Protocol of the Session on May 31, 2001

Das ist ein gutes Thema für die CSU-Fraktion und die Bildungspolitiker in meiner Fraktion. Man kann manches zurechtrücken, was gerade behauptet wurde. Dieses Thema gibt uns auch Gelegenheit, auf unser Handeln in den letzten beiden Wahlperioden einzugehen. Ich werde versuchen, dieses Handeln anhand der Entwicklung der

Förderschulen kurz darzustellen. Das sind Tatsachen und keine Sonntagsreden.

Die Förderung dieser Schulart hat seit 1990 um 47% zugenommen. Wenn man bedenkt, dass die Schülerzahlen in allen Schularten insgesamt um 14,5% gestiegen sind, so ist das eine Steigerung, die weit über den Durchschnitt hinausgeht. Wir haben seit 1995 bei der Schaffung neuer Planstellen den Anstieg im Förderschulbereich immer entsprechend berücksichtigt. Einige Zahlen: 1995 45 Planstellen, das sind 60% der Planstellen für die Förderschulen, 1996 130 Planstellen, 16%, 1997 133 Planstellen, 1998 100 Zweidrittelstellen, 20%, 1999 105 Zweidrittelstellen, 21% und im Jahr 2000 60 Stellen, 12%.

(Zuruf des Abgeordneten Egleder (SPD))

An diesen Prozentzahlen sieht man übrigens auch, dass in den anderen Schularten massiv Planstellen dazugekommen sind.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Johanna Werner- Muggendorfer (SPD) – Irlinger (SPD): Das ist eine Katastrophe!)

Ich nenne noch eine Zahl, die bezeugt, dass wir handeln: Im Jahr 2000 sind 1,211 Milliarden DM für die Förderschulen im Staatshaushalt angesetzt. Das sind nahezu 9% der Gesamtausgaben für rund 6% der Kinder und Jugendlichen im Schulbereich.

Die Ausgaben sind aber auch notwendig, denn der massive Anstieg der gestörten, gefährdeten und von Behinderung bedrohter Kinder hat uns mit Sorge erfüllt. Wir haben gehandelt. Mit der Einführung und der Stärkung der Mobilen Sonderpädagogischen Dienste präventive Maßnahmen ergriffen. Diese Sonderschullehrer, die an Regelschulen arbeiten, dort diagnostisch betreuend und beratend tätig sind, tragen dazu bei, dass viele Kinder an den Regelschulen aufgefangen werden und dort verbleiben können. Derzeit sind es 300 Sonderschullehrer mit 7700 Stunden, die dort arbeiten. Das Konzept soll noch weiter ausgebaut werden.

Trotz dieser vielen Maßnahmen stellt sich die Situation nicht mehr so günstig dar, wie im Jahr 1990. Es ist zu Engpässen im Förderschulbereich gekommen.

(Frau Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Hört, hört!)

Wir haben noch einmal gehandelt: Mit dem zusätzlichen Aktionsprogramm „Förderschule“ für den Haushalt 2001/2002 und den Haushalt 2002/2003 werden noch einmal 26,3 Millionen DM bereitgestellt. In den nächsten beiden Jahren sollen noch 163 Sonderschullehrer zusätzlich eingestellt werden. Das sind übrigens alle vorhandenen Sonderschullehrer. Damit werden die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste ausgeweitet, wird die mobile Reserve aufgestockt und die schrittweise Verbesserung der Versorgungssituation in den Schulen selbst angegangen. Allmählich zurückgehende Schülerzahl werden diese Aufgabe etwas erleichtern.

Noch ein Thema: In Bayern wurde in den letzten 30 Jahren ein hervorragendes Förderschulsystem aufgebaut. Dieses System berücksichtigt alle Behinderungsarten und gibt jedem Kind eine Chance zur bestmöglichen Förderung.

(Egleder (SPD): Die Rahmenbedingungen stimmen nicht!)

Es entstand eine Gegenbewegung. Es gibt Eltern, die ihr behindertes Kind ohne Wenn und Aber so annehmen, wie es ist. Sie erwarten, dass das auch die Gesellschaft tut und ihr Kind schulisch integriert wird. Wir haben auch dieses Thema besetzt. Nach einer langen Phase der Vorbereitung haben wir im Juli 1998 Beschlüsse gefasst, die der Einschulung behinderter Kinder flexible Möglichkeiten eröffnen. Die Umsetzung in die Praxis ist oft nicht einfach. Bewusstseinsbildung ist immer noch auf allen Seiten notwendig. Manchen hier im Haus gehen die Beschlüsse nicht weit genug. Aus diesem Grunde haben wir vor ungefähr einem Jahr eine Anhörung zum Thema Integration veranstaltet. Wir haben versucht, die Erkenntnisse daraus nicht vorschnell umzusetzen, sondern wir haben zudem die Ergebnisse aus der Umsetzung der Beschlüsse aus dem Jahr 1998 abwarten und verwerten wollen.

Bei einer zweitägigen Klausurtagung in der vorletzten Woche in Wildbad Kreuth ist das geschehen. So, wie wir 1998 gehandelt haben, werden wir auch jetzt handeln. Wir werden die Problematik der Erreichung der Lernziele anders fassen. Wir meinen, dass ein Kind nicht nur körperlich in einer Schulklasse anwesend sein soll, sondern dass es erfolgreich lernen soll, das heißt, aktiv handelnd am Unterricht teilnehmen soll. Es soll ein gemeinsamer Unterricht stattfinden. Wir werden auch die strenge Aufrechnung von zusätzlichen Förderstunden für behinderte Kinder an Regelschulen hinterfragen, wir werden auch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste konzeptionell überarbeiten, um sie noch attraktiver und effektiver zu machen. Wir müssen das Dilemma überwinden, dass die Regelschulen allmählich leerer werden und die Förderschulen immer voller. Ich meine, dass wir auch weiterhin handeln und das umsetzen, was wir ankündigen.

(Beifall bei der CSU – Frau Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD): Das ist der Punkt!)

Als nächster hat Herr Kollege Dr. Schuhmann das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wäre jetzt reizvoll, sich mit den Ausführungen von Herrn Thätter auseinanderzusetzen.

(Zuruf des Abgeordneten Knauer (CSU))

Ich habe Herrn Thätter immer sehr ernst genommen und seinen Impetus geschätzt. Aber das, was Sie jetzt wieder geboten haben, Herr Thätter, ist typisch für die CSU. Das ist auch der Grund dafür, warum wir für heute wieder eine Aktuelle Stunde beantragt haben. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei. Es ist in der Tat so, dass die

CSU fast Jahrzehnte braucht, bis sie sich in eine Richtung bewegt. Sie sagten gerade, 1998 haben Sie den richtungweisenden Beschluss gefasst, dass behinderte Kinder endlich auch an Regelschulen unterrichtet werden können, dass Flexibilität geschaffen wurde. Das sind Dinge, die wir 20 Jahre lang gefordert haben.

(Beifall bei der SPD)

Seit 20 Jahren fordern wir die Errichtung der Ganztagsschule. Jetzt ist die Ministerin endlich so weit, dass sie das zumindest auch laut andenkt, dass zumindest das Schlagwort G 8 entsteht. Bei dem Schlagwort bleibt es leider. Es gibt keine Konzeption.

Herr Thätter, wir waren 1999 gemeinsam Teilnehmer an einer Podiumsdiskussion an einem Dachauer Gymnasium. Dort haben wir mit den Schülerinnen und Schülern über die Oberstufenreform diskutiert, die damals – 1999 – angekündigt war. Jetzt haben wir das Jahr 2001. Ich frage Sie, ich frage die Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion: Was hat sich seitdem außer den Ankündigungen verändert? Null Komma null, das ist leider die Tatsache.

(Beifall bei der SPD)

Lieber Herr Bernhard, Sie haben vorhin davon gesprochen, auf welchem Niveau wir diskutieren. Sie haben gesagt, wir hätten gar keine Stunden wegrationalisiert. Vor der letzten Landtagswahl sind in Bayern nachweislich 8000 Planstellen eingespart worden.

(Dr. Bernhard (CSU): Es ist keine einzige Planstelle eingespart worden!)

Ihre Ministerin spricht im Hohen Haus davon, dass sie Planstellen zurückgeben wolle. Wenn selbst die Ministerin davon spricht, dass sie etwas zurückgeben will, dann weiß doch jeder Mensch, dass sie vorher etwas eingespart hat. Also brauchen wir darüber nicht mehr lange zu diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Bernhard (CSU): Sagen Sie mir, wie viele Planstellen gestrichen worden sind! Wo und wie viele!- Wahnschaffe (SPD): Beim Sport mehrere hundert Stunden! – Dr. Bernhard (CSU): Es sind Stunden eingespart worden, es ist nicht gesagt worden, dass Planstellen eingespart worden sind!)

Verehrter Herr Kollege, allein beim Sport sind nachweislich 900 – –

(Dr. Bernhard (CSU): Es ist keine einzige Planstelle gestrichen worden!)

Darüber brauchen wir jetzt im Rahmen der Aktuellen Stunde nicht zu diskutieren.

(Sackmann (CSU): Herr Schuhmann, das stimmt doch nicht!)

Herr Sackmann, einen Fortschritt sehe ich immerhin. Unsere Aktuellen Stunden laufen normalerweise immer

nach demselben Ritual ab. Die Ministerin oder die CSUMitglieder sagen, wir in Bayern sind trotzdem die besten oder bleiben zumindest die besten. Heute haben Sie sich wenigstens etwas zurückgenommen und gesagt, wir können uns sehen lassen. Sie beziehen sich dabei auf den „Focus“. Herr Sackmann, ich war letzten Freitag wieder einmal an meinem früheren Gymnasium. Lesen Sie doch nicht den „Focus“, gehen Sie an die Schulen vor Ort. Sprechen Sie mit den Eltern, den Lehrern und den Schülern vor Ort. Es ist doch bezeichnend, wenn mir dort gesagt wird, sei froh, dass du mittlerweile Landtagsabgeordneter bist, denn das, was sich am Gymnasium abspielt, ist ein Wahnsinn. Die Halbwertszeit eines KMS wird immer kürzer. Ein Oberstudiendirektor aus Ingolstadt erzählte mir kürzlich, dass er per Fax den Widerruf eines KMS früher erhalten hat als das Original.

(Lachen bei der SPD)

Mit Ankündigungen wird nur Hektik erzeugt, außer Ankündigungen tut sich aber nichts weiter. Draußen vor Ort herrschen nur mehr Verunsicherung und Ängste. Keiner weiß, was das G 8 bringt. Werden die Hochschulzugangsbedingungen anders? Wird das Abitur dann entwertet? Werden Eingangsprüfungen verlangt? Momentan herrscht an den Schulen der reine Frust.

Wir waren vor kurzem in Indien an einer SpringdalesSchool. Dort schaut man nach vorne und dort wird Optimismus ausgestrahlt. Was herrscht an unseren Schulen? Verängstigung. Was hat denn die Budgetierung an den Gymnasien ausgelöst? Ratlosigkeit bei den Oberstudiendirektoren und beim Schulforum, weil keiner weiß, wie es weitergehen soll. Deshalb haben wir wieder einmal eine Aktuelle Stunde beantragt.

Momentan vollführt das Ministerium wieder einmal nur Hektik. Am meisten ärgert es mich, wenn man etwas ohne Not macht. Es gibt an unseren Gymnasien den wirtschaftswissenschaftlichen Zweig und den sozialwissenschaftlichen Zweig. Diese beiden Zweige haben sich bewährt. Schülerinnen und Schüler, welche diese Zweige besucht haben, haben anerkanntermaßen gute Anstellungschancen in der Wirtschaft. Was macht das Ministerium? Es will die beiden Zweige fusionieren. Es gibt einen Stundenplan heraus, welcher absolut unakzeptabel ist. Es wird von Profilierung gesprochen, in Wirklichkeit aber nimmt man den Schulen das Profil weg.

Nachdem bei mir das Signal für das Ende der Redezeit aufleuchtet, darf ich nur hoffen, dass diese Aktuelle Stunde wenigstens einen weiteren Tropfen bildet, welcher den Stein der CSU etwas aushöhlt. Ich hoffe, dass sich für die Schulbildung in Bayern endlich etwas tut.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Schuhmann, danke dafür, dass Sie gleich auf das Lichtzeichen reagiert haben. Bei anderen dauert es immer eine Minute, bis sie reagieren.

(Dr. Schuhmann (SPD): Danke schön, Herr Präsident!)

Als nächster hat Herr Staatssekretär Freller das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich bereise zur Zeit 71 Landkreise und 25 kreisfreie Städte. Ich besuche fast jede Woche mindestens drei oder vier Schulen und eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von der SPD: Zu wenig!)

Nein, ich bin draußen und besuche erheblich mehr Schulen als Sie. Fast jede Woche besuche ich drei oder vier Schulen. Ich gehe keiner Diskussion mit den Lehrkräften aus dem Weg. Ich suche sehr bewusst das Gespräch mit den Eltern und ich suche auch sehr gezielt das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern. Mir ist nichts unbekannt von dem, was an den Schulen draußen läuft und was nicht läuft. Ich bin in der Tat ein selbstkritischer Mensch.

(Wahnschaffe (SPD): Loben Sie sich nicht selber!)

Bei 1,8 Millionen Schülerinnen und Schülern, 100000 Lehrern und 5500 Schulen in Bayern gibt es in der Tat immer noch etwas, was noch verbessert werden könnte. Das, was ich draußen sehe, ermutigt mich aber, klar zu sagen, dass an den Schulen sehr Vieles außerordentlich gut und positiv abläuft. Wir haben hoch motivierte Lehrer, tüchtige Schülerinnen und Schüler, und deswegen halte ich es für eine wenig hilfreiche Aktion der SPD, das bayerische Schulsystem und alle, die in ihm tätig sind, madig zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Schauen Sie sich doch um. Sie werden feststellen, dass wir draußen alles andere als ein Notstandsgebiet oder eine perspektivlose Schullandschaft haben. Wer sich sachlich mit dem Thema auseinandersetzt, wird feststellen, dass unsere Schulen überwiegend eine absolut gute und verlässliche Arbeit leisten und jungen Leuten gute Perspektiven liefern.