Meine Damen und Herren, nun noch ein kurzes Wort zur Gesundheitspolitik. Wir haben steigende Kosten und reden über die Finanzierbarkeit. Gleichzeitig haben wir, was erfreulich ist, eine längere Lebenserwartung. Ich fürchte aber, wir steuern auf einen doppelten Crash zu. Da ist zum ersten das Problem, wie sich ein gutes Gesundheitswesen weiter finanzieren lässt und welche Maßnahmen dafür notwendig sind. Auch da wird die Bundesregierung von ihrem Verhalten eingeholt, womit sie im Bundestagswahlkampf 1998 Stimmen holte nach dem Motto: Was Seehofer vorschlägt, ist alles unsozial. Jetzt können wir ein krasses Versagen der Bundesregierung auf diesem Feld verzeichnen. Ich füge aber auch hinzu, dass wir, wenn wir im September wieder in der Bundesverantwortung sind, eines der schwierigsten Kapitel der Politik vor uns haben werden, wenn wir ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem in Deutschland strukturieren wollen.
Zum zweiten stehen wir vor der Schwierigkeit, dass das Gesundheitsproblem nur unter Mitarbeit der Bevölkerung zu lösen ist. Die Entwicklung der Volksgesundheit zeigt beängstigende Entwicklungen. Denken Sie an Berichte, wie sich heutzutage die Gesundheit der Kinder in den Schulen darstellt. Einfachste Koordinationsbewegungen sind nicht mehr vertraut, beispielsweise Ball spielen, rückwärts gehen und Ähnliches mehr.
Meine Damen und Herren, am letzten Sonntag habe ich bei einer Tagung des Deutschen Skiverbandes Zahlen gehört, die mich fast wie ein Alptraum verfolgen. Ganz allgemein halte ich die Fitnesswelle in Deutschland unter dem Aspekt der Volksgesundheit für etwas Positives. Ein Sportmediziner hat bei dieser Tagung aber dargelegt, dass das Bundeskriminalamt davon ausgeht, dass über die Fitnesswelle, die Fitnessstudios und den ganzen Körperkult, der damit verbunden ist, in Deutschland heute mehr Dopingmittel verbreitet werden als beim Drogenhandel. Das ist doch eine dramatische Perspektive. Es ist auch die dramatische Perspektive einer Fehlentwicklung im Gesundheitswesen.
Vor diesem Hintergrund führen wir doch eine regelrechte Geisterdiskussion im Hinblick auf die Ernährung. Selbstverständlich hat der Staat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Nahrungsmittel unbedenklich genossen werden können. Rund 30% der Kosten im Gesundheitswesen gehen aber auf falsche Ernährung zurück. Nach den Zahlen von 1990 – neuere liegen mir leider nicht vor – waren das 83,5 Milliarden DM. 30%! Hingegen wurden nur 1,3 Milliarden DM aufgrund von Defiziten bei den Nahrungsmitteln ausgegeben. Deshalb ist ein ganzheitlicher Ansatz in der Gesundheitspolitik dringlich. Wir haben in dieser Legislaturperiode entsprechend gehandelt und das Programm „Bayern aktiv“ gestartet.
Meine Damen und Herren, zu den wichtigen Aufgaben der Zukunft wird auch die europäische Entwicklung zählen, wovon heute noch nicht die Rede war. In den letzten
drei Jahren wurde die Debatte von der Erweiterung der Europäischen Union geprägt. Nun haben wir mit dem Verfassungskonvent eine in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Weichenstellung vor uns. Wir werden uns damit noch mehr auseinandersetzen müssen.
In der Bilanz der Jahre 1998 bis 2002 zeigen sich einige Entwicklungen, die mich tief beunruhigten. So ist es erschreckend, wie stark Modemeinungen, auch in der Wissenschaft und der Wirtschaft, die öffentliche Meinung bestimmen. Das gilt etwa für die gravierenden Fehleinschätzungen hinsichtlich des Aktienmarktes. Die ganze Zunft der Ökonomen, die uns Politiker so gern darüber belehrt, was ökonomische Vernunft ist, ist in einem kollektiven Wahn in die falsche Richtung gerannt.
Über Jahre hinweg haben wir das Dogma „Uns geht die Arbeit aus“ diskutiert. Die Tarifpolitik, die Lebensarbeitszeitverkürzung und all diese Themen, die ungeheure Folgen haben, wurden falsch eingeschätzt. Überlegen Sie mal, was für ungeheure Auswirkungen das haben wird. Wir werden es im Haushalt spüren. Das gilt gerade auch für die Entwicklung in der Altersteilzeit. “Uns geht die Arbeit aus“ war ein Dogma, und deshalb hat man versucht, die älteren Menschen aus der Arbeit herauszubringen, damit die jüngeren eine Anstellung finden. Jetzt aber diskutieren wir darüber, dass in vielen Bereichen die Arbeitskräfte ausgehen. Das sind keine Themen, die die Politik erfunden hat. Aber solche Modemeinungen werden handlungsbestimmend, und das beunruhigt mich zutiefst.
In den letzten Monaten haben wir die Verletzlichkeit der modernen Zivilisation erlebt. Wie sehr wir alle beunruhigt sind, zeigt, dass gestern, als ein Flugzeug in Mailand in ein Hochhaus raste, jeder Angst davor hatte, dass es sich dabei schon um den nächsten Terrorakt handelt. Was mich auch tief beunruhigt, ist die Tatsache, dass Themen, die uns nicht passen, kollektiv verdrängt werden. Das gilt beispielsweise für die Folgen der demografischen Entwicklung.
Lassen Sie mich nun – ich lasse das Übrige weg – zu einigen Schlussbemerkungen kommen. Vor allem die Opposition hat in das Zentrum dieser Debatte die Rolle unseres Ministerpräsidenten für die Entwicklung in der Politik gestellt. Dazu, meine Damen und Herren, will ich ganz nüchtern Folgendes feststellen: Edmund Stoiber war und ist ein Pionier, ein Wegbereiter, eine Lokomotive für notwendige Veränderungen. Er ist ein Mann, der für eine zukunftsorientierte Politik steht. Ich will Ihnen dies an verschiedenen Beispielen und in einer nüchternen Aufzählung deutlich machen.
Edmund Stoiber hat eine Sicherheitspolitik, die heute allgemein als notwendig erachtet wird, bereits in seiner Zeit als Innenminister vertreten.
Dafür hat er viel Prügel bekommen. Ministerpräsident Stoiber war auch bundesweit ein Vorreiter, als es darum ging, die Bedeutung neuer Entwicklungen, zum Beispiel in der Informationstechnologie oder der Biotechnologie, zu erkennen. Mit den Programmen „Zukunftsoffensive Bayern“ und „Hightech-Offensive Bayern“ wurde diese Erkenntnis in konkrete Politik umgesetzt.
Edmund Stoiber ist seit vielen Jahren ein Anwalt der Familien und der Familienpolitik, und hat dieses Thema nicht erst in Wahlkampfzeiten entdeckt wie Herr Schröder.
Edmund Stoiber ist im Kreis der führenden Politiker der erste in Deutschland gewesen, der immer wieder auf die Folgen der demografischen Entwicklung in Deutschland hingewiesen hat. Dafür ist er lange Zeit geprügelt worden. Heute ist das ein allgemeines Thema.
(Beifall bei der CSU – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist das sein Geburtstag oder schon sein Nachruf?)
Ministerpräsident Stoiber hat das Thema Nachhaltigkeit ganz konkret in seine Politik aufgenommen, und dies in einer Weise, die auch bei uns zunächst heiß diskutiert wurde. Er hat etwas vorangetrieben, was es in keinem anderen deutschen Parlament gibt: die rechtliche Festlegung, dass wir im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt haben.
Gleichzeitig ist Edmund Stoiber mit seiner Politik ein Förderer der Kultur und, wie wir beim Einsatz der Privatisierungserlöse feststellen können, nicht nur für die großen Museen, sondern für flächenweite Programme. Ich halte es für wichtig, dies allgemein bewusst zu machen, weil versucht wird, ihn so darzustellen, als hätte er dazu keinen Zugang.
Meinen Damen und Herren, Edmund Stoiber war der Wegbereiter einer Europadiskussion, deren Forderungen heute allgemeiner Standard sind, wofür er aber jahrelang geprügelt worden ist. Ich spreche von der Diskussion über ein föderalistisches Europa.
Jetzt ist dies plötzlich Allgemeingut. Er steht für eine Politik, bei der Wirtschaft und soziale Kompetenz miteinander verbunden sind, und er steht für eine Politik, die heimatverbunden und weltoffen ist.
Bei diesen Themen und Fakten kann man, Herr Dr. Dürr, feststellen, dass Wort und Tat miteinander übereinstimmen.
Edmund Stoiber war in der Zeit als Ministerpräsident die Lokomotive für die außergewöhnliche Entwicklung Bay
erns, und deshalb ist er auch die beste Lokomotive für einen guten Weg Deutschlands in die weitere Zukunft.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich möchte den Mitgliedern des Hohen Hauses in Erinnerung rufen, dass es nicht gestattet ist, bei Reden Hilfsmittel zu verwenden. Wir müssten sonst unterbrechen und eine Sitzung des Ältestenrats einberufen. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache und bitte den Ministerpräsidenten zu einer zusammenfassenden Stellungnahme.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zwei Anmerkungen. Ich möchte mit den Worten von Herbert Wehner beginnen, der gesagt hat, die Ausführungen der Regierungsparteien – damals war er in der Opposition – machten ihn schmunzeln. Ehrlich gesagt, ich bin über die Naivität mancher Beiträge außerordentlich erstaunt. Wer glaubt, der bayerische Ministerpräsident benutze den Bayerischen Landtag, um in SachsenAnhalt oder in Deutschland Wirkung zu erzielen, verkennt bei aller Größe des Bayerischen Landtags die Wirkungen der Diskussionen in diesem Hause.
Wer glaubt, dass die sachsen-anhaltinischen Bürgerinnen und Bürger mit erregter Gespanntheit dieser Debatte folgen, um dann ihre Wahlentscheidung zu treffen, macht sich in der Diskussion ein wenig lächerlich.
Ich sage Ihnen, dass ich den Vorwurf, ich wäre als bayerischer Ministerpräsident zu wenig im Landtag, zurückweisen muss.
Ich schaue mal in die Reihen der Opposition. Während der Ministerpräsident und der Sprecher der Mehrheitsfraktion reden, ist keiner der Führung der SPD und sind die meisten Abgeordneten nicht da.
(Zurufe der Frau Abgeordneten Werner-Muggen- dorfer (SPD) und der Frau Abgeordneten Biedefeld (SPD))
Begründungen gibt es immer, die habe ich auch zuhauf, warum ich für diesen oder jenen Termin keine Zeit habe.
Das ist aber nicht das Wesentliche. Ich sage nur: Wer Vorwürfe erhebt, muss erst einmal etwas vorlegen.
weil Sie anscheinend unter irrsinnig hohem Druck stehen, sich immer am Kanzlerkandidaten orientieren zu müssen und nicht an bayerischen Interessen. Ich sage mal – –