Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Unterländer, Dr. Fickler und anderer und Fraktion (CSU)
Politik für Familien – den in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung geplanten massiven weiteren Belastungen der Familien entschlossen entgegentreten (Drucksache 14/10524)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Motto rot-grüner Familienpolitik lautet auch nach diesen Koalitionsverhandlungen: Was den Familien auf der einen Seite gegeben werden soll, wird ihnen auf der anderen Seite wieder genommen. Was bei dieser für Familien perspektivlosen Koalitionsvereinbarung herauskommt, sind Mehrbelastungen, die gerade für junge Familien und für Familien mit Kindern besonders schwierig sind und eine Herausforderung darstellen. Die Politik des „Weiterwurstelns“ wird erneut dadurch ergänzt, dass Familien über Leistungseinschränkungen und Steuererhöhungen zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen wird.
Die „Süddeutsche Zeitung“ kommentiert die Koalitionsvereinbarungen zu Recht wie folgt, ich darf zitieren:
Vom großen Wahlkampfthema Familienpolitik ist wenig geblieben. Von mehr Kindergeld ist nicht mehr die Rede. Für die finanzielle Besserstellung von Federführenden Ausschusses.
Kinderbetreuung wird groß geschrieben. Aber wie will der Bund, wie angekündigt, mit einem Gesetz sicherstellen, dass jedes fünfte Kind unter drei Jahren bedarfsgerecht betreut wird? Das ist immer noch Ländersache. Versprochen werden dafür 1,5 Milliarden e. Doch der Verweis auf die erhofften Erfolge des Hartz-Konzeptes zeigt, dass das Geld erst noch erwirtschaftet werden muss.
Die finanzielle Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, von Familien mit Kindern in unserem Land ist schlichtweg verfassungswidrig.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verbesserung der finanziellen Situation ist in der vergangenen Legislaturperiode nicht erfüllt worden. Die Anhebung des
Kindergeldes wurde mit dem Wegfall des Freibetrages für Alleinerziehende durch die Familien selbst finanziert. Das ist die gleiche Masche, wie sie auch jetzt vollzogen wird. Wer eine solche Vorgehensweise als soziale Familienpolitik bezeichnet, kennt die tatsächliche Situation von geringer verdienenden Familien in unserem Lande offenbar nicht.
Die Koalitionsvereinbarung von SPD und GRÜNEN reduziert Familienpolitik auf den Ausbau der Kinderbetreuung. So wichtig das ist – der Freistaat Bayern hat vorbildliche Initiativen gestartet – aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Familienpolitik ist mehr. Dazu müssen wir uns die Koalitionsvereinbarung noch einmal genau anschauen.
Dass Kinder in Teilen unseres Landes nach wie vor ein Armutsrisiko darstellen, ist ein Skandal ersten Ranges. Die neue Bundesfamilienministerin Schmidt spricht davon, dass das Kindergeld erhöht werden soll. Das war vor einigen Monaten. Was ist daraus geworden? – Nichts.
Dass diese Bundesregierung bisher nichts für Eltern getan hat, die in schwieriger werdenden Zeiten Begleitung, Beratung und verstärkte Information benötigen, ist eine kurzsichtige Familienpolitik.
Dass Rot-Grün den Zusammenhang zwischen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, wirtschaftlichem Aufschwung und einer Verbesserung der Situation der Familien einfach nicht zur Kenntnis nimmt, ist schlechte Politik. Dass diese rot-grüne Koalitionsvereinbarung die Wahlfreiheit, also die Entscheidungsfreiheit der Eltern zu bestimmen, wie sie leben wollen, nicht berücksichtigt, grenzt einen Teil der Familien schlichtweg aus.
Meine Damen und Herren, von der SPD und den GRÜNEN! Auch Sie sollten sich ins Stammbuch schreiben lassen, was das Bundesverfassungsgerichts mit seinem Urteil
zum Familienlastenausgleich allen Politikern ins Stammbuch geschrieben hat: Die Familie hat ein autonomes Entscheidungsrecht. Dem Staat geht es nichts an, für welchen Weg sich die Familien entscheiden. Der Staat hat die Rahmenbedingungen für beide Wege zu schaffen. Ob ein Elternteil wegen der Kinderbetreuung in der Familie bleibt oder beide Elternteile erwerbstätig sind, ist deren Sache. Gleiches gilt für Regelungen für Alleinerziehende.
Für Sie, meine Damen und Herren, bedeutet Wahlfreiheit doch nur, dass beide Elternteile erwerbstätig sind, um ihre Existenz zu sichern. Wir wollen hingegen die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Familien und insbesondere die jungen Frauen selbst die Entscheidung treffen können. Paradoxerweise wird die Situation auch noch schwieriger, da für diese Politik keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie sagen zwar, die Wahlfreiheit werde bei Erwerbstätigkeit beider Elternteile sichergestellt, die Arbeitsplätze nehmen aber ab. Dies ist eine Politik, die ich überhaupt nicht verstehen kann. Sie sagen, die Wahlfreiheit werde durch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht. Aber durch die Politik der Bundesregierung werden keine neuen Arbeitsplätze – gerade für junge Frauen – geschaffen. Das passt hinten und vorne nicht zusammen.
Die Bilanz der Mehrbelastungen, die sich aus dieser Koalitionsvereinbarung für Familien und gerade für die geringer Verdienenden ergibt, ist trostlos. Die Eigenheimzulage, die immerhin bis zu 7000 e für die Familien bringt, wird gekippt. Anspruchsberechtigung gibt es erst für Familien mit mehr als fünf Kindern. Erst dann verschlechtert sich die Situation nicht. Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass das eine kinderfreundliche Aktion ist. Der Münchner Oberbürgermeister hat auf die verheerenden Auswirkungen der rot-grünen Koalitionsvereinbarung hingewiesen. Ich sage Ihnen: Gerade in Ballungsräume wird diese Form der Politik zu einer noch dramatischeren Situation führen.
Die Verluste für Familien mit einem oder zwei Kindern – also für die Durchschnittsfamilie – betragen bei der Eigenheimförderung insgesamt mehr als 13000 e, die den Familien fehlen, weil ihnen dieser Anspruch weggenommen wird. Unser Ziel muss es jedoch sein, den Familien soweit wie möglich zu Wohnungseigentum zu verhelfen. Das ist für Eltern und Kinder die beste soziale Absicherung.
Die weitere Anhebung der Ökosteuer zum 1. Januar 2003 ist zutiefst familienfeindlich, weil Familien mit Kindern einen höheren Verbrauch haben. Sie haben Ihr Klientel bisher von manchen Anhebungen der Ökosteuer verschont. Die Familien sind jedoch diejenigen, die wegen den Verbrauchssteuern am meisten bluten müssen.
Gleiches gilt für die Erhöhung der Erdgassteuer. Die Mehrbelastung beträgt für Familien mehr als 85 e.
Besonders problematisch ist auch das Ziel der Koalitionsvereinbarung, die bisher ermäßigten Sätze der Mehrwertsteuer von 7 auf 16% anzuheben. Dies betrifft den Bereich des täglichen Lebensbedarfs und der Gebrauchsgegenstände. Um die geht es dabei. Dies wird zu weiteren zusätzlichen Kostensteigerungen und Belastungen für die Familien führen.
Schließlich sind die steigenden Beiträge zur Rentenversicherung zu nennen. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, sind einmal ange
treten, die Lohnnebenkosten und damit die Sozialversicherungsbeiträge zu reduzieren. Sie haben mit einer Rentenreform Generationengerechtigkeit und Beitragsstabilität versprochen. Jetzt senken Sie gegen den entschiedenen Widerstand der Rentenversicherungsträger die Beitragsrücklagen. Das System der solidarischen umlagefinanzierten Rentenversicherung, ergänzt durch private Vorsorge, dem die Zukunft gehören muss, bricht jede Zukunftsperspektive ab, wenn die jüngeren Generationen, wie gerade die Familien mit Kindern, nicht mehr hinter dem System stehen können. Auch dafür ist Ihre Politik verantwortlich.
Meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, man kann Sie nicht oft genug warnen. Es ist zwar nicht mehr Gegenstand der Koalitionsvereinbarung aber man hört immer noch Stimmen im Hintergrund. Ich sage Ihnen: Hände weg vom Ehegattensplitting. Alles andere wäre nicht nur verfassungswidrig, sondern würde den Bestand und die Stabilität von Ehe und Familie aushöhlen.
(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quatsch, man heiratet doch nicht bloß des Geldes wegen!)
Der Ausbau der Kinderbetreuung als Ganztagesschule, wofür der Bund nicht zuständig ist, zeigt auch, dass Sie die Folgewirkungen für die Länder dabei überhaupt nicht bedacht haben. Die 1,5 Milliarden e, die für den Ausbau der frühkindlichen Betreuung zur Verfügung gestellt werden sollen, ist wieder einmal – wie in anderen Bereichen auch – ein ungedeckter Wechsel. Sie sagen, das werde bei den Kommunen, bei denen die Folgekosten entstehen, durch die Realisierung des Hartz-Konzeptes finanziell abgedeckt. Ich bezweifle, dass dabei dieser Betrag zustande kommt. Dafür werden dann wieder die Kommunen gerade stehen müssen.
(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Normalerweise ist das nicht die Aufgabe des Bundes sondern der Länder!)
Im Gegensatz zum Bund, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gegensatz zu SPD- und rot-grün-regierten Bundesländern, schafft es die Bayerische Staatsregierung, schafft es die Mehrheitsfraktion im Freistaat Bayern trotz schwieriger Haushaltssituation 313 Millionen e zusätzlich für den Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen.
Mit den Signalen, die Sie zur Familienpolitik und angeblich für die Familien mit Kindern setzen, sprechen Sie manche Themen überhaupt nicht an, die für die Familien von entscheidender Bedeutung sind. Ich meine zum Beispiel, was getan werden kann, um die Kinderfreundlichkeit in unserem Land zu verbessern. Kein Wort gibt es dazu.
Der weitere Stellenabbau auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft, welcher unweigerliche Folge Ihrer Koalitionsvereinbarung ist, hat aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit eine durchschlagende Auswirkung für die Familien. Sie werden weiter in die Armut getrieben.
Meine Damen und Herren von der SPD, statt mit Dringlichkeitsanträgen diese Politik so zu korrigieren, wie wir es uns vorstellen,
unterstützen Sie diese für die Familien so negative Politik. Für einen solchen Kadavergehorsam gegenüber der Bundesregierung habe ich überhaupt kein Verständnis.
(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Sie wissen doch gar nicht, was wir sagen wollen!)