Protocol of the Session on July 17, 2002

(Frau Steiger (SPD): Danke für die Bereitstellung der Zahlen! – Schultz (SPD): Wir werden den Widerspruch klären!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Damit sind die Fragen aus dem Bereich des Sozialministeriums beantwortet. Danke schön, Herr Staatssekretär. – Ich bitte nun den Herrn Wirtschaftsminister um die Beantwortung der nächsten Fragen. Die Frage von Herrn Dr. Waschler wird vom Kollegen Meyer übernommen.

Verehrter Herr Staatsminister, ich frage die Staatsregierung, ob die Behauptung der SPD im „Straubinger Tagblatt“ vom 9. Juli 2002 zutreffend ist, wonach man den Regierungsbezirk Niederbayern als „Stiefkind der Staatsregierung“ und als Schlusslicht im wirtschaftlichen Gefälle im Freistaat bezeichnen müsse.

(Dr. Kaiser (SPD): Eine bedeutende Frage!)

– Das ist eine bedeutende Frage zu einer unbedeutenden Pressekonferenz des Kollegen Dr. Kaiser, der zurzeit seinen Wanderzirkus veranstaltet. Im Übrigen – Herr Kollege Meyer, zur Beruhigung – erzählt er überall die gleiche Leier.

(Dr. Kaiser (SPD): Das ist keine sachliche Beantwortung der Frage!)

Herr Dr. Kaiser, jetzt bin ich dran. Er erzählt überall die gleiche Leier und will jeder Region klarmachen, dass sie Schlusslicht in Bayern sei.

(Frau Peters (SPD): Wenn es so ist!)

Dabei stellt er nicht fest, dass die SPD selbst Schlusslicht ist und die rote Laterne trägt.

Die Behauptungen der SPD über die Wirtschaftslage in Niederbayern sind schlichtweg falsch. Tatsache ist, dass der Regierungsbezirk in den letzten Jahren und Jahrzehnten erhebliche wirtschaftliche Fortschritte gemacht und maßgeblich zum Aufschwung in Bayern beigetragen hat. Niederbayern zählt heute unbestritten zu den aufstrebenden Wirtschaftsregionen im Freistaat und kann in allen wesentlichen Bereichen der Wirtschaft, vor allem bei der Beschäftigung und auf dem Arbeitsmarkt, eine sehr positive Bilanz vorweisen.

Im Jahr 1998 wurde in Niederbayern ein Bruttoinlandprodukt zu Marktpreisen in Höhe von rund 25,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Gegenüber dem Jahr 1991 konnte damit eine Zunahme um 5,7 Milliarden e entsprechend einer Wachstumsrate von knapp 29% erzielt werden. Diese Wachstumsrate entsprach dem Landesdurchschnitt, war die dritthöchste aller bayerischen Regierungsbezirke und lag damit erheblich über dem westdeutschen Wert von 23%.

Zwischen 1985 und 2000 nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Niederbayern um 66600 zu. Dieser Anstieg um 22% lag wesentlich über dem bayerischen Durchschnitt von 17% und ganz erheblich über dem Anstieg in den alten Bundesländern von 12%. Im Jahr 2000 wurde mit fast 370000 sozialversicherungspflichtigen Stellen ein neuer Beschäftigungsrekord erzielt.

Anfang der 80er-Jahre lagen die Arbeitslosenquoten im Regierungsbezirk noch um rund 2 Prozentpunkte über dem bayerischen und dem westdeutschen Durchschnitt. Im Jahr 2001 war die Erwerbslosenquote mit 5,6% kaum höher als der landesweite Wert von 5,3%. Alle niederbayerischen Arbeitsamtsbezirke wiesen bessere Werte

als der westdeutsche Durchschnitt mit 7,4% aus, der damit insgesamt um fast 2 Prozentpunkte unterboten wurde.

Außer Baden-Württemberg hatte kein anderes Land auch nur annähernd eine so niedrige Arbeitslosenquote wie Niederbayern. Die wirtschaftliche Entwicklung des Regierungsbezirkes wurde durch erhebliche Anstrengungen der Staatsregierung unterstützt.

Ich nenne einige Beispiele: Niederbayern zählt zu den Schwerpunktregionen der bayerischen Regionalförderung. Die Stadt und der Landkreis Passau sowie die Landkreise Freyung-Grafenau und Regen sind weiterhin Zielfördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe, für die die Förderhöchstsätze von 18% für große Unternehmen und von 28% für kleine und mittlere Betriebe gelten.

Insgesamt umfasst das niederbayerische Gemeinschaftsaufgabengebiet rund 400000 Einwohner. Das sind circa 46% der gesamtbayerischen GA-Gebietskulisse.

Was fehlt – und darüber hätte Herr Dr. Kaiser reden sollen –, das sind Aktivitäten der SPD auf Bundesebene, damit die GA-Mittelausstattung wieder verbessert wird. Es hilft uns nämlich wenig, dass die GA-Mittelausstattung unterproportional ist und der Bund in den letzten Jahren permanent Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe gekürzt hat. Darüber hat er aber leider nicht gesprochen, weil er darüber nichts zu berichten hat.

Weite Teile des Regierungsbezirkes sind Regionalfördergebiete der Europäischen Union. Die Landkreise Freyung-Grafenau und Regen liegen im Ziel-II-Gebiet, sodass dort auch Gelder aus Brüssel eingesetzt werden können. Die Landkreise Passau, Rottal-Inn und Deggendorf sowie jeweils die nördlichen Teile der Landkreise Straubing-Bogen und Kelheim liegen im so genannten Phasing-out-Gebiet und können für die Übergangszeit von 2000 bis 2005 ebenfalls mit EU-Mitteln unterstützt werden.

Von 1992 bis 2001 wurden im Regierungsbezirk Investitionen der gewerblichen Wirtschaft einschließlich des Fremdenverkehrs mit einem Gesamtvolumen von rund 2,9 Milliarden e mit Zuschüssen von über 240 Millionen e und Darlehen über knapp 325 Millionen e unterstützt. Das sind fast 28% der Fördermittel für ganz Bayern bei einem Bevölkerungsanteil des Regierungsbezirks von knapp 10%.

Durch die Investitionen, die sich auf etwa 1300 Vorhaben verteilen, wurden insgesamt fast 10500 neue Arbeitsplätze geschaffen und mehr als 64000 Stellen gesichert. Im Rahmen des bayerischen Mittelstandskreditprogramms erhielten niederbayerische Unternehmen im selben Zeitraum zinsgünstige Darlehen in Höhe von annähernd 355 Millionen e. Damit konnte ein Investitionsvolumen von rund 1,1 Milliarden e unterstützt werden, das mit der Schaffung von fast 8700 neuen Arbeitsplätzen ebenfalls sehr beschäftigungswirksam war. Dabei entfielen fast 60% der neuen Stellen auf Existenzgründungen. Insgesamt konnten über 6000 Vorhaben gefördert werden.

Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze hat auch die Förderung kommunaler Maßnahmen zum Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur beigetragen. Hier hat Niederbayern in den letzten zehn Jahren Fördermittel in Höhe von insgesamt 125 Millionen e erhalten, mit denen ein Investitionsvolumen von 250 Millionen e unterstützt wurde.

Niederbayern gehört auch zu den Hauptnutznießern des Ertüchtigungsprogramms Ostbayern. Der Schwerpunkt dieses Programms zur Stärkung der Wirtschaft im grenznahen Raum liegt in der Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur Förderung von Investitionen und Unternehmensansiedlungen vorwiegend in den unmittelbaren Grenzgebieten zur Tschechischen Republik, also in der so genannten ersten Landkreisreihe. Die Mittelaufstockung wird wegen des bestehenden beihilferechtlichen Spielraums vor allem in den GA-Gebieten im Osten des Regierungsbezirkes – das sind die Stadt und der Landkreis Passau, die Landkreise Freyung-Grafenau, Regen – greifen.

Von einer stiefmütterlichen Behandlung Niedernbayerns durch die Staatsregierung kann sowieso keine Rede sein. Es wäre besser, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen, anstatt mit falschen Parolen rein parteipolitischen Nutzen erzielen zu wollen. Herr Dr. Kaiser, die Leute glauben Ihnen das sowieso nicht.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die erste Zusatzfrage gebührt dem Fragesteller.

Verehrter Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, dass Niederbayern insbesondere durch die jetzige Bundesregierung in Bezug auf den Fernstraßenbau – ich denke hier insbesondere an die A 94 – durch fehlende Finanzmittel benachteiligt wird und dass die geplante Schließung von Bundesbankfilialen in Niederbayern, konkret in Passau, Deggendorf und Landshut, durch die Bundesbank, aber auch auf der Grundlage eines Gesetzes der Bundesregierung, ein falsches Signal für Niederbayern ist?

(Dr. Kaiser (SPD): Gut abgelesen!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

In Niederbayern haben wir Probleme mit dem Bau der A 94, für die es bisher keine ausreichenden Mittel gibt. Es wäre längst erforderlich, dass verstärkt investiert wird. Wir haben die Probleme durch die Auflösung von Bundeswehrstandorten, wobei wir vom Bund keinerlei Hilfe bekommen. Wir haben die Probleme durch die Auflösung von Standorten des Zolls bzw. jetzt der Bundesbank. Auch hierbei deutet der Bund keinerlei Ersatzmaßnahmen an.

Ich wäre schon froh, wenn der Bund die Mittelkürzungen bei der Gemeinschaftsaufgabe rückgängig machen würde. Aber auch hierfür gibt es keine Anzeichen. Die

SPD versucht schlicht und einfach, durch Angriffe auf andere über das eigene Versagen hinwegzutäuschen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Mir wird eine Zwischenfrage signalisiert von Frau Peters. Sie gibt aber an Frau Werner-Muggendorfer weiter. Herr Kobler, Sie sind dann der Nächste.

(Dr. Kaiser (SPD): So war die Reihenfolge!)

So war die Reihenfolge nicht. Die SPD muss sich schon einigen, wer die Zwischenfrage stellt. Frau Werner-Muggendorfer, bitte.

Die SPD muss erst wissen, was sie fragen will.

Sie sagten, Sie würden Niederbayern nicht so stiefmütterlich behandeln. Wie erklären Sie sich aber den letzten Platz Niederbayerns unter den bayerischen Regierungsbezirken beim verfügbaren Einkommen, welches um 4000 DM unter dem Landesdurchschnitt liegt?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Wir haben Einkommensunterschiede quer über das Land, daneben haben wir aber auch Kaufkraftunterschiede. Wenn Sie dem Einkommen die Lebenshaltungskosten, die Mietkosten und andere Kosten gegenüberstellen, werden Sie feststellen, dass in Niederbayern trotz des niedrigeren Einkommens eine höhere Kaufkraft vorhanden ist als in manchen Verdichtungsgebieten.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller: Herr Kobler.

Herr Staatsminister, teilen Sie die Auffassung, dass die Attraktivität Niederbayerns noch weiter gesteigert werden könnte, wenn SPD und Grüne ihre Blockadehaltungen zu manchen Zukunftsprojekten, wie sachgemäßer Ausbau der Donau oder großräumige Umfahrung der Drei-Flüsse-Stadt Passau, aufgeben würden?

Herr Kollege Kobler, diese Auffassung teile ich uneingeschränkt. Es ist regelmäßig die Masche der SPD, größere Projekte zu verhindern und sich dann über zu wenige Investitionen zu beklagen. Die Verhinderungsstrategie, die Sie angesprochen haben, ist bekannt. Darum wundere ich mich, wie jemand von der SPD bei dieser Bilanz der Bundesregierung glauben kann, er könnte in dieser Region politische Ernte einfahren.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller: Herr Dr. Kaiser.

Herr Staatsminister, unterstützt das Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie die Pläne zur Gründung einer Nordbayerischen Eisenbahngesellschaft GmbH mit Sitz in Aschaffenburg, die sich zum Ziel gesetzt hat, Güterverkehr, insbesondere den von Unternehmen im südlichen Landkreis Miltenberg, wieder zurück auf die Schiene zu bringen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Die Zuständigkeit für den Schienengüterverkehr liegt nach Artikel 87e des Grundgesetzes allein beim Bund. Von der durch die rot-grüne Koalition angekündigten Stärkung der Schiene im regionalen Güterverkehr kann jedoch im Hinblick auf die erfolgte Schließung zahlreicher Güterverkehrsstrecken in keiner Weise die Rede sein.

Demgegenüber hält die Staatsregierung eine Umstrukturierung und Stärkung des Schienengüterverkehrs für dringend erforderlich. Die Staatsregierung begrüßt die Gründung einer nicht bundeseigenen Eisenbahn in Unterfranken zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Flächenbedienung im Schienengüterverkehr. Sie unterstützt diese Bemühungen insbesondere deshalb, da der Bund die Flächenbedienung eingestellt hat, ohne für die Wirtschaft des betroffenen Raumes adäquaten Ersatz zu schaffen.

Für eine nicht bundeseigene Eisenbahn des öffentlichen Verkehrs ist das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zuständige Genehmigungsbehörde. Am 15. Juli erhielt die Nordbayerische Eisenbahngesellschaft GmbH in Gründung, Aschaffenburg, die Genehmigung zum Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen im öffentlichen Personen- und Güterverkehr. Die Genehmigung gilt bis 1. August 2017. Der Bescheid selbst ist noch nicht bestandskräftig.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? – Herr Kaiser.

Herr Staatsminister, wer sind die Gesellschafter der Nordbayerischen Eisenbahngesellschaft GmbH, und ist der Freistaat Bayern bereit, sich über seine Eisenbahngesellschaft daran direkt zu beteiligen oder die Nordbayerische Eisenbahngesellschaft finanziell zu unterstützen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Der Freistaat Bayern beteiligt sich an diesen Gesellschaften nicht. Der Freistaat Bayern ist Besteller, aber