir in der Tarifpolitik tätig werden. Richtig ist, dass wir mit Verdi eine Prozessvereinbarung geschlossen haben. Ich selbst habe im letzten Herbst gemeinsam mit dem neuen TdL-Vorsitzenden und Bundesminister Schily eine erste Bewertung vorgenommen. Die Ergebnisse waren sehr mäßig. Wir haben uns dann entschlossen, weitere Verhandlungsergebnisse abzuwarten. Dementsprechend hat der TdL-Vorsitzende den Ministerpräsidenten berichtet, und die Ministerpräsidenten haben im letzten November beschlossen, der anderen Seite noch einmal vier Monate Zeit zu geben, damit Bewegung in die Verhandlungen kommt.
In dieser Zeit ist aber kein Millimeter Fortschritt erzielt worden. Wir haben vermutet, dass bei der leistungsgemäßen Bezahlung am meisten Fortschritt erzielt werden kann. Hier hat die Bundestarifkommission von Verdi beschlossen, das mitzutragen, aber nur – auf neubayerisch – „on top“, also obendrauf. Für eine Leistungsbezahlung obendrauf brauche ich keine Gewerkschaft. Dazu brauche ich keine Gesprächspartner. Wenn ich mir das finanziell leisten kann, kann ich es immer machen. Bayern ist im Beamtenbereich ohnehin das einzige Land, das die rechtlichen Möglichkeiten einer Leistungsprämie nutzt. Es gibt kein anderes Land, welches das macht. Ich brauche aber keine Prozessvereinbarung, um eine Leistungsbesoldung „on top“ zu vereinbaren. Dies ist ein dramatischer Rückschritt gewesen. Nicht zuletzt dies hat alle Ministerpräsidenten dazu geführt, die Tarifvereinbarung über die Arbeitszeit einstimmig zu kündigen. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist einen Tag später dieser Empfehlung der Ministerpräsidenten gefolgt. Damit haben wir jetzt einen wesentlichen Schritt gemacht, um mittelfristig einen Gleichklang sicherzustellen. Dann ist das Gerechtigkeitsgefühl der Beamten weniger tangiert.
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich sollte noch etwas zu den Kommunen sagen. Sie haben hier erklärt, nur die Länder seien so rabiat und kündigten den Tarifvertrag, die Kommunen seien vernünftig genug. Richtig ist, dass die VKA, der Arbeitgeberverband der Kommunen, bis jetzt weder den Tarifvertrag über das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld noch die tariflichen Bestimmungen über die Arbeitszeit gekündigt hat. Wir haben dies immer kritisiert, weil ich es als Ungleichgewicht empfinde, wenn wir einerseits mit den permanenten Klagen der Kommunen, sie hätten kein Geld, konfrontiert werden, während auf der anderen Seite die Bereitschaft fehlt, im Personalbereich einzusparen. Ich habe dies in einem sehr deutlichen Brief den Vertretern der kommunalen Arbeitgebervereinigung in Bayern geschrieben.
Plötzlich ist aber doch Bewegung hereingekommen. Gestern hat das Präsidium der VKA getagt. Ihm gehören die Vertreter von 16 Mitgliedsverbänden und sechs Gruppenausschussvorsitzende an. Sie haben bei zwei Stimmenthaltungen einen Beschluss gefasst mit folgenden Kernaussagen:
Erstens stellt die VKA fest, dass die bisherigen Ergebnisse der Prozessvereinbarung bei weitem unbefriedigende Verhandlungsergebnisse sind. Ich kann den Damen und Herren nur „guten Morgen“ sagen. Die Länder habe das schon längst festgestellt. Jetzt, im Nachgang, bestätigen die Kommunen unsere Analyse, dass bei den bisherigen Verhandlungen absolut nichts herausgekommen ist. Dann müssen die Kommunen auch die Konsequenzen ziehen.
Herr Maget, in einem dritten Punkt sagen die Kommunen, für September werde die Mitgliederversammlung der VKA einberufen, um über die Kündigung des Manteltarifvertrags zu entscheiden. Wenn sich die VKA dazu im September entscheiden würde, könnte sie tatsächlich ein halbes Jahr vor Auslaufen des Tarifvertrags ihrerseits einseitig die tariflichen Arbeitszeitvorschriften kündigen. Dann wäre wieder Einigkeit auf Seiten der Arbeitgeber hergestellt, weil dann der Bund mit Sicherheit sofort nachfolgen wird.
Es kann nicht sein, dass man einen Verhandlungsprozess einleitet, eine Seite in diesem Prozess aber absolut keine Bewegung zeigt. Dann müssen Konsequenzen gezogen werden. Die Länder haben gemeinsam mit Bayern Konsequenzen gezogen. Die Schlussfolgerungen sind jetzt auf dem Tisch.
(Franz Maget (SPD): Herr Minister, darf ich Sie etwas fragen? Wird in dem Manteltarifvertrag die Arbeitszeit geregelt?)
Im Manteltarifvertrag ist unter anderem auch die Arbeitszeit geregelt, wenn ich Sie aufklären darf, Herr Fraktionsvorsitzender.
Ich darf noch etwas zur Reaktion der betroffenen Verbände sagen. Wir haben nach wie vor ein sehr gutes Gesprächsklima mit dem Beamtenbund. Das möchte ich hier feststellen. Aufgrund eines sehr intensiven Gespräches zwischen dem Ministerpräsidenten, dem Vorsitzenden des Beamtenbundes, Herrn Habermann, und mir haben wir die 42-Stunden-Woche nach Alter differenziert. Dies ist ein konkretes Ergebnis eines trotz aller vorhandenen Spannungen guten Gesprächsklimas.
Allerdings wird dieses Gesprächsklima gegenwärtig erheblich durch die Ankündigung der Finanzgewerkschaft
gestört, sie werde zu „Dienst nach Vorschrift“ aufrufen. Sie haben es in den Zeitungen gelesen. Ich habe eine Reihe von Dokumenten zu diesem Aufruf. Ich bin der Auffassung, hier hört die Liberalität im Umgang miteinander auf. Ich erinnere an den Beschluss des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 1977. Dort heißt es im ersten Orientierungssatz, welchen ich hier ausdrücklich vorlese: