Protocol of the Session on November 7, 2007

Ich möchte sie zusammenfassen. Erstens sprechen dafür Gründe des Umweltschutzes. Bei niedrigeren Geschwindigkeiten auf der Autobahn, wenn also nicht mehr mit 180, 200, 250 km/h und mehr gerast wird,

(Eduard Nöth (CSU): Wo kann man das überhaupt?)

ist der gesamte Schadstoffausstoß der Automobile geringer. Der Treibstoffverbrauch wird dadurch gesenkt, ebenso der Ausstoß von Kohlendioxid, von Stickoxid und von Kohlenmonoxid.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Ausstoß nahezu aller Schadstoffe wird dadurch geringer. Ein zusätzlicher Effekt führt zu einem weiteren Sinken des Schadstoffausstoßes. Wenn ein Tempolimit 120 oder 130 km/h – oder welches auch immer – eingeführt wird, wird der Verkehrsfluss homogener. Das zeigen sämtliche Untersuchungen und Erfahrungen aus den anderen Ländern. Wenn die Geschwindigkeitsunterschiede nicht so groß sind, wie das momentan auf unseren Autobahnen noch der Fall ist, ergibt das einen homogeneren Verkehr. Es kommt zu weniger Staus und zu weniger Abbrems- und Beschleunigungsvorgängen. Beides wiederum führt dazu, dass der Schadstoffausstoß

sinkt und die Kapazität der Autobahnen – auch das ist ein positiver Effekt – steigt. Nicht ohne guten Grund besteht auf der A 8 zwischen Augsburg und München tagsüber – nicht nachts aus Lärmschutzgründen – ein Tempolimit von 120 km/h – ich glaube, zwischen 5.00 Uhr und 22.00 Uhr –, weil die Kapazitätsgrenze dieser Straße erreicht ist. Damit soll ein homogenerer Verkehr und eine höhere Kapazität dieser Straße erreicht wird. Wir könnten uns eine ganze Menge an Straßenausbauten ersparen, wenn wir ein Tempolimit von 130 km/h beschließen würden, wie wir es fordern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Lärmemissionen würden durch geringere Geschwindigkeiten weniger werden. Es wäre sehr zum Wohl der geplagten Anwohner entlang der Trassen, wenn diese endlich weniger Lärm hätten. Es reicht nicht aus, nur an einzelnen Punkten und vielleicht nur nachts ein Tempolimit vorzuschreiben. Ein generelles Tempolimit würde eine hervorragende Entlastung auf unseren Straßen mit sich bringen.

Zweitens. Die Anzahl der Unfälle, speziell der schweren Unfälle, würde durch ein Tempolimit reduziert. Sie können jetzt argumentieren, dass die Autobahnen die sichersten Straßen sind. Es mag sein, dass auf Autobahnen im Vergleich zu innerstädtischen Straßen und bezogen auf die Zahl der Fahrzeuge oder die Autobahnkilometer weniger Unfälle stattfinden; das möchte ich gar nicht bestreiten. Unbestreitbar ist aber auch, dass durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit die Anzahl der Unfälle sinkt und die Schwere der Unfälle deutlich abnimmt. Wir könnten die Zahl der Unfalltoten auf unseren Straßen dadurch deutlich reduzieren.

Kolleginnen und Kollegen, hier besteht wirklich Handlungsbedarf. Aus der Statistik der ersten Monate des Jahres 2007 geht hervor, dass die Zahl der Getöteten auf unseren Straßen im Steigen begriffen ist. Das ist ein alarmierender Zustand, der mir persönlich außerordentlich große Sorge bereitet. Hier muss mit einem Tempolimit angesetzt werden, das wir äußerst dringend und sofort brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Engelbert Kupka (CSU): Nein!)

Dem CSU-Antrag können wir nicht zustimmen. Bei der Abstimmung über den SPD-Antrag werden wir uns enthalten, weil uns die Forderung zu wenig ist, der Landtag soll feststellen, dass Tempo 130 für den Klimaschutz gut ist. Das ist uns zu wenig; deshalb werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN – Engelbert Kupka (CSU): Das macht’s!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Richter.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst ein Zitat aus der Zeitschrift „Focus“ zum Thema des SPDAntrags bringen:

Sieben Jahre hat die SPD mit den GRÜNEN regiert und kein Tempolimit in Deutschland eingeführt.

(Zuruf von der CSU: Sehr richtig!)

Jetzt fordert die Parteibasis einen linksökologischen Ruck. Gegen den Willen der SPD-Führung soll künftig Tempo 130 auf Autobahnen gelten. Führende Sozis hoffen, dass das Tempolimit der Union scheitert.

Weiter heißt es:

Selbst Bundesumweltminister Sigmar Gabriel räumt ein, die Drosselung sei hinderlich, ein gutes symbolisches Thema.

(Eduard Nöth (CSU): Dem ist nichts hinzuzufügen!)

Werter Herr Kollege Magerl, Sie haben gerade das Unfallrisiko auf deutschen Autobahnen angesprochen. Es ist nicht überdurchschnittlich höher als anderswo. Wenn ich die Unfallhäufigkeit in den Vereinigten Staaten auf die Einwohnerzahl bei uns herunterrechne, so ist festzustellen, dass die Vereinigten Staaten dreimal mehr Unfalltote verzeichnen als Deutschland.

Wir haben Verkehrsleitsysteme, die den Verkehr unabhängig davon regeln, ob „130“ auf den Schildern steht, sondern abhängig von den Witterungs- und Verkehrsverhältnissen. Da kann es dann geschehen, dass man nur 80 oder 100 km/h fahren darf, wie es mir heute früh passiert ist, als ich mit dem Auto nach München gefahren bin, weil die Witterung kein höheres Tempo zugelassen hat. Das würde ein generelles Tempolimit mit normaler Beschilderung so nicht regeln.

Auf zahlreichen Autobahnabschnitten besteht bereits eine Geschwindigkeitsbeschränkung. Das ist so auf circa 40 % unserer Autobahnen, wobei Einschränkungen durch Verkehrsleitsysteme und aufgrund von Baustellen nicht eingerechnet sind. Auch für verschiedene Fahrzeuge besteht bereits ein Tempolimit, zum Beispiel für Wohnmobile, für Pkws mit mehr als 3,5 Tonnen und für Busse.

Interessanterweise ist außerhalb Deutschlands die Tendenz zu erkennen, von bestehenden Tempolimits wieder abzugehen, zum Beispiel in Dänemark und Italien. Dort werden für manche Streckenabschnitte wieder höhere Geschwindigkeiten zugelassen. In Schweden wird zurzeit über eine Lockerung des Tempolimits nachgedacht.

Wir sind grundsätzlich gegen ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen. 1970 hatten wir über 21 000 Verkehrstote, im Jahr 2006 knapp über 5000. In der gleichen Zeit gab es eine Verdreifachung des PkwBestands.

Zum Schluss darf ich noch ein wenig süffisant aus dem „Focus“ zitieren zum Thema allgemeines Tempolimit. Die SPD-Vizechefin Andrea Nahles sagt dazu:

Ich fahre gerne auch mal schnell Auto, wo das möglich ist. Auf meine Lieblingsrennstrecke, auf die A 48 würde ich nur sehr ungern verzichten.

Dem schließen wir uns an. Wir sind gegen ein Tempolimit.

(Beifall bei der CSU)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt. Das nur zur Information. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Müller.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab sei mir eine Bemerkung gestattet: Ich fahre gern Auto. Ich nenne ein Motorrad mein Eigen und ein weiteres Auto, das inzwischen 44 Jahre alt ist. Im vergangenen Jahr habe ich für 200 Euro erneut ein Auto gekauft, das genauso alt ist. Und ich hoffe, nach Abschluss meiner beruflichen Tätigkeit hier im Hohen Hause genügend Zeit zu finden, um dieses Auto in denselben Zustand zu versetzen wie das andere alte Auto.

Mit dieser Vorbemerkung möchte ich Ihnen nur deutlich machen, dass für mich dieses Thema überhaupt nichts mit einer Glaubensfrage zu tun hat, sondern ich diese Forderung nach einem Tempolimit sehr nüchtern und sachlich sehe. Für mich ist entscheidend, nicht schnell zu fahren, sondern schnell anzukommen. Zu diesem Thema möchte ich nun gern etwas sagen.

Eingangs einige Bemerkungen, da es sich um ein besonders emotional besetztes Thema handelt. Ich stimme denjenigen zu, die sagen, ihr spart, wenn ihr das Tempolimit von 130 km/h einführt, nur etwa ein Prozent der Emissionen ein, die einzusparen sind, und das ist eigentlich wenig. Da kann ich nur hinzufügen: Jawohl, das stimmt. Trotzdem hat diese Diskussion in der Öffentlichkeit einen anderen Stellenwert, weil bei diesem Thema symbolhaft diskutiert wird, was wir unter anderen Faktoren in unserem Land akzeptieren oder nicht.

Genauso hinterfragbar ist das Argument, das ich auch häufig lese, dass nämlich bereits 98 % aller Straßen in Deutschland reglementiert seien, so als wolle man die Forderung begründen, dann lasst halt ein Stück Freiheit auf diesen zwei Prozent der Straßen zu. Umgekehrt könnte man das genauso begründen, nämlich so: Wenn schon 98 % reglementiert sind, wer will dann in einem Parlament uns, die wir hier für Freiheit stehen, klarmachen, dass die Frage der Freiheit an läppischen zwei Pro

zent hängt oder an der Frage, wie tief ich ein Gaspedal nach unten drücken kann oder nicht. Das hat doch mit Freiheit überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen gibt es nach meiner Auffassung kein reglementierteres Bewegungsmittel als das Auto. Was heute bezüglich des Autos alles schon reglementiert ist, ist ganz schlimm. Deshalb sollte man nicht so tun, als könnte man das, was mit der Forderung nach einem Tempolimit diskutiert wird, an dem Begriff der Freiheit festmachen.

Die einzige Gruppe, die sich heute geradezu anarchisch frei im Verkehr bewegt, ist doch der gemeine Radfahrer.

(Heiterkeit)

Das ist doch der einzige Verkehrsteilnehmer, der die Straßenverkehrsordnung und Ähnliches missachtet. Ich fahre täglich selber mit dem Rad zum Bahnhof und merke, für den Radfahrer scheint es kaum Verkehrsregeln zu geben. Wenn Sie die Freiheit suchen, Kolleginnen und Kollegen, dann fahren Sie doch Fahrrad, aber hängen Sie das nicht am Thema Tempolimit auf.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Es wurde schon gesagt, dass dieses Tempolimit auch vor dem Hintergrund von weniger Verkehrstoten gesehen werden müsse. Dem muss ich zustimmen: Jeder Verkehrstote ist einer zuviel. Wenn wir einen Beitrag zur Reduzierung der Verkehrstoten leisten können, ist das überlegenswert. Das kann man nicht tun mit Statistiken, wie es in Amerika aussieht, und dem Hinweis, dass dort noch mehr stürben. Das Argument, dass dort mehr sterben, ist doch kein Argument dafür, sich nicht zu bemühen, dass weniger Menschen bei uns auf den Straßen sterben.

(Engelbert Kupka (CSU): Bei uns ist die Zahl um 75 % zurückgegangen!)

Ein solches Argument würde mir nicht einleuchten. Jetzt aber kommen wir zu dem, was hier zu diskutieren ist. Da würde ich sagen, lieber Kollege Dr. Magerl, dass Sie den Antrag der SPD nicht ganz zu Ende gelesen haben.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Doch!)

Hätten Sie das getan, dann würden Sie unseren Antrag anders beurteilen, dessen bin ich sicher. Ich kann es auch so sagen: Ich bin sicher, dass die GRÜNEN unserem Antrag jetzt zustimmen werden, nachdem ich gesprochen habe.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Na, na!)

Zurückkommend auf den eigentlichen Punkt möchte ich nämlich noch einmal die These aufstellen: Es geht nicht darum, schneller zu fahren, sondern schneller anzukommen. Das ist der entscheidende Punkt. Dazu wird ein