Staatsminister Sinner hat gestern Abend – ich habe es zufällig beim Durchschalten im Fernsehen gesehen – gesagt, die Verbraucher sind eher bereit, in Designerküchen zu investieren, als mehr Geld für Nahrungsmittel auszugeben. Diese Aussage kann ich nur dick unterstreichen. Man braucht sich nur anzusehen, für was die Leute Geld ausgeben: Bevor beim Auto oder beim Urlaub gespart wird, spart man bei den Nahrungsmitteln. Deshalb ist es wichtig, dass im Verbraucherschutzministerium eine Bündelung der Kompetenzen erfolgt.
Zu den Haushaltsdaten will ich nichts sagen. Die Zahlen sind genannt worden. Ich meine, das neue Ministerium ist mit seinen fünf Abteilungen gut strukturiert. Von Seiten der CSU halten wir es für richtig, dass die Landesuntersuchungsämter Süd und Nord organisatorisch zusammengeführt werden und ein Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit entsteht. Gesundheit basiert auf gesunden Lebensgrundlagen wie Nahrung und Umwelt. Deshalb ist es richtig, dass gehandelt wird und dass Vernetzungen erfolgen. Die Verbraucherinitiative mit einem Volumen von zweimal 300 Millionen DM ist ein Beweis dafür, dass Bayern klotzt und nicht kleckert. Auf
Zum Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN habe ich bereits Stellung genommen. Wir werden den Antrag ablehnen. Ich bitte um Zustimmung des Hohen Hauses zu Einzelplan 12. Der Nachtragshaushalt gewährleistet, dass die Bayerische Staatsregierung trotz neuer Aufgaben und damit verbundener großer Anstrengungen in der Lage ist, ihren Verpflichtungen nachzukommen und langfristig einen ausgeglichenen Haushalt herzustellen. Alles in allem ist das ein Kraftakt gewesen. Ich würde mich freuen, wenn die Opposition konstruktiv mitarbeiten würde und nicht immer nur Kritik üben würde. In Berlin können Sie beweisen, wie Ernst es Ihnen ist.
Sie reden immer von Berlin, wollen aber in Wahrheit im Bayerischen Landtag über Ihre Schwachstellen in Berlin hinwegtäuschen. Das ist Ihr Motto, das wir durchschaut haben. Wir sind der Meinung, die Staatsregierung ist auf dem richtigen Weg.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor knapp fünf Monaten begann eine erstaunliche Entwicklung: Die Mitglieder der Staatsregierung, die CSU und der Bauernverband haben in der Agrarpolitik und in der Verbraucherschutzpolitik plötzlich Dinge gefordert, die auf ihrer Seite bisher fast unaussprechlich waren.
Zu hören war von neuen Weichenstellungen in der Agrarpolitik. Man kann auch sagen „Wenden“ – die Richtung ist nur nicht vorgegeben. Es wurden Ausdrücke verwendet wie „transparente, gläserne, umweltverträgliche Produktion“, „Antibiotikaverbot“, „Tiermehrverfütterung“ und „Tiermehlherstellung“. Es ging um die Beschränkung von Tiertransporten, um artgerechte Tierhaltung, um die Förderung des Ökolandbaus – ausnahmsweise nur 10% statt 20% –, um die lückenlose Kontrolle auf allen Erzeugungsstufen und die Stärkung einer unabhängigen Verbraucherberatung und -information.
Meine Damen und Herren, all das wurde bis zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt meist als böswillige, inkompetente, wirklichkeitsferne Spinnerei der Opposition dargestellt.
Dieser Zeitpunkt ist klar zu definieren: Es ist der 17. Dezember des letzten Jahres, nämlich der Zeitpunkt, als wir den ersten BSE-Fall hatten. Von diesem Zeitpunkt an
gingen den Mitgliedern der Staatsregierung und der CSU all diese Worte ohne Scham über die Lippen; keiner konnte sich mehr daran erinnern, was er die letzten Monate und Jahre zuvor zu diesem Thema eindeutig gesagt hat.
Meine Damen und Herren, am peinlichsten war für mich eigentlich der Eindruck, den Bauernverbandspräsident Sonnleitner gemacht hat. Man hat ja gemeint, er war schon immer Verbraucheranwalt Nummer 1. In der Zwischenzeit rudert er kräftig rückwärts.
Was hat denn diesen Wechsel bewirkt? Wie gesagt, das war der BSE-Fall; dann kam noch der Schweinemastskandal hinzu. Das Vertrauen der Verbraucher in die Fleischproduktion war weg, speziell beim Rindfleisch. Das Zauberwort war nun in aller Munde, nämlich das Vertrauen der Verbraucher wieder zurückzugewinnen. Die verunsicherten Bauern, getrieben von der Angst um ihre Viehbestände und um ihre Existenz, gingen auf die Straße. Viele wussten eigentlich gar nicht, wie ihnen geschah. Sie hatten sich darauf verlassen, was gängige Meinung war und was als gesichertes Wissen schien. Sie fühlten sich nicht nur als Opfer; sie waren es auch – wenn man auch dazu sagen muss: nicht alle. Die Bauern spürten, dass sie die Rechnung bezahlen müssten für das Gerede vom BSE-freien Deutschland, von der absolut sicheren Tiermehlproduktion und von der lückenlosen Futtermittelüberwachung. Für andere war aber viel wichtiger, dass auf Plakaten von demonstrierenden Bauern plötzlich die Namen Stoiber, Miller und Stamm standen, dass Demonstrationen ohne den Veranstalter BBV größer waren als Veranstaltungen des Bauernverbandes
und dort auch noch Plakate mit dem Namen Sonnleitner auftauchten. Meine Damen und Herren, da war Feuer auf dem Dach. Die Angst, die absolut sichere Wählerklientel zu verlieren, war mindestens so groß wie die Angst vor gesundheitlichen Schäden der Bürger.
Frau Stamm musste gehen, Miller durfte bleiben. Die große Kompetenzlösung, Prof. Hermann, konnte nicht erscheinen. Herr Sinner und Frau Görlitz waren zwangsläufig zweite Wahl. Schaden war auf der ganzen Ebene entstanden, der Nimbus des Ministerpräsidenten deutlich geschädigt. Schadensbegrenzung war angesagt. Meine Damen und Herren, wie macht man das? – Mit Geld. Anders sind die 600 Millionen DM ja nicht zu erklären. Wer die Erklärung des BBV-Präsidenten von Herrsching dieser Tage gelesen hat, weiß diese Größenordnung auch einzuschätzen. Sonnleitner sagt, die Staatsregierung habe den Bauern zwar viel Geld zur Verfügung gestellt. Aus dem Munde eines Verbandspräsidenten will dies schon etwas heißen. Er beklagt sich dann noch, dass die seelischen Wunden nicht geheilt wurden.
600 Millionen DM mehr für die Bildungspolitik oder auch nur ein paar Millionen DM mehr für eine effektive Ver
Die Kassenlage und vor allem das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts haben immer als Argument hergehalten, dass das nicht machbar sei. Diese 600 Millionen DM heute sind die Reparaturkosten für die Versäumnisse und den Nachholbedarf in der Verbraucherpolitik und der Entschädigungsversuch für Verluste der Landwirtschaft und des Handels.
Herr Staatsminister Sinner, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung die Versäumnisse der Bayerischen Staatsregierung beim Namen genannt. Sie räumten ein, dass zu wenig Personal eingesetzt worden ist. Es blieb Ihnen ja auch nichts anderes übrig. Wenn man jetzt einen Haushalt vorlegt, der 360 zusätzliche Stellen enthält, müssten diese auch vorher gefehlt haben. Sie räumten ein, dass die Kontrolle sensibler hätte sein müssen, dass sie risikobewusster und prozessorientierter hätte sein müssen und dass es an einer vorausschauenden Risikoanalyse gefehlt hat. Das ist vornehm ausgedrückt. Man könnte das auch einfacher sagen. Insider haben schon immer gewusst, wo und wie man suchen muss, damit man etwas findet, nur wurde dies nicht getan.
Sie sagten auch, dass Rechtsgrundlagen für das Handeln unzureichend und widersprüchlich sind. Wenn Herr Staatsminister Miller dann erkannt hat, dass Restmengen tierischen Eiweißes nicht sicher analysiert werden konnten, wäre es seine Pflicht gewesen, tatsächlich etwas zu tun, anstatt jahrelang zuzuschauen und im Nachhinein die mangelnden rechtlichen Möglichkeiten zu beklagen.
Sie haben das zwar alles sehr schön zurückhaltend formuliert, aber es ehrt Sie, Herr Sinner. Anderen, die deutlich mehr Verantwortung als Sie für diese Politik tragen, hätten solche Aussagen auch recht gut angestanden.
Im Nachtragshaushalt ist auch eine Bürgschaft für das Russlandgeschäft enthalten. Die Begründung dazu lautet, dass es allemal besser sei, Fleisch zu exportieren und wenn es sein muss auch zu verschenken als zu vernichten. Diese Begründung ist in der Zwischenzeit obsolet. Das Schlachtprogramm Nummer 1 der EU läuft nächste Woche am 18. Mai aus. Dann ist dieses Thema erledigt. Dann wird interveniert, und es findet eine normale Einlagerung statt. Damit ist das Thema eigentlich erledigt. Welche Wirkung diese Ankündigung aber hatte, war allen klar. Der Ministerpräsident ist als Retter in der Not dagestanden, sogar noch mit außenpolitischer Kompetenz, und Staatsminister Miller hat das bei jeder Gelegenheit durch das Land getragen. Wo hätten die Bauern im Januar und Februar sonst noch applaudieren sollen, wenn nicht bei solchen Meldungen? Dass dies eine Luft
Die sorgfältige Entfernung oder Nichtfreilegung von Risikomaterial ist zweifelsfrei eine der entscheidenden Vorsorgemaßnahmen zur Verringerung des BSE-Risikos. Sie, Herr Staatsminister Sinner, haben dazu neue Schlachttechniken angekündigt. Seit Monaten wird vom Ingolstädter Modell gesprochen. Schlachtzahlen aus Ingolstadt liegen mir zumindest bis heute nicht vor. Auch auf Angaben über die Übertragbarkeit auf andere Regionen und vor allen Dingen, was das Entscheidende ist, auf größere Schlachtmengen warten wir immer noch.
Wir sind der Meinung, dass der Verbraucherschutz und die Landwirtschaft in einem Ministerium sinnvoll zusammengefasst gehörten. Forschung, Ausbildung und Beratung sind an der Verbrauchersicherheit bei Lebensmitteln und auch an der Nachhaltigkeit der Landwirtschaft zu orientieren. Es ist richtig: Wir brauchen Verbraucherschutzzentren vor Ort. Teams aus Gesundheitsamt, Veterinärabteilung, Umweltbereich und den zum 1. Mai bereits versetzten Ernährungsberatungen könnten sicher zu Kompetenzzentren für Verbraucherberatung und Verbraucherschutz ausgebaut werden. Da wir aber wissen, wie unsere Landräte in ihrem Bereich wirken und werken, lässt sich natürlich daran zweifeln, dass die sichere, offene, objektive und unabhängige Verbraucherberatung in dem Maße zustande kommt, wie wir es uns wünschen.
Der Kern der staatlichen Verbraucherpolitik muss jedoch die Kontrolle all der bereits vorhandenen und der neu hinzukommenden Ge- und Verbote in der Produktion, im vorgelagerten Bereich, in der Verarbeitung auf allen Ebenen und im Handel betreffen. Wir haben ja unsere Erfahrung. Deshalb muss dringend gehandelt werden. Es hilft nichts, Antibiotika zu verbieten, wenn anschließend die Kontrollen nicht funktionieren. Es hilft nichts, Futtermittel-Positivlisten zu erstellen, wenn sie anschließend nicht kontrolliert werden. Das sind die entscheidenden Dinge.
Es zeichnet sich ab, dass wir eine Menge an Gütesiegeln, Zertifizierungen bis hin zu plumpen Verbrauchertäuschungen bekommen werden. In der Zwischenzeit kann man jeden Tag in der Zeitung lesen, dass eine Metzgerei mit irgendeinem Partner ein neues Siegel und ähnliche Garantien entwickelt. Ihre dringende Aufgabe ist, hier Ordnung, Sicherheit und Vertrauen zu schaffen. Das ist Verbraucherpolitik.
Herr Sinner, dafür brauchen Sie viel Geld – das räumen wir alle ein – und auch auf Dauer viel Geld. Sie haben relativ viel Geld zur Verfügung gestellt bekommen. Das Entscheidende ist aber, dass das Geld überwiegend für
Agrarwirtschaft ausgegeben wird, es sich also um Mittel handelt, die eigentlich klassisch zum Einzelplan 8 gehören.
Für echt, dauerhafte Verbraucherpolitik bleibt jetzt und wohl auch in Zukunft zu wenig übrig. Es ist zu befürchten, meine Damen und Herren: Mit jedem Prozentpunkt, wie sich die Schlachtungen von Rindern wieder dem vor Jahresniveau nähern, wird sich die Einstellung zur verbraucherorientierten Ernährungswirtschaft schnell wieder ändern. Heute, bei 80% Vorjahresniveau, fordert der Bauernverband Ehrenerklärungen. Bei 90% wird er Entschuldigungen verlangen, und bei 100% wird die Forderung nach Abschaffung staatlicher Kontrollen und die Einführung der Eigenkontrolle nicht auf sich warten lassen.
Er zimmert bereits kräftig an seinem neuen Feindbild. Es heißt Künast. Er wird dabei vom bayerischen Landwirtschaftsminister täglich kräftig unterstützt.
Meine Damen und Herren, es ist zu befürchten, dass die Forderungen und Wünsche, sowie die berechtigten Interessen der Verbraucher auf der Strecke bleiben. Mit dem Totschlagargument wird sicherlich gerechtfertigt werden – wir haben dies vorher ausführlich gehört – dass der Verbraucher derjenige sei, der schuld sei, weil er nicht bereit sei, deutlich mehr für die Ernährung auszugeben. Meine Damen und Herren, wer hat denn bisher die Zeche gezahlt? – Das waren mit die Bauern aber auch die Verbraucher als Steuerzahler.