Protocol of the Session on June 27, 2001

Ein ganz entscheidender Punkt ist die drastische Kürzung der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau. 1998 gab der Bund noch 1,3 Milliarden DM, im Jahr 2001 haben wir gerade noch 450 Millionen DM. Wenn man die 575 Millionen DM, die der Freistaat Bayern im Jahr 2001 für den sozialen Wohnungsbau ausgibt, den 50 Millionen DM, die der Freistaat vom Bund erhält, gegenüberstellt, dann muss man nüchtern feststellen, dass sich der Bund aus seiner Verantwortung zurückzieht.

(Beifall bei der CSU)

Sparen ist schon richtig, aber sparen bei Investitionen hat Auswirkungen auf Arbeitsplätze und bedeutet weniger Steuereinnahmen.

(Dr. Wilhelm (CSU): So ist es!)

Wer glaubt, Wohnungsbaufördermittel seien eine beliebige Jongliermasse, der verkennt die Bedeutung der Wohnraumversorgung für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Wir brauchen Kontinuität und keine großen Sprünge.

Wir wissen, dass der Bau von Wohnungen nicht von heute auf morgen erfolgt, sondern dass es zum Teil erhebliche Vorlaufzeiten gibt. Das sieht man ganz deutlich in München. Wir fordern deshalb eine Anhebung der Bundesmittel auf 500 Millionen Euro, also 980 Millionen DM jährlich, und wir fordern zusätzliche Mittel für ein Programm für Ballungsräume.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einige Anmerkungen zur besonderen Situation in München. Der „Münchener Merkur“ hat am 21. Februar dieses Jahres die Frage gestellt: „Ist es ein Naturgesetz, dass München jedes Mal wieder in die Wohnungsfalle tappt?“. Die Antwort ist eindeutig: Nein. Am Freistaat Bayern liegt es ganz bestimmt nicht, dass München solch erhebliche Probleme hat. München hat vom Freistaat Bayern im Jahr 2000 und im Jahr 2001113,2 Millionen DM bzw. 114 Millionen DM bekommen, die Tendenz war also steigend. Wenn man das mit den 50 Millionen DM, die der Freistaat Bayern vom Bund erhält, ins Verhältnis setzt, dann wird besonders deutlich, was Bayern für München tut. Über 21% der bayerischen Mittel gehen nach München. Ich kann mich erinnern, dass München vor einigen Jahren Probleme hatte, die Mittel überhaupt abzurufen. Es stellt sich aber auch die Frage, ob trotz höherer Mittel auch entscheidend mehr Wohnungen gebaut werden. So fehlen in München beispielsweise Grundstücke für den Bau von Studentenwohnungen und von Wohnungen für Staatsbedienstete, obwohl Mittel vorhanden sind.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmann (SPD))

Herr Kollege Volkmann, Sie wissen, ohne Grundstücke gibt es keinen Bau. Problematisch sind natürlich die hohen Grundstückskosten für den Mietwohnungsbau. Der Bund könnte seinen Beitrag leisten, indem beispielsweise Kasernengrundstücke zu erschwinglichen und erträglichen Preisen nicht nur für den sozialen Wohnungsbau, sondern für den Wohnungsbau insgesamt mit der Auflage, Mietwohnungen zu bauen, abgeben würde.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Wilhelm (CSU))

Die Initiativen der Landeshauptstadt München reichen nicht aus. Für weitere Impulse ist die rot-grüne Bundesregierung in Berlin gefragt. Aber Schröder lässt München und andere Mängelregionen in der Wohnraumversorgung im Stich.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmann (SPD))

Das Problem der bayerischen SPD ist, dass man in Berlin nicht auf Sie hört, verehrter Herr Volkmann und ver

ehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Sie verfassen zwar wohlgemeinte Appelle, aber Schröder tut das, was er will.

(Beifall bei der CSU)

Wenn die Rendite in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Investitionen steht und steuerliche Rahmenbedingungen ständig verschlechtert werden, das Mietrecht einseitig verändert wird und es Probleme mit akzeptablen und bezahlbaren Grundstücken gibt, dann muss man sich nicht wundern, wenn man Probleme bei der Wohnraumversorgung hat.

Fazit: Solange die SPD nicht damit aufhört, hartnäckig die Einflüsse ihrer wohnungspolitischen Abbruchpolitik zu leugnen anstatt entscheidende Korrekturen anzubringen. werden wir die Probleme der Wohnraumverknappung und Wohnungsnot nicht loswerden. Ist ein Klima aufgrund der Rahmenbedingungen erst einmal kaputt, dann ist es nur schlecht wieder zu reparieren. Wenn man zündelt, dann muss man damit rechnen, dass der Funke überspringt und ein größerer Brand entsteht.

Mietsteigerungen wie beispielsweise in München sind das Ergebnis. Es ist eine Tatsache: Es wird schlicht und einfach zu wenig gebaut. Festzuhalten bleibt: die rotgrüne Bundesregierung hat nichts unversucht gelassen, mögliche Investoren abzuschrecken. Wir brauchen deshalb eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik des Bundes mit wirksamen Anreizen, die die Wohnungswirtschaft beleben. Wir brauchen mehr Geld vom Bund. Ich bitte Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner ist Kollege Volkmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Versprecher von Herrn Grabner mit der Mängelregion München war ganz hübsch, aber er ging völlig an der Sache vorbei. Sie meinten wahrscheinlich nur die Wohnraumsituation. Ansonsten ist München in einer Situation, die sich alle anderen Großstädte in Deutschland eigentlich wünschen würden.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Sie haben das Ganze unter die Überschrift „Wohnungspolitische Versäumnisse des Bundes“ gestellt. Jetzt werden Sie sich wundern: Ich sage, diese Überschrift ist nicht falsch.

(Grabner (CSU): So?)

Sie ist lediglich unvollständig. Sie müsste heißen: Wohnungspolitische Versäumnisse des Bundes Anfang und Mitte der Neunzigerjahre.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Grabner (CSU))

Hören Sie mir einmal zu, dann werden Sie mir vielleicht Recht geben. Probieren Sie es einmal. Ich mache einige Ausführungen zur vorhergehenden Bundesregierung, die bekanntlich von 1982 bis 1998 regiert hat. Sie reiten jetzt – durchaus nicht zu Unrecht – auf den Neubauzahlen herum. Ich erinnere Sie an folgendes, damit Sie das hinterher im Protokoll nachlesen können. Unter der damaligen CDU/CSU-geführten Bundesregierung waren die Neubauzahlen von 1984 mit fast 400000, exakt 398000 Wohnungen, innerhalb von vier Jahren der alten Bundesrepublik auf 207000 Wohnungen fast genau halbiert. Ich erinnere Sie auch daran, dass damals Ihre Regierung die Mittel für den sozialen Mietwohnungsbau nicht nur immer weiter gesenkt, sondern im Jahr 1986 sogar auf Null reduziert hat. Das war einer der Gründe, warum damals der Mietwohnungsbau dermaßen eingebrochen ist. An diesen Fakten kommen Sie nicht vorbei, Herr Grabner. Das ist eine historische Wahrheit. Nach der Wiedervereinigung ist es zu einem deutlichen Anstieg der Neubauzahlen gekommen, übrigens auch schon 1989 ist es wieder aufwärts gegangen. Sie tun so, als sei der zahlenmäßige Rückgang der Neubauwohnungen der SPD-geführten Bundesregierung anzulasten. Das ist ein totaler Unsinn.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich nenne Ihnen jetzt die Zahlen für Bayern, damit Sie wissen, wovon wir reden. 1994 sind in Bayern noch über 113000 Wohnungen fertiggestellt worden. 1996 waren es 88000, 1998 75000 und im Jahr 2000 63000.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Da schau her!)

Das sind die Entwicklungen, die 1994 begonnen haben. Sie werden nicht allen Ernstes behaupten wollen, dass daran die rot-grün geführte Bundesregierung schuld ist. Das ist ausschließlich in Ihre Regierungszeit gefallen.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Genau. Daran sind wir jetzt auch noch schuld!)

Ich komme jetzt zur Reform des sozialen Wohnungsbaurechtes. Was hat die alte Bundesregierung Anfang und Mitte der Neunzigerjahre zustande gebracht? Das zweite Wohnungsbaugesetz, das den sozialen Wohnungsbau regelt, hat eine hervorragende Wirkung gehabt. Man muss sich einmal ins Gedächtnis rufen: Im sozialen Wohnungsbau sind in dieser Republik 8,7 Millionen Wohnungen preisgünstig erstellt worden. Das war eine ausgezeichnete Leistung. Dieses Gesetz aus dem Jahr 1956 ist seit über zehn Jahren für eine Reform überfällig. Sie haben recht: Herr Dr. Töpfer hat gegen Ende seiner Amtszeit einen Entwurf vorgelegt. Gleichwohl ist damals nichts passiert. Ich komme gleich noch darauf zurück. Die Länder haben gesagt, solange beim Wohngeld, entgegen jahrelanger Versprechungen nichts passiert, wird auch diese Sache nicht vollzogen werden. Genauso ist es gekommen.

(Widerspruch des Abgeordneten Grabner (CSU))

Herr Grabner, hören Sie einmal zu. Die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau sind von 1980 bis 1998 nur einmal, nämlich 1994 erhöht worden. Die Folge

war, dass es immer weniger Sozialwohnungsberechtigte gegeben hat. Die Folge war das Problem der überforderten Nachbarschaften. Das besagt die Studie des GdW vom Juli 1998. Sie werden nicht im Ernst behaupten, dass das etwas mit der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung zu tun hat. Die Erhöhung des Wohngeldes hat die alte Bundesregierung von 1990 an fast jährlich angekündigt. Geschehen ist überhaupt nichts. Im Mietrecht – darauf reiten Sie besonders herum – haben Sie eine Novellierung seit 1990 versucht. Passiert ist nichts. Sie sind damals – das mag so sein – an der FDP gescheitert. Jedenfalls ist buchstäblich nichts zustande gekommen. Deshalb ist jetzt erst einmal festzuhalten, ob es um die Neubauzahlen oder um die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau geht, ob es um das Wohngeld geht oder um das Mietrecht. In der Regierungszeit der CDU/CSU-geführten Bundesregierung Anfang und Mitte der Neunzigerjahre ist buchstäblich nichts geschehen, schon gar nicht ist etwas vorwärts gegangen. Das hat sich nach 1998 erfreulicherweise geändert.

(Beifall bei der SPD)

Die von der SPD geführte Bundesregierung ist seit ungefähr zweieinhalb Jahren im Amt. In dieser Zeit wurde das Wohngeld zum 1. Januar 2001 erhöht. Nach elf Jahren ist das eine deutliche Verbesserung. Sie haben es angesprochen: Das Mietrecht wurde gestrafft. Das Mietrecht wurde im BGB zusammengefasst, das Miethöhegesetz mit eingeschlossen. Die Neuregelungen treten am 1. September 2001 in Kraft.

Herr Grabner, in diesem Bereich gibt es immer wieder eine Legendenbildung: Das Mietrecht – bitte nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis – hatte in der Geschichte der Bundesrepublik und hat auch heute mit der Baukonjunktur überhaupt nichts zu tun.

(Grabner (CSU): Ha! Ha!) – Beifall bei der SPD)

Die Baukonjunktur hängt von völlig anderen Kriterien ab. Ich werde sie Ihnen gleich noch nennen. Das Wohnraumförderungsgesetz ist vergangenen Freitag in zweiter und dritter Lesung im Bundestag verabschiedet worden. Ich hoffe, es wird im Bundesrat nicht vom Freistaat Bayern blockiert werden. Wir dürfen die Staatsregierung bereits jetzt auffordern, in diesem Bereich die Fundamentalopposition, die sie immer wieder praktiziert, aufzugeben.

(Beifall bei der SPD)

Neben diesen Erfolgen darf ich nebenbei noch das äußerst erfolgreiche Projekt „Soziale Stadt“ erwähnen, das allgemein begrüßt und allgemein gut geheißen wird.

Herr Grabner, Sie haben noch geglaubt, Sie müssten zur Einkommensgrenze bei der Eigenheimzulage die Bundesregierung bzw. die Bundestagsmehrheit kritisieren. Ich möchte Sie an zwei Dinge erinnern: Erstens. Die Absenkung der Einkommensgrenze bei der Eigenheimzulage von sage und schreibe 240000 DM Jahreseinkommen bei Ehegatten auf 160000 DM war eine Maßnahme, um das Wohngeld gegenfinanzieren zu können.

Sie wissen so gut wie ich, dass die Kasse des Bundes nicht nur leer ist, sondern ein regelrechtes schwarzes Loch mit 1500 Milliarden DM Schulden.

(Maget (SPD): Schwarzes Loch ist gut!)

Jährlich fallen 82 Milliarden DM Zinsen an. Das heißt, jede Minute fallen 152000 DM an Zinsen an, nur Zinsen ohne Tilgung. Dass man deswegen nicht noch die Spendierhosen anziehen kann, liegt eigentlich auf der Hand.

(Beifall bei der SPD – Maget (SPD): Schwarzes Loch ist sehr gut!)

Das war unbewusst sehr gut.

Herr Kollege Volkmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grabner?

(Maget (SPD): Er will noch etwas zu den schwarzen Kassen hinzufügen!)