Aber nun zum – leider ernsten -Thema. Der Herr Minister hat, so wie es seine Art ist, ganz wolkig über die positive Entwicklung in Bayern geredet. Er sagte, dass alles viel schöner und besser werde und dass wir nun endlich eine Verordnung bekämen, mit der man alles besser in den Griff bekommen werde. Dazu kann ich in aller Deutlichkeit nur feststellen – damit kommen wir in eine etwas seltsame Rolle –, dass wir heute im Grunde die Konservativen sind, was unsere Haltung zur Genehmigung solcher Einzelhandelsgroßprojekte in Bayern angeht. Um diese geht es ja in erster Linie und erst in zweiter Linie um die FOC. Das wird leider immer in einem Zug genannt. Aber das FOC ist nicht das entscheidende Moment.
Entscheidend ist, dass wir heute eine Verordnung verabschieden sollen, die in der Tat dazu führt, dass im großen Umfange neue Einzelhandelsgroßprojekte auf der grünen Wiese entstehen. Das ist und bleibt eine Tatsache. Man macht diese Verordnung nur deshalb, um der Entstehung solcher Großprojekte Vorschub zu leisten und mehr davon in Bayern zu bekommen. Nur das kann die Zielsetzung dieser Verordnung sein, und sie ist es auch.
Das kann man auch daran erkennen – wir haben das im Umweltausschuss diskutiert –, dass künftig bei zwei Drittel aller dieser Projekte keine landesplanerischen Beurteilungen mehr notwendig sind. Was heißt das? Die Kommune macht von ihrem Planungsrecht Gebrauch – es im Grundgesetz ohne Frage garantiert ist –, und die Mitbetroffenen, zum Beispiel die Nachbargemeinden, die zentralen Orte oder auch der Einzelhandel in den zentralen Orten haben im Wesentlichen keine Mitspracherechte. Es gibt zwar die Anhörung beim Flächennutzungsplan und bei der Fortschreibung im Rahmen der Bauleitplanung, aber das entscheidende Instrumentarium, weswegen man Landesplanung macht und was auch die Zielsetzung von Landesplanung ist, fehlt. In der Landesplanung soll man die Dinge, die überörtliche Bedeutung haben, auch ordnen, und diese Einzelhandelsgroßprojekte haben nun einmal überörtliche Bedeutung.
Dieses Verfahren hat Auswirkungen auf die Innenstädte, auf den Einzelhandel und die besondere Struktur in Bayern, die eben anders ist als in anderen Bundesländern. Wir haben bei uns einen breiten Mittelstand, kleine Geschäfte und Fachgeschäfte. Alle diese Branchen sind betroffen. Wir haben in Bayern schon sehr früh in die Städtebauförderung investiert. Darauf sind wir alle stolz und dürfen es auch sein. Ich habe selbst daran mitgearbeitet. Wie viele Gedanken hat man sich da gemacht,
wie viel Geld ist da investiert worden und wie viele Verhandlungen haben stattgefunden, um die Innenstädte zu sanieren, um Objekt für Objekt in Einzelsanierungsmaßnahmen zu renovieren! Dies alles wird nun gefährdet; denn nun spielt die betriebswirtschaftliche Sicht die entscheidende Rolle. Diese betriebswirtschaftliche Sicht kann niemand wegdiskutieren. Der Standort draußen mit einer innerstädtischen Anbindung ist einfach preiswerter. Das beginnt bei den Preisen für Grund und Boden, geht über die Erschließung bis hin zu ausreichendem Parkraum. In der Innenstadt muss der Kunde dagegen weiter laufen, die Gebäudemieten sind teurer, und es werden Parkgebühren verlangt. Der betriebswirtschaftliche Vorteil besteht nun – einmal draußen auf der grünen Wiese, wie gesagt, und mit dieser Verordnung wird ihm noch weiter Tür und Tor geöffnet.
Dann sind noch weitere Dinge genannt worden, die ebenfalls sehr seltsam sind. Es wird davon gesprochen, ein Agglomerationsverbot einführen zu wollen. Das soll aber erst in das Landesentwicklungsprogramm aufgenommen werden. Im Augenblick geht es nur um die Teilfortschreibung, und man macht eine Verordnung, in der man eine Unmenge neuer unbestimmter Rechtsbegriffe einführt. Es wird zu Prozessen kommen, Gutachten werden angefordert werden, die zu widerlegen sind, und es werden Notare beschäftigt werden. Aber das Agglomerationsverbot als entscheidend steuernder Faktor wird nicht in die Verordnung aufgenommen.
Weiterhin ist es seltsam, dass in die Verordnung hinein geschrieben wird, dass man die Baunutzungsverordnung – übrigens ein Bundesgesetz – in Bayern jetzt neu interpretieren will und dass man davon ausgeht, das alte Urteil habe nicht mehr Bestand, indem man sagt, die Dinge müssten landesplanerisch beurteilt werden. 700 qm Verkaufsfläche werden da einfach uminterpretiert und sind nun 900 qm. In der Diskussion kommen auch schon 1000 qm zur Sprache. Das ist für mich keine akzeptable Vorgehensweise.
Dann wird auch noch gesagt, man habe sich für diese Verordnung viel Zeit gelassen und alles sei sehr sauber gemacht. Wir haben genügend Protestschreiben. Ich habe erst am Freitag wieder Gespräche mit dem Einzelhandelsverband geführt, der uns sagt, die Verordnung sei verheerend; sie seien gar nicht gehört worden.
Es gibt ein Schreiben, unterschrieben vom Deutschen Städtetag, vom Gemeindetag, vom Einzelhandelsverband und den Handwerkskammern. Auf diesen zwei Seiten stehen so illustre Namen wie Deimer, Wöhrl, Thallmair usw. Dieses Schreiben ist nicht einmal beantwortet worden, geschweige denn, dass auf die einzelnen Punkte eingegangen worden wäre. Ich verstehe diese Eile nicht.
Wir haben einen zusätzlichen Dringlichkeitsantrag gestellt. Wir wollen das Ganze noch einmal in einer gemeinsamen Sitzung von Umweltausschuss und Wirtschaftsausschuss diskutieren und möchten diese formalen Dinge in die Verordnung aufgenommen wissen. Zumindest in der Begründung sollten sie enthalten sein. Darüber hinaus sollte dann auch zu solchen Schreiben, wie sie gekommen sind, Stellung bezogen werden.
Es ist Tatsache, dass bei der Bayerischen Staatsregierung vom Mai 2000 bis ein halbes Jahr später seltsame Wandlungen eingetreten sind. In diesem Zeitraum wurden sämtliche Grundsätze, die bis dahin Bestand hatten und die von allen Fraktionen gemeinsam getragen worden waren, über Bord geworfen.
Es ist ein seltsamer Zufall, dass genau in diesem Zeitraum bestimmte Gruppen – Deutsche Bank, Audi oder ein US-Senator – aktiv geworden sind. Diese Gruppen haben sich für das FOC und die Praxis, wie sie in Bayern beabsichtigt ist, eingesetzt. Es muss klargestellt werden: Gibt es diese Schreiben, was wurde auf diese Schreiben hin unternommen und wie wurden sie beantwortet? Das ist das Mindeste. In einer Demokratie sollten derartige Zweifel ausgeräumt werden.
Unser Ansatz war, diese Verordnung sauber zu diskutieren, auch wegen der handwerklichen Mängel, die ja heute sogar der Minister zugeben musste. Unsere Meinung ist und bleibt: Wir brauchen diese Fortschreibung überhaupt nicht, weil sich die bayerische Praxis bewährt hat. Wir werden deshalb diese Verordnung ablehnen und stimmen dem Antrag der GRÜNEN zu.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Dr. Schnappauf, ich bleibe nur kurz bei der Fußballersprache, weil Sie sie bemüht haben: Sie haben sich mit Ihrem Vorgehen nicht nur ins Abseits begeben, sondern Sie gehören vom Platz gestellt, nicht mehr und nicht weniger: Für das, was Sie hier verbrechen, gehören Sie wirklich vom Platz gestellt, und mit Ihnen der eine oder andere Kollege.
Die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms und die Genehmigung des FOC in Ingolstadt erweisen sich immer mehr als Filz- und Schmierenstück. Bayerische Behörden – angefangen von der Baugenehmigungsbehörde in Ingolstadt bis hin zur Bayerischen Staatsregierung – dehnen und biegen das Recht, um das Großvorhaben in Ingolstadt durchzuwinken. So ist beispielsweise in unseren Augen die Baugenehmigung mindestens rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Dann untersagt die Stadt Ingolstadt das Bürgerbegehren, das zu den Großvorhaben in Ingolstadt eingeleitet werden soll; man höre und staune, mit welcher Begründung: Es heißt, die Begründung zu dem Bürgerbegehren sei falsch. Hier findet sich darin aber gar nichts anderes wieder als das, was Sie, Herr Schnappauf, kurze Zeit vorher gesagt haben, oder das, was Herr Wiesheu kurze Zeit vorher gesagt hat, nämlich, wie sich solche Großmärkte auf den Einzelhandel, auf Ortszentren und die Arbeitsplätze auswirken. Jetzt soll auf einmal alles falsch sein, was vorher das halbe Kabinett gesagt hat.
Auf Druck von Ingolstädter Politikgrößen – wir kennen die Herren ja –, von US-amerikanischen Politikern und deutschen Großunternehmen dreht sich die Staatsregierung um 180 Grad und öffnet so Großmärkten auf der
grünen Wiese Tür und Tor zum Schaden von Umwelt, Mittelstand und zum Schaden unserer Verbraucherinnen und Verbraucher.
Dass wir hin und wieder inhaltlich anderer Meinung sind, ist mit Sicherheit nichts Neues. Wenn sich aber Staatsregierung und CSU innerhalb von so kurzer Zeit um 180 Grad drehen und damit Mittelstand, Umwelt und Verbrauchern so massiv schaden, wie es jetzt der Fall ist, dann ist das doch eine etwas andere Geschichte.
Selbstverständlich hat dann jeder gerätselt: Was sind denn hier die Gründe, die Ursachen und Hintergründe? Bekannt sind die Briefe von Herrn Regensburger und Herrn Seehofer. Darin wurde sogar gedroht, dass die OB-Wahl in Ingolstadt schief gehen könnte. Für so mächtig halten wir Sie mit großer Sicherheit nicht. Das gilt auch für Ihren Kollegen W. von der anderen Fraktion, der sich selbstverständlich auch für dieses Vorhaben eingesetzt hat.
Sehr schnell sind Briefe von Vertretern deutscher Großunternehmen und auch von US-amerikanischen Politikern aufgetaucht. Da wurde das Ganze schon etwas ernster. Die Staatsregierung begründet ihr Vorgehen ganz anders. Sie erklärt den plötzlichen Sinnes- und Politikwandel treuherzig damit: Wir haben Änderungen im Verbraucherverhalten, wir haben neue Marktformen sowie die Grundrechte auf Eigentum und auf Berufsfreiheit. – Das leuchtet sehr wenig ein, weil sich die Verhältnisse in Bezug auf Marktformen und Verbraucherverhalten doch nicht so schnell geändert haben; sie haben sich nicht innerhalb weniger Monate geändert. Vor allem kennen wir die Artikel 12 und 14 GG auch schon etwas länger. Das heißt, es muss hier andere Gründe geben, zumal die Staatsregierung noch im Jahre 2000 eine ganz gegenteilige Position bezogen hatte. Ich zitiere den Ministerratsbeschluss vom 21. März 2000, um Ihnen einfach vor Augen zu führen, wie sich die Staatsregierung gedreht hat. In dem Beschluss heißt es:
Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte sollen in der Regel nur in Unterzentren und in zentralen Orten höherer Stufen in städtebaulich integrierter Lage mit qualifizierter Anbindung an den ÖPNV ausgewiesen werden. Die Errichtung und Erweiterung solcher Einrichtungen sollen sich ebenso wie die Ausweisung von Flächen an der Versorgungsfunktion des zentralen Ortes und der Größe des Verflechtungsbereiches orientieren. Flächen für die Errichtung von Herstellerdirektverkaufszentren, in denen ein gebündelter Direktverkauf zentralrelevanter Sortimente unabhängig vom Produktionsstandort durch mehrere Hersteller und Markeninhaber stattfindet, sind unter Beschränkung auf eine Abschöpfung des sortimentspezifischen Kaufkraftvolumens von maximal 10% im landesplanerisch zugeordneten Verflechtungsbereich zulässig.
Nach dieser Zielformulierung, die ergänzt wurde durch den Beschluss, dass eine städtebauliche Integration und eine qualitative Anbindung an den ÖPNV ausnahmslos vorliegen müssen, sowie nach den Bestimmungen des
Es hat den bekannten Druck gegeben. Es ist der eine oder andere Brief gespielt worden. Sie können versichert sein: Es kommen in den nächsten Tagen noch viele Briefe. Was schreibt beispielsweise der US-amerikanische Christopher S. Bond – er nennt sich selber KitBond aus Missouri –?: Er droht ganz unverblümt mit ernsthaften Konsequenzen für Handel und Investment. Wir haben zwei Briefe von Herrn Kornblum – damals Botschafter. Wir haben einen Brief des US-Handelsministers. In allen drei Briefen beschwert man sich über die massive, gezielte Benachteiligung US-amerikanischer Unternehmen und bittet Herrn Stoiber um Hilfe. Ganz heiß ist der Brief des Repräsentanten der Deutschen Bank. Ganz lapidar – das Schreiben umfasst sieben oder acht Zeilen – heißt es:
Die Deutsche Bank ist wegen ihrer Beteiligung am FOC Ingolstadt am wirtschaftlichen Erfolg dieses Projektes interessiert. Es gibt Probleme bei der Baugenehmigung. Also, Herr Minister, rufen Sie uns bitte an. Vielen Dank im Voraus.
Man hat dann wenigstens die Authentizität dieser Briefe zugegeben. Wir warten gespannt, was die Staatsregierung zum weiteren Schriftwechsel und zum weiteren Vorgehen sagt. Kurzum: Konfrontiert mit diesem Schreiben, hat Herr Minister Huber auf einmal eine ganz neue Begründung erfunden. Da waren es plötzlich nicht mehr die Artikel 12 und 14, sondern es waren die bösen Behörden in Baden-Württemberg, die das FOC in Wertheim, an der Grenze zu Unterfranken, unterstützt hätten. Wir können uns gut daran erinnern – es ist gerade einmal ein Jahr her –, als Minister Wiesheu eine Presseerklärung mit „Kein FOC ohne bayerische Beteiligung“ betitelt hat. Er hat sich dabei auf das Konsultationsverfahren zu Wertheim bezogen. Wir sagen: Die Staatsregierung hat mit ihrem Umschwenken ihre Verhandlungsposition massiv geschwächt und damit dem Einzelhandel in Unterfranken einen Bärendienst erwiesen.
Auch Minister Wiesheu – wir haben es alle von ihm schriftlich bekommen – hat konstatiert, dass von eben diesem FOC in Wertheim, das in der Verkaufsfläche in etwa dem in Ingolstadt entspricht, ganz negative Auswirkungen auf den Einzelhandel in Unterfranken ausgehen. Es ist schon erstaunlich, dass das Projekt an der Landesgrenze zu Unterfranken ganz gefährlich und schlecht ist, das in Ingolstadt aber überhaupt nicht. Fakt ist: Die Staatsregierung hat in bewährter Salamitaktik punktgenau ihre Entwürfe vom letzten Jahr zum LEP so hingedreht, dass Ingolstadt zustimmungsfähig geworden ist.
Herr Minister Schnappauf, Sie haben gesagt: „Keine Extrawurst für FOCs.“ – Das ist richtig. Wir sagen auch immer: Es geht um Großmärkte auf der grünen Wiese insgesamt. Sie haben aber extra wegen Ingolstadt das LEP zurechtgebogen, vor allem mit Ihren Fortschreibungen vom 29. Mai und 20 November. Die Stichworte lauten: Abkehr von der Forderung städtebaulich integrierter Lagen und ein nochmaliges Hochblasen der Kaufkraft
abschöpfung. Wir brauchen uns nur anschauen, was die Regierung von Oberbayern in ihrer letztlich positiven Beurteilung geschrieben hat:Der Ministerrat hat am 29. Mai und 21. November Zielformulierungen zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms zum Thema Einzelhandelsgroßprojekte beschlossen.
Es ergeben sich Änderungen bezüglich des Verflechtungsbereichs der maximal zulässigen Kaufkraftabschöpfungsquote sowie der geforderten städtebaulichen Integration, wonach nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch städtebauliche Randlagen zu akzeptieren sind.
Ingolstadt wird kein Einzelfall bleiben, ist schon kein Einzelfall mehr. Mit der Erhöhung der zulässigen Abschöpfungsquote, mit der Möglichkeit, dass Stadtumlandgemeinden bei der Ermittlung dieser Quote partiell auf die Einwohner der Kernstädte zurückgreifen dürfen, und mit der Abkehr von der Forderung nach städtebaulich integrierter Lage machen Sie den Weg frei für Großmärkte auf der grünen Wiese, egal, ob es FOCs, Möbelmärkte oder generell große Textilverkaufsmärkte sind.
Man muss sich das Zurückrudern der Staatsregierung und auch der CSU vor Augen führen. Wir haben heute in Presseerklärungen und Zeitungsartikeln lesen können, wie hart die CSU, Herr Kollege Dinglreiter, gerungen hat. Sie schreiben im „Münchner Merkur“ über das Agglomerationsverbot in letzter Minute, das generell in das LEP aufgenommen werden soll, und sagen dann: Zum Zweiten wurde die Rückgriffquote für Ballungsräume gesenkt, Einzelhandelsgroßprojekte dürfen dort nicht mehr als 7,5% der Kaufkraft abschöpfen. Und wie hat der Minister vorhin formuliert? Er hat „minimaler Rückgriff“ gesagt. Herr Minister, Sie wissen genau, dass es lächerlich ist, wenn Sie so formulieren; denn schauen Sie sich doch das ganze Genehmigungsverfahren für Ikea in Taufkirchen im Bannwald an. Dort darf auf das zentrenrelevante Sortiment eine Kaufkraft in Höhe von 506% abgeschöpft werden. Die Gemeinden Taufkirchen und Brunnthal haben 21000 Einwohner. Das heißt, da ist eine Kaufkraft für ein zentrenrelevantes Sortiment in Höhe von 6,5 Millionen DM zu errechnen. Jetzt dürfen wir aber einen Teil der Münchner Einwohner dazurechnen, also sollen 5600 Quadratmeter dieser schönen Randsortimente genehmigt werden, die tatsächlich Güter des täglichen Bedarfs sind, etwa der Frisör, der Bäcker und der Fotoladen. Dieses sind eben die Geschäfte, die dem ortsnahen Handel das Probleme bereiten. Da dürfen jetzt 506% abgeschöpft werden. Jetzt sagen Sie: In dem Speckgürtel Münchens hätten wir ohnehin keinen ausgeprägten innerörtlichen Einzelhandel. Herr Minister Dr. Schnappauf, Glückwunsch; Sie wollen jetzt diesem ohnehin nicht ausgeprägten innerörtlichen Einzelhandel vollends das Wasser abgraben. Das halten wir für eine Katastrophe.
Deswegen nochmals einen Appell: Stimmen Sie diesem Teilfortschreibungsentwurf nicht zu, stimmen Sie unserem Antrag zu! Wir haben darin drei konkrete Einzelfor
derungen. Die erste Forderung ist, dass die Staatsregierung ihren Fortschreibungsentwurf zurücknimmt, weil auch der Entwurf selbst – vor allem der letzte Entwurf vom November des vergangenen Jahres – großen Schaden angerichtet hat; die Gründe hierfür sind genannt. Zweitens hätten wir gerne, ähnlich wie die SPD, einen lückenlosen Bericht über alle Versuche der Einflussnahme, egal ob es die Ingolstädter Politikgrößen, deutsche Großunternehmen oder US-amerikanische Politiker sind. Für uns ist vor allem spannend, wie welches Mitglied der Staatsregierung reagiert hat. Drittens. Veranlassen Sie bitte die Baugenehmigungsbehörde in Ingolstadt, ihre rechtswidrige Baugenehmigung für das FOC-Vorhaben vom 18.03.02 zurückzunehmen. Am 18. März 2002 gab es den Stadtratsbeschluss, das Bürgerbegehren wurde abgelehnt, die Baugenehmigung gegeben. Herr Minister Dr. Schnappauf, Sie wissen sehr genau, dass zu diesem Zeitpunkt die Unterlassungsverfügung aus Ihrem Hause noch in Kraft war und erst im Mai aufgehoben wurde. Außerdem ist damals der Bebauungsplan nicht veröffentlicht worden, er ist auch heute nicht veröffentlicht.
Es kann nicht angehen, dass bei fehlender Rechtsgrundlage für ein Großvorhaben im planungsrechtlich besonders kritischen Außenbereich eine Baugenehmigung erteilt wird. Die Konstruktion, sich auf Artikel 33 des Baugesetzbuches zu beziehen und eine Einzelfallgenehmigung zu erteilen, scheitert schon daran, dass wir bis dato überhaupt keine gesicherte Erschließung hatten. Es geht hier nicht darum, dass wir in die kommunale Planungshoheit hinein fuhrwerken, sondern darum, dass hier die Baugenehmigungsbehörde – Sie alle wissen, wo diese angesiedelt ist – rechtsfehlerhaft gehandelt hat. Dieses wollen wir zurückgenommen wissen.
Ingolstadt dokumentiert, mit welchen Mitteln und Methoden hier gearbeitet wird. Ich fordere Sie auf, sich zu besinnen und sich für die Umwelt, den Verbraucher und den Mittelstand zu entscheiden. Erst heute war wieder zu lesen, wie schlecht es dem mittelständischen Einzelhandel geht und warum die Umsätze stagnieren.
Der Grund ist: Die Verkaufsflächenzahlen explodieren, weil Sie den Großmärkten auf der grünen Wiese das Tor weit öffnen. Deswegen fordern wir jetzt als im Grunde schon fast letzte Möglichkeit: Beenden Sie diesen Spuk, lehnen Sie diesen Fortschreibungsentwurf der Staatsregierung ab und stimmen Sie unserem Antrag zu. Vielleicht kommt ja doch etwas anderes heraus als das, was bei Ihnen der Zählappell gestern erbracht hat.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in vielen Sitzungen, teilweise auch anhand von Petitionen, im Laufe der zurückliegenden Monate und Jahre den Themenkomplex LEP
und die Situation des Einzelhandels in Städten und Gemeinden lebhaft und teilweise kontrovers miteinander diskutiert. Wir hatten die Teilfortschreibung auch zum Anlass genommen, in einer sehr umfassenden Anhörung die Haltung der kommunalen Spitzenverbände, der Wirtschaft, des Einzelhandels, des Naturschutzes und vieler anderer zur Kenntnis zu nehmen. Die Experten vertraten die Meinung, dass in Bayern in vielen Städten und Gemeinden bei der Planung, vor allen Dingen großer Gemeinden, kleineren Kommunen Kaufkraft bis nahezu 100% entzogen und abgeschöpft wird.
Die Feststellung des auch heute wieder zitierten und von mir sehr geschätzten Präsidenten des Bayerischen Städtetages, Josef Deimer, dass sich die erste Randwanderung nicht nachteilig auf Innenstädte ausgewirkt hätte, wurde unter anderem vom Vorsitzenden des Bundes Naturschutz, Prof. Hubert Weiger, sehr deutlich widerlegt. Er hat erklärt, dass eine Teilfortschreibung deshalb notwendig sei, weil dringend Korrekturen erforderlich seien, da Innenstädte verödet seien und im ländlichen Raum Kaufkraft abfließe mit dem Ergebnis, dass durch den notwendigen Einkauf von Waren des täglichen Gebrauchs in die Ballungszentren und in die großen Städte ein aus ökologischen Gesichtspunkten unerträglicher Verkehr stattfinde. Dies hat uns vor Jahren veranlasst, im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags, als wir einige Petitionen hatten, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen – auch der SPD – darüber zu diskutieren und zu beraten, dass wir sehr schnell, spätestens bei der Fortschreibung des LEP, die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass kleineren Gemeinden die Chance eröffnet wird, verlorene Kaufkraft zurückzugewinnen.