Protocol of the Session on December 13, 2001

(Beifall bei der SPD)

Greifen Sie nicht die Bundesregierung an, die gerade mit ihrer Steuerreform zur Entlastung von Mittelstand und Handwerk beiträgt.

(Lachen bei der CSU)

Sie setzen doch zum Dolchstoß auf den bayerischen Mittelstand an. Ihr Verhalten ist unglaubwürdig und verlogen.

(Kaul (CSU): Ich wünsche der SPD, dass Sie möglichst lange ihre Generalsekretärin bleiben, denn dann sind unsere Wahlsiege sicher!)

Es gäbe viele Beispiele dafür anzuführen, wie unglaubwürdig ihre Politik ist. Ein Beispiel gefällig? – Noch 1997 hat sich Wirtschaftsminister Wiesheu entschieden gegen die Errichtung von FOCs ausgesprochen. Auch aus jüngster Zeit gibt es solche Aussagen. Er sprach damals von einer „gefährlichen Entwicklung“. In einer Pressemitteilung sagte er:

Meine Position ist klar und konsequent. Factory Outlet Center gefährden den mittelständischen Einzelhandel, vernichten Arbeits- und Ausbildungsplätze, führen zu einer Verödung der Innenstädte und haben einen hohen Flächenverbrauch sowie zusätzliches Verkehrsaufkommen zur Folge.

Das sind die Worte eines Wirtschaftsministers Wiesheu. Das muss man klar sagen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der kennt sich aus!)

Ein weiteres Beispiel, Aussagen eines Landesentwicklungsministers – man muss sich das Wort auf der Zunge zergehen lassen – und Umweltministers: Hier im Plenum haben Sie am 15. November dieses Jahres erklärt, Herr Minister Schnappauf:

Herausragendes Ziel ist es, den Flächenfraß zu stoppen.

Sie appellierten an alle bayerischen Kommunalpolitiker, bei der Inanspruchnahme von Flächen insbesondere den Flächenverbrauch zu berücksichtigen. Mein Appell an Sie, Herr Minister Schnappauf: Leisten Sie erst einmal Überzeugungsarbeit bei sich selbst, in Ihrer Fraktion und bei Ihren Kolleginnen und Kollegen im Kabinett, bevor Sie die vielen ehrenamtlichen Kommunalpolitiker Bayerns maßregeln. So geht es bitte schön nicht!

(Beifall bei der SPD)

Schauen Sie sich in Ihren eigenen Reihen um. Es gäbe noch viele andere Beispiele. Wir haben nicht nur den Bund Naturschutz, das Handwerk, den Einzelhandel, den Bayerischen Städtetag und viele andere Organisationen auf unserer Seite. Sie haben also diese Organisationen gegen sich, und Sie haben sogar in Ihren eigenen Reihen Probleme. Kollege Traublinger sorgt sich berechtigterweise um die Arbeitsplätze im Mittelstand. Ihre wirtschaftspolitische Sprecherin im Bundestag, Dagmar Wöhrl, meint, dass mit den FOCs ein Tor aufgestoßen wurde, das man nicht mehr schließen kann. Sie zeigte sich enttäuscht über den Beschluss des Ministerrats. Hören Sie in diesem Fall vielleicht einmal auf Frau Wöhrl. Ihr Mann betreibt schließlich ein großes Modehaus. Sie wird ja schließlich wissen, was gut und was schlecht für den Einzelhandel in unseren Städten ist.

(Hofmann (CSU): Möglichst viele Modehäuser mit einem Namen!)

Auch die Mittelstands-Union in der CSU könnte man anführen. Sie ist alles andere als begeistert. Hören Sie eigentlich nicht, wie die Meinungen innerhalb Ihrer eigenen Fraktion und innerhalb Ihrer eigenen Partei sind? Wir sagen strikt Nein zu FOCs.

(Willi Müller (CSU): Hören Sie doch auf die Kommunalpolitiker, was die sagen!)

Wir haben für die Anhörung viele Diskussionspunkte vorgesehen. Wir sind froh, dass sie zeitnah stattfinden wird. Es geht unter anderem um Verflechtungen und Verflech

tungsbereiche und es geht darum, ob wir an der Zentralörtlichkeit für die Standorte von Einzelhandelsgroßprojekten festhalten. Es geht um die Verkehrserschließung, es geht um die Grenze von 700 qm – die Größe derartiger Einzelhandelsgroßprojekte an bestimmten zentralen Orten und vieles andere mehr. Wir haben für diese Anhörung viel Stoff, über den wir mit den Beteiligten und den Betroffenen diskutieren wollen.

Wir lehnen den Antrag der CSU ab, weil sie damit FOCs bereits wieder festschreiben und von einem einstimmigen Beschluss des Landtages abweichen will. Wir sehen keinen Grund für eine derartige Kehrtwende. Eine solche können Sie auch gar nicht rechtfertigen. Wir werden dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Auch dieser Antrag enthält Vorschläge und Punkte, welche die Anhörung bereichern werden. Stimmen Sie unserem Antrag zu, um Schaden von den Innenstädten und von den mittelständischen bayerischen Einzelhandelsunternehmen abzuwenden. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Bekennen Sie heute endlich Farbe.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dinglreiter.

(Kaul CSU) : Da gibt es jetzt eine Menge zurechtzurücken! – Dr. Hahnzog (SPD): Dass sich der Dinglreiter überhaupt hierher traut?!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Biedefeld, es ist schon bemerkenswert, wie Sie sich um den ländlichen Raum sorgen. Man muss nämlich gleichzeitig sehen, wie Ihre Bundesregierung ein Raumordnungsgesetz vorbereitet.

(Frau Biedefeld (SPD), einen Zeitungsartikel hochhaltend: Und das sagt Dinglreiter!)

Reden Sie hinterher, wenn ich fertig bin. Sie sollten sich mit der gleichen Verve wie hier darum bemühen, dass der Bund auch den ländlichen Raum berücksichtigt. Dieser kommt nämlich in dem Raumordnungsgesetz, das die Bundesregierung vorbereitet, gar nicht vor. Wenn Sie das tun würden, dann hätten Sie Gutes getan.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Sie stellen Sich hierher und fordern ein klares Nein zu FOCs. Ihre Kommunalpolitiker fordern hingegen FOCs an der Autobahn, auf der grünen Wiese. Daher frage ich mich, wie glaubwürdig Sie mit Ihren Aussagen noch sind.

(Beifall bei der CSU)

Nun zu den Grünen. Frau Paulig, es ist ein Armutszeugnis für die Grünen, wenn Sie nur aus fremden Anträgen zitieren, weil Ihnen selbst zu diesem Thema nichts einfällt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist eine Erinnerungslücke! – Dr. Scholz (SPD): Und der Inhalt Ihrer Erklärungen, Herr Dinglreiter?!)

Lassen Sie es doch, ich komme gleich zu den Inhalten. Ich will nur noch eines hinzufügen, Frau Paulig. Es ist gut, dass der Tatbestand des Abschreibens nicht in die Pisa-Studie eingeflossen ist, sonst würde Bayern noch schlechter aussehen, weil Sie sich ständig mit fremden Federn schmücken.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Dinglreiter, ich bekomme signalisiert, dass Sie schlecht zu verstehen sind. Vielleicht nehmen Sie die Mikrophone ein bisschen herunter.

(Frau Radermacher (SPD): Dadurch wird aber der Inhalt auch nicht besser!)

Jetzt komme ich zu den Inhalten, wobei ich von Ihrer Beurteilung nicht unbedingt viel halte. – Der Beschluss, der 1998 im Bayerischen Landtag auf Drucksache 13/10644 auf Antrag der CSU gefasst wurde, hat im Grundsatz auch heute noch Gültigkeit. Wir stehen klar und eindeutig dazu.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die wohnortnahe Versorgung in Stadt und Land, der Schutz lebenswürdiger und lebendiger Innenstädte und der Erhalt mittelständischer Strukturen im Handel sind der CSU immer schon ein großes Anliegen gewesen, und sie bleiben es auch.

(Frau Biedefeld (SPD): Das ist doch nicht zu fassen! Nur Sonntagsreden!)

Wenn wir diese Ziele aber nachhaltig sichern wollen, müssen wir Abwägungsprozesse betreiben. Wir müssen die Interessen der Verbraucher und des Handels, die Interessen des ländlichen Raumes und der Städte sowie auch die den Kommunen zustehenden Entscheidungsspielräume sorgfältig gegeneinander abwägen. Dazu reicht heute der Beschluss von 1998 nicht mehr aus. Wir haben deshalb im Bayerischen Landtag bisher vier weitere Anträge verabschiedet, weil wir der Auffassung sind, dass wir den Beschluss von 1998 fortschreiben müssen, nachdem sich einiges verändert hat.

(Frau Biedefeld (SPD): Was denn, bitte schön?)

Ich komme schon noch darauf. Wenn Sie so blind sind und es nicht sehen, was sich im Lande verändert hat -

(Frau Biedefeld (SPD): Ich würde es gerne hören!)

Sie hören es schon noch.

Das vorhandene Instrumentarium, welches wir mit den Lösungsansätzen des damaligen Antrags angesprochen haben, und die darin festgelegten Abschöpfungsquoten in Höhe von 30 bis 40%, die heute noch gelten – sehr

verehrte Frau Biedefeld, das ist Realität –, sind nicht geeignet, den heute gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Sie kennen die Verhältnisse offensichtlich zu wenig.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben doch gar keine Zahlen!)

Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen und die ordnungspolitischen Entscheidungsgrundlagen einer aktuellen Überprüfung unterziehen.

Jetzt haben wir 30 bis 40%.

(Frau Biedefeld (SPD): „Münchner Merkur“!)

Sie reden nur und haben sich etwas aufschreiben lassen, ohne zu wissen, worum es eigentlich geht. Das ist das Problem.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)