Nun schauen wir uns an, was die Bayerische Staatsregierung tut. Sie finanziert ihr Sonderprogramm dadurch, dass sie den Ministerien den Gürtel enger schnallt. Da sind 129 Millionen DM aufzubringen. Weitere 19 Millionen DM sind über einen strikten Haushaltsvollzug aufzubringen. Da frage ich mich schon, Herr Finanzminister: Wie viel Luft ist denn überhaupt in diesen Haushaltstiteln, wenn sie es verkraften können, summa summarum 150 Millionen DM einzusparen?
Da sehen wir, dass sie vorbeugend schon immer mehr beantragen, als sie brauchen. Sonst wäre das nicht möglich.
Was aber von uns überhaupt nicht akzeptiert werden kann und was Ihnen offensichtlich auch selbst Schwierigkeiten bereitet – sonst würde Herr Kollege Ach nicht sagen: Wir überlegen uns, ob wir die zusätzliche Haushaltssperre wieder zurücknehmen –, ist die zusätzliche dreiprozentige Haushaltssperre,
die vor allem die Kommunen sowie die sozialen und kulturellen Verbände trifft. So bluten für Stoibers ehrgeiziges Sonderprogramm die Aids-Hilfe – 180000 DM werden ihr genommen –, die Förderung der Familie – minus 300000 DM –, die Mittagsbetreuung an den Schulen – minus 450000 DM –, die Kinderhorte – minus 1,3 Millionen DM – und das Jugendprogramm mit minus 1,2 Millionen DM, passend, Frau Stewens, zu Ihren Ankündigungen einer neuen Familienpolitik im Freistaat Bayern.
Da stellt sich in Anhörungen des vom Kollegen Wilhelm – CSU – geleiteten Ausschusses heraus, wie Not leidend die nichtstaatlichen Theater sind und wie hier die Haushaltsansätze erhöht werden sollen. Genau das Gegenteil passiert: Die kommunalen, nichtstaatlichen Theater werden noch einmal mit 2,76 Millionen DM zur Ader gelassen. Die kommunalen Musikschulen müssen 975000 DM aufbringen, und bei den Universitätskliniken werden 26 Millionen DM eingezogen. Das, meine Damen und Herren, ist nicht solide, das ist schädlich für Bayern.
Nötig ist, Kolleginnen und Kollegen, ein Gesamtkonzept statt eines Hau-Ruck-Konzeptes, ein Konzept, das eine umweltfreundlichere Landwirtschaft und die Förderung des Verbraucherschutzes zum Ziel hat.
Geld, meine Damen und Herren von der CSU, ist nicht alles. Nicht wer das meiste Geld ausgibt, macht die beste Politik, sondern der, der richtige Rahmenbedingungen setzt, wird sein Geld auch zielorientiert einsetzen können.
Gerade in der Landwirtschaftspolitik, die in Bayern immer noch königlich-bayerische Strukturen hat, muss der Rahmen neu gesetzt werden und müssen verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Das setzt sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen für eine Neuorientierung frei.
Das Landwirtschaftsfördergesetz aus dem Jahr 1974 muss grundlegend überarbeitet werden. Die acht Landesanstalten, die noch auf Kronprinz Luitpold zurückgehen, müssen neuen Erfordernissen angepasst werden, und das Beratungssystem muss neu überdacht werden.
Am allerwichtigsten aber ist, dass Kontrollen in Zukunft einzig und allein von staatlichen Stellen durchgeführt werden. Wir brauchen die klare Trennung von staatlichen Aufgaben und Einrichtungen. Mischkonstruktionen bringen nur Intransparenz und sorgen für laufende Skandale.
Es ist bezeichnend, Herr Staatsminister, dass der Tiergesundheitsdienst im Haushalt überhaupt nicht vorkommt, obwohl er 6,68 Millionen DM Globalzuschuss und noch einmal 883000 DM für die Kontrolle der „offenen Stalltür“ erhält. Das alles läuft unter „Selbsthilfeeinrichtungen bäuerlicher Landwirtschaft“. Der Name „Tiergesundheitsdienst“ taucht nicht auf. Schalten Sie das Suchprogramm ein. Ich finde, das ist wirklich unglaublich.
Sonst wird jedes Mütterzentrum, das 5000 DM Zuschuss erhält, im Haushalt aufgeführt. Hier aber werden unter dem großen Titel „Unterstützung bäuerlicher Selbsthilfeeinrichtungen“ 93 Millionen DM verspeist; „verfrühstückt“ kann ich bei dieser Menge Geld nicht mehr sagen.
Ich sage hier noch etwas. Die Bäuerinnen und die Bauern sind mündige Bürgerinnen und Bürger und freie Unternehmerinnen und Unternehmer. Es ist an der Zeit, dass sie von der Fuchtel staatlicher Planwirtschaft befreit werden, auch wenn sich mancher im allumfassenden Schutz der CSU und des Bauernverbandes ganz gut eingerichtet hat.
Ich bin viel unterwegs in den Dörfern und auch bei Bauernstammtischen. Da ist schon interessant, was dort aus der Praxis berichtet wird. Wenn mir die Bauern erzählen, was ihnen von staatlichen und halbstaatlichen Stellen alles geraten wird, dann stehen mir in der Tat die Haare zu Berge.
Was wird da in so ein armes Schwein alles hineingefüttert, damit es nur ja zur optimalen Veredelung kommt. Das sind ausgeklügelte Vitamin- und Spurenelemente und häufig auch die für den Menschen so schädlichen Antibiotika-Cocktails. Allein schon das Wort „Veredelung“! Die Viehmast ist die Veredelung von Getreide, weil dieses so mehr Geld bringt. Eine artgerechte Tierhaltung sieht aber ganz, ganz anders aus.
Unter einer gezielten Förderung, Herr Finanzminister, verstehen wir zum Beispiel eine um 20% höhere Förderung der Ökobetriebe innerhalb des Kulturlandschaftsprogramms. Zur Gegenfinanzierung, Herr Staatsminister, schlagen wir vor, die Mittel aus dem Programm „Umweltgerechtes Betriebsmanagement“, das nur eine
Nur soviel, Herr Staatsminister, damit Sie einmal ein paar Ansatzpunkte haben, wo Sie Ihr Geld auftreiben können.
Die Förderung der regionalen Vermarktungsstrukturen kann aus dem Titel „Verbesserung der Marktstruktur“ genommen werden. Die Zuschüsse für Stallum- bzw. &neubauten können aus dem Agrarinvestitionsprogramm genommen werden. Die Liquiditätshilfen für Landwirtschaftsbetriebe und für landwirtschaftliche Verarbeitungsbetriebe können aus entsprechenden Wirtschaftsförderprogrammen finanziert werden. Dazu gibt es ja schließlich die Programme bei der LFA. Eine in der Tat notwendige Forschung auf den Feldern BSE und Creutzfeld-Jakob muss an den Universitäten angesiedelt und aus der High-Tech-Offensive finanziert werden.
Hierhin gehört die Forschung, und dort gibt es auch noch genügend freie Mittel. Von insgesamt 2,3 Milliarden DM sind bisher erst 271 Millionen DM abgeflossen. Herr Staatsminister, damit können Sie Forschung vom Feinsten betreiben. Die Gelder sind dazu da.
Nein, die Gelder sind doch noch da. Sie müssen nicht freigemeldet werden. Aber wir sehen uns im Ausschuss noch einmal.
Als großen Fehler sehen wir die Schaffung des neuen Ministeriums. Ich gehe hier und heute jede Wette ein, dass diese Konstruktion die nächsten Wahlen nicht überleben wird. Es wäre sehr viel sinnvoller gewesen, den Betrag, welcher allein für den Aufbau einer neuen Ministerialverwaltung erforderlich ist, den Verbraucherzentralen und Verbraucherschutzverbänden zukommen zu lassen. Das, was mit der Schaffung dieses neuen Ministeriums an Durcheinander und Kompetenzsalat entsteht, sehen Sie im Nachtragshaushalt. Es kommt doch nicht von Ungefähr, dass heute nach der Regierungserklärung vom Minister Sinner Minister Miller eine Co-Regierungserklärung abgehalten hat. Kolleginnen und Kollegen, auf so etwas möchte ich mich hier im Parlament nicht einstellen müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi Müller (CSU): Er hat doch nur auf eine Frage geantwortet!)
Herr Müller, die Fragerunde ist immer am Ende der Debatte und nicht schon dann, wenn die erste Runde der Redner noch gar nicht abgelaufen ist. So geht es nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war ungehörig!)
Es wäre sehr viel sinnvoller gewesen, insgesamt eine Neuordnung vorzunehmen und zum Beispiel über eine Fusion von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nachzudenken. Die Konstruktion, wie wir sie in Bayern haben, gibt es in allen anderen Bundesländern nicht. In Nordrhein-Westfalen sind zum Beispiel der Verbraucherschutz und die Landwirtschaftspolitik im Umweltministerium angesiedelt. Es gäbe also sehr viele andere Möglichkeiten, welche uns diesen Kompetenzsalat erspart hätten.
Fest steht natürlich, dass die Versäumnisse der Vergangenheit, nämlich die ungenügende Ausstattung der Veterinärabteilungen und die fast nicht vorhandenen Stellen für Kontrolleure für das Futtermittel, sofort behoben werden müssen. Bis zum BSE-Ausbruch hat es gerade einmal 2,5 Stellen für die Futtermittelkontrolleure gegeben. Das müssen Sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Die neugeschaffenen Stellen dürfen aber nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, sie müssen je nach Tierbestand auf die jeweiligen Landkreise verteilt werden. Statt die Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelproduktion zu „mästen“, sollten Sie lieber in die Forschung und Weiterbildung beim Öko-Landbau investieren.
In der Frage, welche Ziele durch das Setzen von Rahmenbedingungen erreicht werden können, unterscheiden wir GRÜNE sehr genau zwischen notwendigen Soforthilfemitteln und langfristigen Maßnahmen. Auf der EU-Ebene muss eine umweltfreundlichere Ausgestaltung der Förderprogramme vorangetrieben werden. Wettbewerbsvorteile aufgrund nicht artgerechter Tierhaltung müssen gestoppt werden. Das ist wirklich ein immenses Problem.
Bundesministerin Künast bemüht sich auf diesem Gebiet sehr engagiert. Selbstverständlich gelten diese Grundsätze auch für die Ausgestaltung der Bundesprogramme.
Von der Bundesregierung erwarten wir eine Beteiligung an der Entschädigung für den Ankauf von tiermehlhaltigen Futtermitteln und dessen Vernichtung. Das ist aber auch bereits zugesagt worden. Des weiteren sehen wir einen Bedarf an einer einheitlichen Gebührenregelung, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Bundesländer und innerhalb der EU kommt. Die Kosten für den BSE-Test und für die Verbrennung von Schlachtabfällen müssen nach einer Übergangsphase auf den Fleischpreis aufgeschlagen werden. Es gibt keinen Grund für die Öffnung eines neuen Subventionsfeldes.
Kolleginnen und Kollegen, BSE-Krise und Antibiotikaskandal zeigen deutlich, dass eine Wende in der Landwirtschaftspolitik überfällig ist. Eine Wende muss gerade auch in der finanziellen Förderung erkennbar sein. Das,
was die Staatsregierung mit diesem Nachtragshaushalt vorgelegt hat, überzeugt nicht. Ein ernsthafter Wille zur Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik ist nicht erkennbar. Das neue Ministerium schafft mehr Probleme, als es Probleme lösen kann. Die Finanzierung ist unsolide.
Setzen Sie mit uns auf Klasse statt Masse und diskutieren Sie mit uns über Umschichtungs- und Umstrukturierungsvorschläge. Nachdem gerade in Bayern sehr große finanzielle Anstrengungen im Bildungsbereich unternommen werden müssen, soll und muss es Ihnen ein Anliegen sein, dass die Wende in der Landwirtschaftspolitik durch Umschichtungen im Agrarhaushalt und durch das Setzen von Rahmenbedingungen finanziert und vorangetrieben wird. In diesem Sinne werden wir bei den Beratungen im Ausschuss unsere Anträge stellen und mit Ihnen diskutieren.
Herr Hofmann, es tut mir leid, aber meine Zeit ist mir davongelaufen. Ich würde Sie jetzt wirklich sehr herzlich um eine Kurzintervention bitten, denn Sie wissen, dass ich mich mit Ihnen immer sehr gerne auseinandersetze.