Weil sich einiges verändert hat, wurde eine Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogrammes eingeleitet. Dies wurde von niemandem, den Sie heute als Anwalt für Ihre Interessen angeführt haben, bestritten. Der Handel ist ebenso wie die Kommunen der Auffassung, dass eine Fortschreibung dringend geboten ist. Diese Fortschreibung ist eingeleitet. Erst Ende November wurde die förmliche Anhörung durch die Staatsregierung abgeschlossen. Die dabei geäußerten Wünsche und Vorstellungen der Verbände, der Kommunen, der Wirtschaft und anderer werden jetzt ausgewertet. Aus Gesprächen mit verschiedenen Gruppen – auch Sie haben einiges zitiert – weiß ich, dass in einigen Punkten zu den Vorstellungen der Staatsregierung Zustimmung geäußert wurde, dass Alternativen angeboten, aber auch einige Punkte abgelehnt wurden.
Interessant ist dabei, dass dies alles nicht einheitlich über die Verbände hinweg geschieht, sondern dass diese Zustimmungen und Ablehnungen in einer Reihe von Fällen unterschiedlich sind, je nachdem, ob es sich um den Landkreistag oder um den Städtetag, um den Handel oder um die Kommunalpolitik, handelt. Hier spiegelt sich die Sichtweise der Betroffenen wider.
Wir erwarten nun, dass die so gewonnenen Ergebnisse und Kenntnisse ebenso wie die von uns nicht infrage gestellte, sondern durchaus zustimmend bewertete Landtagsanhörung in das Verfahren der Fortschreibung des LEP Eingang finden.
(Zuruf von der SPD: Dann können Sie auch unse- rem Antrag zustimmen! – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Sie sagen alle fünf Minuten etwas anderes!)
Zum Antrag komme ich noch. Warten Sie bitte ab und bilden Sie sich hinterher Ihre Meinung. – Aufgrund unserer vielen Gespräche, der dabei gewonnenen Erkenntnisse und aufgrund der Absicht, weiterhin mittelständi
sche Strukturen und eine ausgewogene Versorgung in Stadt und Land zu erhalten, wollen wir bei weiteren verfahrungsrechtlichen Schritten bei der laufenden Teilfortschreibung des LEP folgende Punkte berücksichtigt wissen. Dies ist für uns bedeutsam. Deswegen haben wir diese Punkte in unserem Antrag nochmals deutlich gemacht.
FOCs sind nicht grundsätzlich ein Übel, sondern nur, wenn sie auf der grünen Wiese stattfinden, eine Agglomeration möglich ist und sich so um sie herum eine ganze Menge Neues bildet, das nachhaltig auf die Versorgungsstruktur im ländlichen Raum Einfluss haben kann. Wir wollen für die FOCs keine Sonderbehandlung. Sie müssen den gleichen Maßstäben unterworfen werden, die wir in der Fortschreibung auch für die großen Einzelhandelsprojekte vorsehen. Es wird angesichts dessen, was man in der Planung hört, ohnehin schwierig sein, zwischen FOCs und großen Einzelhandelszentren eine saubere Abgrenzung zu finden; denn es ist nicht mehr so, dass in den FOCs nur Waren verkauft werden, die in einer Saison nicht abgesetzt wurden. Daher ist es richtig, beide Zentren gemeinsam zu sehen.
Wir wollen darüber hinaus eine Regelung zur Steuerung der Standortsituation und zur Begrenzung der Flächen getroffen wissen. Dies ist ein klares Prinzip. Wir müssen das Prinzip der zentralen Orte fortschreiben. Gestern war ein Bürgermeister aus der Oberpfalz bei mir, der darum gebeten hat, dass sein Ort vom Unterzentrum zum Mittelzentrum aufgestockt wird, weil sich in dieser Zeit etwas verändert hat. Dem kann man sich nicht verschließen. Das muss man prüfen und überlegen.
Ich gestatte keine Zwischenfrage. – Es geht darum, die großen Projekte in integrierten Standorten festzulegen. Schließlich wollen wir gleichwertige Entwicklungschancen von ländlichen Räumen und Verdichtungsräumen sicherstellen. Wir sehen auch, dass das, was sich an Abschöpfungsquoten für die Sicherung der Innenstädte bei Oberzentren und in den Ballungsräumen eignet, Probleme macht, wenn wir das für die Unterzentren und für die Mittelzentren so fortschrieben. Aus diesem Grunde müssen wir Sonderregelungen finden. Dies wurde durch die Anhörung deutlicher zum Ausdruck gebracht, als wir es vorher gesehen haben.
Dies alles – ich könnte noch eine Reihe weiterer Aspekte nennen – macht deutlich, dass wir unserer Verantwortung nicht gerecht würden, wenn wir heute nur unseren Beschluss von 1990 bekräftigten. Wir müssen neuen Herausforderungen, das heißt, dem gerecht werden, was die Kommunalpolitik, die mittelständische Wirtschaft im Handel, eine veränderte Wettbewerbslage und eine
Ich habe Ihnen doch auch zugehört, was schwer genug war. Bitte lassen Sie mich meinen Gedankengang zu Ende führen. Es ist schwierig – wie dargestellt – und erfordert ein ernsthaftes Ringen, kein dummes Gequatsche, am Ende ein ausgeglichenes, alle Betroffenen weitgehend befriedigendes Ergebnis zu erreichen, das auch die Ziele, die ich eingangs erwähnt habe, sichert.
Sind es keine taktischen Spielereien, wenn Sie uns einen Antrag aus dem Jahr 1998 vorführen? Ich habe sogar gehört, einige von Ihnen seien so dumm gewesen zu meinen, wir merkten es nicht, dass Sie unseren Antrag abgeschrieben haben. Für so blöd brauchen Sie niemanden zu halten, außer diejenigen, die Sie vielleicht sonst treffen.
Taktische Spielereien helfen nicht weiter. Sie zeigen, dass es Ihnen nicht ernsthaft um die Anliegen der Betroffenen geht, sonst würden Sie sich nicht auf solche Geschichten einlassen.
Deshalb lehnen wir den von Ihnen aus taktischen Gründen eingereichten Dringlichkeitsantrag auf der Grundlage der Beschlusslage des Landtags und eines Antrags der CSU ab. Die in unserem Beschluss 1998 formulierten Inhalte bleiben glaubwürdiger, wenn sie weiterhin unter dem Namen der CSU firmieren, anstatt von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nur für ein politisches Possenspiel missbraucht zu werden.
Auch der Antrag der SPD ist kein ehrliches Spiel. Sie fordern eine Anhörung, der wir zugestimmt haben und die wir aktiv mitgestalten. Sie erwarten, dass die Ergebnisse der Anhörung in den politischen Willensbildungsprozess eingehen und dort Berücksichtigung finden; dies wollen auch wir. Aber Sie wollen heute eine Vorfestlegung.
Wie die Abschöpfungsquoten am Ende des laufenden Entscheidungsprozesses aussehen, hängt davon ab, wie den unterschiedlichen Wünschen und Anregungen der abgeschlossenen Anhörung der Staatsregierung und denen, die noch aus der Landtagsanhörung zu
erwarten sind, begegnet wird. Die Quoten, die wir dann festlegen, hängen beispielsweise davon ab, ob der bisher geltende sozio-ökonomische Verflechtungsbereich beibehalten wird – wie in der Anhörung teilweise gewünscht – oder ob ein neuer Verflechtungsbereich des innerstädtischen Einzelhandels eingeführt wird, den das Entwicklungsministerium präferiert. Das bedarf gerade im Interesse des ländlichen Raums einer sorgfältige Abwägung, wie die Anhörung mittlerweile gezeigt hat. Da wollen wir kein Hopp oder Topp wie Sie, die Sie vielleicht glauben, damit der Staatsregierung eins ans Bein binden zu können.
Wir lehnen im derzeitigen Stadium einer ergebnisoffenen Beratung die Festlegung einer Abschöpfungsquote durch den Bayerischen Landtag, der Beschlussfasser der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms ist und Ihren Antrag ab, weil wir eine endgültige Entscheidung über Abschöpfungsquoten – ob 10%, 15% oder anderes – von den Ergebnissen der Anhörung und der Auswertung der Ergebnisse abhängig machen wollen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mein Gott, Herr Dinglreiter, welch leidenschaftliche Rede hätten Sie halten können, wenn Sie Argumente des Kollegen Traublinger übernommen hätten!
Ich habe kürzlich über die Parlamentsidentität, über die scheinbar schwindende Bedeutung der Legislative und dieses Bayerischen Landtags gelesen. Heute hätten Sie Gelegenheit zu beweisen, dass diese Parlamentsidentität nach wie vor gegeben ist, indem Sie das wahr machen, was notwendig ist, nämlich, dass nicht das Kabinett, sondern das Parlament über grundlegende Veränderungen in unserer Gesellschaft entscheidet.
Nun habe ich vom Kollegen Dinglreiter gehört, der Antrag der CSU bzw. der Staatsregierung sei völlig falsch verstanden worden und viele Leute liefen blind durch das Land. Danach wäre auch Kollege Traublinger ein Blinder. Er läuft nämlich durchs Land und sagt: Was die Staatsregierung gemacht hat, ist nicht gut. Ein zweiter Blinder wäre dann der IHK-Präsident, der sagt, es seien Existenzen bedroht. Eine weitere Blinde wäre dann eine sehr bekannte Kollegin von Ihnen, nämlich Dagmar Wöhrl, die als Präsidentin des Landesverbandes der Mittel- und Großbetriebe sagt, sie sei entsetzt über diese Entscheidung. Der Städtetag sagt, das sei ein Nackenschlag für Handwerk und Einzelhandel. Das sind also offenbar auch lauter Blinde. Der Einzelhandelsver
band spricht davon, dass die Staatsregierung eingeknickt sei. Da fragt man sich doch: Vor wem ist sie denn eingeknickt? Denn das Parlament hat ja nicht gesagt, es müsse etwas verändert werden, und der Einzelhandel, die Mittelstands-Union und andere haben es auch nicht gesagt. Der Einzelhandelsverband gibt in seinen Nachrichten auch die Antwort auf diese Frage: Sie sind eingeknickt vor amerikanischen oder anderen Investoren.
Ich möchte das nicht bewerten, sondern nur eines sagen: Kollege Dinglreiter hat völlig Recht: zuerst denken und dann handeln. Was die SPD beantragt hat und dem Sie jetzt zustimmen, dass wir nämlich zuerst eine Anhörung durchführen und dann zu Entscheidungen kommen, ist hier offensichtlich Konsens. Aber was macht die Staatsregierung? Sie handelt zuerst, ohne zu denken und ohne sich mit dem Parlament zu beraten.
Wir versuchen, Ihnen eine Brücke zu bauen, sodass wir wertfrei, neutral, diskutieren können und nicht mit einem Kabinettsbeschluss im Hintergrund, durch den die CSU als Mehrheitsfraktion faktisch schon gebunden ist. Um eine gewisse Neutralität gegenüber der Staatsregierung herzustellen, ist es notwendig, dass das Haus heute sagt: Dieser Beschluss der Staatsregierung muss aufgehoben und die Regierung von Oberbayern muss angewiesen werden, ihn nicht weiter zu bearbeiten. Dazu können Sie doch Ja sagen. Das ist doch die Grundlage, um zu Entscheidungen zu kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der erste Teil Ihres Antrages beinhaltet das, was wir alle fordern, nämlich den Schutz von Strukturen. Der zweite Teil ist allerdings kontraproduktiv, weil er schon vor der Anhörung Fakten schafft, die zu Aufweichungstendenzen führen können.
Die CSU behauptet ja immer, sich für Brauchtum und Mittelstand besonders einzusetzen. Zum Brauchtum gehört allerdings auch die Erhaltung der bayerischen Wirtshauskultur.
Dazu ist mir sofort der Sündenfall McDonald’s eingefallen. Wenn es um andere Interessen geht, dann werfen Sie alles über Bord, übrigens auch beim Dosenpfand. Erinnern Sie sich, welch blumige Reden Sie hier gehalten haben und wie Sie dann eingeknickt sind?
(Dinglreiter (CSU): Gibt es denn so einen Blödsinn? Das ist aber billig! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)