sind, dass Teilhauptschulen gefährdet sind, dass einzelne Klassen nicht zustande kommen und dass Hauptschulen einzügig werden. Alle diese einzügigen Hauptschulen und Hauptschulen, bei denen Klassenstufen fehlen, sind von der Schließung bedroht, weil das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz besagt, dass Hauptschulen mehrzügig sein sollen.
Die Staatsregierung scheint sich über das Ausmaß von Schul- und Klassenschließungen nicht im Klaren zu sein. Ich habe eine schriftliche Anfrage gestellt, in der ich mich erkundigt habe, an wie vielen Teilhauptschulen und Hauptschulen in Bayern im Schuljahr 2001/2002 keine fünfte und sechste Klasse mehr zustande gekommen ist. Sie sollten mir die Namen der betroffenen Schulen nennen und nach Teilhauptschulen und Hauptschulen aufschlüsseln. Die Antwort, die ich vom Ministerium bekommen habe, habe ich daraufhin überprüfen lassen, ob sie der Realität entspricht. Das Ministerium hat – –
Gelogen nicht gerade. Das Ministerium hat mir 15 Schulen genannt, die keine fünfte und sechste Klasse mehr haben. In Wirklichkeit sind es aber 22 Schulen, die keine fünfte und sechste Klasse mehr haben.
Ich habe die Antwort der Staatsregierung auf meine schriftliche Anfrage weiter prüfen lassen, wobei herausgekommen ist, dass noch größere Ungereimtheiten vorhanden sind. Ich frage mich: Gibt die Staatsregierung bewusst falsche Zahlen heraus, oder herrscht im Kultusministerium so ein Durcheinander, dass dort nicht klar ist, was an den Schulen passiert? Ich halte das für einen Skandal, weil es für mich sehr wichtig ist, die Entwicklung zu beobachten, und weil es für uns ein großes Ziel ist, die Hauptschulen und die Teilhauptschulen zu erhalten.
Das heißt, durch die Reform der Realschule und durch den Geburtenrückgang werden Standorte von Hauptschulen gefährdet. Die CSU hat gemeint, sie könnte im Zuge der Einführung der sechsstufigen Realschule auch der Hauptschule etwas Gutes tun, und hat versucht, auch die Hauptschule zu reformieren. Sie hat das, was sie seit Jahrzehnten getan hat, nämlich die Schülerschaft immer weiter aufzugliedern, auf die Hauptschule übertragen und eine Dreigliedrigkeit eingeführt. Innerhalb der Hauptschule gibt es jetzt drei verschiedene Gruppen. Es gibt die Regelklassen, die M-Klassen und die Praxisklassen.
Die Pisa-Studie hat allerdings gezeigt, dass es genau der falsche Weg ist, immer weiter zu differenzieren. Die Pisa-Studie sagt deutlich, dass integrative Systeme letztlich besser sind. Durch diese Form der Hauptschule wurde die falsche Schulpolitik weitergeführt und in die Hauptschule hineingetragen, was an den Hauptschulen selber zu großen Problemen führt. Herr Kollege Thätter hat gerade gesagt, man würde gern noch mehr Praxis
klassen bilden, aber das Interesse sei nicht groß genug. Das Interesse ist deshalb nicht groß, weil sich die Schülerinnen und Schüler diskriminiert fühlen, wenn sie eine solche besondere Klasse besuchen müssen.
Eine dritte Auswirkung dieser Politik ist, dass wir Hauptschulen erster und zweiter Güteklassen haben. Wir haben Hauptschulen, die den mittleren Schulabschluss anbieten, und wir haben Hauptschulen, die dazu nicht in der Lage sind. Im Bewusstsein der Bevölkerung gewinnen die Schulen, die M-Klassen anbieten, an Prestige, während die anderen an Prestige verlieren.
Ich stelle fest, dass durch die Schulpolitik der CSU der Hauptschule ein Bärendienst erwiesen worden ist: Teilhauptschulen müssen geschlossen werden, Klassenstufen gehen verloren. Wir haben eine Diskrepanz zwischen den Hauptschulen mit M&Klassen und denen ohne M-Klassen. An vielen Hauptschulen wurden leistungsstarke Schüler abgezogen, was zu großen pädagogischen Problemen führt. An den Hauptschulen besteht ein Lehrermangel. Wir müssen feststellen, dass niemand mehr ein Studium für das Lehramt an Hauptschulen aufnehmen will. Von Seiten der Staatsregierung sehe ich kein Lösungskonzept, wie dem begegnet werden soll.
Was ist zu tun? – Wir fordern, dass die Klassenmindeststärke von 15 Schülerinnen und Schülern wieder auf die frühere Stärke von 12 gesenkt wird. Diese wurde infolge eines Kienbaum-Gutachtens auf 15 Schülerinnen und Schüler angehoben. Wir fordern die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Das würde vielen Schulstandorten helfen. Wir fordern ein inhaltliches Konzept für die Hauptschulen, das den Schülerinnen und Schülern an unseren Hauptschulen wirklich gerecht wird. Praxisklassen mit Schulsozialarbeit sind ein richtiger Ansatz, der nicht nur den schwächsten Schülerinnen und Schülern sondern allen zugute kommen muss. Die Schulsozialarbeit muss gestärkt werden. Das Zehnjahreskonzept, das die Staatsregierung letztendlich beschlossen hat, kann nicht einmal einen Abgeordneten der CSU zufrieden stellen.
Wir brauchen an unseren Schulen neben den Lehrkräften noch weiteres Personal. Wir brauchen Erzieherinnen und Erzieher, wir brauchen Handwerkerinnen und Handwerker, wir brauchen Künstlerinnen und Künstler. Dafür brauchen die Schulen finanzielle Mittel, um, je nachdem, wie ihr Profil aussieht, dieses Personal einstellen zu können.
Wir brauchen einen Reformschub, den ich für die Hauptschule noch nicht sehen kann, um eine Hauptschule zu gestalten, zu der die Schülerinnen und Schüler sagen können: Ich gehe ganz bewusst in diese Hauptschule, ich möchte nicht in die Realschule oder ins Gymnasium, ich möchte in die Hauptschule und dort meinen Abschluss machen.
Wir brauchen eine Hauptschule, zu der die Abiturientinnen und Abiturienten sagen: Dafür möchte ich das Lehr
Mit dem, was die CSU vorlegt, sind wir noch sehr weit von einer Hauptschule entfernt, die diesen Ansprüchen genügt. Ich würde mich sehr freuen, wenn die CSU den Mut hätte, den eingeschlagenen Weg der Dreigliedrigkeit in der Hauptschule zu verlassen und die Hauptschule noch einmal neu zu überdenken, damit diese Schulart gerettet werden kann.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Anmerkungen zu den eben aufgerufenen Anträgen zur Hauptschule seien mir gestattet. Wir haben eine Reihe von allgemeinen Ausführungen gehört, die die SPD seit vielen Jahre gebetsmühlenartig wiederholt.
(Widerspruch der Frau Abgeordneten Radermacher (SPD) und der Frau Abgeordneten Werner-Muggendorfer (SPD))
Gleichzeitig müssen wir erleben, dass überall dort, wo die SPD in der Regierungsverantwortung steht, der Hauptschule ein Bärendienst erwiesen wurde. Das geht bis dahin, dass die Hauptschulen gänzlich von der Bildfläche verschwunden sind.
Kollege Egleder hat kritisiert, dass Schulpolitik der Finanzpolitik untergeordnet sei. Wer in den letzten Jahren hier im Bayerischen Landtag mental anwesend war, der müsste mitbekommen haben, dass kein Bereich der Landespolitik einen so hohen Stellenwert bekommen hat, wie die Bildungspolitik. Der Staatshaushalt wurde in keinem Bereich so aufgestockt, wie in der Bildungspolitik und in der Schulpolitik. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis.
Es gibt kein Land in der Bundesrepublik Deutschland, das so viel in die Schule investiert, wie der Freistaat Bayern. Das muss noch einmal deutlich herausgestellt werden.
Man muss sich die Frage stellen, wer die Hauptschule in den letzten Jahren vernachlässigt hat. Wer hat denn die Hauptschule in den Diskussionen in ein schlechteres Licht gestellt?
(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gabsteiger (CSU): Endlich sagt einmal einer die Wahrheit!)
Sie haben zwei Forderungen aufgestellt, die ich kurz ansprechen möchte. Das eine betrifft die Klassengröße. Natürlich ist es das Ziel, die Klassengrößen in einem möglichst überschaubaren Rahmen zu halten. Unser Ziel ist es, keine Klasse mit mehr als 30 Schülern zu haben. Tatsache ist aber – das müssen Sie zur Kenntnis nehmen –, der Durchschnitt der Klassengrößen in der Hauptschule liegt unter 23 Schülern. Wir haben, Gott sei Dank, weniger als 2% der Klassen mit mehr als 30 Schülern. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis, und bauen Sie keinen Popanz auf, als ob in jeder Klasse in den bayerischen Hauptschulen mehr als 30 Schüler sitzen würden.
Das zweite Thema – Kollege Thätter hat schon darauf hingewiesen – ist die Forderung, die Mindestklassengröße wieder auf 12 Schüler zu senken. Wenn man es nur von der Struktur her betrachtet, dann kann man dem etwas abgewinnen. Aus der Sicht des Schülers muss man aber deutlich sagen, dass damit dem Schüler Möglichkeiten der Differenzierung genommen werden.
Der Hauptschullehrplan kann es einem Kind ermöglichen, sich zu entscheiden, ob es mehr den technischen Bereich, den kaufmännischen Bereich oder mehr den sozialen Bereich bevorzugen will. Wenn ich eine Klasse mit 12 Schülern habe, wie soll man dann in der Wirklichkeit darstellen, dass ein Kind eine Wahlmöglichkeit hat? – Es bleibt nur eine Möglichkeit. Damit werden den Kindern – die ihr Profil herausbilden müssen – die Zukunftschancen genommen, die sie dringend brauchen.
Als Letztes möchte ich kurz ansprechen: Ich habe mir schon verwundert die Augen gerieben, als die SPDFraktion einen Antrag gestellt hat, die M-Züge schon in der 5. Klasse einzuführen. Ich habe immer noch die Vorwürfe im Ohr, dass für die Spätentwickler nichts mehr getan wird, dass man nicht Zehnjährige entscheiden lassen kann, in welche Richtung sie gehen wollen. Jetzt will man eine frühzeitige Festlegung, ob ein Schüler in den M-Zug kommt, oder nicht. Bitte denken Sie nach, wie Sie bisher argumentiert haben. Sie können nicht ständig das Argument des Spätentwicklers wie eine Fahne vor sich hertragen und dann Anträge stellen, die völlig dem zuwiderlaufen, was Sie sonst fordern.
Die Schülerzahlen in den 5. und 6. Klassen der Hauptschulen gehen durch die sechsstufige Realschule zurück, nicht jedoch in den 7. bis 9. Klassen. In den Klassenstufen 5 und 6 entscheiden sich viele Schülerinnen und Schüler, auf die Realschule zu wechseln. Aus der Sicht der Schüler muss man doch fragen: Wo ist der rich
tige Förderort? – Gott sei Dank haben die Schüler jetzt die Möglichkeit, auf die Realschule zu wechseln, wenn das für sie der richtige Förderort ist.
Ich denke, wir haben über diese Anträge zur Hauptschule intensiv beraten. Es ist zum Wohle der bayerischen Hauptschule, wenn wir das Abstimmungsverhalten der CSU-Fraktion bei der Abstimmung zugrunde legen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Was Herr Kollege Schneider hier an Behauptungen aufgestellt hat, kann nicht ohne Richtigstellung im Raum stehen bleiben. Ich weiß nicht, wo er gelesen haben könnte, dass die SPD ab der fünften Jahrgangsstufe in der Hauptschule schon M-Klassen fordert. Das ist uns so fern, wie ein intergalaktischer Stern. Ich weiß nicht, wie Sie sich das aus den Fingern gesogen haben. Unser Antrag, ich darf ihn hier noch einmal vortragen, lautet:
Stärkung der Hauptschulen IV Der Landtag wolle beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, eine flächendeckene Einrichtung eines „M-Angebotes“ umzusetzen und dabei ein durchgängiges Angebot der Jahrgangsstufen 7 bis 10 von M-Angeboten und die Bereitstellung von mindestens sechs Unterrichtsstunden je Klasse mit M-Kurs-Angeboten zu verwirklichen.
Von den fünften und sechsten Jahrgangsstufen lese ich hier nichts. Sie müssen uns schon zeigen, wo wir das im Zusammenhang mit unserem entsprechenden Antrag jemals angesprochen haben sollen. Das ist eine Unterstellung, die wir uns nicht gefallen lassen müssen.
Wir wollen allerdings erreichen, dass diese Angebote durchgängig geschaffen werden. Es ist Humbug, was derzeit vor Ort geschieht. Die Jahrgangsstufen sieben und acht unterrichtet man an der einen Hauptschule und die Jahrgangsstufen neun und zehn in der Hauptschule am Nachbarstandort oder umgekehrt, oder sogar das Ganze im Wechsel. Das schafft zusätzlichen Aufwand und verdeckt den Mangel nur mühsam.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Egleder, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schneider?
Herr Kollege Egleder, wie soll ich den Antrag „Stärkung der Hauptschulen VIII“ interpretieren? Dort heißt es: