einmal ein Lied mit dem Titel: Neue Männer braucht das Land. Die neuen Männer sind offenbar bei uns noch nicht in allen Bereichen angekommen.
Ich hoffe, dass noch einige auftauchen werden. Ich will das gar nicht flapsig abtun. Es muss ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel herbeigeführt werden dergestalt, dass ein Mann, der sich für die Inanspruchnahme von Erziehungszeit oder Teilzeit entscheidet, nicht als beruflicher Versager abgestempelt oder gleich der Weichei-Fraktion zugerechnet wird. Das Windelwechseln muss in der hauswirtschaftlichen Bewertungsskala einen ähnlichen Stellenwert bekommen wie das Krawattenbinden.
Zweitens. Familie und Beruf können dort besser miteinander vereinbart werden, wo die Kinderbetreuung besser ausgebaut ist. Hier hat ein Umdenkungsprozess begonnen; da muss man der Staatsregierung eine gewisse Anerkennung zollen. Das geschah mit tätiger Nachhilfe durch die Wirtschaft. Laut Statistik haben wir eine ausreichende Versorgungsquote bei Kindergartenplätzen; bei Ganztagsplätzen gibt es immer noch einen Nachholbedarf. Plätze in Kinderkrippen müssen wir nach wie vor mit der Lupe suchen. Meine Damen und Herren von der CSU, mit einer Versorgungsquote von 1,4% lässt sich kein Staat machen.
Die großen Beitragsspreizungen bei Kinderkrippen und die Tatsache, dass selbst Krippen gefragt sind, die den Eltern einen monatlichen Beitrag von 2200 DM abverlangen, müssten doch auch der Staatsregierung vor Augen führen, welch immenser Bedarf hier existiert. Sie haben zu lange auf das Landeserziehungsgeld als ausreichendes Mittel gesetzt, das für viele Frauen und Familien keine Alternative war.
Auch die Versorgung mit Hortplätzen ist bei weitem nicht rosig. Bislang gibt es knapp 30000 Plätze, die über die reine Mittagsbetreuung hinausgehen, wo die Kinder bei der Erledigung der Hausaufgaben pädagogisch unterstützt werden. An Ihnen kann einfach nicht vorbeigehen, dass das Thema Ganztagsschule auf die Tagesordnung muss, um die Chancengleichheit und die Perspektiven von Kindern gerade aus unteren Bildungsschichten zu verbessern. Das darf man nicht in dieser profanen Art abtun: Kinder wollen nicht den ganzen Tag in die Schule gehen. Das ist nicht das Thema. Sie wissen selbst, wie der Unterricht in Ganztagsschulen, die sich zu Recht als solche bezeichnen dürfen, gestaltet ist. Für Kinder, die sonst kaum eine Chance haben, ist das eine Alternative, die Sie vielen verwehren.
Drittens können Beruf und Familie in den europäischen Ländern besser vereinbart werden, in denen es mehr
Teilzeitjobs gibt. Gerade für Frauen mit einer guten und einer akademischen Ausbildung sind Teilzeitstellen Mangelware. Das gilt für Männer genauso; denn in Teilzeit zu arbeiten bedeutet oftmals einen Stillstand in der Karriere bzw. eine Minimierung der beruflichen Chancen. Ich sage es noch einmal: Das darf nicht nur ein Angebot an die Frauen sein, sondern muss auch ein Angebot an die Männer sein, die den gleichen Widerständen begegnen und auch erleben werden, dass das das Ende der Fahnenstange ist. In allen Ländern, in denen es viele Teilzeitstellen gibt und die Kinderbetreuung sehr, sehr gut ist, ist die Erwerbstätigkeit der Frauen hoch, und auch die Kinderzahl ist hoch. In Frankreich ist der Durchschnitt die Dreikindfamilie. Man kann bestimmt nicht behaupten, dass diese Kinder alle sozialistisch entwöhnt wären.
Viertens ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit einer familien- und frauenfreundlichen Gesetzgebung zu unterstützen. Die Bundesregierung hat da vieles auf den Weg gebracht: neue Einkommensgrenzen beim Erziehungsgeld, Flexibilisierung der Erziehungszeiten und Recht auf Teilzeit. Mir klingt Ihr Zeter und Mordio noch in den Ohren. Sie aber haben nur Luftnummern gebucht, indem Sie Familiengelder vorschlugen, von denen kein Mensch wusste, wie sie je zu finanzieren sein würden.
Wir beabsichtigen keineswegs, alle Frauen in die Arbeit zu stecken; die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie muss möglich sein. Bisher gab es für die Frauen aber keine Alternative, weil es nicht die notwendigen Versorgungsstrukturen gab. Um Frauen die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf überhaupt zu ermöglichen, müssen wir die notwendigen Betreuungseinrichtungen erst einmal schaffen. Solange Frauen, die in die Arbeit gehen, der Nimbus der Rabenmutter anhaftet, wird es gesellschaftlich nicht akzeptiert sein, dass Frauen Beruf und Familie vereinbaren wollen. Die Versorgung mit Krippen haben Sie in dem Tempo einer Schnecke begonnen. Sie hören zwar gerne den Spruch „Was lange währt, wird endlich gut“, aber wir Frauen haben es satt, stets nur die Rücklichter Ihrer Versprechungszüge zu sehen.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mich freut, dass mittlerweile alle Parteien, auch die GRÜNEN, die Familienpolitik entdeckt haben.
Wer Familienpolitik ernst nimmt, sollte sich die tatsächliche Situation unserer Familien in Deutschland genauer anschauen.
Ein Blick in den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung und in den bayerischen Sozialbericht zeigt uns ganz deutlich, dass die Familie mit kleinen Kindern die sozial schwächste Gruppe in Bayern und in Deutschland ist. Das sollte uns nachdenklich machen.
Frau Schopper, Sie haben die Vorteile, welche die Bundesregierung für die Familien geschaffen hat, stark gepriesen. Wie ist es denn tatsächlich? Der Steuervorteil ist gestrichen worden; der Freibetrag für Haushaltshilfen ist gestrichen worden; der Ausbildungsfreibetrag ist gestrichen worden.
Der Haushaltsfreibetrag wird bis zum Jahr 2004 gekürzt. Hinzu kommt die Streichung bzw. die Kappung des Ehegattensplittings.
Damit hat man die Erhöhung des Kindergeldes finanziert. Von der Ökosteuer möchte ich hier überhaupt nicht sprechen.
Dass Sie die finanzielle Situation der Familien durchaus erkannt haben, sieht man an dem Antrag der SPD auf ein familienfreundliches Bayern, in dem Sie mittelfristig zumindest eine Anhebung des Kindergeldes auf 600 DM pro Kind anstreben.
(Frau Radermacher (SPD): Was hat das mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun? – Frau Biedefeld (SPD): Was hat das Bundesverfassungsgericht zur Politik der Union geschrieben? – Maget (SPD): Sie lernen es nie, Sie sind vom Bundesverfassungsgericht verurteilt worden!)
Wer das genauer ansieht, erkennt, dass das auch ein Einstieg in das Familiengeld ist. Gott sei Dank haben Sie wenigstens das in Ihrem Programm.
(Maget (SPD): Sie sind verurteilt worden! Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Familienfreibetrag!)
Hören Sie doch zu! Die Familienpolitik ist sehr wichtig, so dass man sich die Situation sehr genau anschauen sollte. Das Familiengeld ist die einzige Möglichkeit – davon bin ich fest überzeugt –,
um die von Ihnen geforderte Wahlfreiheit zwischen Familie und Erwerbstätigkeit herzustellen. Genau das mahne ich hier immer wieder an. Sie sprechen zwar stets von Wahlfreiheit.
Sie führen sogar die Budgetierung des Erziehungsgeldes an. Wie wird die Budgetierung des Elterngeldes aber finanziert? Das Erziehungsgeld beträgt in den ersten zwei Jahren 600 DM pro Monat. Wer sich für nur ein Jahr entscheidet, bekommt 900 DM pro Monat, das zweite Jahr selbstverständlich gar nichts mehr.
Das heißt, es wird gegenfinanziert, und der Bund spart an den Familien. So sieht die Realität aus, und so sieht die Realität der Wahlfreiheit aus. Den Frauen werden mehr Mittel versprochen, wenn sie möglichst rasch in die Erwerbstätigkeit zurückkehren. Auch bei der Rentenreform sind die Frauen, die lange Kindererziehungszeiten haben, letztlich betrogen worden. Ich möchte das klar und deutlich sagen. Ich bekomme täglich Briefe von Frauen, die lange Erziehungszeiten aufweisen, sehr mäßige Renten bekommen und bei der Riester’schen Rentenreform leider Gottes wieder vergessen worden sind.
Wenn Sie von Wahlfreiheit sprechen, meinen Sie nicht wirklich Wahlfreiheit. Man merkt das an Ihrer gesamten Diktion. Man erkennt die Intention der rot-grünen Bundesregierung auch an etlichen politischen Vorgaben, die ich aufzählen könnte.
Frau Kollegin Schmidt, zur materiellen Förderung möchte ich sagen: Die Franzosen erhalten eine hohe materielle Förderung für Kinder. Familien zahlen ab Geburt des ersten Kindes so gut wie keine Steuern mehr. Nachdem Sie oft von Schweden reden, möchte ich Ihnen sagen: Dort sind die Geburtenzahlen in den letzten Jahren rasant gesunken. Daran sehen Sie, dass eine hohe Geburtenrate nicht allein auf den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen zurückzuführen ist, sondern dass Familienförderung sich aus vielen Komponenten zusammensetzen muss. Man darf nicht nur eine Komponente verwirklichen wie in Schweden, sondern man muss die Familien auch finanziell besser stellen. Daneben muss man die verschiedenen Lebensentwürfe der Frauen akzeptieren und darf nicht nur einseitig über Erwerbstätigkeit sprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich kurz auf die 300 Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz eingehen, die Frau Kollegin Schmidt gelobt hat. RheinlandPfalz verfügt über das gleiche Konzept wie Bayern mit den Ganztagsangeboten an Schulen. Das bayerische Konzept wurde zum Teil wörtlich übernommen. So etwas wollen Sie uns im Bayerischen Landtag als Modellprojekt für Bayern verkaufen.
Folgende Anmerkung möchte ich noch machen: In Bayern ist die Erwerbstätigenquote bei den Frauen mit 62,3% am höchsten.
Sonst reden Sie doch auch immer davon, wer in Bayern regiert. Wir sind jedenfalls ganz froh, dass Bayern nach den Kommunalwahlen noch etwas schwärzer geworden ist – kohlrabenschwarz, wie Sie heute gesagt haben.
Lassen Sie mich noch kurz auf die Mär eingehen, die Sie landauf landab über die Betreuung der unter Dreijährigen verbreitet haben. Wir haben nicht alle Krabbelgruppen zusammengerechnet, sondern 5559 Plätze in Kinderkrippen, 230 Plätze im Netz für Kinder, 2800 Plätze im Kindergarten, 2000 Plätze in Kinderhäusern und 2164 Plätze in der Tagespflege, sodass wir in Bayern in der Betreuung bei 3,5% liegen. Ich habe Frau Kollegin Bergmann immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass sie in Ihrem Bericht auf Zahlen aus dem Jahr 1999 verweist. Das ist schlicht falsch. Ich bitte die Opposition, dies endlich zur Kenntnis zu nehmen. Bayern liegt im Vergleich der westlichen Flächenländer bei der Betreuung der unter Dreijährigen mit an der Spitze.
Ich möchte Sie bitten, dies endlich zur Kenntnis zu nehmen und nicht immer die ollen Kamellen der Bundesministerin Bergmann zu wiederholen. Bundeskanzler Schröder hat ja gesagt, sie sei für „Frauen und Gedöns“ zuständig. Wissen Sie, was „Gedöns“ war? – Die Familien. So sieht die Familienpolitik der Bundesregierung aus. Ich sage Ihnen, dass wir mit unserem Konzept, das den stufenweisen Einstieg in das Familiengeld und die finanzielle Besserstellung der Familien vorsieht, tatsächlich Wahlfreiheit für die Frauen schaffen. Sie sollen sich frei entscheiden können.
Frau Kollegin Schopper, in einem gebe ich Ihnen Recht. Ich wäre auch froh, wenn sich wesentlich mehr Väter für die Elternzeit entscheiden würden. Wir müssen uns überlegen, wie wir Anreize schaffen. Es muss verhindert werden, dass Männer, die das tun, in der Öffentlichkeit – salopp ausgedrückt – als „Weicheier“ angesehen werden.
Wir brauchen die tatsächliche Wahlfreiheit durch das Familiengeld; wir brauchen die finanzielle Besserstellung der Familien, und wir brauchen den Ausbau der Kinderbetreuung für alle Altersklassen. Der Bayerische Landtag hat beschlossen, den bedarfsgerechten Ausbau der Betreuung von Kindern aller Altersklassen bis zum Jahr 2008 finanziell auf den Weg zu bringen.