Länder wie Italien, Frankreich oder Großbritannien haben im Gegensatz zu Deutschland eben nicht einen Teil ihrer Republik neu aufbauen müssen. Insofern ist es sogar noch eine sehr gute Leistung, wenn unser Wachstum nur unmerklich unter dem Wachstum dieser Länder liegt.
Mein Fazit: Die kleine Konjunkturdelle, welche wir im Moment erleben und welche bis zum Herbst ausgeglichen sein wird,
Diese Schere öffnet sich immer weiter zulasten dieser Regionen, die bisher benachteiligt sind. Es ist höchste Zeit, dass wir hier umsteuern. Ich bin erstaunt, dass von Ihrer Seite dazu nichts kommt. Es fällt Ihnen nicht auf, dass Regionen, zum Beispiel gegenüber München, seit Jahren ständig abfallen und weiterhin abfallen. Die Schere klafft immer weiter auseinander.
Herr Dr. Wiesheu, Sie haben hier heute markige Sprüche geklopft. Setzen Sie das, was Sie heute gesagt haben, endlich auch draußen um, auf dem flachen Land. Dann können wir eine Einigung erzielen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Lassen Sie mich zunächst mit ein paar Missverständnissen aufräumen, die sich auf Seiten der Opposition eingeschlichen haben. Ich möchte auf die Redebeiträge der Kollegen Schläger, Dr. Kaiser und Dr. Runge eingehen, damit hier in diesem Hohen Haus kein Missverständnis entsteht.
Man muss Ihnen, auf Seiten der Opposition, einmal klar machen, dass Sie in der Wirklichkeit angekommen sind. Der Unterschied zwischen Sein und Schein hat Sie eingeholt. Herr Kollege Dr. Kaiser, bei aller Freundschaft und bei allem Verständnis: Sie haben sich vorhin über den Ausdruck des Herrn Wirtschaftsministers echauffiert. Ich frage Sie allen Ernstes: Welches Bundesministerium leistet in Berlin heute noch konstruktive Arbeit? Die einzige Abteilung, die dort funktioniert, ist das Bundespresseamt. Die Abteilung Presse- und Öffentlich
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD – Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie sind nur neidisch!)
Ihr Bundeskanzler hält nur Schönwetterreden. Er ist nicht in der Lage, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Was das Thema Arbeitslosigkeit und andere Themen anbelangt, ist die Bundesregierung längst gefordert.
Die Lage, in der wir sind, liebe Damen und Herren von der Opposition, kann man sehr deutlich erkennen und formulieren: Bei Ihnen steigt die Arbeitslosigkeit, bei Ihnen steigt die Zahl der Insolvenzen, und es steigt die Inflation. Der Wert des Euro sinkt, das Wirtschaftswachstum und die Binnennachfrage gehen zurück. Ihr Bundeskanzler stellt sich immer hin und sagt: Der Aufbau Ost ist Chefsache. Die Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern liegt zwischen 16 und 17%.
Da reicht es nicht, Verwandte in den neuen Bundesländern zu besuchen. Da ist konstruktive Arbeit gefordert.
Nein. Beim Thema Euro werden Ihre Genossen nicht müde, zu sagen: Liebe CSU, liebe Union, den Euro hat doch nicht Bundeskanzler Schröder eingeführt, eingeführt haben ihn Kohl und Waigel.
Eingeführt haben den Euro Kohl und Waigel. Aber das war zu einer Zeit, als Sie den Bayerischen Ministerpräsidenten und den ehemaligen Finanzminister Theo Waigel als Drei-Prozent-Fetischisten bezeichnet haben, als wir auf den Stabilitätspakt beim Euro gepocht haben.
Unter der rot-grünen Bundesregierung hat der Euro 30% an Wert verloren. Damit vernichten Sie gespartes Kapital und Wirtschaftswachstum.
Die Volkswirtschaft in diesem Land hat Ludwig Erhard sehr viel zu verdanken. Er hat gesagt: Wirtschaft, Börse, Kapitalmarkt sind mit Psychologie verbunden, ist zum Teil bauch- und herzgesteuert. Er hat nie gesagt, dass man mit dem Erwecken von Anschein Wirtschaftspolitik machen kann. Er hat gesagt: Wir brauchen Markt, wir
brauchen Wettbewerb, wir brauchen soziale Gerechtigkeit und Subsidiarität und vieles Andere mehr. All das sind Dinge, die Sie im Moment mit Füßen treten.
Es wäre gut, wenn Sie sich an Ludwig Erhard und an seine Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft erinnern würden.
Ich komme jetzt auf einige Ursachen dafür zu sprechen, warum die Lage so ist. Herr Dr. Kaiser, Kollege Schläger, ich will gar nicht auf die Ihrer Meinung nach besonders benachteiligten Gebiete eingehen. Das wird nach mir Kollege Müller tun. Gestatten Sie mir aber die Anmerkung: Sie hätten wahrscheinlich laut aufgeschrieen, wenn sich der Bayerische Ministerpräsident bei der Standortentscheidung mit dem Vorstand der BMW AG angelegt hätte. Sie hätten wahrscheinlich als Erste an die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft erinnert und gesagt: Das ist Einflussnahme der Politik auf Standortentscheidungen.
Lassen Sie mich noch auf ein paar Punkte zu sprechen kommen, die sehr interessant sind. Ich nenne das Stichwort Steuerpolitik. Dass es eine sozialdemokratische Partei fertig bringt, eine solche Steuerreform auf den Weg zu bringen, ist unglaublich.
Von Ihnen, Herr Dr. Runge, hätte ich erwartet, dass Sie sich an die Vehemenz und die Leidenschaft erinnern, mit der Ihre Kollegin Christine Scheel, Ihre Haushalts- und Finanzexpertin, in Berlin dafür gekämpft hat, dass diese Steuerreform nicht so mittelstandsfeindlich wird, wie sie jetzt ist. Sie haben Frau Scheel im Stich gelassen. Obwohl Sie sich in Ihrer Partei immer für den Tierschutz einsetzen, haben Sie auch diese Kröte geschluckt. In der Steuerpolitik wird der Mittelstand massiv benachteiligt.
Liebe Damen und Herren von der SPD, Ihr Bundeskanzler wird sonst nicht müde, frohe Botschaften unter das Volk zu bringen und zu verbreiten. Ich sage: Mit einer verfaulten Banane schafft er es, einen florierenden Obsthandel aufzumachen.
Diese Steuerreform war keine frohe Botschaft. Darum hat er sie auch nicht selbst verkündet. Er sucht sich dafür Protagonisten.
Wir alle hätten erwartet, dass Sie bei den Protagonisten für diese Steuerreform an die Krankenschwester, an den Fließbandarbeiter bei VW, an den Handwerksmeister gedacht hätten.
Wissen Sie, was der Bundesfinanzminister macht? Er wirbt in ganzseitigen Anzeigen im „Spiegel“ und in anderen Magazinen mit den Worten für diese Steuerreform: „Die Steuerreform 2000 ist ein echter Meilenstein“.
Als Protagonisten sucht er sich Herrn Dr. Wendelin Wiedeking, den Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG.
Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie eine Steuerreform vorlegen, zu der auch der kleine Mann sagt: Das ist eine gute Steuerreform für den kleinen Mann und für die breite Masse der Bevölkerung.