Protocol of the Session on June 27, 2001

(Zuruf von der SPD: Anderes Geld haben Sie ja nicht! – Maget (SPD): Da wird er sich freuen, der Steuerzahler!)

Im Übrigen zeigen wir nicht mit dem Finger auf andere, sondern können guten Gewissens die Dinge vom Bund einfordern, da wir die bayerischen Wohnungsbaumittel nach wie vor auf hohem Niveau gehalten und die Förderkonditionen auch im letzten Jahr weiter verbessert haben.

Sie haben immerhin eingeräumt, dass auch Sie gerne mehr Geld hätten. Währenddessen hat sich der wohnungsbaupolitische Sprecher der SPD, der vor Ihnen geredet hat, in seinen Ausführungen um eine Aussage zur gewünschten Erhöhung der Mittel herumgedrückt. Ich möchte nochmals daran erinnern, dass der Bund die Mittel von 1998 bis jetzt auf jetzt nur noch ein Drittel von dem zurückgefahren hat, was vor zweieinhalb Jahren noch gültig war.

(Maget (SPD): Weil Sie die Kassen geleert haben! Sie haben einen Raubzug hinter sich!)

Sie sagen nur, dass der Bund kein Geld hat. Ihnen ist offensichtlich entgangen, dass Herrn Eichel 100 Milliarden DM UMTS-Mittel einfach in den Schoß gefallen sind.

(Maget (SPD): Jawohl! Dann wären es nur noch 1400 Milliarden DM!)

Dann scheint offensichtlich bei der Bundesregierung auch noch nicht registriert worden zu sein, dass gerade Investitionen in den Wohnungsbau, in Infrastruktureinrichtungen nicht nur gut für die Bauwirtschaft, sondern auch für die Wirtschaft insgesamt gut sind und dass dadurch erst wieder Steuereinnahmen erzielt werden können.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Volkmann?

Nein. – Herr Volkmann, Sie haben auf Versäumnisse Mitte der achtziger Jahre hingewiesen. Ich weiß nicht, ob Sie gegenüber Wohnraumsuchenden oder gegenüber arbeitslosen Bauarbeitern die heutigen Versäumnisse der Bundespolitik damit rechtfertigen wollen und ob Sie glauben, damit durchzukommen.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es sind in der Tat alarmierende Zahlen in der Bauwirtschaft, die wir zu beklagen haben und die die Folge der verfehlten Wohnungspolitik des Bundes sind. Die Beschäftigungssituation in der Bauwirtschaft war noch nie so schlecht wie heute. Im Bauhauptgewerbe sind nur noch 940000 Arbeitsplätze besetzt, während das 1995, also vor gerade einmal sechs Jahren, immerhin noch 1,4 Millionen Arbeitsplätze waren. Allein in diesem Jahr werden weitere 60000 Arbeitsplätze verloren gehen. Das ist angesichts der Tatsache, dass bereits rund 250000 arbeitslose Bauarbeiter zu beklagen sind, die händeringend Arbeit suchen, tatsächlich alarmierend.

Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland ist im Januar um knapp 33% gegenüber dem Vorjahr gesunken, was der drastischste Einbruch seit den achtziger Jahren ist. Auch bei uns in Bayern geht die Zahl der Baugenehmigungen seit Mitte der neunziger Jahre zurück, vor allem wegen der Rückgänge im Geschosswohnungsbau. Nach mehreren Jahren der Steigerung gehen seit dem Jahr 2000 allerdings auch die Baugenehmigungszahlen für Einfamilienhäuser zurück, sodass wir im Vergleich zu 1998, als wir noch knapp 80000 Baugenehmigungen hatten, im Jahre 2000 nur noch 63000 haben, also ein Rückgang um immerhin ungefähr ein Viertel.

Vergleichbare Zahlen haben wir bei den Wohnungsbaufertigstellungen insgesamt. Da waren es 1996 immerhin noch knapp 90000.

(Zuruf des Abgeordneten Maget (SPD))

Ich rede von Bayern, Herr Fraktionsvorsitzender der Bayern-SPD, vielleicht registrieren Sie das! Ich rede nicht über Ostdeutschland. Ich rede hier über Bayern und bayerische Zahlen. Wenn Sie das weniger interessiert als Ostdeutschland, dann ist das Ihr Problem. Aber das ist ja ein Problem, das die Bayern-SPD auch in anderen Bereichen hat.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Jahre 2000 hatten wir nur noch 75000 Fertigstellungen, während es 1996 fast 90000 waren.

Bayern bekennt sich zu einer aktiven Wohnungspolitik und tritt konsequent für bessere wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen im Wohnungs- und Siedlungswesen ein. Anders als der Bund – ich habe es bereits gesagt – halten wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau seit Jahren auf hohem Stand.

Der Auftragsbestand der Bauwirtschaft ist der niedrigste seit der Wiedervereinigung und die Auftragseingänge im Wohnungsbau sind auf dem niedrigsten Stand seit vielen Jahren. Demgegenüber blüht die Schwarzarbeit. Jährlich gehen durch Schwarzarbeit und illegal operierende Subunternehmen 125 Milliarden DM an Steuereinnahmen verloren.

Statt hier für positive Impulse zugunsten der heimischen Bauwirtschaft zu sorgen, hat die rot-grüne Koalition in Berlin die Rahmenbedingungen für den Bau drastisch verschlechtert. Gerade unser mittelständisch geprägtes Baugewerbe leidet unter der Verteuerung der Energiekosten insbesondere durch die Ökosteuer, der Einschränkung befristeter Arbeitsverträge, dem Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit und der Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung. Die Investitionsquote im Bundeshaushalt bewegt sich auf einem Rekordtief. Die aus den UMTS-Erlösen finanzierten Infrastrukturinvestitionen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Finanzpolitik des Bundes verschiebt Lasten auf Länder und Gemeinden, sodass deren Investitionsfähigkeit als wichtigster öffentlicher Auftraggeber nun ebenfalls erheblich beschnitten wird.

Privatfinanzierungsmodelle für die öffentliche Infrastruktur scheut die Bundesregierung wie der Teufel das Weihwasser. Sie lässt das hier verfügbare Investitionspotenzial ungenutzt. Die Industrienation Deutschland – und wir reden ja in fast jeder Plenarsitzung auch darüber – lebt bei der Verkehrsinfrastruktur inzwischen von der Substanz. Die Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau ist durch zahlreiche steuerliche Verschlechterungen – Kollege Grabner hat bereits darauf hingewiesen – beeinträchtigt worden und wird sich durch die kürzlich beschlossene Mietrechtsreform weiter verringern. Auch eine wirkungsvolle Bekämpfung der Schwarzarbeit, deren Schwerpunkt im Baugewerbe liegt, findet nicht statt.

Die Ursachen der Probleme müssen beseitigt werden. Legale Arbeit muss wieder bezahlbar werden. Die Arbeitnehmer verdienen netto zu wenig und kosten brutto zu viel. Nur durch eine konsequente Senkung der Steuern und der Sozialabgaben kann Schwarzarbeit wirksam eingedämmt werden.

Bedauerlicherweise hat die Regierungskoalition mit ihrer Steuerreform genau die falschen Signale gesetzt. Die Steuersätze für Arbeitnehmer und mittelständische Unternehmen werden im Vergleich zu denen der Kapitalgesellschaften nur unzureichend und viel zu spät reduziert.

Herr Kollege, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Herrn Volkmann?

Nein. Es ist dafür jetzt keine Zeit.

(Zuruf des Abgeordneten Maget (SPD))

Ein drastischer Konjunktureinbruch beim Baugewerbe ist zu beklagen und ohne Besserung beim Wohnungsbau gibt es keinen Aufschwung. Die Krise beim Wohnungsbau ist hausgemacht. Die Bundesregierung muss die steuerlichen Investitionsbedingungen bei Immobilien deutlich verbessern. Fehlentwicklungen der letzten Jahre müssen rückgängig gemacht werden. Im Interesse der Wohnungssuchenden, vor allem der Familien mit Kindern, im Interesse der Bauwirtschaft, der mittelständischen Betriebe, des Bauhaupt- und -nebengewerbes sowie der zahlreichen Handwerksbetriebe, die im Ausbaubereich tätig sind, aber auch im Interesse der gesamten Wirtschaftsentwicklung müssen die Versäumnisse des Bundes in der Wohnungspolitik dringend korrigiert werden. Der Bau war früher stets die Konjunkturlokomotive und muss diese Funktion gerade bei zurückgehender Konjunktur wieder übernehmen; denn Investitionen, die gerade im Bau für Infrastruktur, für Wohnungsbau, für Gewerbebau eingesetzt werden, fließen vielfach wieder zurück.

Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.

(Beifall bei der CSU)

So, jetzt hat der Herr Staatsminister des Innern das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Beckstein.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, dass ich enttäuscht bin über die Haltung von Ihnen, Herr Kollege Volkmann, und von Ihnen, Frau Kollegin Tausendfreund, und auch über das, was an Zwischenrufen von Herrn Maget gekommen ist. Das ist aus meiner Sicht ein Trauerspiel, und zwar deswegen, weil wir im Bereich der Wohnungsversorgung in Deutschland ein ganz eklatantes Auseinanderfallen der Situation haben. Wenn wir in der Bauministerkonferenz über das wichtigste Problem der Wohnungspolitik sprechen – und wir hatten in der vergangenen Woche Bauministerkonferenz –, dann steht in den neuen Ländern völlig einheitlich ein Problem im Vordergrund, nämlich das Problem: Wie können wir Leerstände beseitigen? Dazu gibt es in Kürze ein neues, 300-Millionen-DM-Programm für den Abriss von Wohnungen.

Wir haben ein anderes Problem, das in der Region München virulent ist. Dort gibt es eine echte Wohnungsnot. Wir müssen das deutlich machen. Heute ist mir klar geworden, warum Herr Ude nicht den Hauch einer Chance hat, eine Lösung der Sonderprobleme, die wir hier haben, voranzubringen. Wenn die bayerische SPD nicht deutlich macht, dass es hier ein Problem gibt, sondern nur der Verteidiger der Rückführung der Mittel ist, dann – das kann ich nur sagen – versagt sie.

(Beifall bei der CSU)

Dann versagen Sie auch ganz persönlich, Herr Kollege Volkmann.

Jetzt darf ich Ihnen einmal sagen, was ein mir gut bekannter junger Mann, der 23 Jahre alt ist, an Problemen hat, wenn er sich hier in München eine Wohnung sucht. Ich sage Ihnen, dass das mein Sohn ist. Deshalb habe ich das vor gut einem Jahr aus eigenem Erleben mitbekommen. Er wollte eine Wohnung und hat in die Zeitungen geschaut und festgestellt, dass es für eine Wohnung nicht einen, fünf oder zehn Bewerber, sondern 100 oder 120 Bewerber gibt. Sie sollten hier die für München typische Situation darstellen, die so aussieht, dass ein junger Mensch, der eine Wohnung sucht, nur dann eine Chance hat, wenn er sich nachts die „Süddeutsche Zeitung“ oder den „Münchner Merkur“ kauft, um am nächsten Morgen um sechs oder um halb sechs dort zu stehen, wo die Wohnung angeboten wird. Dann wartet man – so ist die Situation bei den jungen Leuten in München –, bis der nächste Bewerber kommt, weil es einen Inserenten nicht sonderlich freundlich stimmt, wenn man bei ihm um sechs Uhr läutet. Man wartet also, bis der nächste kommt, aber dann läutet man doch, damit man vor dem anderen an der Reihe ist. Das ist die Situation.

Und dann sagen Sie, die Situation sei in Ordnung und Sie verweisen auf die Versäumnisse der achtziger Jahre. Bleiben Sie doch mit diesem Schmarrn zu Hause und nehmen Sie die Probleme der Menschen hier ernst!

(Beifall bei der CSU)

Ich appelliere eindringlich an Sie alle. Wir müssten hier einhellig sagen: Liebe Leute in der deutschen Wohnungsbaupolitik, Ihr dürft hier nicht sagen, wie das Frau Tausendfreund getan hat, es sei insgesamt ganz gut, und wir brauchen doch jetzt nicht, wenn es Wohnungsleerstände gibt, über Neubau zu diskutieren. Erzählen Sie das doch den 40000 oder 50000 Leuten, die im Münchner Großraum eine Wohnung suchen.

Ihre Aufgabe ist es nicht, die Probleme von Frankfurt an der Oder oder von Görlitz zu lösen, sondern die Probleme unserer Region.

(Beifall bei der CSU)

Ihre Rede hätte für Görlitz gepasst oder für Cottbus. Als Rede einer bayerischen Abgeordneten halte ich sie für ein eklatantes Pflichtversäumnis und eigentlich sollte jeder Wohnungssuchende in Bayern Ihre Rede hören. Und das kommt auch noch von einer Partei, die früher behauptet hat, etwas für die Mieter tun zu wollen.

Wie ist nun die Situation im Bereich des Wohnungsbaues? Ich bitte um Nachsicht, Herr Volkmann, ich will hier keine billige Parteipolitik betreiben.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch nicht!)

Frau Stahl, Sie haben sich um diese Fragen nie sonderlich gekümmert, aber der Herr Volkmann weiß, wenn ich bei Verbänden spreche, dass ich das in ganz seriöser Weise darlege. Und ich werde auch noch sagen, wo wir unsere Probleme haben.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich war in Nürnberg dafür zuständig, also erzählen Sie mir nichts über diese Probleme!)

Sie waren weder bei den Jahrestagungen von GdW oder VdW noch vom Mieterverein oder vom Haus- und Grundbesitzerverein.

(Fortgesetzte Zurufe der Frau Abgeordneten Chris- tine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie mögen vielleicht die Probleme Nürnbergs aus der Zeit von 1996 kennen, aber zur Wohnungsbaupolitik haben Sie sich zumindest in den letzten Monaten nicht öffentlich geäußert, jedenfalls nicht so, dass es irgendjemand als sachkundig zur Kenntnis genommen hätte.

(Beifall bei der CSU)

Nun darf ich einmal vortragen, wo ich ein Problem sehe. Ich habe die Statistiken für die alten Bundesländer und für Bayern da. Aber um es abzukürzen, will ich nur die bayerischen Zahlen vortragen. Wir haben in den Neunzigerjahren bei der Fertigstellung von Wohnungen – das räume ich ein – einen Rückgang von 88000 im Jahre 1996 auf 76000 im Jahre 1999 und im Jahre 2000 auf rund 74500 Wohnungen.

(Zuruf von der SPD: Können Sie auch noch 1994 dazunehmen?)