Protocol of the Session on October 8, 2002

(Widerspruch bei der SPD)

Ich darf in aller Kürze den Gesetzentwurf der Staatsregierung zum „eGovernment“ begründen. Der Gesetzentwurf ist Teil des „eGovernment-Konzepts“ der Staatsregierung. Moderne Technologie wie das Internet soll verstärkt in die kommunale und staatliche Verwaltung in Bayern mit dem Ziel eingeführt werden, den Wirtschaftsstandort Bayern wettbewerbsfähig zu halten, damit er an der Spitze im europäischen und weltweiten Vergleich bleibt. Zweitens geht es darum, die Servicefunktion der öffentlichen Verwaltung weiter auszubauen. Mit „eGovernment“ ist es möglich, dass die öffentliche Verwaltung rund um die Uhr dem Bürger ihre Leistungen zur Verfügung stellt.

Diese Zielsetzung setzt einige Veränderungen voraus. Den rechtlichen Teil legen wir Ihnen hiermit als Gesetzentwurf vor. In erster Linie soll das Verwaltungsverfahrensgesetz geändert werden. Das ist mit dem Bund und den übrigen Ländern abgestimmt. Ziel ist, dass die bisherigen Verwaltungsgesetze, die nicht auf die Internetnutzung abgestellt waren, die Nutzung dieser modernen Technologie ermöglichen. Das Wesentliche ist dabei, dass die Schriftform in einer Reihe von Fällen durch die qualifizierte digitale Signatur ersetzt werden kann. Wichtig ist aber auch, dass Verwaltungsabläufe auf die Nutzung des Internets eingestellt werden.

Wir wollen damit erreichen, dass die sich dafür anbietenden Dienstleistungen von Staat und Kommunen in den nächsten Jahren onlinefähig werden und damit über das Internet abgewickelt werden können. Wir sind erfreulicherweise nicht am Beginn dieser Entwicklung. Es gibt bereits eine Reihe von hervorragenden Insellösungen. Ich nenne als Beispiel das Projekt „Elster“ in der Steuerverwaltung oder das elektronische Grundbuch „SolumStar“. Daran kann man sehr gut den Vorteil von „eGovernment“ sehen. Die berechtigten Nutzer können in Zukunft mit einem Mausklick Informationen über das Grundbuch einschließlich der Belastungen bekommen. Das wurde in relativ kurzer Zeit zu einem großen Erfolg für die berechtigten Nutzer.

Ziel muss allerdings sein, dass wir ein Gesamtkonzept ausarbeiten, damit in Zukunft alle öffentlichen Dienstleistungen über das Internet in Anspruch genommen werden können, die sich dafür anbieten. Das bedeutet, dass nicht nur Informationen über Behördenstrukturen und zuständige Ansprechpartner eingeholt werden können, sondern auch die Antragstellung und die Erteilung des Bescheids über das Internet erfolgen können.

Wir haben heute die Situation, dass etwa die Hälfte der Bürger bereits internetfähige PCs nutzt, entweder zu Hause oder im Betrieb. Diese Entwicklung wird mit großer Dynamik voranschreiten, sodass wir in der Zukunft den Bürgern ein doppeltes Angebot zur Verfügung stellen können, nämlich die reale Behörde, bei der man die entsprechende Beratung erfährt und Dienstleistungen erhält, und das virtuelle Rathaus, die virtuelle Behörde, in der diese Dienstleistungen über das Internet abgewickelt werden.

Wir haben die Kommunen eingeladen, mit uns gemeinsam diesen Weg zu beschreiten. Es gibt einen Pakt zwischen dem Freistaat Bayern und den kommunalen Spitzenverbänden, den Kollege Beckstein und ich vor kurzem für die staatliche Seite unterschrieben haben. Die Kommunen haben ihre Bereitschaft erklärt, ihre eigenen Verwaltungen innerhalb der nächsten Jahre auf diese neuen Möglichkeiten und auf die neue Technologie einzustellen.

Wir haben damit auch die Bitte an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden, sich entsprechend fortzubilden, weiterzubilden, um die entsprechenden – wie man hier sagt – Skills zu haben, um diese elektronische Verwaltung umzusetzen. Dazu sind wir auch in vernünftigen Gesprächen mit den Gewerkschaften.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmann (SPD))

Herr Kollege, wenn Sie darauf hinweisen wollen, haben Sie Recht, aber wie zu erwarten, haben wir mit diesen Aktivitäten längst begonnen, ehe Sie aufwachen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Deshalb bitte ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie mit uns die rechtlichen Grundlagen für die elektronische Verwaltung schaffen. Ich biete an, im Ausschuss das gesamte „eGovernment-Konzept“ der Staatsregierung detailliert darzustellen.

(Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Erste Wortmeldung Herr Kollege König.

(Herrmann (CSU): Kollege König spricht später!)

Entschuldigung, das ist die Reihenfolge, die mir aufgeschrieben wurde. Wenn die Opposition der CSU aus der Verlegenheit helfen will, spricht Kollege Dr. Hahnzog.

(Herrmann (CSU): Was heißt „aus der Verlegenheit hilft“? Kollege König ist doch anwesend! – Zurufe von der SPD)

Er will aber nicht sprechen. Ich kann doch niemanden zwingen, zu reden. Ich habe ihn aufgerufen und ihm das Wort erteilt. Wenn er es nicht ergreift, erhält Kollege Dr. Hahnzog das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Man merkt, wir sind wieder in der normalen Tätigkeit des Parlaments angelangt. Herr Staatsminister Huber macht hier wieder die ganz große Linie auf. Wir hatten gerade heute eine Tagung der Datenschutzkommission. Dort hat uns der Vertreter der AKDB geschildert, dass diese Hoffnungen zum Teil kaum erfüllt werden können. Das betrifft so banale Dinge wie die Anmeldung in einer neuen Gemeinde nach dem Umzug. Dabei wird es Schwierigkeiten geben. Es geht, wenn man innerhalb derselben Gemeinde umzieht, aber es könnte sich herausstellen, dass der neue Weg für die Bürgerinnen und Bürger viel komplizierter wird als der normale Weg. Ich kann das hier nur so weitergeben.

Zweitens hat der Datenschutzbeauftragte Wünsche vorgetragen, die in diesem Gesetzentwurf nicht berücksichtigt worden sind. Er hat deshalb vor, in den federführenden Ausschuss zu kommen, um dort seine Wünsche vorzutragen.

Das bringt uns zu einer ganz wichtigen Sache. Wir als Abgeordnete sind darauf angewiesen – das gilt für die CSU genauso, vielleicht nicht immer so –, uns erst mühsam zu erkundigen, was von verschiedenen Stellen gekommen ist. Das betrifft Verbandsanhörungen oder eine Institution, die in der Verfassung erwähnt und im Landtag verankert ist, nämlich den Datenschutzbeauftragten. Warum bringen Sie es nicht fertig, wenigstens mündlich darauf hinzuweisen, dass es da noch Schwierigkeiten geben könnte?

(Frau Radermacher (SPD): Weil sie es nicht wollen!)

Hier wird wieder ein Paradiesbild gezeichnet, das sich nicht so einfach umsetzen lässt.

Deswegen werden Sie von uns nicht erwarten können, dass wir jetzt jubeln. Wir kündigen eine kritische Begleitung dieses Gesetzesvorhabens an.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hahnzog. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Tausendfreund.

Heute also einmal eine komplett umgestellte Reihenfolge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Einstieg in eine elektronische Kommunikation, die rechtsverbindlich ist und den bisherigen, zum Teil umständlichen Formular- und Briefverkehr nach und nach ersetzen kann, ist natürlich grundsätzlich zu begrüßen. Ob die Verwaltungen des Freistaates und der Kommunen damit auf der Höhe der Zeit angekommen sein werden, muss sich allerdings noch zeigen, denn die gesetzliche Grundlage ist das eine und die Umsetzung in der Praxis wird auf einem ganz anderen Blatt stehen.

Folgende Rahmenbedingungen müssen jedenfalls eingehalten werden: Wir brauchen tatsächliche Verwaltungsvereinfachungen und Verbesserungen des Service. Vielfach ist es so, dass die Arbeit durch die Umstellung lahmgelegt wird. Hier brauchen wir eine gute Servicebetreuung etc.

Bei einem Vergleich mit der Situation im Landtag zeigt sich, dass der virtuelle Landtag des Öfteren zusammenbricht. Wenn der Landtag ein normales Unternehmen wäre, das auf dem Markt bestehen müsste, wäre er schon längst pleite, weil wir häufig Tage oder sogar halbe Wochen haben, während derer kein Zugriff auf das Netz möglich ist. Es geht natürlich nicht an, dass so etwas in den Behörden passiert.

Wir brauchen Erleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger, tatsächliche Erleichterungen. Das muss im Vordergrund stehen. Das Serviceunternehmen Freistaat bzw. auch sämtliche Behörden auf der kommunalen Ebene müssen hier der Leitfaden sein. Ich möchte einen Bereich herausgreifen, in dem nach dem Gesetzentwurf die Regelungen hinsichtlich der elektronischen Signatur nicht gelten sollen. Das ist der Bereich des Bürgerbegehrens und des Bürgerantrags. Was spricht denn eigentlich dagegen, dass die Unterschriften für ein Bürgerbegehren, für einen Bürgerantrag per elektronischer Signatur gesammelt werden? Wenn es um Erleichterungen für die Bürgerinnen und Bürger geht, sollen diese technischen Verbesserungen plötzlich nicht mehr gelten.

Langfristig brauchen wir natürlich eine Dualität der elektronischen und der konventionellen Kommunikation, denn diejenigen, die auf dem normalen Weg ihren Behördenverkehr abwickeln wollen oder dies auch nicht anders können, müssen genauso gut bedient werden wie die anderen. Gerade ältere Leute werden sich nicht mehr auf das elektronische Zeitalter umstellen. Sie dürfen auch langfristig nicht vom Informationsfluss bzw. vom bisherigen Behördenverkehr abgehängt werden.

Schon heute ist es so, dass bei der Nachfrage nach Informationen vielfach einfach auf das Internet verwiesen wird. Es wird gesagt, dort könne man sich die erforderlichen Informationen holen, sodass ein Zusenden

nicht mehr erforderlich sei, da man die Informationen aus dem Internet herunterladen könne. – Das kann natürlich nicht Sinn und Zweck sein.

Außerdem brauchen wir einen effektiven Datenschutz. Das ist uns ganz besonders wichtig. In dem Gesetzentwurf ist lediglich die Einführung verschlüsselter elektronischer Signaturen vorgesehen. Ich vermisse eine Regelung zur Verschlüsselung von Dokumenten, die vertraulich zu behandeln sind. Es geht also nicht nur um den Schutz der Signatur, sondern um den der gesamten Dokumente. Ich vermisse auch Regelungen zum Schutz vor Manipulationen der Daten und Dokumente innerhalb der Behörden, sei es von innen oder von außen durch Hacker, die in die Systeme eindringen. Ich vermisse eine klare Regelung hinsichtlich der Protokollierung des Zugriffs auf vertrauliche Daten innerhalb der Behörde etc. Diese Liste könnte man sicherlich noch erweitern.

Auf alle Fälle müssen wir den Datenschutzbeauftragten intensiv in die Gesetzesberatungen einbeziehen, um Gesetzeslücken schließen zu können.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hinsichtlich der Kosten wird im Gesetzentwurf darauf hingewiesen, dass erst aufgrund einer künftigen Entscheidung, einen entsprechenden Zugang zu eröffnen und die dafür benötigte Ausstattung bereitzustellen, Kosten entstehen. Es ist interessant, wenn in einem solchen Gesetzentwurf nichts zu den Kosten gesagt wird. Es muss jetzt schon ein klarer und ehrlicher Kostenüberblick gegeben werden. Wir brauchen natürlich zusätzliche Ausstattungen, wir brauchen zusätzliche Schulungen. Manche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen an die neue Technik, die im Übrigen nicht mehr so ganz neu ist, behutsam herangeführt werden. Im Zusammenhang mit den Schulungen wird es natürlich auch zu Arbeitsausfällen kommen. Das muss uns jetzt schon klar sein. Deshalb möchte ich in den Gesetzesberatungen auch einen Überblick erhalten, mit welchen Kosten wir tatsächlich zu rechnen haben werden.

Auf eine Diskrepanz möchte ich noch hinweisen, was die Ausstattung der Behörden betrifft. Manches Forstamt vor Ort, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv im Umweltschutz tätig sein sollen, hat nur eine Schreibmaschine von anno domini zur Verfügung. Also das muss dann bei dieser Gelegenheit mit geregelt werden, weil wir uns eine derartige Diskrepanz nicht mehr leisten können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt ist Kollege König an der Reihe.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es erscheint mir doch notwendig, dass ich mich hierzu noch äußere, weil ich nach den Ausführungen der Vorrednerin und des Vorredners den Eindruck gewonnen habe, dass hier gewisse Missverständnisse bestehen, worum es in diesem Gesetzentwurf eigentlich geht.

In dem Gesetzentwurf geht es ausschließlich um die Stärkung der elektronischen Verwaltungstätigkeit in der Form, dass es dem einzelnen Bürger möglich wird, Dinge, die er bisher nach dem Gesetz in Schriftform beizubringen hat, in elektronischer Form, als Mail der Behörde zu übermitteln. Das ist eine Regelung, wie sie nicht nur für Bayern gelten soll, sondern es soll wortgleich auf Bundesebene und in anderen Bundesländern so geregelt werden, und zwar, indem man den neu zu schaffenden Artikel 3 a in das Verwaltungsverfahrensgesetz einfügt:

Der Datenschutz, verehrte Frau Kollegin Tausendfreund und lieber Herr Kollege Dr. Hahnzog, ist in diesem Gesetz bezüglich dieser Vorgänge – wie Ihnen sicher nicht entgangen ist – überhaupt nicht geregelt, sondern der Datenschutz richtet sich nach den allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften, die ansonsten auch gelten.

Wir begrüßen den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Sie haben gefragt, ob wir mit ihm auf der Höhe der Zeit sind. Die Staatsregierung ist hier – wie immer – am Puls der Zeit, wenn ich es so sagen darf; sie nutzt alle technischen Möglichkeiten, die es zurzeit gibt, und sie möchte, dass wir die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass alle Bürgerinnen und Bürger im Lande die technischen Möglichkeiten, die es überhaupt gibt, nutzen können, um mit den Behörden zu kommunizieren. Ich sage es noch einmal: Es geht um Anträge usw., die ansonsten in Schriftform vorzubringen wären.

Ich stimme mit Ihnen, Frau Kollegin, insoweit überein, als es sicher Aufgabe der Beratungen in den Ausschüssen sein wird, sich genau anzuschauen, welche Ausnahmen der Gesetzentwurf enthält, warum sie aufgenommen worden sind und ob es vielleicht der einen oder anderen Ausnahme nicht bedürfte, man also den Ersatz der Schriftform durch die elektronische Signatur auf dem E-Mail-Weg zulassen kann oder nicht. Das wäre zu prüfen.

Ferner ist mir bei der Durchsicht des Gesetzentwurfs etwas aufgefallen, was ich gern noch einmal hinterfragt hätte: Braucht man wirklich, wenn man eine E-Mail mit einer elektronischen Signatur verschickt, dieselbe Zugangsfiktion wie bei einem schriftlichen Akt, nämlich von drei Tagen? Es dauert zwar einige Minuten, bis eine E-Mail durch die Leitung ist, aber drei Tage erscheinen mir zu lang.

Aber das eigentliche Problem ist – ich erkläre es noch einmal, weil ich den Eindruck gewonnen habe, dass noch nicht alle verstanden haben, worum es hier geht – die Hemmschwelle bei der Anwendung der elektronischen Signatur. Es sei, Herr Präsident, gestattet, dass ich das noch einmal kurz erkläre, weil mich das beschäftigt hat als jemand, der gern und in zunehmendem Maße E-Mails verschickt: Wie funktioniert das mit dieser elektronischen Signatur?

Sie können heute – habe ich mir sagen lassen – bei einer Vielzahl von Firmen, unter anderem auch bei der Bundesdruckerei, eine elektronische Signatur erwerben für einen beschränkten Zeitraum, und diese elektroni

sche Signatur ist praktisch ihre Identität, verschlüsselt in einer einmaligen mathematischen Formel, die in dem Chip steckt, den sie an ihren Computer anschließen. Mit dieser elektronischen Signatur können sie dann alle Vorgänge sicher abwickeln und sich nach dem Verwaltungsgesetz auch gegenüber der Behörde ausweisen als die Person, die sie sind.