Protocol of the Session on October 9, 2002

in den vergangenen Jahren bewährt. Deshalb würde seine Behörde diese Linie gerne fortsetzen.

Falls der Stadtrat die Aufhebung der Sperrzeit beschließt, sehen wir jedoch große Probleme auf uns zukommen.

(Memmel (SPD): Es geht nicht um eine Lex München, sondern um Bayern!)

Es ist doch bezeichnend, dass nur vier Bezirke in München von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, durch eine Verordnung die Sperrzeit auf die sogenannte Putzstunde zu verkürzen. Das ist die neueste Meldung aus München. Warum mobilisieren Sie denn nicht alle Bezirksausschüsse, Herr Kollege Memmel, damit diese von den gegenwärtig geltenden Möglichkeiten Gebrauch machen?

(Beifall bei der CSU)

Stattdessen machen Sie uns für eine zu restriktive Gesetzeslage verantwortlich.

Ich komme nun auf die Ziffer 2 Ihres Antrags zu sprechen. Es ist rechtlich möglich, das so zu verordnen, wie Sie es wünschen. Wir sind aber der Meinung, dass das zu weitgehend ist. Wir wissen auch, dass die Frage emotional diskutiert wird. Wir sind der Meinung, dass den Bedürfnissen der meisten Gastwirte und auch der Gäste durch die Verlängerung um eine Stunde Rechnung getragen wird, so wie wir es in unserem Dringlichkeitsantrag vorgeschlagen haben. Unser Vorschlag an die Staatsregierung geht dahin, eine Stunde länger während der Woche und eine weitere Stunde von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag öffnen zu können. Damit wird dem veränderten Ausgehverhalten entsprochen.

Es wurde befürchtet, dass ein Nachtgastronomietourismus in die benachbarten Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen stattfinden werde. Dem wird auf diese Weise entgegengewirkt. Weiterhin sollen die Gastwirte auf diese Weise von Kosten entlastet werden, weil sie jetzt keine Einzelgenehmigung mehr brauchen, wenn sie eine Stunde länger öffnen wollen.

Eine generelle Freigabe der Sperrzeit lehnen wir ab. Sie ist auch nicht notwendig; denn die Kommunen haben weiterhin die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung oder Einzelfallentscheidung unterschiedliche Sperrzeiten festzulegen. Unser Vorschlag auf Verkürzung der Sperrzeit stellt einen Kompromiss dar. Die kommunalen Spitzenverbände sind einheitlich gegen eine Veränderung. Wir werden das Innenministerium bitten, eine Rechtslage zu schaffen, wie sie gegenwärtig in Baden-Württemberg, in Niedersachsen, in Thüringen und in Bremen gilt. Das sind verschiedene Länder, die von unterschiedlichen Parteien regiert werden und unterschiedlich strukturiert sind. Wenn unser Vorschlag aufgenommen wird, haben wir die gleiche Rechtslage wie diese Länder.

Es ist richtig, dass es Länder gibt, die nur die sogenannte Putzstunde eingeführt haben. Zum Teil sind diese Regelungen erst seit 2001 in Kraft. In Sachsen-An

halt und in Rheinland-Pfalz gilt die Regelung erst seit 1. Januar 2002, sodass es bisher noch nicht möglich war, ausreichende Erfahrungen zu sammeln. Der Sinn der Anfrage des Innenministeriums war es auch, Erfahrungswerte aus den anderen Bundesländern zu bekommen. Die Antworten sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Die kommunalen Spitzenverbände berichten uns, dass es vermehrt zu Anliegerbeschwerden gekommen ist, nachdem die Gesetzesregelungen in den anderen Bundesländern in Kraft getreten sind.

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, zu berücksichtigen, und ich bitte auch Sie, Herr Kollege Memmel, unser Argument zu akzeptieren, dass bei einer weitgehenden Aufhebung der Sperrzeit die Position der Anwohner wesentlich verschlechtert würde. Denn die Anwohner hätten dann die Beweislast dafür, dass durch die verlängerten Öffnungszeiten eine unzumutbare Lärmbelästigung eintritt, und müssten den Beweis durch Lärmmessungen und vieles andere mehr antreten. Sie befinden sich in einer sehr schwierigen Situation.

Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. Die FDP hat in Schleswig-Holstein einen Antrag auf Verkürzung der Sperrzeit zwischen 5 und 6 Uhr eingereicht. Interessant ist, dass sich die GRÜNEN dagegen gewandt haben. Sie haben geltend gemacht, dass es nicht nur um die Rechte der Beschäftigten, sondern auch um den Schutz der Nachtruhe der Nachbarschaft gehe. Dass ein Liberaler gegen die Sperrzeiten kämpfe und die Regelung der alten Obrigkeit ablehne, die dem freien Bürgertum das Recht beschränken wollte, sich in Gaststätten betrinken zu können, sei verständlich. Aber die GRÜNEN wollten das nicht ändern und haben es in Schleswig-Holstein abgelehnt. Die Rechtsänderung ist daher in Schleswig-Holstein nicht eingetreten.

Der Herr Innenminister hat einen umfassenden Bericht vorgelegt, für den wir uns herzlich bedanken, weil er alle Probleme, die in dem gemeinsam verabschiedeten Beschluss angesprochen worden sind, behandelt und ausführlich dazu Stellung genommen hat. Auch in diesem Bericht wird es für überlegenswert gehalten, die bayerische Rechtslage der Lage in Baden-Württemberg anzugleichen. Es wird insbesondere darauf verwiesen, dass von der Möglichkeit der sogenannten Spontanerlaubnisse gemäß § 1 Absatz 6 der Gaststättenverordnung verstärkt Gebrauch gemacht werden soll, was bisher nicht geschehen ist. Wir treten auch dafür ein, dass in den Kostenregelungen für länger geltende Ausnahmegenehmigungen zur Sperrzeitverkürzung oder Ausnahmegenehmigungen, die wiederholt verlängert werden, eine Gebührendegression vorgesehen werden soll. Es ist sicherlich möglich, auf diese Weise die Kostenbelastung der Gastwirte noch etwas zu verringern.

Ich darf noch einmal betonen: Es ist ein wichtiger Schritt gemacht, wenn wir eine Veränderung um eine Stunde herbeiführen. Das wird in vielen Fällen zu einer Lösung der bisher bestehenden Probleme beitragen, falls die Probleme überhaupt bestanden haben. Wir halten unseren Vorschlag für einen angemessenen und ausgewogenen Kompromissvorschlag. Ich bitte Sie, dem Dringlichkeitsantrag der CSU stattzugeben und die Anträge der SPD und der GRÜNEN abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dr. Runge.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kempfler, Sie haben wahrlich spannende Ausführungen vor allem über die GRÜNEN in Schleswig-Holstein vorgelesen. Dabei haben Sie gelernt, dass die GRÜNEN in Bayern liberal und modern sind.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kempfler, ich gehe davon aus, dass Sie auch nicht jedes Mal „A“ sagen, wenn Frau Merkl „A“ sagt.

Der erste Teil Ihrer Ausführungen war aber viel spannender. Sie haben gesagt, dass Sie zeitlich beschränkt seien. Dann hätten Sie sich diese Ausführungen sparen können; denn Ihre Ausführungen zu dem Bericht waren eine Unverschämtheit, wenn man weiß, was da passiert ist. Sie haben gesagt, es sei lächerlich, darüber zu diskutieren, wann der Bericht wo eingegangen sei. Jetzt haben wir von Herrn Regensburger gehört – er hat Herrn Kollegen Memmel damit lächerlich gemacht –, dass der Bericht seit geraumer Zeit bei den Geschäftsstellen sei. Er hat gesagt: „Schauen Sie doch einmal in der Geschäftsstelle der SPD nach.“

Herr Kempfler hat angegeben, vor drei Tagen, also am Sonntag, den Bericht bekommen zu haben. Bei uns ist der Bericht gestern Vormittag eingegangen, datiert ist das Ganze vom 30. September. Uns macht einiges stutzig, Herr Regensburger. Es ist kein Geheimnis, dass die Abläufe so sind. Die CSU hat in der Klausurtagung exakt das beschlossen, was der Bericht empfiehlt.

Das heißt, es gibt halt wieder „Gleichere“ hier in Bayern, es gab wohl einen Vorbericht. Sie haben Ihre Kollegen wahrscheinlich schon gut gebrieft und Ihnen gesagt, wo es langgeht.

Wie gesagt, Herr Regensburger, gestern Vormittag! Pflichtgemäß habe ich das heute Nacht um drei im Wirtshaus studiert.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir können schon damit umgehen!

Jetzt zum Thema, zu den drei vorliegenden Anträgen. Wir freuen uns, dass sich endlich etwas bewegt. Allerdings hätte das schon früher geschehen können. Das richtet sich jetzt auch an die SPD. Vor allen Dingen haben wir den Verdacht, dass sich wohl zu wenig bewegt, wenn wir uns den Antrag der CSU anschauen. Der Vorschlag der CSU, unter der Woche auf zwei Uhr, am Wochenende dann auf drei Uhr zu gehen, ist für uns ein fauler, ein völlig unzureichender Kompromiss. Wir haben dann wieder die gleiche Flickschusterei wie bisher: Der Wirt muss sich eine Ausnahme genehmigen

lassen, muss aufs Rathaus gehen, muss zum Teil sehr hohe Gebühren zahlen, hat jede Menge Rennerei und Bürokratie.

Herr Beckstein redet in seinem Bericht – auf Seite 10 ist es nachzulesen – von einem Zeichen-Setzen für die Aufgeschlossenheit der Politik gegenüber Veränderungen der Lebensgewohnheiten der Bürger. Also, dieser minimale Kompromiss ist dann das Zeichen für die Aufgeschlossenheit der Politik gegenüber den geänderten Gewohnheiten der Bürger. Das darf doch nicht wahr sein!

Zu Ihnen, Herr Beckstein und Herr Regensburger: Sie haben großartig ein Pilotprojekt Sperrzeitverkürzung verkündet. Daran haben wir uns zunächst festgehalten und das war vielleicht auch der Grund für die SPD, hier so zögerlich zu sein. In zahlreichen Gemeinde- und Stadträten hat es Beschlüsse gegeben, dabei mitzumachen. Dann aber hat dieses ganze Pilotprojekt gar nicht so stattgefunden. Sie haben im Bericht ja auch ausgeführt, weshalb Sie gemeint haben, das wäre doch nicht notwendig.

Herr Regensburger, ich erinnere mich noch sehr, sehr gut daran, dass Sie, als wir vor einem guten Jahr unseren Antrag im Grunde mit der gleichen Zielsetzung eingebracht haben, aus Ihrem Ministerium heraus getönt haben, die sonst so ruhebewussten GRÜNEN würden die Anwohner von Gaststätten die ganze Nacht mit Lärm belästigen wollen. Da kann ich doch nur lachen, weil Sie genau wissen, wie es läuft, wie es auch in der Praxis laufen kann, dass das nämlich in den Gemeinden vor Ort zu entscheiden ist. Wenn gerade von Ihnen ein Argument für den Ruheschutz kommt, wird es besonders lächerlich. Ich erinnere mich an den Internationalen Tag der Ruhe im vorvergangenen Jahr: 70 Gebirgsschützen haben hier vor dem Landtag gezeigt, wie man tönt – und das am Internationalen Tag der Ruhe!

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Oder ich erinnere an die neue Nachtflugregelung für den Flughafen München II. Dort setzen Sie die Anwohnerinnen und Anwohner völlig ungeniert dem Lärmterror aus. Also, Sie brauchen wirklich nicht den Mund aufzumachen, wenn es um Lärmschutz geht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Katalog könnte ich im Übrigen beliebig erweitern. Wir kennen ja die Themen, Herr Regensburger.

Deswegen zu unserem Antrag: Wir sind der Meinung, wenn Bayern schon als letztes Bundesland seine überkommenen Sperrzeitvorschriften entrümpeln will, dann doch bitte richtig. Wir fordern eine klare Regelung, und zwar wollen wir in der Gaststättenverordnung die Sperrzeit auf die so genannte Putzstunde zwischen 5.00 und 6.00 Uhr in der Früh beschränkt wissen. Wir sind der Meinung, dass wir einen modernen, großzügigen Rahmen brauchen, der es den Kommunen überlässt, Rege

lungen zu finden. Damit haben wir auch den Schutz der Anwohner gewahrt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Regensburger, Sie wissen das genauso gut wie ich: Wir haben durchaus schon jetzt Regelungen, in denen festgelegt ist, dass um 21 oder um 22 Uhr Schluss ist. Das wird so akzeptiert. Von einem Wirtshaus weiß ich, wo dies seit 30 Jahren so durchgezogen wird. Das macht in dem Fall auch Sinn, ohne dass man hier von Fall zu Fall immer wieder etwas ändern muss. Wenn es vor Ort Umstände gibt, die ein besonderes Schutzbedürfnis erfordern, kann die Gemeinde das jederzeit entsprechend regeln.

Wir meinen, mit der auf die Putzstunde reduzierte Sperrzeit kommt Bayern nicht nur dem veränderten Ausgehund Freizeitverhalten der Bevölkerung entgegen, sondern kann auch als Tourismusregion den Ansprüchen der Urlaubsgäste besser gerecht werden.

Herr Kempfler hat großartige Ausführungen zum Antrag der SPD gemacht. Wir halten nochmals fest: Das, was wir beantragen, ist vom geltenden Recht voll und ganz gedeckt. So ist das auch dem Bericht auf Seite 3 zu entnehmen. Dort heißt es: „Hingegen ist es möglich, die Sperrzeit auf die so genannte Putzstunde von 5.00 bis 6.00 Uhr zu beschränken oder auch an einzelnen Wochentagen, wie beispielsweise Samstag und Sonntag ganz aufzuheben.“

Jetzt bin ich wieder bei Ihnen, Herr Kempfler. Sie haben gesagt, dass nur vier Münchner Bezirke das überhaupt wollen. Das ist doch genau die Crux. Die Crux ist – und ich nehme an, dass Sie auch schon Jahrzehnte kommunalpolitische Erfahrungen auf dem Rücken haben –, dass sich die Gemeinderäte doch gern verstecken, dass Sie den schwarzen Peter gern dem Freistaat zuschieben wollen und sagen: Der Freistaat hat das in der Gaststättenverordnung bis auf ein Uhr geregelt, also ändern wir dies nicht.

Genau dieses Verstecken-Wollen will ich nicht. Ich will, dass die Gemeinden sagen: Dort wird früher Schluss gemacht, dort aber eben nicht. – Das ist die Regelung, die angebracht ist. Sonst schreien Sie doch auch immer ganz, ganz laut nach Subsidiarität.

Zum SPD-Antrag: Wir werden dem Antrag selbstverständlich zustimmen. Er ist ja schon weitaus radikaler. Wir halten es zwar nicht für gut, noch einmal zwischen „unter der Woche“ und „Wochenende“ zu differenzieren und so das Ganze komplizierter zu machen. Deswegen bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen, da er am wenigsten kompliziert ist. Da müssen nämlich keine Anträge gestellt und keine Gebühren bezahlt werden; dann hat man nicht die Rennerei und die Bürokratie.

Zum Schluss wende ich mich an Sie, meine Damen und Herren von der CSU: Machen Sie es Ihren Kolleginnen und Kollegen im Münchner Stadtrat nach. Herr Kempfler hat ja gesagt, dass man sich in vier Bezirken jetzt auf die Putzstunde zwischen 5.00 und 6.00 Uhr beschränkt. In

diesem Zusammenhang darf ich aus dem heutigen „Münchner Merkur“ zitieren, was auch Ihre Parteifreunde – Herr Wiesheu würde sagen „Ihre Kameraden“ – gesagt haben:

Im Stadtrat stieß das Vorhaben quer durch die Fraktionen auf Zustimmung. „Im Sinne einer liberalen und jugendlichen Stadt sind wir für eine Aufhebung der Sperrzeit“, erklärte Barbara Schäuble-Schäfer, Ausschuss-Sprecherin der SPD-Fraktion. Ihr CSUKollege Hans Wolfswinkler fügte hinzu: „Ich halte die Vorlage für einen ganz großen Wurf.“

Das Gleiche sagt er also auch zu unserem Entwurf. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD))

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Dr. Runge. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Beckstein.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erarbeitung des Berichtes hat in der Tat erhebliche Zeit in Anspruch genommen. Hintergrund war zunächst, dass wir erst die Berichte aus den anderen Ländern erhalten mussten. Das hat erhebliche Zeit gedauert. Bei einzelnen Ländern mussten wir auch mehrfach nachfragen. Als im August der Bericht fertig war, musste ich weitere Gespräche führen und mich dann auch selber zu einem Vorschlag durchringen. Das hat zu einer weiteren Verzögerung geführt. Das will ich hier ausdrücklich einräumen.