Protocol of the Session on April 5, 2001

(Beifall bei der CSU)

Damit wird nur ein Bruchteil der Mittel, die allein Bayern zur Bewältigung der Krise im Interesse von Verbrauchern und Bauern zur Verfügung stellt, erreicht. Bei Hilfen vom Bund für die Landwirtschaft und die gewerbliche Wirtschaft, die von der BSE-Krise besonders betroffen sind, bleibt nur völlige Fehlanzeige festzustellen. Im Gegensatz dazu haben andere Länder, die Mitglieder der Europäischen Union sind, zum Beispiel Frankreich und Großbritannien, in wesentlich größerem Umfang geholfen. Meine Fraktion erhält ihre Forderung an die rot-grünen Genossen auf Bundesebene, sich endlich angemessen an den BSE-Folgekosten zu beteiligen, nachdrücklich aufrecht. Es ist allerhöchste Zeit, dass der Bund hierfür ein Finanzierungskonzept vorlegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, auf Ihrer Seite ist einmal mehr keine Aktivität im Interesse der bayerischen Bürgerinnen und Bürger zu erkennen. Ich bedaure das. Das ist allerdings kein Einzelfall, sondern wir erleben das in diesem Hause ständig.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich noch einmal festhalten: Mit diesem Doppelnachtragshaushalt tragen wir in beeindruckender Weise einer Sondersituation Rechnung. Im Interesse der bayerischen Bürgerinnen und Bürgern handeln die CSU-Fraktion und die Staatsregierung nicht mit Worthülsen, sondern mit Taten. Wir gehen bei der Bewältigung der BSE-Krise bis an die Grenzen unserer finanziellen Belastbarkeit, was mir als einmaliger Kraftakt machbar und – ich betone das ausdrücklich – vertretbar erscheint. Wir werden allerdings auch in Zukunft nicht nachlassen, unseren Kurs der Nachhaltigkeit und Konsolidierung im Bereich des Staatshaushalts weiter zu verfolgen.

Ich bedanke mich dafür, dass die Kolleginnen und Kollegen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bereits eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Stoiber als Haus

haltsrisiko“ herausgegeben haben. Bei den GRÜNEN heißt es: „Klasse statt Masse auch bei den Etatberatungen“. Liebe Frau Kollegin Kellner, ich würde Ihnen empfehlen, diesen Grundsatz bei den normalen Haushaltsverhandlungen zu beachten. Wenn wir die Forderungen, die beide Oppositionsparteien stellen, erfüllten, dann läge die Verschuldung unseres Haushaltes um ein Vielfaches höher, weil die Opposition alle Jahre wieder Millionen- und Milliardenbeträge für konsumtive Ausgaben fordert. Das eigentliche Haushaltsrisiko im Freistaat Bayern sind Sie, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Beifall bei der CSU)

Ich nehme an, Frau Kollegin Kellner wird darauf noch detaillierter eingehen.

Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zu den Äußerungen des Herrn Kollegen Strasser. Herr Kollege Strasser, Sie sprechen von verpassten Chancen und verpassten Gelegenheiten. Sie meinen damit, dass keine müde Mark für bayerische Schülerinnen und Schüler ausgegeben werde. Ich habe versucht, dies in zwei Sätzen zu widerlegen. Lesen Sie doch, was heute in der Presse über das gestrige Pressegespräch und die Entscheidungen der CSU-Landtagsfraktion steht. Wir lassen die Schülerinnen und Schüler in Bayern nicht im Stich. Wir haben den geringsten Unterrichtsausfall, wir sind bei der Unterrichtsversorgung weitaus besser als Ihre Kolleginnen und Kollegen, die in anderen Bundesländern regieren.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das stimmt eben nicht!)

Sie sprechen von Stimmenkauf. Herr Kollege Strasser, was hat den Bundesfinanzminister Eichel in Bezug auf die Steuerreform getan? Er hat nicht Wählerstimmen gekauft, sondern Stimmen der Landesregierungen, in denen die SPD mitregiert. Das ist viel skandalöser, als wenn man im Interesse der Wählerinnen und Wähler Positives tut.

(Beifall bei der CSU)

Was macht Bundeskanzler Schröder beim Betriebsverfassungsgesetz? Er kauft sich die Stimmen der Gewerkschaftsmitglieder, wobei er vor einem halben Jahr noch ganz anders geredet hat. Das sind Fakten. Sie reden von Stimmenkauf. Kehren Sie doch vor Ihrer eigenen Tür. Sie sehen den Splitter im Auge des anderen, aber den Balken im eigenen Auge sehen Sie nicht. Das gilt insbesondere für Sie, Herr Kollege Wahnschaffe.

(Zuruf des Abgeordneten Gartzke (SPD))

Es wurde davon gesprochen, dass die Bundesregierung ein Vorbild sein soll. Ich frage mich, in welcher Beziehung die Bundesregierung ein Vorbild sein soll, wo doch ständig mehr Personal eingestellt wird und neue Staatsminister und Staatssekretäre berufen werden. Das ist eine Aufblähung der politischen Führungspositionen, nicht die Umsetzungen innerhalb der bayerischen Staatsregierung. Die Bundesregierung bläht mit mehr

Beamten und Staatsministern und einer Unzahl von unnötigen Positionen den Staatsapparat auf. Dann wundern Sie sich, dass der Bund der Steuerzahler sagt, so viel Personal habe es in der Bundesregierung noch nie gegeben. Wenn Sie mir nicht glauben, dann erkundigen Sie sich beim Bund der Steuerzahler.

(Gartzke (SPD): Dem glauben wir erst recht nicht! – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Da ist Vorsicht angebracht!)

Wir werden uns im Rahmen der Beratungen intensiv mit allen Aspekten auseinandersetzen. Ich verspreche Ihnen eine sachliche Auseinandersetzung, ich verspreche Ihnen aber auch eine kontroverse Diskussion. Am Schluss werden Sie sich von den Sachargumenten überzeugen lassen müssen, und es wird wieder ein Haushalt vorgelegt werden, ein neuer Einzelplan 12, der seriös finanziert und zukunftsweisend für die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Bayern ist.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Frau Kellner.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, es freut mich, dass Sie zur Debatte zurückgekehrt sind. Ich werde Ihnen deshalb gleich einige Einsparungsvorschläge unterbreiten, damit Sie nicht mehr gar so griesgrämig durch die Gegend laufen müssen.

Herr Kollege Ach, Sie haben sich hier hingestellt und gesagt, die Haushaltsanträge der GRÜNEN hätten in der Vergangenheit Mehrausgaben in Milliardenhöhe verursacht. Das stimmt nicht.

(Ach (CSU): Ich sprach von der Opposition insgesamt!)

Ich stehe hier nur für die GRÜNEN. Unsere Anträge waren immer sauber gegenfinanziert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genauso werden wir Ihnen heute ein solide finanziertes Konzept als Alternative zum Konzept der Staatsregierung vorstellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Auftreten von BSE in Deutschland und die fast zeitgleiche Aufdeckung von Antibiotika-Skandalen bei der Schweinemast zwangen auch die letzten Ewiggestrigen in der CSU und der Staatsregierung, zumindest verbal für eine Wende in der Landwirtschaft und für eine Stärkung des Verbraucherschutzes einzutreten. Das von Ministerpräsident Dr. Stoiber über Nacht aus der Taufe gehobene sogenannte 600-Millionen-DM-Programm – tatsächlich handelt es sich um ein 300-Millionen-DM-Programm pro Jahr – hätten Sie schon viel früher haben können, wenn Sie in der vergangenen Jahren auch nur den Hauch einer Einsicht gezeigt hätten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Generationen von Abgeordneten der GRÜNEN haben vergeblich versucht, Sie von den Vorteilen einer ökologischen Landwirtschaft zu überzeugen. Noch bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 01 und 02 im November letzten Jahres haben Sie von der CSU unsere Anträge auf Förderung der Vermarktung von ökologischen Lebensmitteln, auf Zuschüsse für Stallum- und -neubauten gemäß der EU-Ökotierverordnung und auf die Errichtung eines Forschungs- und Bildungszentrums für Ökolandbau abgelehnt. Selbst als am 29.11. letzten Jahres feststand, dass die Verfütterung von Tiermehl endlich generell verboten wird, haben Sie unseren Antrag, den Anbau von eiweißhaltigen Futterpflanzen zu fördern, abgelehnt. Offensichtlich haben Sie noch Ende letzten Jahres gemeint, Sie kämen mit einem „Weiter so“ davon.

Herr Kollege Ach, ich weiß auch, was Sie bei unseren Anträgen letztes Jahr gestört hat. Wir wollten diese Anträge durch Umschichtungen im Agrarhaushalt und durch Verwendung der Steuermehreinnahmen, die wir Ende letzten Jahres hatten, finanzieren. Ihnen war – wie üblich – die Erhöhung der Mittel für den Staatsstraßenbau wichtiger als eine Ökologisierung der Landwirtschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Sehr gut!)

Ja, Herr Hofmann, das will die CSU. Sie haben noch Ende letzten Jahres überhaupt keine Anstalten zu einer Agrarwende gemacht. Sie haben so getan, als ob alles so weiterlaufen könnte wie bisher.

(Hofmann (CSU): Wir haben schon mehr Geld ausgegeben als die GRÜNEN in den anderen Bundesländern!)

Herr Kollege Hofmann, melden Sie sich doch später zu Wort.

Die Wende der Staatsregierung kam im Februar. Wie immer, wenn sich Ministerpräsident Stoiber in der Defensive sieht – der Finanzminister weiß das ganz genau –, dann kommt es zu Sponti-Reaktionen und zu Nachtund-Nebel-Entscheidungen. Dann wird Stoiber zum Haushaltsrisiko.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Hofmann?

Später. Ich geben Ihnen ein Zeichen.

(Hofmann (CSU): Das hätte jetzt gut dazu gepasst!)

Ich weiß schon, dass Ihnen das nicht passt und dass Sie schon wieder Ihren Ministerpräsidenten aus der

Schusslinie nehmen wollen. Das war doch Sinn und Zweck Ihrer Wortmeldung.

(Sinner (CSU): Sie bekommen auch die passende Antwort! – Hofmann (CSU): An den habe ich momentan gar nicht gedacht!)

Stoiber hat über Nacht ein neues Ministerium kreiert, maßgeschneidert für Herrn Herrmann, den er schon längst im Kabinett haben wollte. Da hat er wiederum die Rechnung ohne das Finanzministerium gemacht; denn über Nacht ist ihm auch dieser Minister abhanden gekommen.

Da wird über Nacht ein 600-Millionen-Sonderprogramm hervorgezaubert. Da wird der staunenden Öffentlichkeit ein Fleischexport nach Moskau so nach dem Motto „Edmund is the greatest“ präsentiert.

Tatsache ist, Kolleginnen und Kollegen, dass auch für diesen Publicity-Gag der Steuerzahler über eine Staatsbürgschaft wird aufkommen müssen, falls das Geschäft überhaupt zustande kommt.

(Sinner (CSU): Wer zahlt die Verbrennung?)

Herr Minister Faltlhauser, Sie haben vorhin die Frage nicht beantwortet, ob die Kreditgeber, die Landesbank und eventuell andere Banken, ihre Prüfung schon abgeschlossen haben, ob sie den Kredit überhaupt geben wollen. Denn in der vorletzten Woche befand sich die Angelegenheit noch im Prüfungsstadium.

(Zuruf von der CSU: Die sind darauf ganz scharf!)

Ja, das glaube ich auch. Sie sind darauf genauso scharf wie Sie, nehme ich an.

Nun die Mär vom so genannten fresh money. Fresh money, sagte der Ministerpräsident, werde in Bayern ganz im Gegensatz zum Bund bereitgestellt; denn er, Ministerpräsident Stoiber, könne sich das alles sozusagen aus der Portokasse, also zusätzlich, leisten.

Tatsache ist aber, meine Damen und Herren: Ministerin Künast schichtet innerhalb des Agraretats um und versucht, mit einer Änderung der Rahmenbedingungen die Weichen in Richtung ökologische Landwirtschaft zu stellen. Genau so – genau so! – stellen wir GRÜNEN uns eine solide Finanzierung der Agrarwende vor: geänderte Rahmenbedingungen, zielgerichtete Förderung, umfassende Information und Werbung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)