Protocol of the Session on October 25, 2001

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sehen keinen Grund, diesen Weg zu unterstützen. Wir lehnen den Entwurf des Lebenspartnerschaftsdurchführungsgesetzes, in dem die Eintragung bei den Notaren vorgesehen ist, ab. Wir werden stattdessen dem SPD-Entwurf zustimmen. Wir haben im letzten Jahr mit einem Antrag gefordert, die Vorbereitung für die standesamtlichen Eintragungen anzugehen. Sie haben das abgelehnt. Wir wären heute schon viel weiter. Ich bin froh, dass die SPD mit ihrem Antrag noch einmal auf die standesamtliche Eintragung eingeht.

Mit Ihrem Gesetzentwurf schaffen Sie Verwirrung. Sie erzeugen damit sehr wohl neue Rechtsstreitigkeiten, denn ich kann mir durchaus noch einige Auseinandersetzungen vor Gericht über die Frage vorstellen, ob Notare Behörden sind oder nicht. Behörden im Sinne des Bundesgesetzgebers sind Einrichtungen, die mittelbare und unmittelbare Staatsgewalt ausüben können. Das ist bei den Notaren ganz sicher nicht der Fall. Ich verstehe Ihr Problem nicht. Sie verlangen, dass zwischen der Ehe und der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ein Abstandsgebot eingehalten werden soll. Das verlangt die Verfassung. Das ist auch richtig so. Ich kann jedoch nicht erkennen, dass diesem Abstandsgebot Genüge geleistet wird, nur weil Sie eine Eintragung bei Notaren vorsehen. Umfang und Grenzen des Abstandsgebots werden vom Verfassungsgericht erst noch festgelegt. Deshalb hätten Sie sich diese Regelung sparen können. Meine Damen und Herren, wir sind Zeugen des vorerst letzten Aktes eines bayerischen Trauerspiels;

denn während in anderen Bundesländern schon seit Monaten gefeiert wird, weil zusammengefügt wird, was zusammengehört – –

(Lachen des Abgeordneten Freiherr von Rotenhan)

Wenn sich zwei Menschen lieben, sollte man ihnen keine Knüppel zwischen die Beine werfen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man sollte vielmehr akzeptieren, dass es so ist. In Bayern wird dagegen überlegt, wie bundesgesetzliche Regelungen am besten unterlaufen werden können. Dies geht auf Kosten von hunderten Betroffenen. Sie versuchen, der Bundesregierung eins auszuwischen und verweigern nach wie vor die Zusammenarbeit im Bundesrat. Nur aus diesem Grunde mussten wir zu dieser Lösung greifen. Wir haben auf Bundesebene keine Behörde per Gesetz festgelegt, weil Sie ganz klar signalisiert haben, dass Sie eine Standesamtslösung niemals mittragen würden. Uns blieb also nichts anderes übrig, als den Behördenbegriff auszunehmen und die Regelung dieser Frage den Ländern zu überlassen. Nun werfen Sie uns das vor, nachdem Sie sich verweigert haben. Das kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In einem Punkt werden Sie mit uns zusammenarbeiten müssen, nämlich bei der Änderung des Melderechtsrahmengesetzes. In diesem Punkt haben Sie eine kleine Niederlage einstecken müssen. Das Melderechtsrahmengesetz ist vom Bundesrat auszufüllen. Dabei werden Sie eine Position einnehmen müssen. In jedem Falle werden Sie mit dieser Form negativer Profilierung in Bayern immer mehr ins politische und gesellschaftliche Abseits geraten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe bei der CSU)

Sie befinden sich in diesem Punkt auf dem gesellschaftlichen Abstellgleis.

(Hofmann (CSU): Sie haben keine Ahnung!)

Die Wirklichkeit in der Gesellschaft ist eine völlig andere. Das erleben wir jeden Tag aufs Neue. Herr Kollege Hofmann, ich würde eher behaupten, dass Sie keine Ahnung haben. Wir können uns darüber auf der Heimfahrt im Zug unterhalten. Fahren Sie auch um 18.30 Uhr?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kam, wie es kommen musste. Die Zeit war für dieses Gesetz einfach reif. Deshalb und weil sich die Gesellschaft fortentwickelt hat, ist Ihr Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Der Versuch, das Gesetz vorläufig zu stoppen, hat Ihnen nichts gebracht. Sie haben in der Diskussion dauernd auf das abweichende Votum von drei Richtern hingewiesen. Ich sage

Ihnen: Mehrheit ist Mehrheit. Es wird Zeit, dass Sie das akzeptieren, auch wenn Sie versuchen, das Lebenspartnerschaftsgesetz mit einem Extragesetz zu torpedieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich noch gut an die Verrenkungen, die Sie von der konservativen Seite dieses Hauses vor dem Gericht vorgeführt haben. Teilweise war das schon ein bisschen lächerlich. Ich denke besonders an einen Kollegen aus Thüringen, dessen Namen ich nicht nennen möchte. Vielleicht hat dieser Mann beruflich noch etwas vor. Ich möchte ihm schließlich keine Steine in den Weg legen. Dieser Kollege hat ein derart düsteres Bild von Deutschlands Zukunft gemalt, nur weil sich zwei Menschen, die sich lieben und zufällig das gleiche Geschlecht haben, zusammentun wollen.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Wir sind halt dagegen! Nehmen Sie das einfach zur Kenntnis!)

Ich möchte gern darüber reden, weil Ihre Einstellung ein bisschen komisch ist. Dieser Kollege sagte vor dem Bundesverfassungsgericht ungefähr Folgendes: „Wo kämen wir denn da hin? Man müsste ja den Sexualkundeunterricht ändern, wenn es in Zukunft zulässig wäre, dass zwei gleichgeschlechtliche Menschen zusammenleben“.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich habe in diesem Moment die Richter bewundert. Sie haben keine Miene verzogen, während sich der Saal vor Lachen bog. Ich erspare Ihnen Spekulationen darüber, was der thüringische Kollege gemeint haben könnte. Ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir nicht mehr in den unsäglichen Zeiten des Dritten Reiches leben, als Menschen, die homosexuell waren, im KZ gelandet sind. Ich glaube, dass Sie diese Meinung teilen. Wir sind auch froh – ich beziehe Ihre Seite hier mit ein –, dass Homosexualität nicht mehr, wie das noch zu Zeiten von Adenauer der Fall war, strafbar ist. Ich kenne Menschen, die deswegen noch im Gefängnis gesessen haben.

In einigen Teilen der Welt sind wir glücklicherweise so weit, dass wir das offen akzeptieren können. Zum Beispiel haben sich in der Übergangszeit August und September, als das Partnerschaftsgesetz noch nicht in Kraft getreten war, im Rahmen von Übergangslösungen bei den Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen 318 Paare eingetragen. Im Oktober, als die standesamtliche Eintragung möglich war, gab es einen erneuten Boom. Es ist also durchaus ein Bedürfnis vorhanden, sich zueinander zu bekennen. Warum sollte ich dies verhindern? Auch in Stuttgart haben sich im kurzen Zeitraum von sechs Wochen 60 Paare eintragen lassen.

Zum Knackpunkt der Auseinandersetzung. Warum wollen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf partout die Eintragung bei den Notaren? Sie schaffen bundesweit ein ZweiKlassen-System von Eintragungen und ein rechtliches Durcheinander. Wir haben das Problem bzw. die Frage bereits gehabt, ob diejenigen, die sich in Hamburg

haben eintragen lassen, auch hier anerkannt werden; dies musste erst geprüft werden. Die Prüfung brachte Gott sei Dank ein positives Ergebnis. Wir haben das Problem, dass hier in Bayern Menschen, die sich eintragen lassen, lediglich Vertragspartner sind, während sie im restlichen Deutschland gesellschaftlich und staatlicherseits gewürdigt sind.

Sie schaffen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, weil alle Paare, die sich beim Notar eintragen lassen müssen, auch beim Standesamt zu melden sind. Sie bewegen sich rechtlich auf dünnem Eis, wenn Sie en passant einen Notar zu einer Behörde im Sinne des Bundesgesetzgebers erklären. Ich fand das Schreiben der Landesnotarkammer auf unsere Frage, wie sie zur rechtlichen Bewertung stehe, etwas mager. Anscheinend haben Sie sich mit der Landesnotarkammer abgesprochen. Das Justizministerium meinte bloß, der Behördenbegriff sei von Seiten des Bundesgesetzgebers nicht so ernst zu nehmen und ein rein funktionaler Begriff, damit sei keine materielle Behörde gemeint. Wir teilen diese Meinung natürlich nicht, sondern sind der Auffassung, dass hier wirklich Behörden gemeint waren, die Teil der mittelbaren oder unmittelbaren Staatsverwaltung sind, wie ich anfangs schon gesagt habe. Ich bin gespannt, ob es diesbezüglich Klagen geben wird.

Schließlich schaffen Sie mit Ihrer Weigerung, nur die Eintragung auf dem Standesamt zuzulassen, keine Verbesserung für die Situation von Familien und Paaren mit Kindern. Denn in der Vergangenheit war Ihr Hauptgrund dafür, dass Sie die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft und die Eintragung beim Standesamt abgelehnt haben, dass damit gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie verstoßen würde. Ich frage mich aber, ob Sie durch das Verhindern dieser Eintragung den Paaren mit Kindern wirklich gedient haben. Ich kann das nicht erkennen. Unseres Erachtens hat Familienpolitik etwas mit aktiver Förderung, nicht jedoch mit Verhinderungspolitik gegenüber einem nicht unbeträchtlichen Teil der bayerischen Bevölkerung zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass man ein gewisses Abstandsgebot wahren muss, ist uns durchaus bewusst. Wir sind aber auch der Auffassung, dass es anders zu bewerkstelligen ist. Weil sich meine Vorredner so kurz gefasst haben, lasse ich eine Reihe von Ausführungen aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Frau Abgeordneten Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abgeordneten Dr. Bernhard (CSU))

Herr Dr. Bernhard, Sie brauchen nichts zu beschwichtigen, dies ist gefährlich und führt eher zum Gegenteil. Wir haben uns schon einmal über Ihre verstaubte und altmodische Auffassung über die Ehe unterhalten. Sie hat ihre Wurzeln in der Weimarer Zeit, wonach die Ehe geschützt werden muss, weil sie möglicherweise der Vermehrung der Nation dient. Wenn ich mich jedoch in meinem Bekanntenkreis umsehe, ist es mit der Vermehrung zu diesem Zweck nicht weit her. Da vermehrt man sich aus anderen Gründen, aber das mag bei Ihnen

anders sein; ich kann mir dies nicht besonders lustvoll vorstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Regelung wird von der Gesellschaft begrüßt, weil gleichgeschlechtliche Paare zueinander stehen. Letzte Woche habe ich dafür ein schönes Beispiel erfahren: Ein Paar ist zusammen mit dem ganzen Betrieb nach Hamburg gefahren, weil es hier leider noch nicht möglich war. Das muss ein sehr nettes Fest gewesen sein.

Sie spielen die beleidigte Leberwurst, weil Sie die Klage verloren haben und überlegen, was man noch basteln kann, damit es nicht zu arg wird. Ihr Verhalten wirkt miesepetrig.

Wir fordern, dass Sie gleichgeschlechtlichen Paaren dieselben Bedingungen wie anderen Paaren und die gleiche Zeremonie zubilligen, ohne zusätzliche Kosten zu verlangen. Setzen Sie, wenn es bei der Notarseintragung bleibt, wenigstens diese sehr schnell um. Sie soll am 01.11. in Kraft treten, muss aber noch im Gesetzesund Verordnungsblatt veröffentlicht werden, damit sie wirksam wird. Hierüber gab es aus dem Landtagsamt widersprüchliche Aussagen; denn einerseits wurde uns gesagt, es gehe sehr schnell, andererseits hat die Pressestelle des Justizministeriums abgewunken und gemeint, dass dauere mindestens bis 01.12. Ich kenne jedoch bereits zehn Paare, die sich gerne bereits am 02.11. eintragen lassen wollen. Wenn Sie das Verfahren ein bisschen beschleunigen, könnten Sie zu ganz netten Feiern eingeladen werden. Dann wünsche ich Ihnen dort viel Spass.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Um das Wort hat der Herr Staatsminister der Justiz Dr. Manfred Weiß gebeten.

Herr Präsident, Hohes Haus! Sie haben gemerkt, dass die Debatte um einiges ruhiger geworden ist. Auch manche Befindlichkeit ist inzwischen zurückgeschraubt worden. Ich darf für die Bayerische Staatsregierung nochmals feststellen, dass wir das Bundesgesetz für verfassungswidrig halten. Daher haben wir das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen, und wir werden weiter darauf bestehen, dass in der Hauptsache entschieden wird. Da unserem Antrag auf einstweilige Anordnung noch nicht stattgegeben wurde, setzen wir das Gesetz um. Man wird uns zugestehen können, dass wir dies so schnell wie möglich gemacht haben. Es wird sicher ein absoluter Ausnahmefall sein, dass innerhalb einer Woche ein beratungsreifer Gesetzentwurf erstellt und beim Parlament eingereicht wurde.

Wir führen das Gesetz aus. Sie haben richtig gesagt: Wir können nur entscheiden, weil man auf Bundesebene nicht in der Lage war, eine Regelung zu treffen, für die

man die entsprechende Mehrheit gefunden hätte. Sie haben gesagt, darum hätte man es uns überlassen, die zuständige Behörde zu bestimmen. Und wenn man uns dies überlässt, muss man uns wohl auch zugestehen, dass wir die Entscheidung treffen, die wir für richtig und fachgerecht halten und nicht die Entscheidung nachvollziehen, die sie getroffen hätten, wenn sie die entsprechende Mehrheit erbracht hätten.

Ich bedanke mich bei den Notaren und bei der bayerischen Notarkammer dafür, dass sie bereit sind, diese Aufgaben zu übernehmen, dass sie das Register entsprechend führen und bereit waren, bei der Erstellung des Gesetzentwurfs mitzuarbeiten. Dadurch haben wir sicher ein Gesetz auf den Weg gebracht, das rechtlich sinnvoll und juristisch einwandfrei ist. Sie haben nach dem Zeitpunkt der Umsetzung gefragt. Genauso wie die Dauer der Debatte Sache des Parlaments war, werden wir die Veröffentlichung umgehend einleiten. Von unserer Seite wird – genauso wie vorher – mit Sicherheit nichts verzögert werden. Wir haben unsere Aufgaben gegenüber dem Bundesgesetzgeber und dem Bundesverfassungsgericht erfüllt. Insofern brauchen wir nicht von Diskriminierung zu reden. Die Regelung bei den Notaren ist die fachgerechtere und bessere Lösung. Sie drückt das aus, was wir verdeutlichen wollten, nämlich gewisse Unterschiede zur Ehe.

(Beifall bei der CSU)

Um das Wort hat Herr Kollege von Rotenhan gebeten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mich spontan zu Wort gemeldet habe. Auf die Gefahr hin, dass Sie nun lachen, möchte ich sagen, dass mir die Sache sehr ernst ist. Gerade die GRÜNEN erwarten von uns große Toleranz, zum Beispiel wenn es um Religionsgemeinschaften geht, die ursprünglich nicht bei uns waren, aber zu uns gekommen sind.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, warum ich grundsätzlich gegen dieses Gesetz bin.

Es hat etwas mit meiner christlichen Lebenseinstellung zu tun.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind Schwule keine Christen?)

Ich will Ihnen hier keinen Religionsunterricht geben. Aber die Heilige Schrift enthält ganz klare Ausführungen zu dem, worüber wir heute reden. Frau Stahl sagt unter Verhöhnung eines Wortes von Willy Brandt, hier wird zusammengeführt, was zusammengehört.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ein Bibelwort!)