Protocol of the Session on October 9, 2002

drücklich bei ihnen. Wir haben eine einvernehmliche Lösung gefunden und dabei insbesondere die Schlüsselzuweisungen – trotz eines Einbruches der Schlüsselmasse von minus 7,2% – erhalten können, damit die Kommunen ihre Verwaltungshaushalte finanzieren können. Wir arbeiten mit unseren Kommunen, wir arbeiten nicht gegen die Kommunen. Wir helfen den Kommunen. Die Präsidenten der Spitzenverbände haben sich ausdrücklich für unsere Haltung – auch in diesem Jahr wieder – bedankt. Ich bedanke mich bei meinem Kollegen Beckstein und bei dem Kollegen Ach für ihre Mithilfe im Rahmen dieser Verhandlungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das Gesamtvolumen der Leistungen des Finanzausgleichs beläuft sich im Haushaltsentwurf 2003 auf rund 5,8 Milliarden e. Die Steuermindereinnahmen führen dazu, dass das Gesamtvolumen um 1,9% hinter dem Niveau 2002 zurückbleibt. Wir haben allerdings – das muss ich auch sagen – mittlerweile ein weiteres Problem, weil nach unserer Kraftanstrengung mit den kommunalen Spitzenverbänden die entsprechenden Steuerverbünde noch einmal finanziell eingebrochen sind. Wir haben einen weiteren Rückgang bei der Schlüsselmasse von 34 Millionen e und beim Kfz-Steuerverbund von 17 Millionen e gegenüber dem bisherigen Haushaltsentwurf. Dies kann der als Freistaat Bayern, Herr Kollege Franz Meyer, nicht auffangen.

Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. Dies ist wiederum ein Beispiel für den permanenten Rückgang des Steueraufkommens. Es geht immer so weiter; jetzt bluten die Kommunen.

Gleichwohl erhalten die Landkreise in diesem Haushalt ab dem Jahr 2003 die Benutzungsgebühren der staatlichen Gesundheits- und Veterinärämter. Das bringt ihnen für 2003 2,8 Millionen e mehr in die Kasse und bedeutet zudem eine Verwaltungsvereinfachung.

Durch Umschichtungen werden die Zuweisungen für die Schülerbeförderung um 10 Millionen e erhöht. Damit schaffen wir es, eine durchschnittlich 60-prozentige Erstattungsquote zu halten.

(Zuruf des Abgeordneten Hufe (SPD))

Der Sozialhilfeausgleich für die Bezirke bleibt bei 300 Millionen e. Zudem gibt es eine Grenzverschiebung zugunsten der kommunalen Ebene, worauf ich ausdrücklich hinweisen möchte. Wir haben in den Vereinbarungen mit den kommunalen Spitzenverbänden eine dramatische Verschiebung der Finanzierungsverantwortung zugunsten der Kommunen und zu unseren Lasten vorgenommen. Wir haben alle Lasten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz übernommen, was eine Entlastung für die kommunale Ebene, vor allem für die Bezirke, von jährlich 73 Millionen e darstellt. Ich glaube, dass das eine Maßnahme ist, die den Kommunen dauerhaft hilft. Das wurde auch von den kommunalen Spitzenverbänden anerkannt.

Wir haben eine Reihe von Schwerpunkten gesetzt. Ich verweise auf den Bildungsetat. Im nächsten Doppel

haushalt werden 2598 neue Stellen für die Schulen geschaffen. Damit können wir die steigenden Schülerzahlen bewältigen, das flächendeckende Angebot der sechsstufigen Realschule und die Hauptschulreform umsetzen, und wir verbessern den Schulalltag durch die Reduzierung der Zahl großer Klassen und die Begrenzung des Unterrichtsausfalls.

Die Gesamtausgaben im Einzelplan des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Frauen steigen um 3,8%. Schwerpunkt ist das Kinderbetreuungskonzept. Es werden jährlich 6000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze gefördert. Insgesamt geben wir für die Kinderbetreuung in Kindergärten, Horten und Krippen im Jahr 2004 eine halbe Milliarde e aus. Das ist in diesen Zeiten knapper Kassen ein Anstieg von 13,4%. Das nenne ich Schwerpunktbildung. Ich glaube, das ist einen Beifall wert.

(Beifall bei der CSU)

Einen weiteren Schwerpunkt setzen wir bei der Inneren Sicherheit. Wir haben pro Jahr zusätzlich 40 Millionen e zur Verfügung gestellt.

Die Ansätze für den staatlichen Hochbau werden in den nächsten zwei Jahren trotz der schwierigen Haushaltssituation in gleicher Höhe wie bisher fortgeführt. Das entspricht unserem Ziel, die Investitionen auf hohem Niveau fortzuführen. Mit jeweils rund 540 Millionen e in den Jahren 2003 und 2004 setzen wir ein deutliches Zeichen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Sanierung der Universitätsklinika, für die in beiden Jahren rund 300 Millionen e vorgesehen sind. Damit setzen wir besondere Akzente.

Die Wirtschaftsförderung wird auf hohem Niveau fortgesetzt. Der Wissenschaftsetat hat ein Ausgabevolumen von jährlich 4 Milliarden e. Der Haushaltsentwurf enthält erstmals Mittel für die Errichtung einer Max-Planck-Forschungsgruppe Optik, Information und Photonik in Erlangen. Damit legen wir den Grundstein zur Schaffung des ersten Max-Planck-Instituts in Nordbayern.

(Hufe (SPD): Das geht übrigens auf einen SPD-Antrag zurück!)

Wir haben die Konsequenzen aus dem Pfingsthochwasser gezogen und ein bayernweites Aktionsprogramm mit 2,3 Milliarden e bis 2020 aufgelegt. Aktuell laufen mehr als 400 Projekte zum Hochwasserschutz. Ich glaube, dass uns die Bürger das angesichts der immer schwieriger werdenden klimatischen Verhältnisse danken werden.

Ich fasse zusammen: Wir haben einen Doppelhaushalt, mit dem wir die Neuverschuldung weiterhin abbauen, das Ausgabenwachstum auf 1% begrenzen und die Investitionen auf hohem Niveau bleiben. Ich lege Ihnen hiermit in der Ersten Lesung einen Haushalt der Stabilität in schwerer Zeit vor. Ich werbe um Zustimmung für diesen Haushalt in schwerer Zeit durch dieses Hohe Haus.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von 45 Minuten pro Fraktion vereinbart. Der erste Redner ist Herr Kollege Strasser.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich einige Ausführungen zu den Äußerungen des Herrn Finanzministers machen. Ich stelle zunächst fest, Herr Minister: Das Ergebnis der Bundestagswahl hat Sie arg geärgert, sonst hätten Sie nicht so laut gebrüllt und die Zahlen und Fakten so unrichtig dargestellt.

(Zuruf des Abgeordneten Meyer (CSU))

Sehr geehrter Herr Minister, Sie wollen das Hohe Haus über die Schulden der Bundesregierung belehren. Sie sollten anständigerweise auch erklären, dass Sie, Herr Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser, Staatssekretär in der früheren Bundesregierung waren.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben der Bundesregierung 1998 einen Schuldenstand von 1,5 Billionen DM hinterlassen. Dieser Schuldenstand führt dazu, dass die Bundesregierung 1999113 Millionen e Zinsen pro Tag bezahlen musste.

(Zuruf des Abgeordneten Christ (CSU))

Wer eine solche Politik gemacht hat, hat nicht das Recht, uns über Schulden zu belehren.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Faltlhauser?

Nein. Herr Staatsminister, ich würde Sie bitten, sich einfach hinzusetzen und ruhig zuzuhören, statt immer zu belehren.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte ein Zweites sagen: Sie, Herr Minister, haben das Schlagwort „Vor den Wahlen – nach den Wahlen“ benutzt. Weiterhin haben Sie von „solider Finanzpolitik“ gesprochen. Wer ist denn Wochen und Monate von Schleswig-Holstein bis nach Bad Reichenhall durch das Land gezogen und hat den Familien Milliarden versprochen? Wer hat denn der Bundeswehr und den Kommunen Milliarden versprochen, ohne ein solides Finanzierungskonzept vorzulegen? – Das waren Sie, die CSU und der Kanzlerkandidat Stoiber.

(Beifall bei der SPD)

Sie reden von Gerüchten und davon, dass Sie in der Arbeitsgruppe „Gemeindefinanzreform“ gewesen sind. Sie sagten, Sie hätten von Gerüchten gelesen und sagten, Sie könnten ja gleich wegbleiben. Ich kann Ihnen

nur empfehlen wegzubleiben, wenn Sie die Verantwortung nicht übernehmen wollen.

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Wie oft haben wir es mit Gerüchten der Bayerischen Staatsregierung zu tun? – Wenn es danach ginge, müssten wir jeden Tag einen Aufstand im Parlament machen.

Was das Wachstum betrifft, so möchte ich Sie an Zahlen aus früheren Zeiten erinnern, die Sie vielleicht nicht mehr im Gedächtnis haben. Ihre Dramatisierungen von heute sind einfach unzulässig. Am 28. Juni 1998 hat der damalige Finanzminister und Ihr Vorgänger dem Bayerischen Landtag Folgendes geschrieben; hören Sie genau zu:

Gegenüber den bisherigen Berechnungen vom Mai und November 1997 müssen Bund, Länder und Gemeinden im Jahreszeitraum 1998 bis 2001 gemäß der Steuerschätzung mit Einnahmeausfällen von insgesamt 99,1 Milliarden DM rechnen.

Das war zu Ihrer Zeit, unter Ihrer Verantwortung! Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Zu Ihrer Steuerreform – das verschweigen Sie ja –: Sie haben 1999 ein Steuerreformkonzept vorgelegt. Dabei haben Sie darauf hingewiesen, dass diese Steuerreform nur mit zusätzlichen Krediten zu finanzieren ist. Sagen Sie das doch dem Landtag! Sie haben ausgerechnet – den Schaubildern ist das genau zu entnehmen –, dass Sie im Jahre 2002 in Bayern nicht 915 Millionen DM, sondern 1,7 Milliarden DM Schulden aufnehmen müssen, damit Ihre Steuerreform finanziert werden kann. Das sind die Fakten. Das sollten Sie hier offen und ehrlich sagen. Das tun Sie nicht. Das, was Sie hier veranstalten, ist im Grunde eine falsche Politik.

(Beifall bei der SPD)

Ein Letztes zu der Entwicklung – ich komme in meiner Rede später nochmals zur Körperschaftssteuer –: Sie sollten einfach im Haushalt nachschauen, ein bisschen nachblättern. Dann müssen Sie nämlich auch Folgendes sagen: Während Ihrer Regierungszeit von 1994 bis 1998 hat sich die Körperschaftsteuer von 2,4 Milliarden DM auf 3,5 Milliarden DM entwickelt. Anschließend ist sie auf 4,2 Milliarden DM angestiegen. Es ist unredlich, wenn Sie so tun, als ob unter der jetzigen Bundesregierung die Steuereinnahmen insgesamt zurückgegangen wären. Das ist falsch, meine Damen und Herren. Die Fakten belegen etwas anderes. Was Sie uns heute vorgelegt haben, ist kein Haushalt der Stabilität, sondern es ist eigentlich ein Schrumpfhaushalt, den Sie zu verantworten haben.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Bundesregierung hat die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland auf den Weg gebracht. Insgesamt geht es um ein Entlastungsvolumen von 56,2 Milliarden e. Die Bundesregierung hat

von 1999 bis 2005 ein Entlastungsvolumen von 56,2 Milliarden e erreicht. Das ist eine stolze Leistung. Ihre Bedeutung können Sie sicherlich nicht ermessen, meine Damen und Herren, weil Sie früher etwas anderes gemacht haben.

Den privaten Haushalten kommen Entlastungen in Höhe von 41,1 Milliarden e zugute. Auch der Mittelstand profitiert mit 16,6 Milliarden e dadurch, dass beispielsweise Personenunternehmen aufgrund der pauschalierten Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuerschuld de facto keine Gewerbesteuer mehr bezahlen.

Es wäre redlich – ich glaube, das sollte trotz der politischen Unterschiede geschehen –, wenn der Präsident der Handwerkskammer von München und Oberbayern, der Abgeordnete Traublinger, auch einmal sagen würde: Es trifft zu, dass der Mittelstand von dieser Bundesregierung aufgrund der Steuerreform mit 16,6 Milliarden e entlastet wird. Das würde auch der politische Anstand erfordern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)