(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Sie wissen doch gar nicht, was wir sagen wollen!)
Wahrscheinlich haben Sie Ihren eigenen Dringlichkeitsantrag gar nicht gelesen, sonst könnten Sie das jetzt nicht sagen.
hat ein Buch mit dem Titel „S.O.S. Familie“ geschrieben. Spätestens nach dieser Koalitionsvereinbarung wissen wir, warum sie es geschrieben hat.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Als ich gestern Ihren Antrag gelesen habe, habe ich mir gedacht: Ganz schön dreist, da stellt sich die CSU doch tatsächlich hin und tut so, als wäre die Vergangenheit nicht gewesen, als gäbe es keine jahrzehntelange Politik, die zu astronomischen Schulden in Höhe von 1,5 Billionen Mark geführt hat, welche wir übernehmen mussten.
Kommen Sie jetzt bitte nicht allein mit der deutschen Einheit. Sehr viele andere Ursachen wurden ganz speziell von Ihnen gesetzt.
Sie mäkeln nur herum, wenn es uns darum geht, das zu reparieren, was Sie an Chaos hinterlassen haben. Diese Arbeit ist jetzt notwendig.
(Hofmann (CSU): Die deutsche Einheit ist doch die Ursache! Der Kommunismus, der real existierende Sozialismus! Eure Genossen drüben waren doch die Ursache!)
Die Sparpolitik, die jetzt notwendig ist, und die Konsolidierung des Haushaltes, welche jetzt gerade läuft, sind echte Familienpolitik. Denn wir wollen nicht wie Sie die Familien und deren Kinder in der Zukunft belasten.
Sie wissen es doch: Was soll eine junge Familie, die noch kein so hohes Einkommen hat, tun, wenn sie vom Vater ein Haus vererbt bekommt, auf dem noch eine Million Mark Schulden lasten. Sie würden auch sagen, das war keine gute Politik, wenn nur Schulden übernommen werden müssen. So haben Sie es aber gemacht.
Das schönste, was ich vom Kollegen Unterländer gehört habe, war, dass er auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1998 Bezug genommen hat. Dieses Urteil war überhaupt die Ohrfeige für Waigel & Co. und deren Politik in der Vergangenheit. Dieses Urteil müssten Sie wie die Bibel jeden Tag wieder lesen. In diesem Urteil steht das, was Sie versäumt haben.
Ich habe mich gewundert, dass Sie bei allen Ihren Ausführungen die Chimäre vom Familiengeld überhaupt nicht mehr erwähnt haben. Dieser Begriff kommt schon gar nicht mehr vor. Vielleicht ist bei Ihnen inzwischen auch das angekommen, was Herr Borchert gesagt hat. Er ist der Berater von Roland Koch und übrigens auch ein enger Freund von Herrn Stoiber. Herr Koch hat auch eigene Vorstellungen über bestimmte Einschnitte bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe gehabt. Er hat zu den Einschnitten bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe insbesondere für die Familien gesagt, die bislang möglichen Kürzungen zur Sanktion von Arbeitsunwilligkeit würden
eigentlich nur bei alleinstehenden Kinderlosen wirken. „Welche Ungerechtigkeit“, kann ich da nur sagen. Dies sagte Herr Koch.
Einer derer, die diese Aussage massiv kritisiert haben, war wiederum der Richter am Verwaltungsgericht in Frankfurt, Jürgen Borchert. Er war enger Berater von Herrn Koch. Er ist daher auch für Sie zuständig. Er sagte, dass das Familiengeld, über das Sie im Wahlkampf gesprochen haben, das Sie nach dem Wahlkampf aber gar nicht mehr erwähnen, den Familien gar nicht helfen könne. Sie hätten damit den Familien einen Bärendienst geleistet. Tatsache war, dass die 25 Milliarden e, die dieser Vorschlag gekostet hätte, nicht gedeckt waren. So etwas ist für einen Fiskalpolitiker überaus unseriös. Das aber haben Sie im Wahlkampf in die Welt gesetzt. Damit haben Sie versucht, Familien zu fangen. Heute ist das Familiengeld offensichtlich kein Thema mehr. Von wegen Versprechen halten und Versprechen brechen, wir haben über Sie jetzt ganz gute Erfahrungen gewonnen.
Sie, die CDU und die CSU, haben unter Waigel & Co. den Familien die materiellen Grundlagen entzogen. Sie haben ein familienfeindliches Steuerrecht aufrecht erhalten. Die Ungerechtigkeiten sind bei Ihnen eklatant gewachsen. Zur Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf – heute ist es in Ihren Worten sogar angeklungen, Herr Unterländer, und das nehme ich Ihnen auch ab – haben Sie in den vergangenen Jahren nichts, aber auch gar nichts beigetragen. Sie haben auf allen Gebieten – egal ob in der Umweltpolitik, der Sozialpolitik oder der Gesundheitspolitik – familienfeindliche Politik betrieben. Wir haben nicht vergessen, dass Sie für Kinder, die nach 1988 geboren sind, die Übernahme der Kosten für Zahnersatz streichen wollten. Das war doch Ihre bis ins Detail ausgeklügelte Politik.
Das ist jetzt repariert worden. Darum müssen wir uns kümmern. Jetzt aber sagen Sie, alle diese Missstände seien der alten und neuen Bundesregierung in die Schuhe zu schieben. So ist es weiß Gott nicht.
Ich halte es daher schon für dreist, dass Sie in Ihrem Antrag sagen, die Familien gehörten erneut zu den Verlierern. Damit – Ihr Ministerpräsident würde „verarschen“ sagen, ich sage es aber nicht, weil es unparlamentarisch ist – täuschen und irritieren Sie die Menschen. Zu dieser Lügenpolitik sollte man sich schon einmal die Gegenargumente anhören. Gerade in diesem Haus sollten gewisse Statements seriös abgegeben werden.
Deswegen möchte ich noch einmal an das erinnern, was in den letzten vier Jahren abgelaufen ist. Trotz schwierigster finanzieller Verhältnisse wurde der von Ihnen verursachte Reformstau in vergangenen Legislaturperiode mit zahlreichen materiellen Verbesserungen zugunsten der Familien aufgelöst. Das Kindergeld wurde seit 1998 von 112 e auf 154 e – also um mehr als ein Drittel – erhöht. Die kindbezogenen Freibeträge wurden von 2274 e auf 5508 e verdoppelt. Die erwerbsbedingten Betreuungskosten sind seit Anfang dieses Jahres steuerlich abzugsfähig. Die große Steuerreform hat gerade
auch bei den Familien dazu geführt, dass ein Ehepaar mit zwei Kindern im Jahr 2002 erst ab einem Bruttoeinkommen von über 34000 e Einkommensteuer zahlt. Die Rentenreform hat durch die Höherbewertung der Beitragszeiten für Kindererziehung eine eigenständige Alterssicherung von Frauen ermöglicht.
Natürlich ist dies das Verdienst dieser rot-grünen Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode. Darauf nehmen wir auch Bezug, wenn es darum geht, Vorsorge für die Zukunft zu treffen.
Seite 1986 sind die Einkommensgrenzen für das Bundeserziehungsgeld nicht mehr verändert worden. Beim Landeserziehungsgeld in Bayern war es nicht anders. Natürlich haben inzwischen mehr Familien Anspruch auf Erziehungsgeld. Auch die Ausbildung der Kinder – ein wichtiger Punkt – wird finanziell besser gefördert. Aufgrund der BAföG-Reform beziehen 100000 mehr Schülerinnen, Schüler, Studentinnen und Studenten finanzielle Unterstützung. Auch hier sind die Einkommensgrenzen deutlich angehoben worden.
Sie haben von Arbeit und Wirtschaft gesprochen. Auch die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt wurden deutlich verbessert.
Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde die Elternzeit flexibilisiert. Seit 1. Januar 2001 können Väter und Mütter gleichzeitig Elternzeit nehmen. Sie können in dieser Zeit bis zu 30 Stunden arbeiten. Neu eingeführt wurde der Rechtsanspruch auf Teilzeit in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Usw., usf. Wenn Sie also sagen, es sei in diesen Jahren nichts für die Familie getan worden, dann irritieren Sie oder – wie Ihr Ministerpräsident sagen würde – verarschen Sie die Bevölkerung.
Herr Kollege Schultz, ich denke, Sie halten diesen Begriff für nicht parlamentarisch. Dann sollten Sie ihn auch nicht ständig gebrauchen.
Ich nehme diesen Ausdruck mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, aber ich freue mich über die eindeutige Feststellung, die Sie dazu getroffen haben.
Ich habe gesagt, Sie halten den Ausdruck für nicht parlamentarisch. Im Übrigen haben Sie den Ausdruck hier erstmals eingeführt; er ist nämlich außerhalb des Parlaments verwendet worden.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Politik wurde in der Bundesrepublik und in Bayern wenigstens ansatzweise ein familienfreundliches Klima geschaffen, und zwar in der Gesellschaft, in der
Deswegen werden in der neuen Legislaturperiode vor allem die Ansätze verwirklicht, die auch in der Koalitionsvereinbarung enthalten sind. Das bedeutet die Erhöhung der Zahl der Ganztagsplätze bei Kindertagesstätten, die Verbesserung des Angebots an Ganztagsschulen und der Bildungsangebote. Wir wollen das gemeinsam mit allen Beteiligten tun, nicht über die Köpfe hinweg. Das heißt, wir arbeiten mit den Kommunen, den Ländern und den sonstigen Trägern zusammen. Ich glaube, diese Angebote sollten Sie im Interesse der Familien und der Jugend annehmen.
In der Zeit von 2003 bis 2007 sollen mit 4 Milliarden e 10000 zusätzliche Ganztagsschulen in Deutschland geschaffen werden. Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren, die gerade von der Bayerischen Staatsregierung jahrzehntelang sträflich vernachlässigt worden ist, und zwar aus rein fundamentalistischen Gründen, muss qualitativ und quantitativ deutlich verbessert werden. Dafür soll speziell den Kommunen ab 2004 jährlich ein Betrag von 1,5 Milliarden e zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass alle, die an der Betreuung beteiligt sind, von der Bundesregierung alsbald zu einem Gipfel für Bildung und Betreuung eingeladen werden, um gemeinsame Vereinbarungen für eine bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung zu treffen.
Die nächste Stufe der Steuerreform soll die Familien weiter entlasten und die steuerliche Abzugsfähigkeit von Betreuungskosten ausbauen. Es gilt, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die gerade in Bayern in den letzten Jahren dramatisch angestiegene Armut bei Jugendlichen und Familien zu vermindern. Herr Kollege Unterländer, genau das haben wir in einer der letzten Sitzungen miteinander besprochen. Wir haben feststellen müssen, dass der Anstieg auf diesem Gebiet gerade in Bayern eklatant gewesen ist. Das heißt, hier besteht akuter Handlungsbedarf. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen, statt an dem herumzumäkeln, was im Augenblick an Vorschlägen, Ausarbeitungen und Plänen des Bundes auf dem Tisch liegt, sollten Sie lieber Ihre Hausaufgaben hier in Bayern machen.