Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe bis heute nicht, warum immer wieder eine Verbindung zwischen der A 93 und der A 9 gefordert wird.
Ein Blick auf die Landkarte würde genügen. Die Hauptverbindung von Prag in den süddeutschen und den südwestdeutschen Raum, aber auch ins Rhein-Main-Gebiet, führt über die A 6. Ist diese Trasse zwischen der tschechischen Grenze und Nürnberg einmal fertig gestellt, werden viele Probleme gelöst sein. Deswegen sollten wir uns auch alle darum bemühen, dass das so schnell wie möglich passiert. Ich bin davon überzeugt, dass ein wesentlicher Teil des Ost-West-Verkehrs über diese Trasse führen wird, wenn diese Autobahn einmal in Betrieb gegangen ist, an deren Notwendigkeit kein Zweifel besteht. Die Fichtelgebirgsgemeinden werden dadurch weiter entlastet.
Dazu kommt noch der wichtige Lückenschluss zwischen der A 93 bei Schirnding und der tschechischen Grenze bei Eger. Auch diese Verbindung halten wir für äußerst sinnvoll. Auch hier wird sich der Verkehr entzerren.
Die Befürworter der Autobahn sprechen immer wieder von der hohen Verkehrsbelastung auf der B 303. Tatsache ist, dass diese Straße mit einem Aufkommen von 6000 bis 8000 Kraftfahrzeugen täglich weit unter dem Bundes
durchschnitt von 10 000 Fahrzeugen pro Tag bleibt. Alle Zählungen beweisen, dass der Verkehr keineswegs zunimmt, sondern dass er stagniert oder sogar zurückgeht. Das Fichtelgebirge ist hervorragend erschlossen und braucht keine neuen Straßen.
Das Fichtelgebirge braucht einen besseren Personennahverkehr. Dafür wollen wir hier in diesem Parlament streiten.
Hinter der Straßenplanung durch das Fichtelgebirge steckt ein ganz anderes Vorhaben. Das Fichtelgebirge soll nicht entlastet werden, sondern es soll noch mehr Verkehr hineingeführt werden. Man will den Verkehr von der A 6 schon gleich wieder weghaben, bevor diese fertig ist, und eine Fichtelgebirgsautobahn soll als Ausweichstrecke dienen. Geht es nach den Betonstrategen, dann werden dank der neuen Autobahn mehr als 20 000 Autos durch das Fichtelgebirge fahren. Kollege Döhler, ich weiß nicht, ob wir das für das Fichtelgebirge wünschen sollen. Leider sagt das aber von den Befürwortern niemand öffentlich. Hören wir auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Es wird eine höhere Verkehrsbelastung hervorgerufen.
Die Regierung von Oberfranken hat kürzlich die Ergebnisse der Raumempfi ndlichkeitsanalyse vorgestellt. Dabei hat sich einmal mehr gezeigt, welch hoch sensibler Naturraum das Fichtelgebirge ist. Obwohl im Bundesverkehrswegeplan die Trasse durch das Waldsteingebiet mit der schlechtesten Umweltnote bewertet wurde, obwohl sie also von allen Trassen die empfi ndlichste ist, wird munter weitergeplant.
Auch in der neuesten Planung, die uns vorgelegt wurde, sind wichtige Biotope überhaupt nicht vorhanden, obwohl es sich um eine völlige Neuplanung handelt. Ich halte das für skandalös.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen Sie sich einmal die Landkarte an. Wo in Deutschland fi nden wir ein Mittelgebirge, das auf engstem Raum über 1000 Meter hohe Gipfel, optimale und naturverträgliche Wintersportbedingungen und eine einzigartige Fauna und Flora bietet? Der Luchs hat sich im Fichtelgebirge wieder angesiedelt. Sogar Elche wurden dort gesichtet, obwohl ich denen aus politischen Gründen raten würde, lieber in Schweden oder Finnland zu bleiben, denn dort gibt es eine bessere Bildungspolitik als in Bayern. Das aber nur nebenbei. Das ist heute nicht unser Thema, Kolleginnen und Kollegen.
Wir haben im Fichtelgebirge und insbesondere auf dem Waldsteingipfel einzigartige Fauna-Flora-Habitat-Gebiete.
Kollege Nadler, gerade aus ökonomischer Sicht ist eine Autobahn pures Gift für das Fichtelgebirge. Wir hätten dann eine Fernstraßendichte wie im Ruhrgebiet. Das Argument, eine Autobahn bringe Arbeitsplätze, wird auch nicht richtiger, wenn man es ständig wiederholt. Dafür gibt es in Oberfranken genug Beispiele. Trotz dreier Autobahnen hat der Landkreis Hof die höchste Arbeitslosenquote in Bayern. Daran hat sich trotz dreier Autobahnen nichts geändert.
(Dr. Thomas Beyer (SPD): Aber mit der vierten wird es besser! – Eduard Nöth (CSU): Wer regiert denn Hof?)
Die wirtschaftlichen Interessen der Region liegen eher im Tourismus. Beim Tourismus sind die Gemeinden auf einem guten Weg und bieten schon heute Erholungssuchenden beste Bedingungen. Wer diese Erfolge im Tourismus aufs Spiel setzen will, handelt nach unserer Vorstellung verantwortungslos.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD ist bei der Fichtelgebirgsautobahn einer Meinung. Beim Flughafen war es nicht so. Dabei wissen wir die Bevölkerung hinter uns. Weit mehr als 30 000 Menschen haben sich der Bürgerinitiative gegen eine Autobahn angeschlossen und kämpfen engagiert gegen die aberwitzigen Pläne. Sehr viele Gemeinden, auch solche mit CSU-Bürgermeistern und CSU-Ratsmehrheiten, lehnen eine Autobahn durch das Fichtelgebirge ab, Kollege Nadler.
Wer eine Betonwüste will – ein Leserbriefeschreiber hat es heute in der „Frankenpost“ sehr treffend als Asphalt-Kalahari bezeichnet –, wird bei den Menschen im Fichtelgebirge im wahrsten Sinne des Wortes auf Granit beißen.
Auch wenn die CSU mit ihrer Zweidrittelmehrheit heute den Antrag wie auch schon zuvor in den Ausschüssen für Wirtschaft und Verkehr sowie für Bundes- und Europangelegenheiten ablehnt, wird der Widerstand im Fichtelgebirge fortgesetzt. Das sind wir den Menschen im Fichtelgebirge schuldig. Ich lege vor allem darauf Wert, dass wir Ortsumgehungen brauchen wie zum Beispiel in Tröstau, Kollege Döhler, um die Verkehrsbelastung der Gemeinden zu reduzieren und ihnen gute Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Dafür wäre das Geld sehr viel sinnvoller eingesetzt als für eine Autobahn mit Tunnelbauten durch den Waldsteingranit und Kosten in Höhe von 25 Millionen Euro pro Kilometer Tunnel. Man muss sich einmal ausrechnen, auf welche Kosten wir dabei kommen. Wir sollten natürlich auch politische Lösungen suchen, damit die Mautfl üchtlinge, von denen vorher gesprochen wurde, auf den Autobahnen bleiben.
Gespannt bin ich darauf, wie sich die oberfränkischen CSU-Kollegen bei dieser Abstimmung verhalten werden. Ich kann nur sagen, Kolleginnen und Kollegen, bekennt euch zu den Menschen im Fichtelgebirge. Wir stimmen diesem Antrag zu.
Für die Stimmkarten ist es noch ein bisschen zu früh. Ich darf zunächst dem Kollegen König das Wort erteilen. Dann hat noch der Herr Staatssekretär das Wort.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Döhler hat mir 3.30 Minuten übrig gelassen. Ich werde es aber trotzdem schaffen, in der Kürze auf das Thema einzugehen. Ich will hier ganz klar machen, dass ich die Meinung teile, dass es keinen Bedarf für eine sogenannte Fichtelgebirgsautobahn gibt. Es ist schon gesagt worden, dass die Verkehrsbelastung derzeit bei 7000 Fahrzeugen liegt. Die Prognose für das Jahr 2020 geht von maximal 15 000 Fahrzeugen aus. Dabei sind schon die bisherigen Prognosen eines steigenden Verkehrsaufkommens nicht erfüllt worden. Wer diese Zahlen kennt, wird nicht allen Ernstes behaupten können, dass es Sinn macht, für eine Zahl von Fahrzeugen, die zwischen 7000 und 15 000 liegt, eine Fichtelgebirgsautobahn zu bauen.
Deshalb glaube ich, dass es keinen Bedarf gibt. Wenn es keinen Bedarf gibt, wird es auch keine Fichtelgebirgsautobahn geben. Das ist meine Meinung und dafür trete ich auch ein. Das ist bekannt. Richtigerweise wurde gesagt, dass es auch in den Reihen der CSU eine ganze Reihe von Bürgermeistern, Stadträten usw. gibt, die diese Meinung teilen.
Zum Antrag ist Folgendes zu sagen: Kolleginnen und Kollegen, Ihr Antrag teilt sich in zwei Abschnitte. Im ersten Absatz fordern Sie die Staatsregierung auf, alle weiteren Planungen für das Projekt B 303 neu oder eine Alternative einzustellen. Hierzu wurde von den Vorrednern gesagt, dass es natürlich Sinn macht, gewisse Planungen vorzunehmen. Es ist dringend erforderlich, zu überlegen, zu prüfen und zu planen, wie die Menschen, die an der derzeitigen B 303 wohnen, leben und arbeiten, von dem hohen Verkehrsaufkommen, namentlich von dem hohen Lkw-Aufkommen, entlastet werden können. Denkbar sind hier Umgehungen, Tieferlegungen der Straße, Einhausungen usw. Ich kann das im Einzelnen nicht beurteilen, weil ich dafür kein Fachmann bin. Hier brauchen wir Fachleute, die diese Fragen untersuchen und Planungen aufstellen.
Sie haben das in Ihrem Antrag sehr allgemein formuliert. Was ich gerade gesagt habe, ist in Ihrem Antrag eingeschlossen. Das kann nicht richtig sein. Dafür bitte ich um Verständnis.
Das größere Problem liegt im zweiten Teil Ihres Antrags: Sie fordern die Staatsregierung ferner auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die B 303 vom Schwerlastverkehr zu entlasten. Das ist Ihr üblicher Populismus. Die Worte „geeignete Maßnahmen“ deuten darauf hin, dass Sie selbst nicht wissen, was gemacht werden sollte. Im Einzelnen schlagen Sie die Erhebung einer Lkw-Maut oder die Sperrung der Bundesstraße vor. Kolleginnen und Kollegen, das ist deshalb Populismus pur, weil wir alle miteinander wissen sollten, dass eine Straße des Fernverkehrs – sei es eine Autobahn, sei es eine Bundesstraße oder sei es eine Staatsstraße, die dem überörtlichen Verkehr dient – zu diesem Zweck errichtet wird. Leider ist es nicht möglich, solche Straßen generell für den Fernverkehr zu sperren. Auch die einschlägigen rechtlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung von Bundesstraßen in das Mautsystem sollten Ihnen bekannt sein. Es ist einfach nicht möglich, eine Bundesstraße auf dieser Länge mautpfl ichtig zu machen.
Aus diesen Gründen ist es mir leider nicht möglich, diesem Antrag zuzustimmen. Ich könnte folgende Umformulierung mittragen: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, alle weiteren Planungen für eine komplett neue Trasse zum Ersatz der derzeitigen Bundesstraße einzustellen.“ Ich könnte auch zustimmen, wenn Sie ergänzende Planungen fordern würden, wie der belastende Ortsverkehr vermieden werden könnte. Diesem Antrag kann ich aber leider nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf aus der Sicht der Bayerischen Staatsregierung einiges richtigstellen. Wir müssen diese Ost-West-Transversale im Zusammenhang mit den europäischen Magistralen sehen. Diese Ost-West-Verbindung hat auf tschechischem Gebiet eine Fortsetzung. Auf der tschechischen Seite ist die Strecke zwischen der Staatsgrenze und Karlsbad bereits zweibahnig im Bau. Die Ortsumgehung Eger ist bereits fertiggestellt. Zwischen Karlsbad und Prag soll zunächst einbahnig, also mit zwei Spuren, ausgebaut werden.
Wenn wir über eine Ost-West-Verbindung sprechen, dürfen wir nicht nur eine Seite betrachten, sondern müssen über diese Gesamtmagistrale aus europäischer Sicht sprechen. Die Gesamtmagistrale haben wir zwischen Prag und Schirnding. Jetzt geht es um die Frage, wie es nach Schirnding bis zur A 93 weitergeht und wie wir eine Ost-West-Verknüpfung zur A 9 fi nden.
Zunächst ein paar Bemerkungen zur Vorgeschichte: Die B 303 neu wurde bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans im Rahmen einer Nutzen-Kosten-Analyse durch Fachleute bewertet. Hierbei wurde der Bedarf für eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung festgestellt. Das wurde auch in einem Gesetz dokumentiert. Ich werde nachher noch darauf eingehen, wie darüber abgestimmt wurde.
Das Ergebnis dieser Bewertung ist im Fernstraßenausbaugesetz vom 20. Januar 2005 gesetzlich verankert. Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der dem Bundesverkehrswegeplan als Anlage beiliegt, ist die B 303 neu mit einem zweibahnigen Fahrbahnquerschnitt in unterschiedlichen Dringlichkeitsstufen enthalten.
Zunächst noch ein paar Bemerkungen zu den unterschiedlichen Einstufungen. Der Abschnitt zwischen Schirnding und der A 93 sowie die zweite Fahrbahn der Ortsumfahrung Schirnding sind im vordringlichen Bedarf. Der Abschnitt zwischen der A 93 und der A 9 ist im weiteren Bedarf mit – ganz ausdrücklich – Planungsrecht. Damit ist die Notwendigkeit einer Ost-West-Verbindung auch im Gesetz dokumentiert.