Franz Josef Pschierer
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Herr Präsident, Hohes Haus! Lassen Sie mich zunächst mit einem Missverständnis aufräumen, das die Kollegen Maget und Güller in die Debatte eingeführt haben und das die Informationspolitik der Bayerischen Staatsregierung und das Einbinden der Oppositionsabgeordneten angeht.
Wir diskutieren heute über den Bundesverkehrswegeplan. Vor 14 Tagen konnte ich in der „Augsburger Allgemeinen“ lesen, dass der SPD-Landtagsabgeordnete Herbert Müller – heute ist er nicht hier – verkünden lässt: SPD-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der schwäbischen SPD Herbert Müller war in Berlin. Dort wurden ihm in Sachen A 96 gute Nachrichten mitgegeben, die nun spruchreif seien, so Herbert Müller gegenüber der „AA“. Die A 96 könne gebaut werden und sei im neuen Bundesverkehrswegeplan mit dem Vermerk „vordringlich“ vermerkt und könne somit alsbald gebaut werden.
Ich hätte es begrüßt, wenn Sie dort auch die örtlichen CSU-Abgeordneten eingebunden hätten.
Es ist interessant, Sie spielen hier immer die beleidigten Leberwürste, wenn Sie etwas aus der Zeitung erfahren. In Wirklichkeit aber waren Sie selber zu schusselig, sich darum zu kümmern.
Ganz konkret aber noch einmal zu ein paar Argumenten, die Sie heute zu diesem Bundesverkehrswegeplan ins Feld geführt haben. Herr Güller, dieser Verkehrswegeplan wird deswegen den Interessen des Freistaates Bay
ern nicht gerecht, weil er mit keinem einzigen Jota auf die Zukunft ausgerichtet ist. Er geht überhaupt nicht ein auf die Osterweiterung und auf den Zugang zu den außerbayerischen Märkten in Norditalien, in der Schweiz und in Österreich. Die schwäbische und auch die bayerische SPD haben hier kläglich versagt, weil sie nicht in die Zukunft geblickt haben.
Sie wissen doch genauso gut wie wir, welche Zunahme an Güterverkehrsleistungen der Freistaat Bayern zu erwarten hat und dass wir deswegen mehr gefordert sind als die anderen Bundesländer. Wir sind auch mehr gefordert als die anderen Flächenländer. Wir haben Gebiete, die an die tschechische Republik angrenzen, und wir brauchen die österreichischen, die Schweizer und die italienischen Märkte. Vergessen Sie bitte auch nicht, dass der Freistaat Bayern in der Bundesrepublik der Wachstumsmotor mit dem größten Wirtschaftswachstum ist. Deshalb braucht das Flächenland Freistaat Bayern eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, hören Sie mir bitte einmal kurz zu, damit Sie endlich mit Ihren Märchen über die Finanzierung der Bundesfernstraßen durch die alte Regierung Kohl/Waigel aufhören. In den Jahren 1990 bis 1998 ist mit völlig regulären Haushaltsmitteln im Bundesfernstraßenbau sehr viel passiert, sonst hätten wir die deutsche Wiedervereinigung verkehrspolitisch nicht bewältigen können. Sie dagegen kassieren beim Bürger nur ab, geben für die Straßen aber nichts aus. 3,4 Milliarden nehmen Sie aus der LKWMaut ein. Im Jahre 1999 haben Sie rund 4,3 Milliarden DM aus der Öko-Steuer eingenommen. Im laufenden Jahr 2003 wird diese rot-grüne Bundesregierung zirka 20 Milliarden DM an Öko-Steuer einnehmen. Sie haben den Leuten versprochen, dass damit die Rentenbeiträge gesenkt werden. Am 1. Januar haben wir es erlebt, dass die Rentenbeiträge in die Höhe gegangen sind, während im Bundesfernstraßenbau eklatant wenig passiert. Das ist Rosstäuscherei und Wählertäuschung, nichts mehr und nichts weniger!
Jetzt zu den Projekten, die Minister Beckstein angeführt hat. Denken Sie doch einmal mit! 450 Projekte hat der Freistaat Bayern angemeldet. 60 davon haben Sie selbst als indisponibel bezeichnet, also als wichtig und sehr vordringlich. 119 haben Sie in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen. 200 Projekte von den 450 verschieben Sie auf den Zeitraum nach 2015, und 70 Projekte tauchen gar nicht mehr auf.
Das Schlimmste ist aber Folgendes: Dieser Bundesverkehrswegeplan enthält 47,8 Milliarden e, also knapp 48 Milliarden. Davon entfallen auf den Freistaat 6,5 Milliarden e. In diese 6,5 Milliarden e ist allerdings schon das miteingerechnet, was seit 2001 verbaut worden ist. Sie stellen sich hierher und behaupten, Sie gäben dem Frei
staat Geld. Dabei handelt es sich allerdings teilweise um Geld, welches schon längst verbaut worden ist. Es sind konkret 580 Millionen DM. Deshalb erwarten wir von der bayerischen SPD, dass sie den bayerischen Interessen und den Zukunftsherausforderungen in der Verkehrspolitik des Freistaates Bayern gerecht wird. Dieser Bundesverkehrswegeplan ist für uns eine Mogelpackung. Er ist dramatisch unterfinanziert, und er benachteiligt Bayern in eklatanter Weise. Deshalb bitte ich Sie, den Dringlichkeitsantrag der SPD abzulehnen und dem der CSU zuzustimmen.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Herr Kollege Hartenstein, Herr Kollege Dr. Runge, wir von der CSU-Fraktion sind hilfsbereite Menschen. Deswegen helfen wir Ihnen, etwas durchzusetzen, was Sie ganz einfach durchsetzen könnten. Sie bräuchten gar keinen Antrag im Bayerischen Landtag, auch keine Bundesratsinitiative, sondern es würde ein guter Kontakt zu Bundesumweltminister Trittin genügen.
Herr Kollege Dr. Runge, wir in diesem Hause wollen wirklich nicht auf die Koalitionsvereinbarung zwischen Rot und Grün vertrauen, die inzwischen zum größten Teil außer Kraft gesetzt ist. Wir gehen nicht davon aus, dass das, was zu diesem Thema in den Koalitionsvereinbarungen steht, jemals Wirklichkeit wird.
Ich will noch kurz auf das ablehnende Votum im Wirtschaftsausschuss eingehen, das zum damaligen Zeitpunkt begründet war. Wenn Herr Kollege Hartenstein nicht die von ihm vorgetragene Ergänzung vorgenommen hätte, würden wir diesem Antrag heute auch nicht zustimmen. Die Berichterstattung im Wirtschaftsausschuss hat sich im Wesentlichen auf den Aspekt des Datenschutzes konzentriert. Es waren fast ausschließlich datenschutzrechtliche Gründe, die uns von der CSUFraktion zur Ablehnung bewogen haben. Gerade wenn in kleinräumigen Siedlungsstrukturen Standorte für Mobilfunkanlagen gesucht wurden, wurde oft Druck auf Bürger ausgeübt, die in Gesprächen mit der Telekom Standorte angeboten haben. Selbstverständlich sind wir dazu verpflichtet, auch die Interessen dieser Bürger zu schützen. Sie wissen selbst, dass es in Einzelfällen ein Kesseltreiben gegen Leute gab, die Grundstücke für Mobilfunkanlagen angeboten haben.
Herr Kollege Hartenstein, wir werden Ihrem Antrag in geänderter Fassung zustimmen. Die geänderte Fassung berücksichtigt datenschutzrechtliche Aspekte.
Herr Kollege Hartenstein, ich will eines noch deutlich herausstellen. Vom Landesamt für Umweltschutz, von
der Strahlenschutzkommission, von der Regulierungsbehörde und noch von vielen anderen Institutionen gibt es eine Vielzahl von Einrichtungen, die dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung bei Mobilfunkanlagen Rechnung tragen. Für mich ist eines interessant: dass in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung Grenzwerte vorgesehen sind. Die Strahlenschutzkommission hat noch im September 2001, also unter Rot-Grün, diese Grenzwerte bestätigt und übernommen. Ich bitte um eines: Wer hier im Bayerischen Landtag bestimmte Verschärfungen beim Thema Mobilfunk fordert, der soll auch in Berlin mit stolzgeschwellter Brust vor den Bundesumweltminister hintreten und dort dasselbe einfordern.
Herr Kollege Hartenstein, ich kann Sie in diesem Fall gar nicht mehr richtig in Haftung nehmen, weil Sie der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nicht mehr angehören. Es gab gute Gründe, warum Sie diese Fraktion verlassen haben.
Es ist erstaunlich, mit welcher Scheinheiligkeit die GRÜNEN durchs Land laufen. Sie haben eines der miesesten Versteigerungsverfahren – die Versteigerung der UMTSLizenzen – dazu genutzt, Ihre Kassen zu füllen, und haben den Kommunen kein Geld abgegeben. Sie wissen aber, dass diese Versteigerung der Lizenzen dazu führt, dass die Mobilfunkbetreiber dieses Geld wieder verdienen müssen. Sie können doch nicht so blauäugig sein, um nicht zu wissen, dass die Mobilfunkbetreiber ihre Netze ausbauen müssen, wenn sie über 100 Milliarden Mark für die Lizenzen bezahlt haben. Flächendeckender Ausbau bedeutet eben eine Vielzahl von Standorten. Deshalb bitte ich darum, ganz genau aufzupassen, wenn Rot-Grün hier auftritt und die CSU in die Verantwortung nehmen will.
Herr Kollege Hartenstein, wir stimmen Ihrem Vorschlag zu. Uns geht es einzig und allein um den Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger, der mit Ihrer Umformulierung gewährleistet ist. Ich plädiere dafür, dem zuzustimmen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Runge, bitte.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema der Aktuellen
Stunde heißt „Auswirkungen der Vorhaben der Bundesregierung auf die Wirtschaft in Bayern“. Ich will abschließend zu dieser Aktuellen Stunde vielleicht doch ein paar grundsätzliche Dinge sagen.
Herr Wahnschaffe, Ihr Redebeitrag hat mich wirklich dazu ermuntert. Die Zitate, die ich jetzt anführe, stammen nicht von der Landesleitung der CSU, und sie stammen auch nicht von mir. Sie stammen aus der Presse über den Freistaat Bayern oder sogar aus der überregionalen Presse: „mutlos, kraftlos, konzeptlos“. Das sind die Bezeichnungen, die man auf diese Bundesregierung derzeit anwendet.
Ich muss eines deutlich herausstellen: Kollege Dr. Kaiser hat sich hier hingestellt und hat zwei Begriffe in den Mund genommen, nämlich Konsolidieren und Reformieren. Da habe ich mich ernsthaft gefragt, ob man es ihm aufgeschrieben hat. Ich kenne ihn ja, ich kann mir nicht vorstellen, dass er das selbst glaubt. Das Wort Konsolidieren sollten Sie als Sozialdemokraten derzeit nicht mehr in den Mund nehmen. Sie haben den Wählern vor der Bundestagswahl erzählt, die Haushaltssituation sei solide. Sie haben den Blauen Brief aus Brüssel bis zum 22. September mit großer Mühe abgewehrt. Danach ist er gekommen. Das heißt, das Land in der Europäischen Gemeinschaft, das den Euro mit auf den Weg gebracht hat, ist nicht mehr in der Lage, die Stabilitätskriterien zu erfüllen.
Dann behaupten Sie, das sei eine Konsolidierung der Staatsfinanzen. Das ist Wählertäuschung, sonst gar nichts.
Nächster Punkt. Reformieren. Sagen Sie mir einen Punkt, mit dem Sie in den letzten Wochen auch nur den Ansatz dafür gezeigt haben, ein Reformkonzept auf den Weg zu bringen. Ich will beim Thema soziale Sicherungssysteme beginnen. Bei den sozialen Sicherungssystemen sind Sie vor der Bundestagswahl angetreten und haben gesagt: stabil, solide finanziert, keine Beitragserhöhungen. Wir haben im nächsten Jahr einen Spitzenwert bei der Beitragsbemessungsgrenze. Sie haben den Betrag auf 5100 Euro angehoben.
Wir haben Spitzenwerte bei den Belastungen. Sie sind Spitzenreiter, wenn es um das Abzocken geht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.
Nein. Sie haben vor der Wahl etwas anderes gesagt, und das werden wir Ihnen vorhalten. Übrigens sollten Sie als bayerische SPD nicht so laut sein. Sie sind aus dieser Bundestagswahl als der eindeutige Verlierer hervorgegangen.
Es wundert mich sowieso immer, wie Sie hier mit stolzgeschwellter Brust auftreten. Die 28% der Bevölkerung, die Sie gewählt haben, haben Sie meist aus Mitleid gewählt und nicht aus Überzeugung.
Kommen wir jetzt ganz konkret zu den Auswirkungen Ihrer Politik auf Bayern. Um die Auswirkungen zu überprüfen, müssen wir feststellen, wie die Ausgangssituation in Bayern ist. Ich kann Ihnen eine Studie zitieren von einem renommierten Institut, und zwar von Cap, Gemini, Ernst & Young. Das ist ein international renommiertes Institut. Auf die Frage, wer von den 16 Bundesländern das unternehmer- und unternehmensfreundlichste Bundesland ist, findet man dort die Antwort: Mit weitem Abstand ist das der Freistaat Bayern. Nehmen Sie uns deshalb bitte ab, dass es uns ernsthaft darum geht, die Auswirkungen, die von Ihnen aus Berlin kommen, kritisch zu hinterfragen.
Ich komme noch einmal zum Thema Steuerpolitik. Angefangen von der Mehrwertsteuer über die Ökosteuer bis zur Spekulationssteuer: Vieles was Sie jetzt in die Steuergesetzgebung hineinschreiben dient nur dazu, Ihre leeren Haushaltslöcher zu füllen. Ihre Sozialpolitik hat massivste Auswirkungen auf die Beschäftigten im Freistaat Bayern durch die Anhebung der Sozialversicherungspflicht, der Beitragsbemessungsgrenze und des Sozialversicherungsbeitrags. Die größte Täuschung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, machen Sie derzeit mit Ihrem Hartz-Konzept. Was das Marketing angeht, ist das wirklich perfekt. Sie geben vor, mit dem Konzept Arbeitsplätze zu schaffen.
Wissen Sie, was Sie machen? Sie betreiben Etikettenschwindel, indem Sie bisherige Arbeitslose zu Lohnempfängern machen. Anstatt die Leute an eine Personalserviceagentur zu geben, könnten Sie sie auch gleich verbeamten. Das hätte den gleichen Effekt.
Damit haben Sie die Arbeitslosigkeit nicht beseitigt. Zum Thema Ich-AG. Das ist das Höchste. Allein die Formulierung. Sie haben sich dagegen gewehrt, als wir damals sagten, wir wollen das Scheinselbstständigkeitsgesetz rückgängig machen. Jetzt machen Sie das selbst, und zwar in verschärfter Form. Ich warne Sie deshalb schon heute: Sie werden bei der Ich-AG erleben, dass es zu gewaltigen Mitnahmeeffekten kommt. Das haben Sie nicht bedacht.
Nächster Punkt: Finanzplatz Freistaat Bayern. Herr Staatsminister Wiesheu hat eben ausgeführt, dass es uns darum geht, privates Beteiligungskapital auch weiterhin für Investitionen in Firmen mobilisieren zu können.
Das kann man aber nicht, wenn man den Aktienmarkt kaputt macht. Ich stelle gar nicht in Abrede, dass wir am neuen Markt alle schwierigen Zeiten durchlebt haben. Aber mit der Politik, die Sie jetzt machen, machen Sie den Fiinanzmarkt Bayern kaputt.
Letzter Punkt: Auswirkungen im Bereich der Landwirtschaft. Stellen Sie sich doch einmal vor, was es bedeutet, wenn Sie an die Durchschnittsermittlung bei den Gewinnen an § 13 des Einkommensteuergesetzes, an § 24 der Umsatzsteuerpauschalierung und an ähnliche gesetzliche Vorgaben herangehen.
Allerletzter Punkt: Außenwirtschaftspolitik. Ich werfe Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD vor, dass die Außenpolitik der Bundesrepublik derzeit nur vom Bayerischen Ministerpräsidenten und dem Bayerischen Wirtschaftsminister gemacht wird. Auf Sie hört in Asien, China und Amerika kein Mensch. Aber genau dorthin müssen wir nun einmal unsere Produkte verkaufen. Machen Sie eine andere Politik, eine andere Steuerpolitik, dann bekommen Sie von uns gelegentlich auch wieder ein Lob.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kupka.
Herr Präsident, Hohes Haus! Lieber Kollege Dr. Runge, weniger wäre in dem Fall wirklich mehr gewesen.
Hinsichtlich der Redezeit haben Sie übrigens Recht gehabt. Aber das, was Sie mit den Minuten gemeint haben, war unsere Redezeit. Wir werden sie ausschöpfen.
Ich will zunächst mit ein paar Märchen aufräumen. Der Kollege Kaiser ist im Moment nicht mehr hier, glaube ich. Ich würde ihm gern auf zwei Sätze antworten, die ich mir wirklich aufschreiben musste.
Das Erste: Kollege Kaiser hat erklärt, die CSU-Landtagsfraktion möge einen Beitrag zum Aufschwung in Berlin leisten. Liebe Kollegen von der SPD, diesen Beitrag leisten wir täglich. Wenn es nämlich in Bayern um die Wirtschaft nicht so gut stünde, dann würde Ihre Bilanz noch hundsmiserabler ausschauen, als sie ohnehin ausschaut.
Das Zweite: Kollege Kaiser hat gemeint, wir sollten Optimismus verbreiten. Das gelingt einem natürlich nur in bescheidenem Umfang, wenn man die Regierungspolitik ansieht, die Sie in Berlin derzeit machen. Dazu muss ich fairerweise sagen, dass Sie diese Politik natürlich nicht beeinflussen. Die bayerische SPD ist sicherlich die schwächste in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern ist es schwierig, sie dafür in Haftung zu nehmen. Aber wenn man diese Regierungspolitik in Berlin sieht, dann fällt es einem wahrlich schwer, hier auf Optimismus zu machen.
Dritter Punkt: Das Problem bei Ihnen ist, dass man immer unterscheiden muss: Können sie nicht oder wol
len sie nicht? Nachdem ich mich intensiver mit Ihrer Koalitionsvereinbarung auseinander gesetzt habe, habe ich Folgendes festgestellt: Es sind zwei Punkte. Zum einen können Sie es nicht, und zum Zweiten hindert Sie, wenn Sie es denn können würden, noch die Ideologie. Da sind Sie in vielen Bereichen ideologieverblendet, gerade was die Wirtschaftspolitik angeht.
Hierzu gibt es ein paar ganz nette Beispiele. Wenn Sie in Ihren Gremien einmal den Mut haben, etwas anzudiskutieren, was der bayerischen und der bundesdeutschen Volkswirtschaft gut tun würde, nämlich auf dem Arbeitsmarkt zu deregulieren, Steuergesetze zu vereinfachen, dann knicken Sie vor der Lobby der Gewerkschaften, die Sie im Wahlkampf kräftig unterstützt hat, gnadenlos ein. Meine Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN, was ich persönlich übelnehme, ist, dass Ihr Kanzler immer dann, wenn es darum geht, Grausamkeiten zu verkünden, auf Tauchstation ist. Wenn es darum geht, der Bevölkerung klarzumachen, dass die Steuern, die Sozialversicherungsbeiträge erhöht werden müssen, müssen die armen Herren Gabriel und Beck in die Bütt steigen und werden dann vom Kanzler medienwirksam und mit Showeffekt wieder etwas zurückgepfiffen. Ich würde es begrüßen, wenn dieser Kanzler nicht nur für die schönen hehren Worte stehen würde, sondern der Bevölkerung auch ungeschminkt die Wahrheit sagen würde.
Herr Dr. Runge, jetzt will ich mit ein paar Märchen von Ihnen aufräumen. Es ist immer sehr schön, wenn Sie durch das Land reisen und sagen – das gilt übrigens auch für den Kollegen Kaiser –, die Disparität im Freistaat Bayern sei ganz massiv, von Oberfranken bis München bestehe ein Gefälle sondersgleichen. Nehmen Sie einmal die durchschnittliche Arbeitslosenzahl und setzen Sie sie in Bezug zur durchschnittlichen Arbeitslosenzahl in Nordrhein-Westfalen. Dazu muss man sagen: Sie haben in Ihren Bundesländern gewaltigste Strukturunterschiede, die Sie in Nordrhein-Westfalen bis heute nicht bereinigt haben, weil Sie dort auf alte Technologien gesetzt haben. Sie haben so getan, als ob die Zukunft der Bundesrepublik 1000 Meter unter dem Ruhrgebiet liegen würde. Sie haben nicht das getan, was wir machen, nämlich auf moderne, zukunftsträchtige Technologien zu setzen.
Ein weiterer Punkt, Herr Dr. Runge, ist der altbekannte Vorwurf – das ist bei Ihnen eine Wiederholungsplatte – der Einflussnahme bei der FOC-Entscheidung Ingolstadt. Nun will ich nicht verhehlen, dass es von amerikanischer Seite Schriftwechsel und vieles andere gab und es immer wieder auch Akzente pro FOC Ingolstadt gegeben hat, weil es sich um einen amerikanischen Investor gehandelt hat. Meine Damen und Herren, wenn sich ein bayerisches Unternehmen in Italien, Österreich oder Frankreich ansiedeln will und wir aus unserer Sicht subjektiv das Gefühl hätten, dass es bei der Investitionsund Standortentscheidung behindert wird, dann erwarten wir von unserem bayerischen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu, dass er genauso aktiv wird.
Der nächste Punkt ist die Green Card, Herr Kollege Dr. Runge. Gehen Sie einmal zur Bundesanstalt für Arbeit und fragen Sie ernsthaft nach, wie viel Green Cards derzeit monatlich ausgestellt werden.
Sie haben damals so getan, als könne man die deutsche Volkswirtschaft nur retten, wenn man indische Computersoftware-Ingenieure zu uns holt, die gerne zu uns kommen – gar keine Frage. Wir haben im Freistaat selbst Unternehmen, die in Indien aktiv sind – gar keine Frage. Fragen Sie einmal kritisch nach. Im Moment werden im Durchschnitt pro Monat noch 180 bis 200 Green Cards ausgestellt. In der Großregion München gibt es weniger Green Cards als in anderen Regionen. Aber auch hier gibt es die ersten Green- Card-Besitzer, die angeworben worden sind, weil Sie in Berlin mit hehren Versprechungen getönt und gesagt haben „wir haben das Potenzial, euch zu beschäftigen“, und die nun arbeitslos sind.
Der letzte Punkt, Herr Kollege Runge – auch wieder eine kleine Märchenstunde von Ihnen –, ist das Thema Dosenpfand. Sie müssen eben die Expertenmeinungen einholen. Sie müssen sich einmal bei den Umweltexperten, bei den entsprechenden Ämtern, Behörden und Institutionen erkundigen. Dort werden Sie erfahren, dass dieses Thema sehr differenziert betrachtet wird, dass es durchaus auch Expertenmeinung ist, dass die von uns vorgesehene Regelung die zukunftsweisende ist.
Ich will nun ganz konkret zum Thema Wirtschaftspolitik und bayerische Wirtschaftspolitik Stellung nehmen. Wir könnten es uns einfach machen und sagen: Wir haben im Freistaat Bayern die beste, solideste, verlässlichste Mittelstandspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Schauen Sie sich die Zahlen nüchtern an, was Unternehmerdichte, Selbstständigenquote und Handwerksdichte angeht. Sie werden kein Bundesland finden, das pro Tausend der Bevölkerung mehr Handwerksbetriebe als Bayern hat. Sie werden kein Bundesland finden, das pro Tausend der Bevölkerung mehr Unternehmensgründungen aufweist. Jetzt können Sie sagen, dies passiert in Bayern, weil dort das Wetter schön ist, die Berge schön sind oder die Menschen fleißiger oder besser sind. Ich gebe gerne zu, dass der bayerische Menschentypus einer ist, der vielleicht ein Stück innovativer ist, mutiger ist, der kreativer ist, der sich nicht nur auf den Staat verlässt, sondern selbst anpackt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich will Ihnen aber eines deutlich sagen: Hier stimmen auch die Rahmenbedingungen. Ein Unternehmer im Freistaat Bayern weiß, dass er sich auf diese Staatsregierung verlassen kann. Dies kann er in den anderen Bundesländern nicht.
Ich will Ihnen ein paar Beispiele dafür nennen, dass wir in den letzten Jahrzehnten eine erfolgreiche Mittelstandspolitik gemacht haben, die sich auch in der Rede von Staatsminister Wiesheu widergespiegelt hat. Betrachten Sie einmal das Thema Mittelstandsförderungsgesetz. Wir waren das erste Bundesland in Deutschland, das ein Mittelstandsförderungsgesetz auf den Weg gebracht hat. Andere Bundesländer haben es abge
schrieben, einschließlich der neuen Bundesländer. Wir haben eines der besten Mittelstandskreditprogramme. Wir haben dieses Mittelstandskreditprogramm auch ständig optimiert; wir haben es gebündelt. Im bayerischen Mittelstandskreditprogramm gibt es heute bis zu 3000 Förderungen mittelständischer Betriebe pro Jahr; mittelständische Betriebe investieren dort in Zukunftstechnologien und in den Erhalt der Arbeitsplätze. Wir haben die Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Deutschen Ausgleichsbank gebündelt. Das Förderinstrumentarium im Freistaat Bayern ist in den letzten Jahren absolut optimiert worden, während Sie in Ihren Bundesländern gar nichts getan haben und in Berlin das Falsche beabsichtigen. Ihr Kanzler hat sich im Wahlkampf doch großkotzig hingestellt: Ich gründe eine Mittelstandsbank. Das brauchen Sie uns in Bayern nicht zu sagen. Mit der LfA und mit der Task force, die Sie vorher angesprochen haben und die funktioniert, haben wir ein bewährtes Mittelstandsförderinstrument.
Ich will ganz bewusst einen Grundsatzpunkt bayerischer Wirtschaftspolitik herausstellen. Die bayerische Wirtschaftspolitik macht zwei Dinge gleichzeitig: Sie macht eine solide, aktive Bestandspflege. Wir vernachlässigen nicht den Bestand an soliden Betrieben in Handwerk, Handel und Industrie. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Staatsregierung und auch die CSU-Landtagsfraktion haben aber bewusst auch stets auf neue Technologien gesetzt, und zwar auch auf neue Technologien in der mittelständischen Wirtschaft. Herr Dr. Runge, Herr Kollege Kaiser und andere Kollegen aus der SPD- und der GRÜNEN-Fraktion, nennen Sie mir einmal ein Bundesland, das in den letzten Jahren eine bessere Regionalförderung als der Freistaat Bayern gemacht hat, wo in der Hightech-Offensive nicht wie in anderen Ländern – nehmen Sie Frankreich, Italien und England – die Förderpolitik so gestaltet ist, dass die großen Kompetenzzentren gestärkt werden. Wir haben in allen sieben Regierungsbezirken tragfähige Regionalkonzepte durchgesetzt. In jedem Regierungsbezirk sind heute neue Technologien vorhanden, ob in der Biotechnologie, der Mikrotechnologie oder auf anderen Gebieten. Diese Technologien wurden nicht nur in München angesiedelt, sondern sowohl in Franken als auch in Schwaben, Niederbayern und der Oberpfalz.
Meine Damen und Herren von der Opposition, nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir gerade, was die Hightech-Offensive angeht, einen Pflock eingeschlagen haben. Das gleiche gilt für die kommunalen Gründerzentren. Auch dort haben wir eine Politik gemacht, von der der Mittelstand profitiert.
Ich bin jetzt bei der Forschungspolitik; das passt nicht ganz zum Einzelplan 07. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie nach dem 22. September endlich einmal den Mut finden, durch eine dritte Teilgenehmigung den Forschungsreaktor Garching in Betrieb zu nehmen, um bayerischen mittelständischen Unternehmen, die in der Hochtechnologie engagiert sind, die Möglichkeit zu geben, dort zu forschen.
Sie können doch keinem jungen Menschen mehr erklären, der an der Universität Kernphysik oder sonst etwas studiert und sich vielleicht mit dem Gedanken trägt, sich in diesem Lande selbstständig zu machen, dass Sie dazu beitragen, dass eine Investitionsruine steht, die am Tag eine Viertelmillion DM kostet.
Da wir beim Thema Wirtschaftspolitik und Mittelstand sind – ich habe es vorhin in der Aktuellen Stunde schon angedeutet; man kann es Ihnen nicht oft genug sagen –: Sie haben in der Steuerpolitik die mittelstandsfeindlichste Politik betrieben, die je eine Bundesregierung gemacht hat.
Dafür gibt es ein paar Beweise – einen habe ich Ihnen schon einmal vorgehalten. Man sucht immer Protagonisten oder Fans, die einem zujubeln, wenn man etwas macht. Das haben Sie hinsichtlich der Steuerpolitik auch gemacht. Ich entsinne mich noch an eine Anzeige im „Spiegel“, die Sie großmächtig veröffentlicht haben, als die Steuerreform der Bundesregierung auf den Weg gebracht worden ist. Ich habe Ihnen schon damals gesagt, dass ich eigentlich erwartet hätte, dass Sie einen Handwerksmeister, einen Einzelhändler oder jemand anderen finden, der diese Steuerpolitik für gut heißt. Wen hat die SPD-geführte Bundesregierung als Protagonisten für diese Steuerreform genommen? – Den Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG, Wendelin Wiedeking. Ich weiß nicht, wo Ihre Zielgruppen liegen. Unsere Zielgruppe ist das nicht. Ich weiß nicht, ob Sie so viele Porschefahrer haben. Tatsache war aber: An diesem kleinen Beispiel hat man gemerkt, wo Ihr wahres Herz schlägt.
Man kann das an einem Punkt sehr deutlich machen. Der große Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, dass Sie sagen: Wir wollen Unternehmen. Die CSU hat immer gesagt: Wir wollen Unternehmen, wir wollen aber auch Unternehmer. Wir wollen nach wie vor den persönlich verantwortlich haftenden Unternehmer, während Sie lieber die Vorstandsvorsitzenden von Aktiengesellschaften und die freigestellten Betriebsräte haben. Das ist die große ideologische Auseinandersetzung zwischen Ihnen und uns in der Wirtschaftspolitik.
Man muss sich das einmal vorstellen: Im Jahr 2001 haben Sie die Aktiengesellschaften, die Kapitalgesellschaften, um sage und schreibe 6 Milliarden DM entlastet. Die Personengesellschaften wurden um 0,7 Milliarden DM entlastet. Das können Sie nachlesen. Gehen Sie einmal in Ihr Bundesfinanzministerium. Sie haben die Abschreibungsfähigkeit für geringfügige Wirtschaftsgüter verschlechtert. Sie haben die Beteiligungsgrenze, die Wesentlichkeitsgrenze der Unternehmensbeteiligungen für Kapitalbeteiligungen verschlechtert. Was ist denn daran schlimm, wenn sich eine Person selbstständig macht und jemand aus seiner Familie sagt: Ich trage mein Geld nicht zur Bank, sondern beteilige mich an diesem Unternehmen. Diese Leute haben Sie schlechter
gestellt, indem Sie diese Grenze auf 1% reduziert haben.
Ich könnte Ihnen noch Dutzende Beispiele nennen, bei denen Sie in der Steuerpolitik eklatant gegen den Mittelstand vorgegangen sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie sollten deshalb den Begriff „Mittelstand“ nicht so oft in den Mund nehmen. Ich sage Ihnen: Wenn Sie mittelständische Strukturen fördern wollen, müssen Sie die Rahmenbedingungen im Steuerrecht und im Arbeitsrecht verbessern. Es reicht nicht, wenn Sie jemandem ein Schnitzel auf den Bauch legen. Davon wird diese Person nicht satt. Sie müssen ihr auch die Möglichkeit geben, zu essen. Das heißt in diesem Fall, dass Sie Rahmenbedingungen schaffen müssten, die das Investieren ermöglichen. Sie haben es geschafft, alle Investitionsanreize in der Bauwirtschaft, in der Großindustrie und der Automobilindustrie und anderen Bereichen zu vernachlässigen. Sie haben in diesem Land eine Stimmung erzeugt, in der der Privatmann nicht mehr konsumiert und der Unternehmer nicht mehr investiert. Das ist Ihre Verantwortung.
Was erwarten wir von Ihnen konkret? – Wir erwarten im Interesse der bayerischen Unternehmer und des Mittelstandes, dass Sie schnellstmöglich die Ungleichbehandlung im Steuerrecht beseitigen und den Mut haben, beim Arbeitsmarkt und in der Arbeitsverwaltung wirklich anzupacken und nicht vor den Gewerkschaften einknicken. Bei den sozialen Sicherungssystemen müssen Sie Strukturreformen mutig anpacken und diese nicht auf morgen oder übermorgen verschieben. Außerdem sollten Sie in Berlin Rahmenbedingungen schaffen, dass die bayerische Mittelstandspolitik weiterhin erfolgreich sein kann. Keine Regierung in der Bundesrepublik hat so auf den Mittelstand gesetzt wie die Bayerische Staatsregierung. Sie haben in Berlin die entsprechenden Möglichkeiten. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie in der Steuerpolitik, der Arbeitspolitik und anderen Feldern aktiv werden.
Herr Präsident, Hohes Haus! Lieber Kollege Scholz, eigentlich wollte ich ganz konkret auf die von Ihnen vorgelegten Anträge eingehen, die Sie dem Hohen Haus als „Offensive Handwerk und Mittelstand“ verkaufen wollten. Ich sehe mich jetzt aber doch gezwungen, auf einige Ihrer Eingangsbemerkungen einzugehen. Sie haben die Frage gestellt: Was braucht der Mittelstand? Diese Frage, Herr Scholz, lässt sich ganz einfach beantworten: Der Mittelstand braucht andere Rahmenbedingungen, und zwar nicht vom Freistaat Bayern, sondern von Berlin.
Wenn Sie hier so tun, als ob in den letzten Jahren im Freistaat Bayern keine Mittelstandspolitik gemacht worden wäre, dann ist das Täuschung. Das ist eine Täuschung der Mittelständler und der Wähler in Bayern.
Ich sage Ihnen ein paar Beispiele. Was mich am meisten bei Ihnen, Herr Kollege Scholz, geärgert hat, das ist, was Sie zum Thema Hightech-Offensive sagten. Sie haben sich hierher gestellt und erklärt, das Thema sei am bayerischen Mittelstand vorbeigegangen. Gehen Sie doch hinaus in das Land. Ob in Franken, in Schwaben, in Oberbayern, in Niederbayern oder in der Oberpfalz – in jedem Regierungsbezirk gibt es inzwischen regionale
Existenzgründerzentren. Sie wurden alle aus Mitteln der Hightech-Offensive gefördert, und dies auch zum Nutzen des bayerischen Mittelstandes.
Nun zum zweiten Thema, der Finanzierung. Sie sprechen dabei von Basel II. Basel II ist für viele Mittelständler und auch für viele Banken kein Thema mehr. Ob es Ihnen passt oder nicht, die Banken haben das schon lange vorweggenommen. Was unseren Mittelständlern das Leben schwer macht, das ist die miserable Eigenkapitalausstattung. Gehen Sie doch in die Betriebe hinein und sehen Sie sich dort die Eigenkapitalausstattung beim Handwerk, beim Handel, ganz allgemein beim Mittelstand an. Die Eigenkapitalquote ist miserabel. Ich sage Ihnen auch, Herr Scholz, warum sie so miserabel ist. Sie ist dies, weil Sie in Berlin eine miserable Steuerpolitik gemacht haben und dies nach wie vor tun.
Auch wenn Sie es nicht gern hören, meine Damen und Herren von der Opposition: Wir werden Sie daran messen, was Sie den Leuten bis zum 22. September 2002 erzählt haben. Sie haben erzählt, was Sie angeblich alles Gutes für den Mittelstand getan haben und was Sie noch Gutes tun wollen. Tatsache ist: Im Jahr 2001 haben Sie – –
Herr Scholz, hören Sie zu, hier können Sie etwas lernen.
Im Jahr 2001 haben Sie die Kapitalgesellschaften der Bundesrepublik Deutschland um sage und schreibe 6 Milliarden Euro entlastet; die Personengesellschaften – den kleinen Handwerker, den Einzelhändler – um 0,7 Milliarden Euro.
Das ist eine eklatante Ungleichbehandlung.
Sie haben die Abschreibungsbedingungen verschlechtert, Sie haben die Ökosteuer, die unsere mittelständischen Betriebe ebenfalls belastet, erhöht, Sie haben das Betriebsverfassungsgesetz novelliert. Haben Sie sich jemals die Frage gestellt, was es für einen Mittelständler bedeutet, das umzusetzen, was Firmen wie Siemens und BMW umsetzen müssen: Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, Kündigungsschutz und vieles andere? Das sind alles wohl gemeinte Dinge, das ist zum Teil aber mittelstandsfeindlich. Herr Dr. Scholz, diese Dinge haben nicht dazu gedient, dass der Mittelstand in den letzten Jahren Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze geschaffen hat. An das Thema der 630-DM-Beschäftigungsverhältnisse will ich hier gar nicht mehr erinnern. Tatsache ist und bleibt: Die rot-grüne Bundesregierung
hat in der Nachkriegszeit mit die ungerechteste Steuerpolitik für den Mittelstand gemacht.
Ich habe Zweifel daran, ob es Ihnen gelingt, etwas zu ändern. Davon war heute schon in der Aktuellen Stunde die Rede. Da hat man gemeint, Sie könnten vor Kraft nicht mehr laufen. Bei dem Einfluss, den Sie in Berlin haben, habe ich Zweifel. Es ist völlig egal, wer in Berlin regiert: rot-grün oder die Union. Sie werden in Berlin nicht gefragt und nicht gehört.
Ich bitte Sie: Machen Sie wenigstens Ihren Einfluss geltend, damit das Bundesland, das die meisten Mittelständler hat, das die meisten Existenzgründer hat und das die höchste Selbstständigenquote hat eine andere Steuerpolitik und andere Rahmenbedingungen bekommt. Herr Kollege Dr. Scholz, ich würde es begrüßen, wenn Sie sich nicht darauf beschränkten, auf ein paar Anträge die Worte „Offensive Handwerk“ – draufzuschreiben. Das ist nichts anderes als ein Etikettenschwindel.
Schauen Sie sich die Anträge einmal an. Damit retten Sie im Freistaat Bayern keinen einzigen Betrieb und schaffen keinen einzigen Arbeitsplatz.
Ich will jetzt ganz konkret auf die drei Anträge eingehen. Auf den vierten Antrag wird Kollege Prof. Dr. Stockinger eingehen. Der erste Antrag auf Drucksache 14/9087 fordert die Staatsregierung auf, für Existenzgründer in Bayern die Fördermöglichkeiten der LfA-Förderbank, der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Deutschen Ausgleichsbank zu bündeln und den Kreditnehmern gemeinsam anzubieten. Fragen Sie einmal jemanden, der in der Beratungspraxis tätig ist. Fragen Sie einmal die Verantwortlichen im Handwerk. Das ist im Freistaat Bayern längst Praxis. Die LfA berät und bietet gemeinsam mit anderen Instituten diese Finanzierungsinstrumente an. Wir hatten allein im letzten Jahr 2400 Förderfälle im Bereich des Mittelstandskreditprogramms. Diese wurden hervorragend abgewickelt. Es bedarf keines Antrages von Ihnen, Herr Dr. Scholz, um die Abgrenzung von Deutscher Ausgleichsbank, Kreditanstalt für Wiederaufbau und LfA zu konkretisieren. Was Sie fordern, Herr Dr. Scholz, läuft längst.
In einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen, das haben Sie leider nicht in den Antrag reingeschrieben: Das eigentliche Anliegen und die eigentliche Intention hinter dem Antrag ist, dass Sie das Hausbankprinzip infrage stellen wollen. Sie haben in Berlin groß über eine Mittelstandsbank diskutiert, die Sie gründen wollen.
Wir stehen zum Hausbankprinzip über die LfA.
Das bedeutet die Einbindung der regionalen Banken, der Genossenschaftsbanken und unserer Kreditinstitute als Körperschaften öffentlichen Rechts, unsere Sparkassen. Dieser Antrag ist positiv erledigt. Herr Dr. Scholz, wenn Sie beim Handwerk und seinen Organisationen nachfragen, dann werden die Ihnen zu den ersten drei Anträgen sagen, die sind positiv erledigt, es besteht kein Handlungsbedarf.
Über den Antrag auf Drucksache 14/9091, der die Anerkennung des Meisterbriefs als Zulassungsvoraussetzung für das Fachhochschulstudium thematisiert, werden wir nachher noch diskutieren.
Mit dem Antrag auf Drucksache 14/9088 soll erreicht werden, dass der Meisterbrief als Eigenkapitalsurrogat eingesetzt werden kann. Hinter dem großen Befähigungsnachweis steht niemand so geschlossen wie die CSU. Ich hätte es begrüßt, als es Deregulierungskommissionen landauf, landab gab, wenn von Ihrer Seite mehr Unterstützung für den großen Befähigungsnachweis gekommen wäre, auch in Richtung Brüssel. Da war bei Ihnen Fehlanzeige.
Da hat man gemerkt, dass der Meisterbrief ein Qualifikationsnachweis ist, der anerkannt ist. Auf einmal entdeckt man den Meisterbrief.
Herr Kollege Dr. Scholz, der Meisterbrief weist zwei Dinge nach: die handwerkliche Qualifikation in einem Handwerksberuf, und er weist nach, dass jemand über kaufmännische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt. Insofern ist der Meisterbrief auch jetzt schon bei Finanzierungsberatungen, wenn von den Banken Bonitäten geprüft werden, ein Instrument, das zum Einsatz kommt. Sie können einen Meisterbrief als Qualifikationsmerkmal, aber nicht als Eigenkapitalersatz ansehen, um Betrieben im Mittelstand, im Handwerk, zu helfen. Die Unternehmen brauchen eine bessere Eigenkapitalausstattung. Diese bekommen sie nicht, indem sie den Meisterbrief als Eigenkapitalersatz heranziehen. Wir werden diesen Antrag ablehnen, setzen uns aber weiter dafür ein, dass der Meisterbrief erhalten bleibt.
Wenn Sie argumentieren, das sei schwierig für die Finanzierung von Betrieben, die kein Eigenkapital haben: Dafür haben wir andere Instrumente. Wir haben das Instrument der Bürgschaften und das Instrument der Haftungsfreistellungen. Sie wissen, dass es über die Kreditgarantiegemeinschaften Haftungsfreistellungen und Bürgschaften gibt. Insofern plädiere ich für die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 14/9088.
Zum Antrag auf Drucksache 14/9089. Da geht es um die Frage einer besseren Mitarbeiterbeteilung an Handwerks- und Mittelstandsunternehmen. Da gibt es in der Tat Nachholbedarf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich die Wirtschaftssysteme in anderen Ländern ansieht, der merkt, dass es in anderen Wirtschaftssystemen ein anderes Verhältnis zu den Mitarbeiterbeteiligungen gibt. Im angelsächsischen Raum ist das ein völlig normales Instrument. Herr Kollege Dr. Scholz, ich darf auf einen Punkt verweisen. Das ist in erster Linie eine Frage der Tarifvertragsparteien. Niemand hindert uns oder die Tarifvertragsparteien daran, Mitarbeiterbeteiligungsmodelle zu entwickeln. Der zweite Punkt – das wundert mich am meisten –, Sie fordern das, vergessen aber, dass im Beschäftigungspakt Bayern dieses Thema deutlich und gut behandelt worden ist. Dass die Gewerkschaften, weil sie gemeint haben, sie müssen Wahlhilfe für Schröder machen, aus dem Beschäftigungspakt ausgestiegen sind, ist wahrlich nicht unser Problem.
Es gibt tolle Instrumente, Fit for Mitarbeiterbeteiligung, –
Das sind alles Instrumente, die im Beschäftigungspakt Bayern entwickelt worden sind. Vielleicht kehren die Gewerkschaften wieder in den Pakt zurück. Wir sind jedenfalls offen für eine Fortsetzung des Beschäftigungspakts.
Wir lehnen die Anträge auf den Drucksachen 14/9087 und 14/9088 ab und stimmen dem Antrag auf Drucksache 14/9089 in der geänderten Fassung des Wirtschaftsund des Haushaltsausschusses als Prüfantrag zu.
Abschließend, Herr Kollege Dr. Scholz: Bei der Mittelstandspolitik haben wir keinen Nachholbedarf. Die Förderung des Mittelstands war immer Kennzeichen bayerischer Wirtschaftspolitik. Wir waren das erste Bundesland, das ein Mittelstandsförderungsgesetz auf den Weg gebracht hat. Davon ist in vielen anderen Bundesländern abgeschrieben und vieles ist daraus kopiert worden – sehr zum Nutzen von mittelständischen Betrieben.
Wir werden Sie daran messen, was Sie in den letzten Wochen und Monaten dem bayerischen und dem deutschen Mittelstand an Erleichterungen bei den Steuern, den Sozialversicherungsbeiträgen und bei der Strukturreform im Arbeitsmarkt versprochen haben.
Seien Sie versichert: Wir werden Sie an Ihren Versprechungen messen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wahnschaffe, lassen Sie mich zunächst einmal ein klein wenig Sachlichkeit in die Diskussion bringen. Sie haben gerade die Pisa-Studie erwähnt. Hier hätten Sie den größten Nachholbedarf. Sie sind nicht einmal in der Lage, die Erhöhung der Arbeitslosigkeit in Bayern in Relation zu den anderen Bundesländern zu setzen. Sie sind das lebende Beispiel dafür, dass die Pisa-Ergebnisse doch Wirklichkeit sind. Wenn die Arbeitslosigkeit von 5% um einen Prozentpunkt auf 6% steigt, sind es halt nun einmal 20%. Wenn sie aber von 10%, wie in Nordrhein-Westfalen oder in anderen Ländern, um einen Prozentpunkt steigt, dann ist es nun einmal 1%.
Entschuldigung, 10%!
Sie brauchen sich nicht so zu freuen. Ich komme schon noch auf ein paar Punkte zu sprechen, und dann werden Sie noch staunen.
Herr Maget, Sie haben vorhin gesagt, Herr Schröder habe sich getäuscht. Ich sage Ihnen jetzt ganz bewusst: Herr Schröder hat sich nicht getäuscht, er hat andere getäuscht. Ich liste es Ihnen noch einmal auf. Ihr Bundeskanzler ist nicht nur bei der Arbeitslosigkeit mit Ver
sprechungen aufgetreten, die er nicht einhalten konnte. Er hat bei der Regierungserklärung gesagt, er würde die Sozialversicherungsbeiträge von heute 42% auf unter 40% senken. Nichts ist passiert. Wir haben heute immer noch die gleiche Höhe. Gleiches gilt für die Rentenpolitik. Die Stimmen der Bundestagswahl waren noch gar nicht ausgezählt, da haben Sie schon die Rentenerhöhung außer Kraft gesetzt und die Renten nur noch inflationsbereinigt erhöht.
Bei der Staatsverschuldung haben Sie in Brüssel darum gebettelt, dass der blaue Brief nicht kommt. Die Gesundheitsreform ist ebenfalls eine Fehlanzeige.
Sie erwecken immer den Eindruck, dass die Zahlen, die hier verkündet werden, Zahlen der CSU-Landesleitung sind. Nein, es sind Zahlen der OECD, der Weltbank, des internationalen Währungsfonds und des Sachverständigenrates. Bei der Arbeitslosigkeit, beim Wachstum, bei Umsatzentwicklungen, bei Betriebszahlen oder bei Investitionen sind die SPD-regierten Länder Schlusslicht.
Frau Kollegin Stahl, Sie empfehlen uns das „C“ aus dem Namen der CSU zu streichen.
Ich kann Ihnen und der SPD nur empfehlen, auf die Begriffe sozial und gerecht zu verzichten. Es ist sozial zutiefst ungerecht, dass die Hartz-Kommission vorschlägt, das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe zu kürzen.
Mit Ihrer Steuerpolitik haben Sie den Mittelstand eklatant benachteiligt.
Sie haben bei den Veräußerungsgewinnen aus Beteiligungsverkäufen den Mittelstand benachteiligt. Die Korrekturen im Vermittlungsausschuss waren nur ein Verdienst der Herren Stoiber, Faltlhauser und Huber. Das war doch nicht Ihr Verdienst. Sie haben die Abschreibungsbedingungen für den Mittelstand verschlechtert. Wenn Sie weiter regieren, haben wir künftig in unseren mittelständischen Betrieben die ältesten Computer, Werkzeuge und Maschinen.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass Sie als großes Markenzeichen und Werbeträger für Ihre Steuerreform damals den Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG gewählt haben. Sie haben eine Steuerpolitik für die Großkonzerne gemacht. Um nachher den Mittelstand noch zu bestrafen, haben Sie mit dem Betriebsverfassungsgesetz, mit den Teilzeitregelungen und mit dem Scheinselbstständigkeitsgesetz den Mittelstand eklatant benachteiligt.
Herr Staatsminister Wiesheu hat es zuvor schon angesprochen. Dem Scheinselbstständigkeitsgesetz zufolge, welches Sie verabschiedet haben, war es unmöglich, dass jemand aus der bestehenden Firma heraus sich selbstständig macht und für den früheren Arbeitgeber Aufträge ausführt. Jetzt kommen Sie mit der „Ich AG“. Dabei haben Sie aber noch nicht einmal die Frage beantwortet, wer dann die Sozialversicherungsbeiträge bezahlen soll.
Der härteste Vorwurf, den ich heute gehört habe, war aber folgender: Es wäre wichtig gewesen, die Privatisierungserlöse des Freistaates Bayern zum Abbau der Arbeitslosigkeit einzusetzen. Wir brauchen die Privatisierungserlöse für die High-Tech-Offensive und nicht für den Abbau der Arbeitslosigkeit. Ich hätte mir hier eher erwartet, dass Sie von den Erlösen aus der Veräußerung der UMTS-Lizenzen den Ländern und Kommunen Geld zurückgeben. Wir haben die High-Tech-Offensive gestartet, um den Freistaat Bayern zukunftsfähig und wettbewerbsfähig zu machen.
Ein allerletzter Punkt, meine Damen und Herren von der Opposition: Die größte Luft- und Lachnummer ist für mich die Hartz-Kommission. In den neuen Bundesländern haben Sie sage und schreibe 1,4 Millionen Arbeitslose und 76000 freie Stellen. Was wollen Sie dort mit mehr Vermittlungsaktivitäten? Sie können die 1,4 Millionen Arbeitslosen in den neuen Bundesländer doch nicht in virtuelle oder fiktive Firmen vermitteln. Dazu brauchen Sie viel mehr Existenzgründer, und dazu müssen Sie eine andere Steuerpolitik betreiben, nach der sich Existenzgründungen wieder lohnen. Sie müssen dazu eine Arbeitsmarktpolitik betreiben, die flexibel ist und es den Mittelständlern erlaubt, flexibel auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes zu reagieren. Dazu müssen Sie eine Sozialpolitik betreiben, welche die Sozialversicherungsbeiträge nicht ständig in die Höhe treibt, sondern sie senkt.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren –
Nach dem 22. September werden wir die Gelegenheit haben, das alles umzusetzen.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was die SPD-Fraktion bewogen hat, dieses Thema in den Plenarsaal des Bayerischen Landtages zu holen. Kollege Geiger hat ja vorhin gefragt: Müssen wir das Thema heute noch einmal behandeln? Wenn es nach der CSU-Fraktion gegangen wäre, dann wäre dieses Thema nach zwei Sitzungen im Petitionsausschuss und nach einem Ortstermin erledigt gewesen.
Lassen Sie mich das Thema noch einmal ganz kurz von zwei Seiten beleuchten. Die Fairness gebietet es, das Thema sachlich, sauber und solide anzugehen. Meine Damen und Herren von der Opposition, damit wir eines klarstellen: Das Verfahren, das hier durchgeführt wurde, ist rechtsstaatlich in Ordnung gewesen. Wer einen anderen Eindruck erweckt, täuscht die Bürgerinnen und Bürger.
Es ist in Ordnung gewesen, was die Gemeinde Schwangau angeht, was das Landratsamt Ostallgäu angeht und was die Regierung von Schwaben angeht. Kollege Geiger hat eben gesagt, bei der Anhörung der Träger öffentlicher Belange und bei der Bewertung sei die Regierung von Schwaben nicht tätig geworden. Dazu bitte ich, die „Allgäuer Zeitung“ vom heutigen Tage zu lesen. Dort wird klar ausgeführt, dass sich die Regierung von Schwaben in dieses Verfahren eingeschaltet und an diesem Verfahren beteiligt hat.
Noch einmal zur Geschichte: Es hat einen Bürgerentscheid vor Ort gegeben. Die Träger öffentlicher Belange sind rechtzeitig angehört worden. Die vorgezogene Bürgerbeteiligung und die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans gemäß § 9 Baugesetzbuch sind erfolgt. Alles ist ordnungsgemäß abgelaufen. Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dieses Verfahren sei nicht rechtsstaatlich gewesen, halte ich für eine bewusste Täuschung.
Nun noch kurz zu ein paar Argumenten, die in der Diskussion heute angeführt worden sind. Es stimmt in der Tat, dass die Gemeinde Schwangau noch einmal in die Abwägung eintreten mußte, und zwar weil Abwägungsfehler hinsichtlich des Wirkungszusammenhangs zwischen dem geplanten Bauprojekt Hotelbau in Bullachberg auf der einen und Neuschwanstein, Hohenschwangau und St. Koloman auf der anderen Seite begangen wurden. Die Gemeinde hat diese Gebäude nun in die Abwägung eingestellt, genauso wie die Wirtschaftlichkeitsberechnung und die Suche nach einem Alternativstandort.
Bleibt die Frage nach dem Wasserschutzgebiet. Nun weiß ich nicht, ob die Experten in diesem Hause sitzen. Ich gehe davon aus, dass die Experten beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt sitzen und in diesem Fall – liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich kann es Ihnen nicht ersparen – auch in Ihrer Fraktion: Der Bürgermeister der Stadt Füssen gehört Ihrer Fraktion an. Ich
halte es schon für eine Scheinheiligkeit, hier so zu tun, als würden wir Weltkulturerbe zerstören. Draußen aber stellen sich Ihre Leute – nämlich Bürgermeister Paul Wengert aus Füssen – hin und sagen hinsichtlich des Wasserschutzgebiets: Es gibt keine Bedenken; ich schließe mich dem Wasserwirtschaftsamt in Kempten an; das Ganze ist in Ordnung, wir brauchen sowieso einen neuen Zuschnitt des Wasserschutzgebietes. Ich bitte Sie: Lernen Sie von Ihren Genossen vor Ort.
Das Nächste: Es hat doch keinen Sinn, wenn Sie hier den Leuten erzählen wollen, was für große Dimensionen entstünden. Es handelt sich um einen Hotelbau mit 50 Zimmern am Nordhang eines Hügels im Ostallgäu, nicht um ein Mammutprojekt, sondern um ein Projekt, das sich in der baulichen Ausgestaltung an die bestehende Bebauung anfügt. Es ist nicht so, dass dort etwas gebaut wird, wo noch nichts steht, sondern es wird etwas gebaut, wo ohnehin schon ein Gutshof, Stallungen und Ähnliches stehen.
Ein Lieblingsthema von Ihnen war: Was kann dieses Hotelprojekt verhindern? Es könnte dadurch verhindert werden, dass das Schloss Neuschwanstein in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wird. Tatsache ist, dass ein solcher Antrag bis heute nicht gestellt worden ist. Tatsache ist, dass die Liste des Weltkulturerbes seit 1998 noch nicht abgearbeitet ist. Tatsache ist auch, dass es keinen zwingenden Wirkungszusammenhang gibt. Sie argumentieren: kein Hotel, also Aufnahme von Neuschwanstein ins Weltkulturerbe. Diesen Zusammenhang gibt es nicht.
Weil Sie Minister Zehetmair zitiert haben: Meine Damen und Herren, in der Abwägung wird klar ausgeführt:
Das geplante Vorhaben liegt in dem vom Landesamt weitreichend angelegten Wirkungsbezug.
Und jetzt kommt es:
Dieser Wirkungsbezug ist jedoch vorbelastet.
Er ist vorbelastet durch Bebauungen, Tankstellen, Häuserbebauungen, Industriebebauungen und vieles andere. Wer so argumentiert, als ob der Vorraum der Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau unbebautes Gelände wäre, täuscht die Leute. Es handelt sich um Kulturraum und um Wirtschaftsraum. Hier haben seit Jahrhunderten Menschen gelebt, gewohnt, gearbeitet und gewirtschaftet. Dieses Projekt fügt sich unserer Meinung nach hervorragend in die Bebauung ein und wird die touristische Landschaft in dieser Region bereichern.
Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine Bemerkung: Wichtig ist nicht nur die fachliche, sondern auch die politische Bewertung. Ich habe vorhin gesagt, dass es Scheinheiligkeit ist, wie Sie hier argumentieren. Es ist schon toll, wenn Ihr Landesvorsitzender Hoderlein, so wie er es vor kurzem getan hat, zur Winterszeit im roten Cabrio ins Allgäu hinausfährt. Das muss man sich einmal vorstellen. Im Sommer fährt er hin und erklärt – liebe Kollegen von der SPD, hören Sie sich das einmal an, Zitat Hoderlein –:
Das geplante Hotel gefährdet nicht die Aufnahme von Schloss Neuschwanstein in die Liste des Weltkulturerbes.
Das meinte der Vorsitzende der SPD, Hoderlein, nach einem Besuch auf Schloss Bullachberg. Wäre er Gemeinderat in Schwangau
Gott bewahre die Gemeinde Schwangau davor -,
könne er zustimmen. Das Hotel wird nicht den Blick auf die Schlösser verbauen. So Hoderlein. Auch die vorgesehene Bauplanung sei nicht unangemessen. Hoderlein versprach, diese Eindrücke seiner Landtagsfraktion zu übermitteln.
Entweder Sie hatten seit dieser Zeit keine Fraktionssitzung, oder dieser Landesvorsitzende hat null Einfluss auf Ihre Fraktion.
Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich das Hohe Haus, das Votum des Petitionsausschusses aufzugreifen und die Petition gemäß § 84 Nummer 4 der Geschäftsordnung für erledigt zu erklären.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Kollege. Herr Kollege Ritzer hat sich zu Wort gemeldet. Herr Kollege, ich darf Ihnen sagen, dass Sie nur noch drei Minuten Redezeit haben.
Herr Präsident, Hohes Haus! Kollege Kaiser – das gilt auch für Kollegen Strasser –, ich will nicht verkennen, dass Sie ein hohes persönliches Engagement für die beiden Krankenhäuser in Dillingen und Buchloe an den Tag legen. Das kann ich durchaus nachvollziehen. Das wird auch von den Kollegen Winter, Schreck und mir gemeinsam so gesehen.
Ich möchte aber an eines erinnern, Herr Kollege Kaiser, weil sie vorher erwähnt haben, was am 30. November des Jahres 2000 stattfand. Ich will Ihnen klar in Erinnerung rufen, dass es die Bayerische Staatsregierung, damals Staatsministerin Barbara Stamm war, die, nachdem die Mitteilung gekommen ist, dass die Dezembergehälter nicht bezahlt werden, sehr schnell, sehr unbürokratisch gehandelt hat. Der sofortige Weiterbetrieb der Krankenhäuser in Buchloe und in Dillingen ist durch das schnelle Engagement sichergestellt worden. Von Ihnen war damals außer Plattitüden und Allgemeinplätzen wenig zu hören, Herr Kaiser.
Ein Weiteres, was mich schon ein bisschen wundert, Herr Kollege: Sie appellieren hier mit herzergreifender Stimme an die Verantwortung der Bayerischen Staatsregierung; es gehe um die Patienten, es gehe um die Zukunft der Krankenhäuser, es gehe um Krankenschwestern und Ärzte, Pfleger und ähnliches. Wenn Sie den Weiterbetrieb der beiden Krankenhäuser in Dillingen und Buchloe sicherstellen wollen, müssen Sie bei der Bewertung der Angelegenheit in der Bevölkerung und in den Medien äußerste Zurückhaltung zu üben.
Sie erweisen den beiden Häusern einen Bärendienst, wenn jeden Tag Schlagzeilen in der Zeitung stehen, dass die Versorgung der Patienten nicht sichergestellt sei.
Es ist das Verdienst der Staatsregierung und des Sozialministeriums, dass die Belegungsquoten in beiden Häusern nur minimal gesunken sind, dass die Patienten weiterhin Vertrauen in diese beiden Häuser haben. Ich bitte Sie: Leisten Sie Ihren Beitrag dazu, diese beiden Häuser aus einer polemischen Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit herauszuhalten.
Herr Kollege Kaiser, Herr Kollege Strasser, wenn es denn um die von Ihnen zitierte Verantwortung geht, dann lernen Sie bitte einmal von Ihrem Parteifreund, dem SPD-Oberbürgermeister von Dillingen. Dieser hat die Verantwortung ganz klar definiert. Wissen Sie, was er gesagt hat? – Er hat gesagt: Die Verantwortung tragen natürlich auch die Dillinger Franziskanerinnen; die haben den Fehler gemacht – Zitat des Oberbürgermeisters –, dass sie die beiden Häuser an den Falschen – wörtliches Zitat – verschenkt haben.
Wir wollen die Verantwortungsbereiche ganz sauber trennen. Zum Ersten war es nicht die Bayerische Staatsregierung, die die Häuser abgegeben hat, sondern es waren die Dillinger Franziskanerinnen. Zum Zweiten lag ein unmögliches, nicht zu verantwortendes Missmanagement des Deutschen Ordenswerkes am Rande der Legalität vor. Drittens gab es – gestatten Sie mir auch diesen Hinweis – bei den Banken eine bestimmte Denkweise. Liebe Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, nichts wünschen wir uns sehnlicher, als dass die bayerischen Banken, wenn es um Mittelstandsfinanzierung geht, künftig die gleiche Großzügigkeit an den Tag legen wie bei der Finanzierung des Deutschen Ordenswerkes.
Das heißt: Die Verantwortung liegt nicht bei der Staatsregierung. Einem christlich-sozialen Politiker wie mir fällt es nicht leicht, auch an die Verantwortung der Kirche zu appellieren. Die Verantwortung liegt bei der Kirche, beim Orden der Dillinger Franziskanerinnen, und die Verantwortung liegt auch bei den Banken, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.
Jetzt zu den Lösungsansätzen. Ich bin froh, dass das KPMG-Gutachten eindeutig ist. Es gab ja mehrere Möglichkeiten. Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, über einen Totalverkauf oder über vieles Andere zu sprechen. Wir in diesem Hause haben immer gesagt, was wir wollen. Wir wollen, dass die Krankenhäuser aus der Verantwortung des Deutschen Ordens entlassen werden, dass dieser Geschäftsbereich neue Träger findet. Das KPMG-Gutachten weist eindeutig aus: Rückzug aus dem Betrieb der Krankenhäuser.
Herr Kollege Kaiser, Sie haben vorher von einer konzertierten Aktion von Kirche, Banken und Staat gesprochen. Herr Kollege Kaiser, wenn Sie die Banken ins Boot bringen wollen, müssen Sie wissen, dass von den 50 Banken in Frankfurt gerade einmal sechs am Tisch saßen. Glauben Sie denn, dass sich der Vorstandsvorsitzende irgendeiner Bank von uns beeinflussen lässt? Wir brauchen alle 50 Banken im Boot, wenn wir dieses Sanierungskonzept durchziehen wollen.
Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich: Arbeiten Sie mit uns gemeinsam daran, den Betrieb der Krankenhäuser in Dillingen und Buchloe sicherzustellen. Helfen Sie uns dabei, das Vertrauen der Bevölkerung und der Patienten aufrecht zu erhalten. Ein Krankenhaus existiert nicht im
luftleeren Raum. Sie wissen doch, wie sensibel die Bevölkerung die Versorgungsqualität eines Krankenhauses wahrnimmt. Denken Sie schließlich auch an die Zukunft der Krankenschwestern, der Ärzte, des Pflegepersonals in diesen Häusern. Deren Arbeitsplätze und die Sicherstellung der Versorgung der Patienten sind unsere ureigensten Interessen.
Wir sind gerne bereit, diesbezüglich auch dem Antrag der GRÜNEN mit der Einschränkung, die Kollege Winter gemacht hat, zuzustimmen. Wenn Sie dem zustimmen können, bitte ich Sie, diesen Antrag der GRÜNEN gemeinsam zu verabschieden. Ich bitte Sie auch um Zustimmung zum Antrag der CSU.
Herr Präsident, Hohes Haus! Lassen Sie mich zunächst mit ein paar Missverständnissen aufräumen, die sich auf Seiten der Opposition eingeschlichen haben. Ich möchte auf die Redebeiträge der Kollegen Schläger, Dr. Kaiser und Dr. Runge eingehen, damit hier in diesem Hohen Haus kein Missverständnis entsteht.
Man muss Ihnen, auf Seiten der Opposition, einmal klar machen, dass Sie in der Wirklichkeit angekommen sind. Der Unterschied zwischen Sein und Schein hat Sie eingeholt. Herr Kollege Dr. Kaiser, bei aller Freundschaft und bei allem Verständnis: Sie haben sich vorhin über den Ausdruck des Herrn Wirtschaftsministers echauffiert. Ich frage Sie allen Ernstes: Welches Bundesministerium leistet in Berlin heute noch konstruktive Arbeit? Die einzige Abteilung, die dort funktioniert, ist das Bundespresseamt. Die Abteilung Presse- und Öffentlich
keitsarbeit funktioniert bei Ihnen hervorragend, aber sonst nichts.
Ihr Bundeskanzler hält nur Schönwetterreden. Er ist nicht in der Lage, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Was das Thema Arbeitslosigkeit und andere Themen anbelangt, ist die Bundesregierung längst gefordert.
Die Lage, in der wir sind, liebe Damen und Herren von der Opposition, kann man sehr deutlich erkennen und formulieren: Bei Ihnen steigt die Arbeitslosigkeit, bei Ihnen steigt die Zahl der Insolvenzen, und es steigt die Inflation. Der Wert des Euro sinkt, das Wirtschaftswachstum und die Binnennachfrage gehen zurück. Ihr Bundeskanzler stellt sich immer hin und sagt: Der Aufbau Ost ist Chefsache. Die Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern liegt zwischen 16 und 17%.
Da reicht es nicht, Verwandte in den neuen Bundesländern zu besuchen. Da ist konstruktive Arbeit gefordert.
Nein. Beim Thema Euro werden Ihre Genossen nicht müde, zu sagen: Liebe CSU, liebe Union, den Euro hat doch nicht Bundeskanzler Schröder eingeführt, eingeführt haben ihn Kohl und Waigel.
Eingeführt haben den Euro Kohl und Waigel. Aber das war zu einer Zeit, als Sie den Bayerischen Ministerpräsidenten und den ehemaligen Finanzminister Theo Waigel als Drei-Prozent-Fetischisten bezeichnet haben, als wir auf den Stabilitätspakt beim Euro gepocht haben.
Unter der rot-grünen Bundesregierung hat der Euro 30% an Wert verloren. Damit vernichten Sie gespartes Kapital und Wirtschaftswachstum.
Meine Damen und Herren, Sie geben immer gerne der Europäischen Zentralbank und anderen die Schuld.
Die Volkswirtschaft in diesem Land hat Ludwig Erhard sehr viel zu verdanken. Er hat gesagt: Wirtschaft, Börse, Kapitalmarkt sind mit Psychologie verbunden, ist zum Teil bauch- und herzgesteuert. Er hat nie gesagt, dass man mit dem Erwecken von Anschein Wirtschaftspolitik machen kann. Er hat gesagt: Wir brauchen Markt, wir
brauchen Wettbewerb, wir brauchen soziale Gerechtigkeit und Subsidiarität und vieles Andere mehr. All das sind Dinge, die Sie im Moment mit Füßen treten.
Es wäre gut, wenn Sie sich an Ludwig Erhard und an seine Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft erinnern würden.
Ich komme jetzt auf einige Ursachen dafür zu sprechen, warum die Lage so ist. Herr Dr. Kaiser, Kollege Schläger, ich will gar nicht auf die Ihrer Meinung nach besonders benachteiligten Gebiete eingehen. Das wird nach mir Kollege Müller tun. Gestatten Sie mir aber die Anmerkung: Sie hätten wahrscheinlich laut aufgeschrieen, wenn sich der Bayerische Ministerpräsident bei der Standortentscheidung mit dem Vorstand der BMW AG angelegt hätte. Sie hätten wahrscheinlich als Erste an die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft erinnert und gesagt: Das ist Einflussnahme der Politik auf Standortentscheidungen.
Sie verkennen in diesem Punkt die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft.
Lassen Sie mich noch auf ein paar Punkte zu sprechen kommen, die sehr interessant sind. Ich nenne das Stichwort Steuerpolitik. Dass es eine sozialdemokratische Partei fertig bringt, eine solche Steuerreform auf den Weg zu bringen, ist unglaublich.
Von Ihnen, Herr Dr. Runge, hätte ich erwartet, dass Sie sich an die Vehemenz und die Leidenschaft erinnern, mit der Ihre Kollegin Christine Scheel, Ihre Haushalts- und Finanzexpertin, in Berlin dafür gekämpft hat, dass diese Steuerreform nicht so mittelstandsfeindlich wird, wie sie jetzt ist. Sie haben Frau Scheel im Stich gelassen. Obwohl Sie sich in Ihrer Partei immer für den Tierschutz einsetzen, haben Sie auch diese Kröte geschluckt. In der Steuerpolitik wird der Mittelstand massiv benachteiligt.
Liebe Damen und Herren von der SPD, Ihr Bundeskanzler wird sonst nicht müde, frohe Botschaften unter das Volk zu bringen und zu verbreiten. Ich sage: Mit einer verfaulten Banane schafft er es, einen florierenden Obsthandel aufzumachen.
Diese Steuerreform war keine frohe Botschaft. Darum hat er sie auch nicht selbst verkündet. Er sucht sich dafür Protagonisten.
Wir alle hätten erwartet, dass Sie bei den Protagonisten für diese Steuerreform an die Krankenschwester, an den Fließbandarbeiter bei VW, an den Handwerksmeister gedacht hätten.
Wissen Sie, was der Bundesfinanzminister macht? Er wirbt in ganzseitigen Anzeigen im „Spiegel“ und in anderen Magazinen mit den Worten für diese Steuerreform: „Die Steuerreform 2000 ist ein echter Meilenstein“.
Als Protagonisten sucht er sich Herrn Dr. Wendelin Wiedeking, den Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG.
Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie eine Steuerreform vorlegen, zu der auch der kleine Mann sagt: Das ist eine gute Steuerreform für den kleinen Mann und für die breite Masse der Bevölkerung.
Herr Dr. Kaiser, Sie haben an Ludwig Erhard erinnert. Dem war die Personengesellschaft und der persönlich haftende Unternehmer lieber, als der Vorstandsvorsitzende der Kapitalgesellschaft.
Ich komme zu einem zweiten Punkt: der Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen. Die Bundesregierung spricht von Innovation und Modernisierung. Wenn diese Bundesregierung noch länger regiert, dann haben wir in diesem Land irgendwann die ältesten Dreh- und Hobelbänke. Dann haben Sie die Abschreibungsdauer auf 16 Jahre verlängert. Das muss man sich einmal vorstellen. Das ist keine Politik, die diesen Standort flexibel macht und ihn gegen den globalen Wettbewerb beständig macht. Sie täuschen die Leute. Ich will jetzt gar nicht auf das Thema Rating zu sprechen kommen. Für den Basler Akkord sind Sie nicht verantwortlich. Sie sind aber für die wesentliche Verschlechterung der Beteiligung verantwortlich. Früher war es so, dass ein Jungunternehmer sagen konnte: Ich brauche Geld für meine Existenzgründung. Er konnte sich dieses Geld auf dem Kapitalmarkt beschaffen, er konnte aber auch in seiner Familie nachfragen. Vielleicht hätte er dort jemanden gefunden, der gesagt hätte: Ich beteilige mich an deiner Idee, ich glaube daran.
Sie haben diese Beteiligungsmöglichkeiten so verschlechtert, dass Sie heute niemanden finden werden, der sich an einem jungen Unternehmen beteiligt.
Die Binnennachfrage sinkt. Sie könnten behaupten, die Leute kaufen nichts mehr, sie wollen nicht konsumieren. Es ist klar, dass die Leute nicht mehr konsumieren wollen. Alleine über die Mineralölsteuer wurden im letzten Jahr 75 Milliarden DM eingenommen. Sie haben den Menschen mit dem Kraftwärmekopplungsgesetz und dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz 11,5 Milliarden DM weggenommen. Die Bundesregierung kassiert 85 Milliarden DM. Das ist ein Drittel der gesamten Lohn- und Einkommensteuer, die in diesem Land eingenommen wird. Sie kassieren an den Tankstellen noch einmal zusätzlich ab. Es ist nicht falsch, wenn man sagt: Sie machen die Tankstellen zu Außenstellen des Finanzamtes.
Beim Betriebsverfassungsgesetz merkt man klar, wohin Ihre Orientierung geht, nämlich nicht zum persönlichen und einzelnen Unternehmer, sondern zur großen Aktiengesellschaft. Es geht um die Einflussnahme über Betriebsräte in den Unternehmen und nicht darum, dass Sie diese Wirtschaft voranbringen, sondern darum, über das Betriebsverfassungsgesetz möglichst viele Kontrollinstrumente einzuführen. Die Auswirkungen auf den Freistaat Bayern machen mir große Sorgen. Der Freistaat Bayern ist in der Bundesrepublik Deutschland das Land mit dem höchsten Anteil an Selbstständigen. Diese CSU-geführte Staatsregierung hat in den letzten Jahrzehnten mehr als jede Staatsregierung in diesem Land für den Mittelstand getan. Nennen Sie mir ein Land, das so frühzeitig ein Mittelstandsförderungsgesetz und für den Mittelstand viele andere Dinge bis hin zu Innovations- und Technologieeinführungsprogrammen auf den Weg gebracht hat.
Meine Damen und Herren von der Opposition, 86% der Unternehmen in diesem Land sind Mittelständler, und diesen Mittelstand beschädigen Sie massiv. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie zum Totengräber dieses Mittelstandes. Das Problem ist, dass, wenn es bei dieser Bundesregierung um die Lösungsansätze geht, manche Dinge nicht mehr nachvollziehbar sind. Zum Wirtschaftswachstum, so der niedersächsische Ministerpräsident Sigmund Gabriel, müssen wir Konjunkturprogramme machen. Er wird zwar gelegentlich von Bundeskanzler Schröder gebremst, aber die Gedanken sind da. Wir wissen, dass Konjunkturprogramme der falsche Ansatz sind.
Zum Thema „Arbeitslosigkeit und Zuwanderung“ ein Zitat von Oskar Lafontaine, das Sie sehr freuen wird: „Die Arbeitslosenzahlen steigen. Da erschallt der Ruf: Wir brauchen ausländische Arbeitskräfte. Sie sollen Rente und Wirtschaft retten. Die Bevölkerung fasst sich an den Kopf“. Ihr Bundeskanzler glänzt dann mit geballtem volkswirtschaftlichen Sachverstand – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, denn auf die jüngst gestellte Frage, ob Einheitslöhne wie bei VW und Lohnverzicht wie bei Hewlett Packard der Ausweg aus der Krise sein könnten, antwortete Schröder: „Ich halte solche Modelle im Einzelfall für vernünftig.“ Wenn dies ein CSU- oder CDU-Mitglied gesagt hätte, würde man sagen, dies seien die Erzkapitalisten von der anderen Seite. Auf die Frage, ob der Regierung die Puste ausgehe, antwortete Schröder: „Was die Regierung für das Wachstum tun konnte, hat sie getan.“ Das klingt so, als würde einem Arbeitnehmer ins Zeugnis geschrieben, er war ständig bemüht und bestrebt, den an ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Dies ist nichts anderes als die Umschreibung für Versagen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, wir fordern deshalb von Ihnen, als bayerische Sozialdemokraten in Berlin Ihren Einfluss dahin geltend zu machen, dass der Mittelstand in Bayern, die Stütze der Wirtschaft im Freistaat Bayern, weiterhin leben kann. Ändern Sie Ihre Arbeitsmarktpolitik, korrigieren Sie Ihre Steuerpolitik, schaffen Sie die Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb, stärken Sie den Mittelstand, orientieren Sie sich an der sozialen Marktwirtschaft.
Herr Dr. Runge, distanzieren Sie sich in Berlin von den Genossen, der die Verantwortung für die miserable Lage in den neuen Bundesländern trägt. Diese tragen nicht die Regierung Kohl/Waigel, sondern in erster Linie diejenigen Genossen, die dort drüben 40 Jahre regiert haben und mit denen Sie in Berlin wieder taktieren wollen. Geben Sie diese Politik auf, damit tun Sie uns einen Gefallen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine kurze Anmerkung an die Vertreterinnen und Vertreter des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Sie haben versucht, den Eindruck zu erwecken, als ob der bayerische Umweltminister ein einsamer Rufer in der Wüste wäre, während Sie an der Spitze der Bewegung marschierten.
Das ist ein Missverständnis. Es ist genau umgekehrt, Herr Kollege Dr. Dürr. Schauen Sie sich die nationale und die internationale Diskussion einmal an. Sie sind nämlich selbst allein auf weiter Flur.
Sie sind es, was die Länderumweltminister angeht; Sie sind es, was die EU-Kommission angeht. Keiner von Ihnen hat das bisher zur Kenntnis genommen. Fragen Sie einmal die EU-Umweltkommissarin, Frau Wallström, was sie von der Dosenpfanddiskussion in der Bundesrepublik Deutschland hält – nämlich gar nichts. Schauen Sie sich einmal die Einwendungen an, die England, Frankreich, Italien, Österreich, Luxemburg und andere Länder erhoben haben. Meine Damen und Herren von der Opposition, betrachten Sie einmal die Verbandsdiskussion. Vom Sachverständigenrat für Umweltfragen bis hin zum Bundeskartellamt sind alle dagegen. Nehmen Sie Stellungnahmen des Landesverbandes Bayerischer Einzelhandel zur Novelle der Verpackungsverordnung und zum Zwangspfand. Das Zwangspfand hat nicht die ökologische Lenkungswirkung. Das Zwangspfand ist ökonomisch unzumutbar und mittelstandsfeindlich. Das Zwangspfand ist willkürlich.
Sie sollten jetzt nicht den Eindruck erwecken, als ob die ganze Nation, alle beteiligten Verbände nach dem Zwangspfand rufen würden. Es ist genau umgekehrt.
Lassen Sie mich noch einmal ein paar Argumente bringen. Lieber Kollege Dürr, ein bisschen mehr sachpolitische Information hätte ich Ihnen zugetraut. Wenn Sie den Problemkreis konsequent angehen, dann kann man beim Thema Littering und Umweltverschmutzung durchaus darüber streiten, ob ein Zwangspfand auf eine Dose nicht eine gewisse Lenkungswirkung hat. Es ermuntert dazu, dass ich eine Dose nicht auf einer Bergwiese liegen lasse, sondern dass ich sie einsammle und wieder zurückbringe. Was mich gerade bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwundert: Eine ökologische Lenkungswirkung, die Sie ja maßgeblich befürworten müssten, hat dieses Pfand nicht. Dieses Pfand hat nicht die geringste ökologische Lenkungswirkung. Ich halte es fast schon für einen Skandal, dass ausgerechnet von Ihrer Partei, von Ihrer Fraktion die Worte Mehrweg, Mehrweganteil, Mehrwegquote nur noch rudimentär gebraucht werden. Von Ihnen hätte ich erwartet, dass Sie nicht allein über das Thema Pfand diskutieren,
sondern dass Sie sagen: Wir wollen Mehrweganteile sichern. Es ist doch nicht so, dass der bayerische Umweltminister einen Papiertiger erfunden hätte.
Ich sage Ihnen eines: Das, was er vorgeschlagen hat, ist klar. Herr Gartzke hat das vorher so schön erwähnt: Überall, zum Beispiel im Jugendstrafrecht, hätten wir Sanktionsmechanismen. Schauen Sie sich die Verordnung an. In ihr sind klare Sanktionsmechanismen enthalten.
Ein letzter Punkt, meine Damen und Herren von der Opposition. Wenn Sie so schön sagen: Wir wollen die mittelständische Brauwirtschaft im Freistaat Bayern schützen und erhalten, dann haben Sie uns sicher an Ihrer Seite. Sie verwechseln aber Äpfel mit Birnen. Bei diesem Schutz geht es nicht um den Kampf von Flasche gegen Dose, sondern von Bier gegen Bier. Es geht um den Wettbewerb zwischen kleinen, mittelständischen bayerischen Brauereien und Großkonzernen in Norddeutschland. Wenn Sie auf diesem Gebiet etwas tun wollen, wenn Sie glaubwürdig sein wollen, dann machen Sie eine vernünftige Mittelstandspolitik. Wenn Sie Mittelstandsbrauer fragen, werden Ihnen diese sagen: Mir ist mehr geholfen, wenn diese Bundesregierung mich als kleinen Mittelständler im Steuerrecht mit dem Großkonzern, mit der Aktiengesellschaft gleich stellt. Mir ist mit meinem kleinen mittelständischen Betrieb mehr geholfen, wenn die 630-DM-Regelung, wenn Abschreibungsfristen, Kündigungsschutz und viele andere Dinge wieder mittelstandsfreundlich geregelt werden.
Solange Sie das nicht tun, ist Ihr Appell zum Erhalt der mittelständischen Brauwirtschaft im Freistaat Bayern nichts anderes als das Vergießen von Krokodilstränen – nicht mehr und nicht weniger.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Odenbach, Sie haben nicht nur in der Zeit überzogen, sondern Sie haben auch, was Inhalt und Dramaturgie Ihrer Rede angeht, weit, weit danebengelangt. Ich möchte dazu fast sagen: Setzen, Sechs. Mehr kann man dazu nicht sagen.
Lassen Sie mich mit ein paar Missverständnissen aufräumen. Wenn ich die Zustandsbeschreibung über das bayerische Schulwesen höre, die von Ihrer Seite gekommen ist, dann muss ich dazu sagen: Sie haben nicht mitbekommen, was in den letzten Jahren bildungspolitisch in diesem Hause beschlossen worden ist.
Sie haben auch nicht den Mut, fair und selbstkritisch in die von Ihnen regierten Bundesländer zu schauen. Ich möchte jetzt ein Zitat bringen, das den Zustand und den Stellenwert des bayerischen Bildungssystems verdeutlicht. Sie wissen, dass der „Spiegel“ nicht zu den Publikationen gehört, die der CSU wohlgesinnt sind. Am 2. April dieses Jahres war im „Spiegel“ zu lesen:
Nur unter der Hand werden Testergebnisse des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung gehandelt. Diese sind eindeutig: Bayerische Schüler gehören danach zur deutschen Bildungselite, nordrhein-westfälische Schüler gehören zu den schlechtesten.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wenn wir uns konkret die Werte ansehen, zum Beispiel die Anzahl der Schüler pro Klasse usw., sieht es in Nordrhein-Westfalen sehr übel aus. Deshalb sollten Sie sich nicht hierher stellen und so tun, als ob im Freistaat Bayern nichts passieren würde. Herr Kollege Odenbach und Herr Kollege Irlinger, ich weiß, dass es einem Oppositionspolitiker in der Regel schwer fällt, sich beim Finanzminister zu bedanken. Hören Sie aber bitte mit der Darstellung dieser Untergangsszenarien auf. Sie zeichnen damit ein falsches Bild von der bayerischen Bildungslandschaft.
Wir können uns trefflich darüber streiten, welche Indikatoren etwas über den Stellenwert des Bildungssystems innerhalb eines Landes aussagen und wie man Schulqualität misst. Herr Kollege Irlinger, ein Indikator für die Qualität eines Bildungssystems ist für mich die Frage, wie Schülerinnen und Schüler auf dem Arbeitsmarkt angenommen werden. Tatsache ist, der Stellenwert bayerischer Schüler auf dem Arbeitsmarkt und die Zukunftsaussichten dieser Schüler gehören zu den besten.
Herr Kollege Irlinger, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, es trifft nicht zu, dass die bayerische Wirtschaft über die miserable Leistungsfähigkeit der bayerischen Schüler klagt. Bayerische Unternehmer klagen allenfalls darüber, dass sie die Leute, die sie brauchen, nicht in ausreichender Zahl bekommen. Sie klagen aber nicht über den Inhalt und die Qualität des bayerischen Bildungswesens. Gehen Sie doch einmal zu den Industrie– und Handelskammern in den Bundesländern, in denen Sie Regierungsverantwortung tragen. Hören Sie sich einmal an, was die Handwerkskammern in Nordrhein-Westfalen und anderen Bundesländern über die Qualität des dortigen Bildungswesens zu sagen haben. Frau Kollegin Münzel, ich muss Ihnen leider Nachhilfe erteilen. Sie sollten nur von Dingen reden, von denen Sie etwas verstehen. Sie haben absolut keine Ahnung von der Hightech-Offensive.
Sie haben soeben versucht, die Ausgaben für die Hightech-Offensive den Ausgaben für die Bildungsoffensive gegenüberzustellen. Dabei haben Sie behauptet, die Mittel für die Hightech-Offensive seien Mittel für die Großkonzerne. Die Hightech-Offensive passt nahtlos in die bayerische Bildungsoffensive.
Mit diesen Mitteln wird jungen Menschen nicht nur eine solide Ausbildung, sondern auch ein zukunftsträchtiger Arbeitsplatz vermittelt.
Sie haben behauptet, mit der Higtech-Offensive wolle der Freistaat etwas für die Großkonzerne tun. Ich sage Ihnen, Ihre Genossen in Berlin begünstigen die Großkonzerne durch ihre Steuer– und Finanzpolitik.