Ob der Länderanteil ausreichend sein wird, das können wir nur hoffen. Das werden wir sehen. Das immer noch bestehende Wohlstandsgefälle ist eine Ursache für unzählige Entwicklungen. Ohne Schelte betreiben zu wollen, müssen wir sie wahrnehmen und darüber sprechen: die rechtsextreme Entwicklung im Osten. Das darf sich ein vereintes Deutschland nicht leisten.
Wer Bundeskanzler werden will, der muss sich deshalb für die Situation in ganz Deutschland interessieren und darf nicht an der Landesgrenze stehen bleiben. Ihr Vorgehen am Wochenende, Herr Ministerpräsident, zeigt jedoch, dass es zur Globalbetrachtung von Bayern aus noch weit ist.
Die Ansätze für eine echte Reform des Föderalismus blieben insgesamt auf der Strecke. Da hilft es auch nicht, dass Ministerpräsident Stoiber in verschiedenen Äußerungen weitere Schritte für eine Strukturreform ankündigt bzw. von den anderen Ländern einfordert. Es glaubt doch nach diesem Wochenende niemand mehr, dass es der Staatsregierung um Inhalte geht, nachdem man sich so einen absurden Schaukampf um das Geld geliefert hat. Es war deshalb ein Schaukampf, weil es keine echten Änderungen gegeben hat. Niemandem wurde wehgetan, fast alles bleibt wie es war, mit kleinen Änderungen, die Sie hier als großartig verkaufen wollen.
Ich frage, wo der große Wurf nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geblieben ist. Ist nun wirklich alles transparenter geworden, ist alles gerechter geworden? Zweifel sind meines Erachtens angebracht. Ich schaue auf die Grundsätze des Maßstäbegesetzes. Wir
fragen uns, ob diese vorgegebenen verfassungsrechtlichen Ausgangstatbestände tatsächlich in gleichere Weise interpretiert werden. Wir fragen uns, wie sieht es aus mit den Möglichkeiten der Länder, ihre Aufgaben nach der gegebenen Kompetenzverteilung wahrzunehmen? Wurden beim Länderfinanzausgleich wirklich einheitliche Maßstäbe für die laufenden Einnahmen und notwendigen Ausgaben angesetzt?
Wir sind der Überzeugung, dass jede kleine Verwaltungsreform eine Aufgabenanalyse und Aufgabenkritik zu leisten hat, ebenso wie eine Neuverteilung von Aufgaben in der Föderalismusdiskussion. Natürlich ist auch eine Neuverteilung der Kompetenzen zu untersuchen und zu diskutieren. Wenn das schon bei so kleinen Verwaltungsreformen der Fall ist, dann gilt das erst recht für eine Förderalismusdiskussion hier im Lande.
Genau diese Diskussion wird zum Beispiel in der Enquete-Kommission geführt. Wir sagen: Eine Änderung der Bund-Länder-Beziehungen muss natürlich auch zu einer transparenten Finanzverfassung führen, die auf dem Subsidiaritätsprinzip basiert, die einen solidarischen Wettbewerb zulässt, die aber – das muss man klar sagen – auch von einer Neuverteilung der Aufgaben auszugehen hat. Die Vorstellung von einem solidarischen Wettbewerb sollte jedoch nicht, wie vereinzelt angeklungen, allein auf die Steuererhebungskompetenz von Ländern beschränkt werden. Das Augenmerk ist zum Beispiel auch auf die Dienstleistungen von Ländern zu richten. Wie sieht zum Beispiel in den Ländern eine gut organisierte Verwaltung aus? Regelungen müssen vereinfacht werden, Entflechtungen müssen vorgenommen werden. Diese Regelungen müssen für die Bürgerinnen und Bürger durchschaubar sein. All dies ist meines Erachtens am Wochenende bestenfalls angerissen worden. Da ist aber noch Einiges zu tun.
Die eigentliche Föderalismusdebatte haben Sie sich erspart, denn sie ist mühsam. Stattdessen wird um das Portemonnaie gefeilscht. Im Gegenteil, Sie nehmen sogar eine stärkere Verflechtung und Abhängigkeit der Länder vom Bund durch den vereinbarten Festzuschuss in Kauf, um die eigenen Pfründe zu sichern. Den gewaltigen Erfolg für die Länder kann ich in diesem Fall überhaupt nicht erkennen.
Um von diesem Misserfolg abzulenken, wird in einem Interview des Ministerpräsidenten noch einmal über die Länderkompetenzdebatte diskutiert. Diese Debatte hätte eigentlich vor dieser Finanzdebatte geführt werden müssen. Es wird die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben ins Feld geführt. Ich warte erst einmal, was aus den vielen Ankündigungen – bisher sind es nur Ankündigungen – geworden ist. Die Art von Ankündigungspolitik, die der Ministerpräsident, seine Staatsregierung und die CSU betreiben, ist uns hinlänglich bekannt.
Die ganze Diskussion, die jetzt im Nachhinein angestoßen wird, hat aber auch wieder etwas ganz Typisches für die CSU und für die Staatsregierung an sich: Man will
So will Ministerpräsident Stoiber zwar die Gemeinschaftsaufgaben abschaffen, wenn ich das Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ richtig verstanden habe – ein durchaus diskussionswürdiger Gedanke; wir sagen, Entscheidungskompetenz und Finanzverantwortung sollen in einer Hand liegen –,
gleichzeitig will er aber weiterhin auf einer fünfzigprozentigen Kofinanzierung durch den Bund bestehen, der aber nicht mehr mitwirken soll und auch nichts mehr mitzuentscheiden hat.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir sind durchaus für die Aufgabe von Gemeinschaftsaufgaben, wie sie in den Artikeln 91 a und b aufgeführt sind. Zu denken ist etwa an die Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Bildungsplanung, bei länderübergreifenden Forschungseinrichtungen, beim Hochschulaus- und -neubau oder an Mitwirkungsrechte, die Verbesserungen der regionalen Wirtschafts- und Agrarstruktur betreffen. Das deckt sich auch etwas mit dem, was von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt wurde.
Wer zahlt, schafft an. Das ist in diesem Zusammenhang ein bedenkenswerter, bemerkenswerter Grundsatz. Tatsächlich ist es sinnvoll, Mischfinanzierungen, die sich auch aus den Mitwirkungsrechten ergeben und bei denen alle Beteiligten mitreden wollen – wir kennen das aus dem Land und auch aus den Kommunen –, zurückzufahren und stattdessen Gesetzgebungskompetenz und Finanzierungsverantwortung
zusammenzuführen. Das muss im Umkehrschluss ja nicht heißen, dass dann die Länder tatsächlich für alles selbst aufkommen zu haben. Man muss sich andere Finanzierungsmethoden überlegen. Denkbar ist – darüber kann man diskutieren – eine Verteilung der Bundesmittel über eine Erhöhung der Umsatzsteuerpunkte. Aber auch das bedarf größerer finanzpolitischer Veränderungen. Da ist es schon einfacher, den Bund zwar in die Pflicht zu nehmen, ihm aber gleichzeitig keine Mitspracherechte mehr einzuräumen.
Unseres Erachtens muss sich die Staatsregierung bei ihren Forderungen an den Bund aber auch am eigenen Handeln messen lassen, wenn sie glaubwürdig bleiben will. Wie sieht es mit dieser Glaubwürdigkeit in Bayern aus? Die Staatsregierung ist im umgekehrten Fall nicht bereit, das, was sie vom Bund an Kompetenzrückführungen einfordert, im gleichen Maße auch den Kommunen zukommen zu lassen.
Der bayerische Zentralismus allein verbietet schon eine Diskussion über eine Kompetenzverlagerung von der Landesebene auf die kommunale Ebene und die dazugehörende Änderung des kommunalen Finanzausgleichs. Ministerpräsident und Staatsregierung verweigern sich dieser Diskussion. Sie sind deshalb mit ihren
Man muss es, auch aus aktuellem Anlass, heute noch einmal aus der Schublade holen: Bayern macht unter anderem deswegen so wenig Schulden, weil der kommunale Finanzausgleich ungerecht ist und die Kommunen zwingt, große Lasten zu tragen.
Ich erinnere nur daran, dass in Bayern die Bezirke einen gerechten Finanzausgleich erst einklagen müssen, wie Oberfranken. Der Pakt aufgrund der Finanznot der Kommunen, geschmiedet von Oberbürgermeister Deimer aus Landshut, spricht auch eine deutliche Sprache.
Die angebliche Lösung aus der Wochenendrunde zum Länderfinanzausgleich geht ganz klar einseitig zu Lasten des Bundes und, wenn man es umschlägt, letztendlich zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Wir teilen deshalb die Einschätzung unseres haushaltspolitischen Sprechers auf der Bundesebene, Oswald Metzger, der die strukturellen Veränderungen im Finanzsystem nun mit der Lupe suchen kann. Mir erschließt sich nicht, ob er sie auch gefunden
Finden wird er aber ganz sicher neben dem bereits existierenden Steuereinnahmeloch in Höhe von 6 Milliarden DM nun auch ein Loch in Höhe von 2,5 Milliarden DM, mit denen der Bund die Länderhaushalte zusätzlich entlastet.
Die Mitverantwortung für die Sanierung des Bundeshaushalts haben die Länder aus reinem Eigennutz einfach aufgegeben. Das wird sich langfristig noch rächen.
Die Diskussion darüber, ob der jetzt vereinbarte Länderfinanzausgleich auf Kosten zukünftiger Generationen gehen könnte, können wir uns eigentlich sparen; denn die getroffenen Vereinbarungen werden die Steuerzahler mittelfristig belasten, das ist ganz klar, aber dauerhaft nicht tragen. Dazu ist allein schon die Tilgungsrate, die bis 2020 festgelegt ist, viel zu langfristig angelegt. Ebenfalls wurde schon angesprochen: 1993 wurde die letzte Vereinbarung zum Länderfinanzausgleich getroffen. Diese hat gerade einmal fünf Jahre gehalten. Es ist ja auch schon in Zeitungsberichten und Interviews angekündigt worden: Wenn dies und jenes nicht so läuft, wie man sich das vorstellt, geht man wieder zum Verfassungsgericht. Ich befürchte, dass es auch so kommen wird. Deswegen darf man auf die Vereinbarung, die heute so hochgehalten wird, leider nicht sehr viel geben.
ist uns nicht fremd. Es wird auch in diesen Fällen leider wieder zu entsprechenden Änderungen führen. Eine Zeitspanne von 20 Jahren wird nicht eingehalten werden; denn das würde Reformwillen mit vorausschauendem Denken beinhalten, den ich nicht erkennen kann.
Wir stellen jedenfalls fest, Herr Ministerpräsident, dass aus der großen Rede zum Föderalismus aus der 13. Legislaturperiode nicht einmal ein Grußwort für einen bayerischen Heimatverein geworden ist.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben damals, 1998, sehr pathetisch davon gesprochen, dass es der Vorteil des Föderalismus sei, wenn verschiedene Länder mit ihrer Politik um die besten Lösungen ringen könnten; es ging Ihnen um die Vitalität des Föderalismus, um einen solidarischen und leistungsorientierten Wettbewerbsföderalismus usw. In dem Gepäck, das der Herr Ministerpräsident vom Wochenende mitgebracht hat, ist davon nicht viel übrig geblieben.
CSU und SPD haben ihre weiteren Redner zurückgezogen. Als letzte hat Frau Kollegin Kellner das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich ganz besonders, dass ich hier das letzte Wort habe, aber ich kann Ihnen auch sagen: Das wird nicht mein letzter Auftritt in der Sache Länderfinanzausgleich sein.
Die Finanzpolitik und erst recht der Länderfinanzausgleich ist ja an sich eine nüchterne Angelegenheit. So gesehen war das Wochenende, nüchtern betrachtet, eher eine Stunde des Scheckbuches denn eine Stunde des Föderalismus. Da mögen Sie noch so erhebend behaupten, Herr Ministerpräsident, es ging nicht nur ums Geld -letztendlich war das Geld aber doch entscheidend. Ausschlaggebend für die Einigung war: Alle Länderfürstinnen und -fürsten können mit mehr nach Hause gehen.
Ich erinnere Sie daran, Herr Ministerpräsident, aber auch Sie, Herr Staatsminister Huber, wie Sie hier gegen die Anerkennung der sogenannten Hafenlasten gewettert haben, um gegen die Einwohnerwertung der Stadtstaaten vorgehen zu können, haben Sie sogar ein Gutachten erstellen lassen.
Herr Kollege Welnhofer – Entschuldigung, Frau Kollegin –, darf ich Sie bitten, Ihren Platz einzunehmen?