Protocol of the Session on October 9, 2002

Mit dem, was Sie zu den Großunternehmen sagen, Herr Minister, liegen Sie einfach falsch. Die Gesamtbilanz zeigt auch, dass die Großunternehmen 1,5 Milliarden e mehr bezahlen müssen. Das geht aus den Unterlagen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, des BDI, hervor.

Die Fakten, die Sie nennen, sind einfach falsch. Der Bundesverband der Deutschen Industrie, sicherlich keine sozialistische Institution, meine Damen und Herren, belegt, dass die von Herrn Prof. Dr. Faltlhauser und vom Kandidaten Stoiber gemachten Angaben falsch sind. Das sollten Sie ebenfalls zur Kenntnis nehmen.

Zu den Steuern möchte ich Ihnen einige Beispiele nennen. Sicherlich, es gibt hier Engpässe. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass ein Entlastungsgesetz zwangsläufig zu solchen Konsequenzen führt. Ich möchte jedoch versuchen, ein paar Beispiele zu nennen.

Wenn heute eine große Firma in Bayern, zum Beispiel Kirch, Schwierigkeiten hat und Gewerbesteuer von der Kommune zurückerhält, muss ich fragen: Wer waren denn die Verantwortlichen bei der Landesbank und in den Aufsichtsräten, die dafür gesorgt haben, dass das Kreditvolumen unverantwortlich steigt? Das war doch nicht die Bundesregierung, sondern es war die Bayerische Staatsregierung, die hier Mitverantwortung trägt.

Ein anderes Beispiel, das in diesem Zusammenhang genannt werden muss und das oft von vielen vergessen wird: Wenn sich die LWS 1993/1994 auf Anweisung des vergangenen Kandidaten Stoiber engagiert hat und dabei 500 Millionen Verlust gemacht hat, die die Bank bezahlen muss, wundern Sie sich, wenn plötzlich keine Steuern mehr bezahlt werden.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Wer ist denn dafür verantwortlich? – Verantwortlich sind doch die CSU und die Bayerische Staatsregierung!

(Beifall bei der SPD)

Ich erinnere auch daran, dass dieser Kandidat Stoiber in der Vergangenheit immer wieder das Engagement von BMW unterstützt und gesagt hat, Bayern müsse nach außen gehen und Rover kaufen.

Wenn Rover dann in Konkurs geht, während BMW abschreibt und keine Steuern mehr bezahlt, wundern Sie sich darüber. Sie hätten das früher sagen müssen. Auch hierfür tragen Sie die Verantwortung.

(Herrmann (CSU): Das ist nicht wahr!)

Das sind die Fakten! Sie müssen endlich die Zusammenhänge begreifen, meine Damen und Herren.

Ich könnte weitere Beispiele anführen, wie unfair das mit LWS ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nicht die Landesbank, sondern eine Berliner Finanzgesellschaft muss das dann bezahlen. Die schreiben in Berlin ab, und wir müssen dann die Steuern, die die in Berlin nicht bezahlen, über den Länderfinanzausgleich mitbezahlen. Diese Zusammenhänge müssen Sie sehen.

Ich nehme ein Beispiel aus dem Schwäbischen. Das, was ich sage, ist ja nicht erfunden. Die Staatsregierung hat angeblich die besten Beamten aus dem Finanzministerium und die besten Leute von der Landesbank, von der LfA-Förderbank in den Vorstand der Schneider Technology AG nach Türkheim entsandt, Schwarzmann, Ralf Adam und einige andere. Plötzlich aber hat diese Schneider Technology Insolvenz angemeldet. Zuvor aber haben die besten Beamten des Ministeriums erklärt: Es geht aufwärts, wir verkaufen 2000 Laser Fernseher usw. – Wenn dann aber Insolvenz angemeldet wird, wundern Sie sich, dass keine Steuern mehr bezahlt werden. Für diese Wirtschaftspolitik in Bayern tragen allein die CSU und die Staatsregierung die Verantwortung und nicht die Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, ich habe vorhin schon gesagt, dass ich Ihnen nachher diese Fakten von der Großindustrie zur Lektüre übergeben werde statt falscher Behauptungen. Bitte schön, nehmen Sie das zur Kenntnis und vergessen Sie das, was Sie in der Vergangenheit gesagt haben. Sagen Sie in der Zukunft das, was dort drinsteht. Uns geht es nicht um Steuererhöhungen, sondern um Steuerentlastungen in Höhe von 56,2 Milliarden e. Freibeträge wurden erhöht, der Eingangssteuersatz wurde gesenkt, der Spitzensteuersatz wurde gesenkt.

Die Sozialdemokraten sind stolz darauf – das müssen wir Ihnen sagen –, dass es gelungen ist, trotz der Konsolidierung des Bundeshaushalts, eines Bundeshaushalts mit riesigem Schuldenvolumen, das Sie uns hinterlassen

haben, eine Steuerentlastung von 56,2 Milliarden e zu erreichen. Das ist eine großartige Leistung dieser Bundesregierung, von der wir alle profitieren.

Wenn Sie schon die Familien ansprechen: Wenn man das genau durchrechnet, hat sich insbesondere die Situation bei den Arbeitnehmern und auch bei den Familien verbessert. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir es geschafft, in diesem kurzen Zeitraum das Kindergeld auf 154 e zu erhöhen.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Für eine Familie mit zwei Kindern beträgt die Entlastung im Jahre 2002 immerhin 1.765 e.

Meine Damen und Herren von der CSU, die Sie immer wieder von Belastungen sprechen, Sie müssen auch Folgendes zur Kenntnis nehmen: Die höchste Belastung, die ein Arbeitnehmer in dieser Bundesrepublik zu ertragen hatte, gab es unter der Regierung Kohl/Waigel unter Mitverantwortung der CSU. Das war die höchste Belastung. Wir haben es geschafft, diese Belastung zu verringern. Das ist unser Verdienst und nicht das Ihre, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Lieber Herr Kollege Vorsitzender Manfred Ach, Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen – ich bitte Sie, die Fakten zu lesen –, dass Sie es gewesen sind, die von 1982 bis 1998 nahezu sämtliche Steuern erhöht haben. Das waren doch Sie und nicht wir! Sie sind es doch gewesen, die im Grunde wie Taschendiebe, wie Wegelagerer durchs Land gegangen sind. Sie können doch jetzt nicht wie ein Anwalt der Bürgerinnen und Bürger auftreten, während Sie den Bürgern damals Jahr für Jahr mehr Geld aus der Tasche gezogen haben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Ach CSU) )

Wir sind stolz auf das, was wir in Berlin geschaffen haben. Wir werden diesen erfolgreichen Weg fortsetzen.

(Leeb (CSU): Das ist eine Drohung!)

Was die Bayerische Staatsregierung vorlegt, ist ein Schrumpfhaushalt. Der jetzige Entwurf des Doppelhaushalts 2003/2004 zeigt in einem noch nie gekannten Ausmaß große Probleme. Es wurde versäumt, rechtzeitig andere Strukturen zu schaffen. Das Tafelsilber wurde seit dem Jahre 1994 veräußert, und die Probleme wurden nicht gelöst, meine Damen und Herren.

Doch zunächst zu der Frage: Wie geht die Staatsregierung mit dem Parlament um? – Wir sagen immer wieder: Das Budgetrecht liegt beim Parlament. Die Informationen, die die Öffentlichkeit erhalten hat, wann wir hier den Haushalt bekommen haben, stimmen nicht. Im Grunde genommen waren Sie – die Bayerische Staatsregierung mit Duldung der CSU-Fraktion – zu feige, vor der Bundestagswahl am 22. September dem bayerischen Parla

ment den Haushaltsplan vorzulegen, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und zwar deshalb, weil dieser Haushaltsplan, den Sie gestrickt haben, viele hausgemachte Fehler enthält, und das wollten Sie nicht der Öffentlichkeit präsentieren. Das ist das Problem gewesen. Ich finde es unverantwortlich, wie Sie hier mit dem Parlament umgegangen sind, und es müsste, meine Damen und Herren, Einigkeit darin bestehen, dass wir so ein Verhalten der Bayerischen Staatsregierung gegenüber dem Parlament nicht hinnehmen dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Am 30. Juli hat die Staatsregierung den Entwurf beschlossen, am 23. September erst haben wir die Unterlagen erhalten. Das ist eine Missachtung des Parlaments.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister, wir fordern Sie auf, für die Zukunft zur Kenntnis zu nehmen, dass die Haushaltspolitik in erster Linie eine Angelegenheit des bayerischen Parlaments ist und nicht der Bayerischen Staatsregierung.

Ich nenne auch den Zeitdruck, unter dem wir stehen. Ich greife dafür einen Einzelplan heraus, der sehr wichtig für die Zukunft des Freistaats Bayern ist: den Einzelplan 15, der sich mit Universitäten, Fachhochschulen, Wissenschaft befasst. Dieser Einzelplan mit 1649 Seiten wird am 22.10. bereits im Ausschuss beraten und soll am 24.10. hier verabschiedet werden. Es ist unzumutbar, wie hier mit den Kolleginnen und Kollegen umgegangen wird!

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Frau Abgeordneten Raderma- cher (SPD))

Das Ausgabenvolumen im Haushalt sinkt von 35,4 Milliarden e im Jahre 2002 auf 35 Milliarden e im Jahre 2003 und wird im Jahre 2004 auch nur 35,3 Milliarden e betragen. Es liegt also in beiden Haushaltsjahren unter dem Volumen des Jahres 2002. Worin liegen die Gründe, dass es ein Schrumpfhaushalt ist? – Herr Staatsminister, das Tafelsilber wurde veräußert. Seit 1994 standen in Bayern aus Privatisierungserlösen zusätzlich 5 Milliarden e zur Verfügung; im laufenden Haushaltsjahr sind es noch 520 Millionen e, im Jahre 2003 noch 320, im Jahre 2004 noch 210 Millionen e.

Das Tafelsilber, das Generationen vor uns bewahrt und vermehrt haben, haben Sie veräußert, verschleudert; das Tafelsilber ist weg, die Mittel sind nahezu verbraucht. Was bleibt? – Zieht man von Edmund Stoiber die Privatisierungserlöse ab, kommt man bestenfalls auf nur eine schwarze Null. Mehr bleibt nicht übrig!

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Eine schwarze Null bleibt noch übrig, das Tafelsilber ist weg!

(Zuruf von der SPD)

Als Nächstes ein Blick auf die Rücklagen, meine Damen und Herren. In den vergangenen Jahren wurde das Geld aus den Rücklagen mit vollen Händen ausgegeben. Betrugen die Rücklagen zum 31.12.2000 noch 2,9 Milliarden e, werden sie am Jahresende nur mehr 900 Millionen e betragen. Das ist auch ein Beweis dafür, dass die Beträge immer mehr schrumpfen. Die Rücklagen gehen zurück, das Tafelsilber ist weg.

Das einzig Konstante – darüber, Herr Minister, können wir streiten – ist trotz aller Schwierigkeiten, die wir haben, die Steuerentwicklung. Sie haben im Haushaltsentwurf, den Sie uns am 23.September vorgelegt haben, noch angegeben, der Freistaat Bayern – –

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Lieber Kollege Ach, schauen Sie in die langfristige Finanzplanung für die Jahre 2002 bis 2006, in der steht, dass die Steuereinnahmen um 2,4% zunehmen; das sind 600 Millionen e. So steht es schwarz auf weiß, uns vom Finanzminister am 23. September mitgeteilt; am 24. September haben wir das alles erhalten.

Es sind also 600 Millionen e mehr an Steuereinnahmen. Ich möchte hier nur an das Rekordjahr 2000 erinnern, weil Sie immer von zurückgehenden Steuereinnahmen reden. Im Jahre 2000 hatten wir Steuermehreinnahmen von 1,3 Milliarden e. Darum ist es auch unredlich, wenn immer wieder gesagt wird, die Steuereinnahmen gingen insgesamt zurück. Das ist schlichtweg falsch. Sie sollten einfach die Zahlen zur Kenntnis nehmen. Selbst im Jahre 1999 gab es 767 Millionen e mehr Steuereinnahmen als veranschlagt.