zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (Drucksache 14/7329)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bei diesem Gesetzentwurf geht es darum, dass der Freistaat Gastschulbeiträge für Kinder von Asylbewerbern leisten muss, über deren Asylantrag nicht oder noch nicht bestandskräftig entschieden ist. Bisher wurden diese Kosten alleine oder hauptsächlich von den Kommunen bezahlt. Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu. Das ist auch schon bei den Diskussio
nen des federführenden Bildungsausschusses deutlich geworden. Wir hoffen, dass damit bald eine längst fällige gesetzliche Grundlage entsteht.
So weit, so gut, könnte man sagen und zur Tagesordnung übergehen, wenn diese Angelegenheit nicht erst jetzt, sondern schon vor fünf Jahren erledigt worden wäre. Das ist das eigentlich Ungeheuere an dieser Geschichte. Schon im Mai 1996 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof höchst richterlich gegen den Freistaat und zugunsten der Kommunen entschieden. Damals ging es um eine Klage der Stadt Nürnberg wegen der Erstattung von Leistungen für die Beschulung von Asylbewerberkindern. Mit Urteil vom 29. Mai 1996 – das liegt jetzt, wie ich schon gesagt habe, fünfeinhalb Jahre zurück – wurde der Freistaat verpflichtet und verurteilt, der Stadt Nürnberg und damit natürlich auch allen anderen Kommunen die Kosten für die Beschulung von Asylbewerberkindern zu erstatten.
Mit Urteil vom 01.12.1997 schloss sich das Verwaltungsgericht München dieser Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes an und verurteilte den Freistaat Bayern erneut zu Erstattungsleistungen. Dem hiergegen eingelegten Antrag auf Zulassung der Berufung gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 31. Juli 1987 nicht statt.
Man muss sich vorstellen, seit 1996 machten viele Gemeinden und Schulverbände Ansprüche auf rückwirkende Erstattung von Leistungen geltend. Diese Forderungen wurden aber leider nicht erfüllt. Stattdessen kam es zunächst zu einem Stillhalteabkommen zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und dem Staat. Die Erstattung wurde immer wieder verzögert.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, wie prekär die finanzielle Lage vieler Kommunen ist. Ich möchte es auch hier betonen: Der alte Streit, wer für diese Lage verantwortlich ist, der Bund oder das Land, hilft den Kommunen überhaupt nicht weiter.
Wir sind hier im bayerischen Parlament. Hier interessiert uns in erster Linie die Frage, wie der Freistaat mit seinen Kommunen umgeht.
Meine Damen und Herren, hier muss schon erwähnt werden, dass in keinem anderen Bundesland das Verhältnis zwischen Staats- und Kommunalschulden so zu ungunsten der Kommunen ausfällt wie in Bayern.
Ich möchte es mit Zahlen verdeutlichen. Während in den letzten zehn Jahren die Schulden des Freistaates um 17% stiegen, wuchsen die der Kommunen um 57%.
den Bayerischen Finanzminister erinnern, mit welchem Forderungen zum kommunalen Finanzausgleich 2002 aufgestellt werden. Dort heißt es – ich zitiere:
Mit Bedauern stellen wir fest, dass die Ausgangslage der kommunalen Seite im Vergleich zum Freistaat Bayern wesentlich ungünstiger ist. Immer neue bzw. erweiterte Aufgaben und Leistungsverpflichtungen an die Adresse der Kommunen im Bereich der Schulen wie auch der Sozialhilfe und der Jugendhilfe ohne adäquate Finanzhilfen sind die Ursache für diese Entwicklung.
Wie groß sind nun die Schulden des Freistaats in diesem Bereich bei den Kommunen? Wie groß ist der Schaden, der den Kommunen entstanden ist? Die genauen Zahlen können von mir nicht ermittelt werden. Wir können aber davon ausgehen, dass der Freistaat allein in diesem Bereich von 1994 bis 2001 den Kommunen immer noch 50 bis 60 Millionen DM schuldet. Angesichts der katastrophalen Situation vieler Kommunen ist es mir unverständlich, dass die Staatsregierung ein weiteres Mal versucht, ihren Staatshaushalt auf Kosten der Kommunen zu entlasten. Jeder Privatmann muss seine Schulden zahlen, wenn er einen Prozess verloren hat, nur der Freistaat drückt sich hier. Das kann man nicht hinnehmen.
Der Bürgermeister der Stadt Erlenbach, der sich in dieser Angelegenheit an das Kultusministerium gewandt hat, drückt sich so aus: „Wir erlauben uns, die Frage in den Raum zu stellen, wie sich der Freistaat uns gegenüber verhalten würde, wenn höchstrichterlich festgelegte Zahlungsverpflichtungen unsererseits nicht erfüllt würden. Die geschilderte Situation ist absolut nicht tragbar und entbehrt jeglicher Vorbildfunktion.“ Dieser Aussage kann ich nur zustimmen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass erst jetzt, fünf Jahre nach dem Gerichtsverfahren zu Ungunsten der Staatsregierung, etwas gemacht wird. Erst durch einen Antrag der SPD wurde die Sache mit dem Titel „Erstattung des Schulaufwands von Asylbewerbern“ beschleunigt.
Im Zusammenhang mit dem Zeitfaktor ist ein Briefwechsel zwischen dem Abgeordneten Dr. Kaiser und Frau Staatsministerin Hohlmeier interessant. Wir sollten nun etwas auf die Daten achten: Der Brief ging im Januar an das Kultusministerium. Die Antwort darauf erfolgte im Dezember des gleichen Jahres. In diesem Antwortschreiben an den Kollegen Dr. Kaiser heißt es, dass „in wenigen Tagen das Staatsministerium unter anderem auch die Grundlagen für ein rechtlich abgesichertes Verfahren verfügen werde, um die geltend gemachten Erstattungsansprüche der Kommunen abzuwickeln“. In wenigen Tagen; raten Sie, wann dieses Schreiben verfasst wurde – am 23. Dezember 1999. Noch einmal: Im Januar 1999 erging das Schreiben des Abgeordneten Dr. Kaiser an das Kultusministerium. Im Dezember 1999 kam die Antwort, worin es heißt, in wenigen Tagen werde die Sache über die Bühne sein. Das war damals einen Tag vor Weihnachten. Aber die Kommunen warten
immer noch auf das Weihnachtsgeschenk. Ich glaube, langsam glauben sie nicht mehr an das Christkind oder an die CSU.
Hoffen wir, dass die Angelegenheit nun schnell über die Bühne geht und dass die Kommunen wenigstens in diesem Bereich Recht bekommen und finanziell etwas entlastet werden. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Rabenstein, ich war schon etwas verwundert darüber, dass Sie bei diesem Tagesordnungspunkt auf die allgemeine Situation der Kommunalfinanzen so sehr eingehen und diese so breit ansprechen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass diese Auseinandersetzung bei einem der nächsten Tagesordnungspunkte, etwa bei den Beratungen des Nachtragshaushalts, geführt wird. Ihre Behauptung, die Staatsregierung hätte fünf Jahre lang nicht gehandelt, trifft insofern nicht zu, weil das letzte Urteil erst vom 31.07.1998 datiert. Herr Kollege Dr. Rabenstein, es ging vor allem um die Frage – hierüber hat sich offensichtlich in den neunziger Jahren die Auffassung geändert –, ob Kinder von in Deutschland lebenden Asylbewerbern, deren Eltern noch keinen Status haben und nicht anerkannt sind, schulpflichtig sind oder nicht.
Nun wurde gerichtlich festgestellt, dass sie im Gegensatz zur bisherigen Auffassung als nicht schulpflichtig gelten. Deshalb sind vom Freistaat die Kosten an die Kommunen zu erstatten.
Dass Sie heute zu diesem Punkt das Wort ergreifen, hat mich auch deshalb etwas überrascht, weil wir uns im Ausschuss über das Verfahren völlig einig waren. Wir haben auch einen mit den Folgen des Gesetzentwurfes zusammenhängenden Antrag aus Ihrer Fraktion einstimmig verabschiedet und daher geglaubt, das Ganze sei nun auf einem guten und richtigen Weg.
Herr Kollege Dr. Rabenstein, ich will auf Ihre Ausführungen nicht vertieft eingehen. Aber wenn Sie die Verschuldung der bayerischen Kommunen ansprechen, gehört es auch dazu, deutlich zu machen, dass unsere Kommunen mit Blick auf die Verschuldung im bundesweiten Vergleich nach wie vor am unteren Tabellenende stehen.
Wenn wir den Schnitt der übrigen Bundesländer zugrunde legen und die freien Spitzen bei unseren Gemeinden auf Bayern hochrechnen, die sehr gut dastehen, haben wir immer noch einen Investitionsvorsprung von 3000 Millionen DM. Auch das gehört zur Wahrheit. Hinzu kommt, dass die Verschuldung der Kommunen unter der des Freistaates liegt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie nur auf Steigerungen abheben, müssen Sie auch sehen, wo das Ausgangsniveau zu suchen ist. Sie haben in den letzten Monaten geglaubt, Sie könnten uns in Bezug auf die Wachstumsprognosen etwas ans Bein binden.
Ich habe es gleich, Herr Dr. Rabenstein. Faktum ist, dass das Wachstum in Bayern in den letzten zehn Jahren um über 18% gestiegen ist. Erst im Abstand von drei oder vier Prozent folgen Hessen und dann erst Baden-Württemberg. Von den anderen Bundesländern ist in dieser Größenordnung nichts zu sehen. Nur Steigerungsraten anzuführen, ist etwa so, wie meinem 6-jährigen Buben das Taschengeld von 5 auf 5,50 DM zu erhöhen. Dann habe ich eine Steigerung von 10%. Wenn ich dagegen das Taschengeld meiner Tochter von 100 auf 105 DM erhöhe, habe ich natürlich eine geringere Steigerungsrate. Deswegen hinken die Vergleiche. Die Auseinandersetzung in den Detailfragen der Kommunalfinanzierung und Schlüsselzuweisung, die gerade von den Kollegen Strasser und Güller draußen geführt wird, werden wir bei den Beratungen zum Nachtragshaushalt nochmals aufgreifen. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/7329 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport auf Drucksache 14/8234 zugrunde. Der endberatende Ausschuss für Verfassungs-, Rechtsund Parlamentsfragen empfiehlt die Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/8234. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Dies sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist das so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Gegenstimmen gibt es keine. Dann ist der Gesetzentwurf so angenommen. Er trägt den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes“.
über den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik in der öffentlichen Verwaltung (IuK-Ge- setz – IuKG) (Drucksache 14/7483)
Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/7483 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes auf Drucksache 14/8226 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 eine neue Fassung erhält. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu, allerdings mit der Maßgabe weiterer Änderungen. Ich verweise insoweit auf Drucksache 14/8226.
Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Haus. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist so beschlossen.