Protocol of the Session on May 8, 2001

Damit sind die Gesetzentwürfe begründet. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Wortmeldung: Herr Kollege König. Bitte schön.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben in weiten Teilen identische Gesetzentwürfe für ein so genanntes bayerisches Informationsfreiheitsgesetz eingereicht. Sowohl Herr Kollege Gantzer wie auch Frau Kollegin Stahl sind ausführlich auf die Situation in anderen Ländern eingegangen, haben uns aber relativ wenig über den eigentlichen Inhalt dieser beiden Gesetzentwürfe gesagt. Ich will das nachholen.

Worum geht es? Was ist der wesentliche Inhalt? Jedem Bürger soll ein Rechtsanspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen Informationen eingeräumt werden, und zwar ohne dass der einzelne Bürger hieran ein berechtigtes Interesse geltend machen müsste.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch nicht!)

Lesen Sie einmal den Gesetzentwurf der SPD, Frau Stahl. – Vielmehr soll der Bürger wahlweise einen Anspruch auf Auskunftserteilung oder auf Zugang zu den entsprechenden Informationsträgern haben, und zwar unverzüglich, wie es im Gesetzentwurf der SPD heißt. Hierbei sollen seitens der Behörden, wozu neben den staatlichen auch die kommunalen Behörden und die Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören sollen, ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung gestellt werden. Auf Antrag – so heißt es im Gesetzentwurf – sollen die Behörden Kopien der Informationsträger an den einzelnen Bürger versenden müssen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das bedeutet praktisch, wenn wir uns das einmal vorstellen, dass Behörden einzelnen Bürgern eine Vielzahl oder gegebenenfalls auch alle Verwaltungsvorgänge herauszugeben hätten, und zwar unabhängig davon, ob der Bürger ein persönliches berechtigtes Interesse hieran geltend machen kann oder nicht. Ausreichend wäre der bloße Antrag. Dass hiermit ein unübersehbarer, unkalkulierbarer Verwaltungsaufwand verbunden wäre, ja Behörden durch einzelne Bürger im wahrsten Sinne des Wortes geradezu lahm gelegt werden könnten, brauche ich wohl nicht weiter zu erklären.

Die Frage ist: Wollen Sie das vielleicht? Darüber will ich nicht weiter philosophieren.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es ist schon bezeichnend, Frau Stahl, dass Sie hier nur andere Länder aufführen, ohne uns zu erzählen, was in dem Gesetzentwurf steht.

Selbstverständlich bekommt der Bürger schon jetzt Auskunft von allen Behörden, wenn ein berechtigtes persönliches Interesse des einzelnen Bürgers geltend gemacht wird. Das werden Sie nicht bestreiten können. Das ist so und das ist selbstverständlich auch notwendig. Allerdings ist meines Erachtens auch ein berechtigtes Interesse im Einzelfall notwendig, wenn man nicht Gefahr laufen will, dass Behörden, im Einzelfall vielleicht auch aus Jux und Tollerei, regelrecht lahm gelegt werden könnten.

Insofern ist schon die Unterstellung, Frau Kollegin Stahl, die der Name dieses Gesetzentwurfs suggeriert, nämlich „Informationsfreiheitsgesetz“, was den Eindruck vermittelt, als ob es diese Informationsfreiheit nicht gäbe, geradezu böswillig, und zwar böswillig falsch. Sie müssen sich schon fragen lassen, auch als Repräsentanten des Volkes hier im Parlament, ob Sie als Verfasser dieser Entwürfe Zweifel hegen an dem System unserer parlamentarischen repräsentativen Demokratie und an dessen Funktionsfähigkeit, ob Sie Zweifel hegen an der kommunalen Selbstverwaltung, in deren Rahmen die gewählten Vertreter alle Möglichkeiten haben, Behörden demokratisch zu kontrollieren einschließlich der von Ihnen, lieber Kollege Gantzer, angesprochenen Problematik etwaiger Korruptionsvorfälle. Wenn Sie solche Zweifel hätten, käme dies dem Eingeständnis gleich, dass Sie nach Jahrzehnten noch nicht zur Oppositionsrolle gefunden haben, sondern dass Sie sich unter den derzeitigen Bedingungen sogar außerstande sehen, diese Oppositionsrolle auszufüllen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den ersten Blick – es ist nun einmal der erste Blick in der Ersten Lesung –, vermutlich aber auch auf den zweiten und, falls es zu einer Dritten Lesung kommen sollte, auf den dritten Blick erscheinen die Gesetzentwürfe –

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

schreien Sie doch wenigstens in einer Sprache, die jeder versteht. – realitätsfremd und bürokratisch, Marke SPD, Marke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: viel Geschrei, nichts dahinter.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

So ist das Showgeschäft heutzutage, ich weiß schon.

Gleichwohl werden wir selbstverständlich die Entwürfe in den Ausschüssen im Detail beraten, wenngleich ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, beiden Gesetzentwürfen keine gute Zukunft voraussagen darf.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldung: Frau Kollegin Stahl.

Im Grunde genommen ist es zu viel der Ehre, die ich Ihnen zukommen lasse, aber trotzdem möchte ich noch einen Satz los werden.

Der Punkt ist doch, dass wir hier wie immer ein unterschiedliches Staatsverständnis haben. Ich bin der Meinung, dass meine Ausführungen relativ ruhig, gelassen und ohne Geschrei waren, weil ich der Meinung bin, dass die Bürgerinnen sehr wohl einen Anspruch auf Informationen haben, während Sie von Ihrem üblichen obrigkeitsstaatlichen Verhältnis ausgehen, das besagt: Na ja, aber bitte nur, wenn es unbedingt sein muss. Wenn einer betroffen ist, könnte man das vielleicht tun.

Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass Sie sich unseren Gesetzentwurf angeschaut haben, so dass ich ihn Ihnen nicht vorlesen muss. Das war bisher auch nicht üblich, dass man im Detail sagen muss, was in einem Gesetzentwurf steht. Das haben Ihre Kollegen bei Ihren Entwürfen bisher auch nicht gemacht. Ich bin jetzt ein bisschen verblüfft, aber ich kann das in Zukunft auch anders handhaben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie wirklich hineingeschaut hätten, hätten Sie festgestellt, dass in den Artikeln 6, 7, 8 und 9 ganz klar unterschieden wird, wann ein Zugang zulässig ist und wann nicht. Genau diese Punkte möchte ich diskutieren. Vielleicht kann man sich dann tatsächlich auf der einen oder anderen Ebene treffen. Von diesen pauschalen Ablehnungen halte ich sehr wenig. Ich glaube auch, dass die Zukunft Sie eines Besseren belehren wird.

Weshalb habe ich all diese Staaten aufgezählt? Ich habe das gemacht, weil ich weiß, dass man Ihnen immer sagen muss: Woanders geht es auch, es tut nicht weh. – Bei meinen eigenen Leuten hätte ich mir das normalerweise gespart. Die USA habe ich explizit deswegen aufgeführt, weil die Desaster, die Sie hier wieder an die Wand gemalt haben, dort nicht eingetreten sind. Die USA existieren trotzdem seit 1967 relativ gut. Malen Sie doch hier nicht immer solche Schwarzweißbilder.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Ich schlage im Einvernehmen mit dem Ältestenrat vor, beide Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Ich sehe, damit besteht Einverständnis. Dann ist dies so beschlossen.

Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung auf Drucksache 14/4227

bekannt. Mit Ja haben 133 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein niemand, es gab 13 Stimmenthaltungen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Damit ist das Gesetz in der zur Abstimmung gestellten Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen angenommen. Es hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung“.

Mit der Annahme des Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses hat der Änderungsantrag der Abgeordneten Elisabeth Köhler, Kellner, Dr. Runge und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auf Drucksache 14/5936 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis.

Ich rufe jetzt zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkte 4 c

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hartmann, von Truchseß, Radermacher und anderer (SPD)

für ein Bayerisches Weinfördergesetz (BayWeinFöG) (Drucksache 14/6239)

Erste Lesung –

Tagesordnungspunkt 4 d

Gesetzentwurf der Abgeordneten Ach, Freiherr von Rotenhan, Beck und anderer (CSU)

für ein Bayerisches Weinabsatzförderungsgesetz (BayWeinAFöG) (Drucksache 14/6440)

Erste Lesung –

Beide Gesetzentwürfe werden von Seiten der Antragsteller begründet. Die Redezeit beträgt maximal zehn Minuten. Den Gesetzentwurf der SPD begründet Herr Kollege Hartmann. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Tradition des Weinbaus in Franken – und wenn ich vom Weinbau in Bayern spreche, spreche ich bewusst vom fränkischen Weinbau, weil in Franken weit über 90% des bayerischen Weins angebaut werden – ist rund 1200 Jahre alt.

Und als der irische Wanderbischof Kilian um 686 nach Franken kam und mit der Christianisierung begann, musste man damals den Messwein noch mühsam aus anderen Regionen herbeischaffen. Aber schon bald danach begann dann eben auch der Weinbau an den Hängen des Mains und der Tauber – im späten Mittelalter auf zirka 40000 Hektar, heute auf rund 5500 Hektar.

Weinbau ist für uns landschaftsprägend, Weinbau ist aus unserer Kulturlandschaft eigentlich nicht mehr wegzudenken. Aber Weinbau ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das Wohl ganzer Orte, ganzer Dörfer hängt vom Weinbau ab. Für ungefähr 7000 Winzerfami

lien bedeutet der Weinbau schlechthin ihre Existenzgrundlage. Man schätzt ein Bruttoinlandsprodukt – direkt und indirekt – am Weinbau in Franken von gut einer Milliarde DM.

Auch der Tourismus ist untrennbar mit dem Weinbau verbunden. Der Tourismusverband Franken, der Gebietsausschuss „Fränkisches Weinland“ verkörperte beispielsweise 1997 einen Umsatz von 1,3 Milliarden DM, der eben sehr stark mit dem Weinbau zusammenhängt.

Der Weinbau stiftet auch Identität, Identität für diesen fränkischen Raum, und wenn Sie sich die berühmte Flasche, den Bocksbeutel, vorstellen, ihn kennen und schätzen,

(Unruhe bei der CSU)

dann wissen Sie auch, dass diese Identität ihre Symbolkraft zum Beispiel in diesem Bocksbeutel finden kann. Und Sie wissen aber auch, dass die Identität dieses Frankenweins zum Beispiel von dem Begriff „fränkisch trocken“ mit seinen weniger als vier Gramm Restzucker je Liter ausgeht und definiert ist.