Die Feststellung des auch heute wieder zitierten und von mir sehr geschätzten Präsidenten des Bayerischen Städtetages, Josef Deimer, dass sich die erste Randwanderung nicht nachteilig auf Innenstädte ausgewirkt hätte, wurde unter anderem vom Vorsitzenden des Bundes Naturschutz, Prof. Hubert Weiger, sehr deutlich widerlegt. Er hat erklärt, dass eine Teilfortschreibung deshalb notwendig sei, weil dringend Korrekturen erforderlich seien, da Innenstädte verödet seien und im ländlichen Raum Kaufkraft abfließe mit dem Ergebnis, dass durch den notwendigen Einkauf von Waren des täglichen Gebrauchs in die Ballungszentren und in die großen Städte ein aus ökologischen Gesichtspunkten unerträglicher Verkehr stattfinde. Dies hat uns vor Jahren veranlasst, im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags, als wir einige Petitionen hatten, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen – auch der SPD – darüber zu diskutieren und zu beraten, dass wir sehr schnell, spätestens bei der Fortschreibung des LEP, die Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass kleineren Gemeinden die Chance eröffnet wird, verlorene Kaufkraft zurückzugewinnen.
Es kann nicht sein, dass an der Stadtrandlage eine Stadt Tausende von Quadratmetern für Einzelhandelsmärkte ausweisen kann, die sich auf die Entwicklung der angrenzenden Gemeinde oder der Gemeinden nachträglich auswirken, während die gleiche Gemeinde nicht die Möglichkeit hat, ihren Einwohnern und den Einwohnern des Hinterlandes ein entsprechendes Warensortiment zu bieten, das den Verkehr auf ein vernünftiges Maß reduziert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weise auch den immer wieder erhobenen Vorwurf, nein: die immer wieder erhobene Feststellung zurück, aufgrund massiven Drucks der Wirtschaft, von Senatoren aus dem Ausland – das wurde auch heute wieder gesagt – wäre die Staatsregierung oder die CSU-Fraktion eingeknickt. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als wir im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags darüber diskutiert haben, dass es notwendig ist, in Bayern den FRM II weiterzubauen und finanziell zu fördern. Von der linken Seite kamen unter anderem Hinweise, dass wir damit unseren wichtigsten Bündnispartner, die Amerikaner, vor den Kopf stoßen; denn die Amerikaner wären dagegen, dass in Bayern ein solcher Reaktor entwickelt werde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will damit nur sagen, und ich glaube, ich kann das für mich auch in Anspruch nehmen: Die CSU-Landtagsfraktion ist nicht erpressbar. Wir werten Anhörungen sachgerecht aus
Frau Kollegin Stahl –, wenn wir nur deshalb, weil sich ein Senator, ein Wirtschaftsunternehmen oder eine Bank in Bayern oder wo auch immer an den Ministerpräsidenten oder an Abgeordnete mit der Bitte um Unterstützung einer Investition wendet, aus welchen Gründen auch immer erklären würden: Dem können wir nicht Rechnung tragen, weil wir sonst das Gesicht verlieren würden. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, egal wer uns Briefe schreibt, das vorgetragene Anliegen ernst zu nehmen, es auf seine Berechtigung zu überprüfen und, so es notwendig ist, weil sich die Entwicklung geändert hat, unsere eigene Position zu verändern.
Ich kann Ihnen eine ganze Reihe von Fällen nennen, in denen ich meine Meinung gegenüber der Staatsregierung zum Ausdruck gebracht habe.
Frau Kollegin Radermacher, Sie können doch nicht sagen: Dort, wo der Walter Hofmann gegen die Bayerische Staatsregierung votiert hat, auch im Bayerischen Landtag, ist er überzeugend, ist er glaubwürdig, ist er seriös, aber weil er bei der heute anstehenden Frage die Position der Bayerischen Staatsregierung vertritt, knickt er vor den Kapitalisten der US-Konzerne ein. Das geht doch nicht.
Herr Kollege Gartzke hat sich heute zu der Aussage hinreißen lassen oder hat vorsätzlich formuliert, dass die neue Verordnung dem Bau von FOC und Einzelhandelsgroßmärkten auf der grünen Wiese bewusst Vorschub leisten soll.
Meine Damen und Herren, wer nicht bereit ist, die Position der Staatsregierung und der CSU zur Kenntnis zu nehmen, der formuliert natürlich weiterhin so. Herr Kollege Gartzke, damit keine Missverständnisse entstehen, darf ich daran erinnern, dass wir im Umweltausschuss bei der Diskussion über dieses Thema zu 70 bis 80% Übereinstimmung gehabt haben.
Es ist unseriös und unfair, dass Sie sich auch heute wieder, nachdem der Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen erklärt hat – das ist auch in der Verordnung nachlesbar –, dass durch die Ministererlaubnis das, was von Ihnen befürchtet wird, auf keinen Fall eintreten wird, hier herstellen und genau das Gegenteil des
sen behaupten. Ich an Ihrer Stelle hätte wenigstens gesagt: Herr Minister Schnappauf, Sie haben dieses mehrmals im Plenum formuliert, Sie haben dieses mehrmals im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags formuliert; wir werden Sie nach Jahren daran messen, ob das, was Sie heute dazu zum Ausdruck gebracht haben, auch stichhaltig ist.
Meine Damen und Herren, wir haben auch der Diskussion in der Anhörung im Zusammenhang mit der Fortschreibung des LEP sehr aufmerksam zugehört, was die kommunalen Spitzenverbände gesagt haben – Kollege Deimer, Herr Busse, Herr Jung vom Landkreistag. Herr Dr. Busse hat in seinem Diskussionsbeitrag in der Anhörung als Vertreter des Gemeindetages für etwa 2000 Gemeinden sehr überzeugend erklärt: Wir, die Kommunen, wollen von euch, der Landespolitik, nicht mehr und nicht weniger als einen größeren Verantwortungsspielraum. Diese intensiv diskutierte Verordnung kommt diesem Wunsch und Ziel der kommunalen Spitzenverbände, des Gemeindetages und auch des Landkreistages, sehr entgegen.
Aufgrund des Angebotes des Bayerischen Gemeindetages und der Aussprache zu diesem Themenkomplex gibt es auch keinen Zweifel daran – das hat in der Anhörung eine Rolle gespielt, weil ich dezidiert nachgefragt habe –: Die bayerischen Gemeinden werden sich bei der Fortschreibung des LEP wirkungsvoll daran beteiligen, dass nicht eintritt, was manche auch heute wieder als Befürchtung geäußert haben, dass nämlich FOCs wie Pilze aus der grünen Wiese schießen. Sie werden kommunale Allianzen mit Vertragsvereinbarungen bilden, um sicherzustellen, dass nicht das eintritt, was hier immer als Damoklesschwert über unseren Häuptern schwebt.
Wir werden uns auch gemeinsam überlegen, ob und wie wir bei der Fortschreibung des LEP, die ja im Juli beginnen wird, in der Lage sein werden, dieses Angebot der kommunalen Spitzenverbände so aufzunehmen, um mit dem LEP das zu verhindern, was befürchtet wird. Der Minister hat sehr zutreffend darauf hingewiesen, dass wir mit der Fortschreibung des LEP den Verantwortungsspielraum der Kommunen erweitern und dass diese Zielmarken keine Verpflichtung darstellen, sondern den Kommunalpolitikern Verantwortung übertragen. Das sind doch nicht nur CSUler – Gott sei es geklagt –; da gibt es einen Haufen Sozi, Grüne und Freie Wähler.
Ihr sagt freilich: Gott sei Dank! Meine Damen und Herren, das heißt doch nicht mehr und nicht weniger, als dass Sie diesen Themenkomplex parteipolitisch deshalb nicht instrumentalisieren können, weil Ihre eigenen Entscheidungsträger selbst die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, in ihrer Planungsverantwortung und Planungshoheit dem Auftrag des Wählers zu entsprechen.
Meine Damen und Herren, ich sage noch ein Zweites hinzu: Ingolstadt wird kritisiert. Ich stehe dazu. Ingolstadt wird die Ausnahme von der nicht integrierten Randlage sein. Wir haben sehr häufig und sehr intensiv darüber diskutiert. Wir hatten eine schmerzhafte Diskussion. Wir
haben in der eigenen Fraktion härter als im Umweltausschuss des Bayerischen Landtages diskutiert – das will ich Ihnen einmal in aller Deutlichkeit sagen. Es gibt übrigens einen einstimmigen Beschluss des Stadtrates von Ingolstadt. Die dortigen Kommunalpolitiker sind von den gleichen Wählerinnen und Wählern gewählt worden wie die Personen, die in der Landespolitik politische Verantwortung tragen.
Ich persönlich bin ganz fest davon überzeugt, dass auch das Instrumentarium des kommunalen Bürgerentscheids dazu beitragen wird, dass die Kommunalpolitiker nicht einfach machen können, was sie wollen. Die mündigen Bürgerinnen und Bürger, die – aus welchen Gründen auch immer – ein Einkaufserlebnis haben wollen, entscheiden tagtäglich selbst darüber, in welchem Umfang und in welchem Ausmaß in ihren Städten und Gemeinden mittelständische Einzelhandelsunternehmer existieren. Wer aber die Schnäppchen in der dreißig Kilometer entfernten Großstadt und nur das, was er im Einkaufsmarkt vergessen hat, daheim im Tante-EmmaLaden einkauft, braucht nicht zu glauben, damit einen Beitrag zur Erhaltung des Mittelstandes geleistet zu haben. Diese Rechnung geht nicht auf.
Ich plädiere sehr dafür, dass wir gemeinsam mit dem Innenminister und dem Innenstaatssekretär die Programme für die Förderung der Innenstädte und die Dorferneuerung nutzen, um die Attraktivität unserer Innenstädte nicht nur zu erhalten, sondern auch auszubauen. Die CSU-Fraktion stimmt der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms zu und lehnt die Anträge von SPD und Grünen deshalb ab, weil vor allem in der Begründung zum Antrag der SPD Feststellungen getroffen werden, die nicht unsere Position sind und die von uns auch nicht geteilt werden können.
Dann muss es mir eben gesagt werden, wenn eine Wortmeldung vorliegt. Ich gebe jetzt Herrn Dr. Scholz das Wort. Sie haben noch sieben Minuten.
Fünfzehn Minuten waren der SPD-Fraktion zugestanden worden. Wir haben uns diese Zeit fein säuberlich aufgeteilt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, wenn man die Herren Schnappauf und Hofmann hier für die Innenstädte, für den Mittelstand und für den Fachhandel reden hört und
Mit dieser Vorlage öffnen Sie den Factory Outlet Centers Tür und Tor. Das Verhalten der Staatsregierung in den vergangenen Monaten ist ein eindeutiger Beweis dafür, wie das Verfahren abläuft. Ich höre noch den Herrn Wiesheu, wie er im Kreise der deutschen Wirtschaftsminister das Fähnlein für die Verhinderung der Factory Outlet Centers hoch gehalten hat. Diese Dämme dürfen nicht brechen, hat er gesagt. Ich höre noch den Herrn Beckstein – entschuldigen Sie, Herr Regensburger, aber er war der hauptsächliche Vertreter –, der den Schutz der Innenstädte gefordert hat. Genau das Gegenteil ist aber eingetreten. Der Ablauf war folgender. Stoiber ist – wem gegenüber auch immer – umgefallen, und dann ist das ganze Kabinett umgefallen. Wo waren denn bei der 5 : 4-Entscheidung die Verfechter des Mittelstandes und der Innenstädte? Und schließlich ist dann die CSU-Fraktion umgefallen. Zwar ist sie nur nach und nach umgefallen, aber letztlich ist sie doch umgefallen.
Alle die starken Vertreter des Mittelstandes sind umgefallen. Ich schaue nur Herrn Dinglreiter, Herrn Breitschwert oder Manfred Christ an und wie sie alle heißen. Alle sind, dem Stoiber-Wort folgend, umgefallen.
Es gibt einen Zusammenhang mit diesem US-Schreiben. Man muss sich das einmal vorstellen: Der Staatssekretär im Handelsministerium der USA schreibt an die Bayerische Staatsregierung zu Gunsten und im Interesse von Value Retail in einer Art und Weise, als hätten die Bürger ein Recht auf Value Retail. Das ist eine unglaubliche Geschichte. Bisher konnte die Staatsregierung keinen vernünftigen Grund dafür angeben, dass sie umgefallen ist. Dass die Ingolstädter so ein Factory Outlet Center haben wollen, kann man verstehen. Was bedeutet diese Entwicklung aber für Gesamtbayern? Ich sage Ihnen: Dass wird so weitergehen. Die Staatsregierung war bisher nicht standhaft, und sie wird es auch weiterhin nicht sein.
Mit der Begründung, die sie für den ersten Sündenfall gegeben hat, kann sie genau dieselben Sünden weiter begehen. Ich sage Ihnen voraus: Mit Wertheim hat Value Retail den Nordwesten Bayerns abgedeckt. Mit Ingolstadt ist die Mitte Bayerns abgedeckt. Sie müssen sich immer einen Kreis von etwa 200 Kilometern um diese Einkaufszentren herum vorstellen.
Weiter fehlt Südwest-Bayern. Hier können Sie sich den Kreis um Mindelheim herum denken. Und schließlich fehlt noch Südost-Bayern, und hier können Sie sich den Kreis um Rosenheim herum denken. Das ist eine sehr clevere Firmenstrategie von Value Retail. Diese Firma sagt, es wäre doch gelacht, wenn wir unsere Interessen in Bayern nicht durchsetzen könnten. Es ist Marketing vom Feinsten, wenn es sich eine Staatsregierung gefallen lässt, auf diese Art und Weise den Interessen solcher Firmen nachzugeben. So darf es nicht sein.