Protocol of the Session on March 16, 2004

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Gymnasium hätte ein Vorreiter dafür sein können. Sie haben leider mit der handstreichartigen Einführung die Chance vertan, ein neues pädagogisches Konzept und daraus resultierende Strukturveränderungen zu entwickeln, die man Zug um Zug auf andere Schularten hätte übertragen können. Ihr Bildungsansatz ist technokratisch, weil er lediglich ein Schuljahr auf die anderen herunterrechnet. Ihre Stundentafel ist nicht an pädagogischen Erfordernissen ausgerichtet, sondern wird politisch ausgehandelt. Damit die Eltern Ruhe geben, wird der Nachmittagsunterricht reduziert. Ich befürchte, Ihr achtjähriges Gymnasium wird den Anforderungen an moderne Ausbildung nicht gerecht. Stattdessen wird ein Menschentyp herauskommen, den eigentlich nur die CSU im Landtag brauchen kann und von dem hier bereits 124 Prototypen sitzen. Das sind die willfährigen Erfüllungsgehilfen ihres Herrn.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für uns ist Bildung eine Investition in die Zukunft, die es dauerhaft zu gewährleisten gilt. Ihre Kürzungen im Personalbereich, die Sie vorgesehen haben, schwä

chen die Bildung und ihre Leistungsfähigkeit auf lange Sicht. Es gilt aber, unseren Kindern gerade auf diesem Gebiet noch eine gesicherte Personaldecke gute Startchancen für den Beruf und für ihre Rolle in der Gesellschaft zukommen zu lassen. Wir fordern deshalb exemplarisch für den Nachtragshaushalt die Rücknahme der Kürzungen für den Personalbereich.

Ich will aber auch an dieser Stelle über den Nachtragshaushalt hinausblicken; denn der nächste Doppelhaushalt lässt nichts Gutes erahnen. Ich möchte hier noch einmal das Einsparziel „ausgeglichener Haushalt 2006„ infrage stellen. Ich vermute, dass dieses Ziel nur deshalb aufgestellt wurde, weil der bayerische Ministerpräsident in einem Alter, in dem andere ihren Ruhestand vorplanen, seine Berufspläne noch nicht abgeschlossen hat. Darunter leiden die Kinder an unseren Schulen, die ihre berufliche Laufbahn noch vor sich haben.

Ich darf Ihnen an dieser Stelle versichern, dass ich nicht aufhören werde, ein Bildungskonzept anzumahnen, dass das Kind und seine individuelle Förderung in den Mittelpunkt stellt; denn nur so haben alle Kinder in Bayern eine optimale Chance auf Teilhabe am Bildungssystem gemäß ihren Fähigkeiten. Ich werde auch nicht aufhören, die dafür notwendigen Strukturen und das dafür nötige Geld einzuklagen. Der Kampf um bessere Bildung in Bayern hat begonnen. Ich werde nicht müde werden, von diesem Parlament und von dieser Staatsregierung meine beiden Ks einzufordern: Das ist erstens Konzept und zweitens Kohle. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Kollege Schneider das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade ein Szenario gehört, in dem man sich nicht wiederfinden kann, wenn man mit offenen Augen durch Bayern geht. Das gilt für die Sportförderung, für die Jugendförderung und auch für die Ausführungen zur Schulpolitik. Herr Kollege Dr. Förster, Sie haben sich heute als großer Nein-Sager präsentiert. Nur mit Nein-Sagen kommen wir leider nicht weiter. Sonst habe ich von Ihnen leider nichts gehört.

(Beifall bei der CSU)

Wenn man einen Blick in das Zahlenwerk wirft, kann man feststellen, dass die Bildung in der CSU-Fraktion und bei der Staatsregierung Priorität hat. Trotz der Sparmaßnahmen steigt der Bildungshaushalt als einer der wenigen Haushalte in diesem Nachtragshaushalt 2004 an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch ist es notwendig, dass der Bildungshaushalt seinen Beitrag zur Konsolidierung des Gesamthaushalts leistet. Sie tun so, als ob wir nur wackeln müssten, damit das Geld überall herauskommt. Sie sehen offensichtlich nicht die tatsächlichen Notwendigkeiten und die Möglichkeiten, die wir haben.

Natürlich haben wir auch schmerzhafte Maßnahmen zu vertreten. Wir haben draußen viele Gespräche geführt und uns mit den Betroffenen ausgetauscht. Bei der Jugendarbeit und beim Sport wird die Notwendigkeit der Maßnahmen eingesehen. Die Menschen begreifen, dass man keine Maßnahmen ergreifen kann, ohne zu schauen, wie sich die Situation in den nächsten Jahren entwickeln wird. Diese vielen Gespräche haben dazu geführt, dass in der Fraktion und im Haushaltsausschuss ein ausgewogenes Konzept gefunden worden ist, mit dem einerseits Strukturen erhalten werden und andererseits der Beitrag für die Notwendigkeiten geleistet wird.

Zum Thema Lehrer. Frau Kollegin Schieder, Sie haben zu Recht betont, dass die Unterrichtszeit ganz entscheidend sei. Aus den Zahlen sehen Sie, dass für die bayerischen Schülerinnen und Schüler am meisten Unterrichtszeit zur Verfügung steht. Egal, in welche Schulart Sie schauen – von der Grundschule bis zum Gymnasium –, es gibt kein Land, das mehr Unterricht für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellt als Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Es gab in der Vergangenheit auch kein Land, das mehr Lehrkräfte zusätzlich eingestellt hat als Bayern. Allein 5 500 zusätzliche Planstellen in den letzten Jahren dürfen Sie nicht wegwischen. In den Ländern, in denen Sie Verantwortung haben, ist ein ganz anderes Szenario zu sehen.

Zum Umgang mit Lehrern. Frau Schieder, Sie haben darauf hingewiesen, wie populistisch auf den Lehrern herumgehackt werde.

(Marianne Schieder (SPD): So ist es!)

Wer hat denn damit als erster angefangen? Wer hat denn von den faulen Säcken gesprochen? Es war doch kein anderer als Ihr Schröder.

(Beifall bei der CSU – Marianne Schieder (SPD): Und was hat Ihr Huber gesagt?)

Zur Unterrichtspflichtzeit. Schauen Sie in die Länder, in denen Ihre Genossen die Verantwortung tragen. In jedem Teilbereich ist die Unterrichtspflichtzeit für die Lehrkräfte höher. Schauen Sie einmal genau hin.

(Marianne Schieder (SPD): Stimmt doch nicht!)

Sie stellen sich hier her und tun so, als wenn Sie in allen Ländern, in denen Sie Verantwortung tragen, nur das Beste machen würden. Genau das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der CSU)

Ich sage noch einmal, wir werden auch als Bildungspolitiker unseren Beitrag leisten müssen, um in Zukunft handlungsfähig zu bleiben.

Zum Beitrag von Frau Tolle. Sie können Forderungen erheben. Ich sage aber noch einmal, wir sind nicht in einem Märchenland, in dem man mit dem Bettzeug schüttelt, damit die Taler herausfallen. Es muss alles verdient werden, und es muss alles in den Staatshaushalt eingehen. Wenn Sie in Berlin eine Politik machen, bei der wir keine Einnahmen haben, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn wir nicht mehr alle bisherigen Ausgaben leisten können.

(Beifall bei der CSU)

Frau Tolle, Sie haben den Ministerpräsidenten zitiert. Die Zitate sind richtig. Sie wurden von der CSUFraktion auch positiv aufgenommen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Alles Lüge!)

Wenn Sie aber darauf hinweisen, dass Bayern in der Regionalliga spielt, frage ich Sie, wo die von Ihnen regierten Länder spielen. Die Liga gibt es wahrscheinlich gar nicht. Jede Studie – die TIM-Studie, die PISA-Studie und die IGLU-Studie – hat gezeigt: Wenn sich Länder überhaupt international messen können, dann sind es Bayern und Baden-Württemberg. Kein einziges der von Ihnen regierten Länder kann sich international messen.

(Beifall bei der CSU)

Natürlich wissen wir, dass wir noch mehr anpacken müssen. Natürlich wissen wir, dass wir auch in der inneren Schulentwicklung Fortschritte machen müssen. Da sind wir auf einem guten Weg. Dazu brauchen wir Ihre Vorschläge nicht unbedingt. Schauen Sie doch in die Modusschulen hinein. Es ist unheimlich viel auf dem Weg. Die letzten Preisvergaben beim so genannten isi-Preis haben gezeigt, wie vielfältig und fruchtbar die Arbeit an den bayerischen Schulen ist. Ich nehme gerne Ihr Lob an die Lehrkräfte mit auf. Das unterstütze ich und bekräftige es. Es wird unheimlich viel geleistet. Es wird auch von vielen Lehrkräften ein großartiger Einsatz erbracht. Dafür sagen wir ein herzliches Dankeschön. Wir sagen aber auch den Lehrkräften, ohne ihren Beitrag werden wir nicht zukunftsfähig bleiben. Diesen Beitrag werden wir auch von den Lehrkräften einfordern müssen.

Insgesamt ist der Bildungshaushalt ein Haushalt, der bestimmte schmerzhafte Einsparungen enthält. Darüber dürfen wir nicht hinwegtäuschen. Sparen ist halt nicht möglich, ohne dass man es spürt. Insgesamt gesehen ist der Bildungshaushalt aber ein Haushalt, mit dem sich Bayern sehen lassen kann. Es gibt viele Länder in Deutschland, die froh wären, wenn sie im Bildungsbereich diesen Haushalt hätten.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Pranghofer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schneider, wir wissen alle, dass man mit einer schwarzen Brille nicht so gut sieht. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die CSU nicht die Phantasie hat, sich vorzustellen, was bei diesen Kürzungsorgien in den Schulen passiert. Ich hoffe aber doch, dass Sie bei den Diskussionen, welche Sie in den letzten Wochen und Monaten mit uns gemeinsam vor Ort geführt haben, gehört haben, wie die Realität draußen aussieht. Ich hoffe, dass Sie nicht so abgebrüht sind und das alles an sich abprallen lassen, was Ihnen die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer und auch die Eltern mit auf den Weg gegeben haben.

(Beifall bei der SPD)

Mein Kollege Förster hat schon von der Jugendarbeit gesprochen. Ich füge die Erwachsenenbildung hinzu, denn auch da gilt das, was für den Bereich der Jugend gilt: Das Diktat der Kürzungen wird die Weiterbildung in Bayern erheblich treffen.

Die Erwachsenenbildungsträger haben Recht, wenn sie befürchten, dass mit der Kürzung der Fördermittel die Existenz einiger Einrichtungen in Bayern komplett auf dem Spiel steht. Sie haben auch Recht, wenn sie meinen, dass die thematische Breite der Angebote verloren geht. Die Träger der Erwachsenenbildung befürchten auch zu Recht, dass vor allem die defizitären Kurse – das sind die Integrationsangebote, die Angebote zum Nachholen von Schulabschlüssen und auch die politische Bildung – auf der Strecke bleiben werden. Ich drücke das nicht mit meinen Worten aus, sondern ich zitiere den Vorsitzenden des Bayerischen Volkshochschulverbandes, Herrn Kett. Er sagt – ich zitiere:

In einer Zeit, in der die ständige Weiterbildung möglichst vieler Menschen aus allen Schichten zur Überlebensfrage für Wirtschaft und Gesellschaft wird, bedroht die Haushaltspolitik des Freistaates mit massiven Kürzungen den Fortbestand und erst recht die Weiterentwicklung des Bayerischen Volkshochschulverbandes. Erfolgreiche Einrichtungen

der Erwachsenenbildung werden in ihrer Existenz gefährdet und gegebenenfalls der nächsten Generation auf Dauer weggenommen.

Das hat er in einem Schreiben vom 1. Dezember 2003 gesagt, und dieses Schreiben haben Sie auch bekommen. Das ist ein jämmerliches Signal. Ausgerechnet in einer Zeit, in der angesichts wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Erwachsenenbildung in Bayern auf Hochtouren laufen müsste, streichen Sie die Zuschüsse immer weiter zusammen. Sie ignorieren, dass die bayerischen Volkshochschulen und auch andere Erwachsenenbildungsträger schon seit zehn Jahren von einer Nullrunde in die nächste Nullrunde geschickt werden. Noch im letzten Jahr haben Sie den Trägern versprochen, dass die Kürzungen in Höhe von 1 Millionen Euro im Jahr 2003 durchaus revidierbar seien. Jetzt müssen sie feststellen, dass dem nicht so ist und dass sie weiter geschröpft und abkassiert werden.

Die Ministerin zeigt sich hier ziemlich zugeknöpft. Sie sagt, aufgrund der äußerst angespannten Haushaltslage sei bei den freiwilligen Leistungen eine moderate Kürzung im Bereich der Erwachsenenbildung angebracht. Frau Hohlmeier, so werden Sie jedenfalls immer wieder in der Presse zitiert. Man redet inzwischen von freiwilligen Leistungen der Erwachsenenbildung. Das Gesetz hat es aber anders vorgesehen. Das Gesetz sagt nämlich, der Staat fördert die Erwachsenenbildung unbeschadet der Aufgaben der Gemeinden durch finanzielle und sonstige Leistungen mit dem Ziel, dass im ganzen Land leistungsfähige Einrichtungen mit einem breit gefächerten Bildungsangebot zur Verfügung stehen. Erwachsenenbildung ist also keine freiwillige Leistung, sondern eine Pflichtaufgabe. Sie haben die Verpflichtung, im ganzen Land leistungsfähige Einrichtungen und ein breit gefächertes Bildungsangebot zur Verfügung zu stellen.

Sie ignorieren des Weiteren, dass die Erwachsenenbildung inzwischen die größte Schule in Bayern ist. Das lässt sich am Beispiel der Volkshochschulen ganz gut untermauern.

In Bayern gibt es 217 Volkshochschulen. Jährlich besuchen 2,3 Millionen Teilnehmer über 140 000 Veranstaltungen. Ich frage Sie: Bei welcher Schule sonst in Bayern gibt es das? – Sie wollen dies alles aufs Spiel setzen. Ich denke, Sie haben die Protestbriefe gelesen. Ich glaube, Sie streichen die Mittel für die Erwachsenenbildung wider besseren Wisens und sparen sie damit kaputt.

Ich möchte auf einen zweiten Punkt zu sprechen kommen. Das sind die Auswirkungen der Kürzungspolitik auf die Bedingungen in den Schulen. Kollegin Schieder hat bereits davon gesprochen, dass vor allen Dingen mit Verschlechterungen in

den Schulen zu rechnen sei. Auch ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die heutigen Beratungen nur der Anfang des Ganzen sind. In Wahrheit haben Sie die Suppe schon fertig gekocht. Sie haben die Zutaten längst zusammengerührt, die Sie brauchen, um den „Schülerberg“ überwinden zu können, die G 8 über Nacht einzuführen und die frühere Einschulung zu finanzieren. Die Zutaten sind wie immer: in erster Linie Einsparung der Stellen durch die Arbeitszeiterhöhung der Lehrerinnen und Lehrer und weitere Zumutung des Unterrichtsausfalls. Das können Sie nicht wegdiskutieren. Die Lehrerinnen und Lehrer sagen schon scherzhaft: „Machen wir heute wieder einmal einen Tag der offenen Tür.“ Sie wollen die Klassengrößen weiterhin beibehalten, und an gewissen Stellen müssen andere Schularten mit finanzieren.

Mit der Streichung der dritten Religionsstunde in der dritten und vierten Klasse fängt das Ganze an. Damit sparen Sie 400 Planstellen. Mit der Nichteinstellung von Junglehrern hört es auf. Auf eine schriftliche Anfrage hat mir das Kultusministerium bestätigt, dass mit einer Stunde Arbeitszeitverlängerung 3 000 Stellen aktiviert werden.

Mit der Kürzung der Aushilfstätigkeiten – das ist eine wichtige Sache – in Höhe von 12 Millionen Euro sparen Sie nicht nur 200 Stellen, sondern Sie machen damit die Berufsschulen kaputt.

(Beifall bei der SPD)

Die Berufsschulen haben wegen des Lehrermangels viele Lehrkräfte mit Aushilfsverträgen eingestellt. Ich muss davon ausgehen, dass Ihnen die Problematik an den Berufsschulen bekannt ist. Deshalb ist es umso unverständlicher, dass Sie den Berufsschulen diesen Crashkurs noch einmal zumuten mit der Kürzung der Aushilfstätigkeiten.