Protocol of the Session on May 31, 2001

Schauen Sie sich doch um. Sie werden feststellen, dass wir draußen alles andere als ein Notstandsgebiet oder eine perspektivlose Schullandschaft haben. Wer sich sachlich mit dem Thema auseinandersetzt, wird feststellen, dass unsere Schulen überwiegend eine absolut gute und verlässliche Arbeit leisten und jungen Leuten gute Perspektiven liefern.

(Zuruf von der SPD: Erzählen Sie doch etwas von den Unterrichtsausfällen!)

Mit Beiträgen wie denen von Ihnen werden wir die Schullandschaft mit Sicherheit nicht verbessern. Keiner der Vorredner von der Opposition hat einen konstruktiven Gedanken gebracht. Sie haben keine einzige Idee genannt, wie man etwas besser machen könnte. Es kam kein einziger Vorschlag, wie man etwas weiterentwickeln könnte.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Dann schauen Sie doch unsere Anträge an!)

Sie haben nur billige Polemik betrieben, welche der Schule nicht, aber auch gar nicht weiterhilft.

(Beifall bei der CSU)

Mir geht es darum, dass wir uns an Fakten orientieren. Die Ministerin und ich möchten unsere Schule weiterent

wickeln. Wir wollen sie verbessern, denn wir wissen sehr wohl, wer aufhört besser zu sein, hat aufgehört gut zu sein. Ich sehe oben auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler sitzen, die die berechtigte Hoffnung haben, dass an den Schulen da und dort einiges besser wird. Das ist gar keine Frage. Es ist unsere Aufgabe, die Schule zu verbessern und weiterzuentwickeln. Es ist auch permanente Aufgabe einer politischen Führung, unzufrieden mit dem zu sein, was man verbessern kann. Es ist aber auch unsere Aufgabe, das in Schutz zu nehmen was gut ist. Das bayerische Schulsystem ist in der Tat eines der besten in Deutschland. Dazu stehe ich.

(Beifall bei der CSU). Nehmen Sie doch den „Focus“ zur Kenntnis. Sie werden lesen, dass 66% der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands Bayern um dieses Schulsystem eigentlich beneiden. (Werner (SPD): Weil sie es nicht kennen!)

Wenn 66% der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands das bayerische Schulsystem als vorbildlich für Deutschland erachten, kann es weiß Gott nicht das sein, was Sie vorgeben. Dieses Lob passt Ihnen vielleicht nicht. Es passt Ihnen vielleicht nicht, dass wir bessere Zahlen haben.

Vorhin haben Sie kritisiert, dass Planstellen eingespart worden sind. Haben Sie denn überhaupt keine Ahnung davon, was wirklich gelaufen ist? Wir haben ständig tausende von Planstellen zugelegt. Wir werden im nächsten Herbst erneut 1076 neue Lehrer zusätzlich einstellen. Wir werden insgesamt über 4000 neue Lehrer einstellen. Gehen Sie doch einmal in die anderen Länder und schauen Sie sich dort die Stundentafeln an. Wenn Sie die wöchentlichen Stundenpläne für die vier Jahrgangsstufen an den Grundschulen zusammenzählen, kommen Sie auf 104 Unterrichtsstunden. In anderen Ländern – nicht nur in SPD-regierten Ländern – gibt es an den Grundschulen gerade einmal 83 oder 84 Wochenstunden. In Bremen oder in Berlin hat ein Grundschulkind beispielsweise 20 Unterrichtsstunden weniger. Das ist fast ein ganzes Schuljahr. Und da wollen Sie der bayerischen Schulpolitik vorwerfen, es würde nicht genügend getan. Ich glaube, Sie haben gar keine Ahnung davon, was in anderen Ländern alles nicht läuft.

(Beifall bei der CSU)

Ich räume durchaus ein, dass es Positionen gibt, um die wir weiter kämpfen müssen. Die weiterhin steigenden Schülerzahlen machen uns zu schaffen; dies zu leugnen, wäre fatal. Zwar begrüße ich es, dass die Schülerzahlen weiter steigen, denn ich erachte es als äußerst erfreulich, wenn wir in Bayerns Schulen zusätzlich Kinder haben. Ich werte dies unmissverständlich als ein Ja zu Kindern an unseren Schulen. Wir werden uns aber weiterhin anstrengen müssen, um die unterrichtliche Versorgung entsprechend sichern zu können. Wenn die Gesellschaft der Schule die Lösung von immer mehr Problemen überantwortet, muss sie ihr auch die notwendigen Ressourcen geben, um diese Probleme lösen zu können. Diese Feststellung, glaube ich, können alle Kol

leginnen und Kollegen hier unterschreiben. Ich bin deshalb der CSU-Fraktion, vor allem Herrn Christian Knauer für den Bildungsausschuss und Herrn Ottmar Bernhard die Fraktion sowie den Mitgliedern des Haushaltsausschusses außerordentlich dankbar dafür, dass sie hinter den Verbesserungen und Weiterentwicklungen stehen, welche wir als notwendig erachten.

Ich setze darauf, dass wir das, was auf uns zukommt, bewältigen werden. Deshalb stehe ich hier und sage in aller Deutlichkeit, wir haben ein gutes Schulsystem. Das, was von der Opposition geboten wird, ist alles andere als hilfreich, um dieses System zu verbessern.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Herr Kollege Georg Stahl.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die CSU stand die Bildung seit jeher im Mittelpunkt ihrer Politik. Wesentliche Leitlinie für ihre Strukturreformen an Haupt- und Realschule war und ist, die unterschiedlichen Begabungen und Lernwesen von Kindern und Jugendlichen anzuerkennen und zu erkennen. Tatsache ist, dass die CSU die Hauptschule in Bayern über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich weiterentwickelt hat, zum Beispiel durch den Qualifizierten Hauptschulabschluss oder die freiwillige zehnte Hauptschulklasse.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das hat aber lang gedauert!)

Demgegenüber wurde in den meisten SPD-regierten Ländern – zum Beispiel früher in Hessen – die Hauptschule Schritt für Schritt aufgelöst. In Bayern kämpfte die SPD über viele Jahre hinweg ebenfalls nur für die Gesamt- und gegen die Hauptschulen.

Meine Damen und Herren, mit dem Reformpaket „Weiterentwicklung der Hauptschule – Reform der Realschule“ ist der CSU in Bayern noch vor der Jahrhundertwende ein großer schulpolitischer Wurf gelungen. Nach der Grundschule können die Schüler nun zwischen drei Schularten wählen: Hauptschule, Realschule oder Gymnasium. Dadurch werden die Chancen auf schulischen Erfolg für alle Kinder erhöht, und es kommt seltener zu Unter- und bzw. Überforderung. Der enorme Andrang bei der R 6 bestätigt die Richtigkeit unserer Reform. Gegenwärtig gibt es in Bayern 334 Realschulen; 148 davon sind bereits sechsstufig; die übrigen werden in den nächsten drei Jahren umgewandelt.

(Irlinger (SPD): Unter welchen Rahmenbedingungen? – Frau Dr. Baumann (SPD): Haben Sie gesehen, wie eng die sitzen?)

Herr Irlinger, auch ich komme an die Schulen. Wir müssen anerkennen, dass die Schulreform ankommt. Sicher gibt es teilweise noch große Klassen, aber die Lehrer und die Eltern sehen die Sache anders als Sie.

Der Erfolg und der großartige Zuspruch zu den M-Klassen an den Hauptschulen – im laufenden Schuljahr gibt es 883 M-Klassen und 406 M-Kurse – bestätigen ebenfalls, dass unser Weg in der Schulpolitik richtig war. Für Schülerinnen und Schüler mit großen Lernproblemen haben wir durch die Errichtung von Praxisklassen – gegenwärtig sind es 49 – neue Perspektiven für einen erfolgreichen Start in das Arbeitsleben geschaffen.

Als Fazit kann festgehalten werden, die CSU-Landtagsfraktion und die Bayerische Staatsregierung haben mit der Schulreform gegen starke Widerstände der Opposition das Bildungssystem maßgeblich weiterentwickelt. Sie von der Opposition versuchen jetzt, in erster Linie an der Umsetzung Kritik zu üben. Aber, liebe Freunde, Sie haben nichts dagegenzusetzen. Die Erfahrungen zeigen, dass Eltern, Schüler, Lehrer und Betriebe unser Schulsystem anerkennen und Verständnis für die Dauer der Umsetzung haben.

Ich bin der Meinung, dass das bayerische Bildungssystem qualitativ hochwertig ist und dass wir im Vergleich zu anderen Ländern eine Spitzenstellung einnehmen. Das haben unsere Reisen in andere Bundesländer gezeigt. Ich kann nur betonen, in anderen Bundesländern fallen in zwei Monaten mehr Lehrerstunden aus als in Bayern in einem ganzen Jahr. Diese Spitzenstellung werden wir ausbauen. Wir können gegenwärtig gute Ergebnisse vorweisen und werden auch in Zukunft für unsere Kinder und Jugendlichen das beste Bildungssystem anbieten.

(Beifall bei der CSU – Frau Dr. Baumann (SPD): Das ist an der Realität vorbei; das ist Blödsinn!)

Ich glaube, Sie haben noch den Frust wegen des Volksbegehrens. Den sollten Sie abbauen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Odenbach das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär Freller, eines vorweg: Für das, was wir heute wieder einmal in Sorge um unsere Schulen sagen müssen, lassen wir uns von Ihnen nicht als Miesmacher diskreditieren. Das möchte ich sehr deutlich sagen. Wir tun das alles in Sorge um unsere Schulen, und diese Sorge ist mindestens genauso groß wie Ihre. Ich will Ihnen nicht absprechen, dass auch Sie sich sorgen, aber wir haben andere Lösungen parat und meinen, dass das anders geregelt werden muss. Wir haben das Thema aus Verantwortungsgefühl gegenüber den jetzigen und künftigen Schülergenerationen auf die Tagesordnung gesetzt. Es geht um die Zukunft unserer Kinder.

Die Kinder und Jugendlichen, die heute und morgen in die Schule gehen, haben alle das Recht auf eine optimale schulische Förderung im Freistaat Bayern. Das ist in der Bayerischen Verfassung garantiert. Lesen Sie bitte einmal Artikel 128 nach. Wir sind nicht einverstanden mit Ihrer Lösung, dass bei steigenden Schülerzah

len für die einzelnen Schüler weniger zur Verfügung steht. Das ist Ihre Schulpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Gott sei Dank sind die Schülerzahlen gestiegen. Sie aber sagen diesen Kindern und Jugendlichen, weil sie zahlenmäßig mehr seien, sei für sie weniger übrig.

Herr Freller, auch ich war als Lehrer an der Schule, vielleicht länger als Sie. Tatsache ist, dass sich die Situation an unseren Schulen in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert hat. Herr Kollege Sackmann, die Umfragen, die Sie zitiert haben, bestehen vor allem aus Sprüchen von Leuten, die ihre Kinder nicht in Bayern in die Schule schicken müssen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist bezeichnend, dass heute vor allem Haushaltspolitiker der CSU die bayerische Schulpolitik erklären müssen und sich die Schulpolitiker versteckt halten. Der einzige Schulpolitiker, der etwas gesagt hat, war Herr Thätter.

(Knauer (CSU): Herr Stahl!)

Herr Stahl zählt jetzt also auch zu den Bildungspolitikern. Ich nehme das zur Kenntnis.

Wir sind erst vor kurzem von einer Informationsreise des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes in die USA zurückgekommen. Herr Kollege Sackmann, in all den Staaten, die wir besucht haben, war man stolz darauf, dass über 40% des Staatshaushalts allein für die Erziehung und Bildung von Kindern bis zu 12 Jahren ausgegeben werden. In Bayern besteht noch erheblicher Nachholbedarf. Wir könnten gemeinsam noch wesentlich mehr tun.

Mit ihrer Schulpolitik, die von zu vielen Sprüchen und zu wenig Lehrerinnen und Lehrern geprägt ist, verweigern sie unseren Kindern und Jugendlichen den bestmöglichen Unterricht, auf den diese ein Anrecht haben. Sie nehmen Ihnen damit einen Teil ihrer Zukunftschancen. Sie reden ständig von neuen Schulreformen und meinen neue Restriktionen für die Schulen. Das kann es nicht sein.

Die Kultusministerin hat in ihrer Regierungserklärung am 11. Februar 1999 unter anderem ausgeführt:

Bildung entscheidet über die Zukunftschancen der Menschen. Wir sorgen dafür, dass alle gleiche Startchancen haben, dass jeder seine Persönlichkeit entfalten kann, dass jeder seine Begabungen und Talente bestmöglich entwickeln kann.

Was ist davon übrig geblieben? Statt entsprechend zu handeln und genügend – ich sage bewusst: genügend – Lehrerinnen und Lehrer einzustellen – ich sage nicht, dass keine eingestellt werden, aber es müssen wesentlich mehr eingestellt werden – haben Sie in bewährter Manier die Politik der „Untertunnelung des Schülerbergs“ fortgesetzt.

„Untertunnelung des Schülerberges“ heißt, Sie haben sich nicht darum geschert, dass da oben mehr und mehr Schülerinnen und Schüler sind, die entsprechend mehr Lehrerinnen und Lehrer brauchen. Was oben über dem „Tunnel“ geschieht, ist Ihnen egal. Sie haben für die wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern nur Sprüche übrig.

Sie haben die bayerischen Schulen im „Dunkel ihres Untertunnelungsversuches“ alleine gelassen. Sie haben keine pädagogischen Lösungen für die wachsende Zahl der Schülerinnen und Schüler, sondern Sie haben fiskalische Lösungen angeboten. Deswegen ist der Begriff „Untertunnelung des Schülerberges“ das pädagogische Unwort der letzten zehn Jahre in Bayern. Damit wird Ihre Politik beschrieben, eine Politik, die alleine darauf abzielt, den anwachsenden Schülerzahlen mit Sparmaßnahmen zu begegnen – Stundenstreichungen aller Arten, Erhöhung der Lehrerarbeitszeit, größere Klassen, Wegfall von Kursen und und und. Das ist ein Sündenregister, das mit jedem Jahr immer länger wird. Ich kann nur sagen – Frau Hohlmeier ist leider nicht da, das Thema ist ihr offenbar nicht wichtig genug –,

(Knauer (CSU): Das ist polemisch! – Weitere Zurufe von der CSU)

die Politik der „Untertunnelung des Schülerberges“ ist gescheitert. Die Politik der „Untertunnelung des Schülerberges“ ist keine pädagogische Politik, das ist fiskalische Schulpolitik. Ich kann Frau Hohlmeier eigentlich nur raten, ins Finanzministerium zu wechseln.

Um das Wort hat noch einmal Herr Staatssekretär Freller gebeten.

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich gehe davon aus, dass sich die Kritik, die wegen der Abwesenheit der Ministerin laut wurde, nicht auf deren Israelbesuch bezieht. Ich hoffe nicht, dass von Seiten der SPD kritisiert wurde, dass sich die Ministerin derzeit offiziell in Israel aufhält. Ich möchte noch einmal bekannt geben, dass dies eine langgeplante Reise ist in Vertretung des Ministerpräsidenten. Ich glaube, damit ist das Thema erledigt.