Protocol of the Session on March 14, 2001

Ich habe mich auf die Diskussionen im Vermittlungsausschuss 1992 bezogen. Diesen Bezug haben auch Sie hergestellt. Die Äußerungen über hohe Summen entbehren also jeder Grundlage. Ich stelle fest, in die Rüstungskonversion sind keine Umsatzsteuerpunkte eingegangen. Zusätzliche finanzielle Spielräume haben wir nicht bekommen. Es gibt sogar eine Rechnung aus dem Jahr 1993, wonach der Freistaat Bayern letztlich 182 Millionen DM weniger hatte. Wir haben also sogar noch Verluste gehabt.

Ihr Antrag geht deshalb in die falsche Richtung. Nach unserer Meinung ist der Bund gefordert. Darauf zielt unser Antrag ab. Wir wollen ein Konversionsprogramm aus den UMTS-Erlösen in Höhe von 1 Milliarde DM. Ausschlaggebend für uns ist, dass die Schließungen in strukturschwachen Gebieten erfolgen, dass die wirtschaftliche Struktur dort häufig auf die Bundeswehr ausgerichtet ist und dass viele kommunale Investitionen im Zusammenhang mit Bundeswehrstandorten getätigt wurden.

Wir wollen Investitionen fördern und Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen, dass Finanzhilfen für strukturschwache Gebiete gegeben werden. Auch die Abgabe von verbilligten Grundstücken ist eine unserer Forderungen, genauso wie der Ausgleich für überflüssig werdende kommunale Investitionen. Die Raumanalyse für betroffene Gebiete ist wichtig. Frau Kellner hat deutlich gemacht, wie viel es bedeutet hat, wenn man auch in anderen Bereichen eine Raumanalyse durchführen und damit den betroffenen Kommunen helfen konnte.

Wir wollen eine vorrangige Berücksichtigung des Freistaates Bayern. Wir bringen auch selbst etwas, und zwar bei bestimmten Förderprogrammen, an denen wir uns beteiligen können und bei denen wir über die Fördersätze entscheiden können. Wir sind selbstverständlich auch bereit, Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst zu übernehmen, sofern dies machbar ist.

In diesem Sinne bitte ich recht herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir werden auch dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in der geänderten Fassung zustimmen. Ihnen von der SPD kann ich nur sagen, ich würde Sie herzlich bitten, heute unserem Antrag zuzustimmen und damit zu zeigen, dass Sie die Interessen Bayerns und nicht die Interessen des Bundes vertreten.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatsminister Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 6. März habe ich vor zwei Ausschüssen des Bayerischen Landtags die neue Situation im Bezug auf den Abbau und die Reduzierung von Bundeswehrstandorten dargestellt. Ich will kurz rekapitulieren. Der Bundesverteidigungsminister hat beschlossen, 38 Standorte in Deutschland zu schließen. Die Gründe dafür hat Herr Kollege Sackmann angedeutet. Sie sind aus unserer Sicht nicht in erster Linie in der

veränderten Sicherheitslage zu suchen, sondern im Bemühen des Bundes zu sparen.

Von diesen 38 Standorten liegen 13 in Bayern, also mehr als ein Drittel. Die Zahl der Dienstposten wird in Bayern um mehr als 15000 reduziert; das sind mehr als 20% bei einem Bundesdurchschnitt von 14%. Daraus ergibt sich eindeutig: Bayern ist überproportional betroffen, und Bayern wird durch die Entscheidung des Bundes einseitig benachteiligt.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Was ist mit RheinlandPfalz?)

Wir haben immer gesagt, das ist eine Fehlplanung. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch parteipolitische Gründe eine Rolle gespielt haben. Das ist insbesondere deshalb zu kritisieren, weil man offenbar die Staatsregierung treffen will, in Wirklichkeit aber die Gemeinden und die ländlichen Räume bestraft.

(Beifall bei der CSU)

Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat vorletzte Woche in aufrüttelnder Weise darauf hingewiesen, dass die Bundeswehr in einer schlimmen Finanzklemme steckt und dass Ihre Einsatzfähigkeit tangiert, wenn nicht gar gefährdet ist. Es ist heute schon so, dass Übungen der Bundeswehr nicht stattfinden können, weil es an Sprit fehlt. Es scheint so zu sein, dass die Beschaffung von Ersatzteilen für Panzer dadurch erfolgt, dass Panzer stillgelegt und ausgeschlachtet werden, um andere mit den Teilen zu versorgen. Ich habe gedacht, das wäre der Standard eines Entwicklungslandes, aber nicht der Standard einer hochtechnisierten Industrienation.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Mehrlich (SPD))

Herr Kollege Mehrlich, das habe ich nicht erfunden. Wenn der Generalinspekteur der Bundeswehr, der erste Soldat der Bundeswehr, das sagt, sollten Sie das ernst nehmen. Indem Sie das Problem ignorieren, lösen Sie es nicht. Ihr Verhalten zeigt, dass Sie nicht verstehen, was es bedeutet, die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr aufrechtzuerhalten. Wenn Bundesverteidigungsminister Scharping sich nicht durchsetzen kann, ist das nur der Beleg dafür, dass er für diese außerordentlich wichtige Position eine Fehlbesetzung ist.

(Beifall bei der CSU)

Ich komme zum unmittelbaren Anlass Ihrer Anträge. Der Hintergrund ist die Schließung von 13 Standorten und die Reduzierung von 7 weiteren Standorten in Bayern. Das bedeutet, 20 Standorte in Bayern sind massiv betroffen. Die Redner der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN haben dabei alles in einen Topf geworfen. Frau Kollegin Kellner und Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer, natürlich ist München, wo auch Kasernen geschlossen werden, in ganz anderer Weise betroffen als beispielsweise Heidenheim, Ebern, Wildflecken, Hemau in der Oberpfalz oder Sonthofen. In München ist man froh, die Flächen zu bekommen. Dort haben wir auch nicht protestiert.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Wenn Sie schon den ersten Soldaten der Bundeswehr zitieren, zitieren Sie bitte auch seine Aussage, dass es unbedingt nötig ist, die Reform durchzuführen, weil sich die Sicherheitslage verändert hat und weil wir Betriebskosten sparen müssen, um die Bundeswehr zukunftsfähig zu machen. Das kann man bei der Debatte nicht außer Acht lassen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister, bitte.

Der erste Soldat der Bundeswehr muss letztlich finanziell mit dem auskommen, was die politische Vorgabe des Bundesverteidigungsministers und der Bundesregierung beinhaltet. Wenn wir redlich miteinander umgehen wollen, sollten Sie nicht den Eindruck erwecken, dass das Militär darauf gedrängt hat, die Standorte zu schließen. Die Reihenfolge war selbstverständlich umgekehrt: Die Bundesregierung hat beschlossen, weniger Geld auszugeben und Reduzierungen vorzunehmen, und die Militärs haben den Auftrag bekommen, im Rahmen dieser Vorgabe Vorschläge zu machen. So war der Ablauf. Sie sollten nicht Ursache und Wirkung verwechseln und den zeitlichen Ablauf umkehren.

Ich komme zur Konversion und zur Betroffenheit. Natürlich sind die 13 Standorte in Bayern unterschiedlich betroffen. Die Auswirkungen sind ganz unterschiedlicher Art. Von den wirtschaftlichen Möglichkeiten her gesehen, müsste die Landeshauptstadt München eigentlich etwas für die ihr zufallenden Flächen zahlen. Sie hat damit Chancen für ihre wirtschaftliche Entwicklung und für die Schaffung von Arbeitsplätzen erhalten. Hier kann der Bund die Liegenschaften sicher gut abgeben. Aber sagen Sie mir, was beispielsweise in Wildflecken geschehen soll. Wildflecken ist bereits durch den Abzug der Amerikaner betroffen. Eine weitere Reduzierung wäre höchst problematisch. Der Bürgermeister von Wildflecken wird Ihnen sagen, er sei in der Lage, zu einem Preis von 0 DM Flächen abzugeben, finde aber keine Investoren.

In Heidenheim ist die Situation ähnlich schwierig. Frau Kollegin Naaß, wenn Sie den Einsatz für die Heimat ernst nehmen würden, müssten Sie in Berlin massiv protestieren. Es ist völlig offen, was die Gemeinde mit der Fläche von 200 Hektar machen soll. Sie ist in einer anderen Situation als die Landeshauptstadt München, die mehr oder weniger jeden Quadratmeter sinnvoll nutzen kann. Das heißt, wir müssen die unterschiedlichen Betroffenheiten berücksichtigen, wenn die Entscheidung schon nicht zu ändern ist, was ich bedauere. Wir sind keine Ignoranten, sondern Realisten und werden uns damit auseinandersetzen.

Es stellt sich dann die Frage, wie wir damit umgehen.

Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer hat nun behauptet, dass nicht der Bund zuständig sei, sondern es sich um eine Angelegenheit des Landes handle.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer (SPD))

Zu dieser Logik ist Folgendes zu sagen: Der Bund verlagert die Feldjägerschule von Sonthofen in die Heimat des Bundeskanzlers nach Hannover. Somit steht die Liegenschaft in Sonthofen leer, und niemand weiß so recht, was man mit dieser Kaserne anfangen soll. Sie sagen nun, das Land sei dafür zuständig. Darauf antworte ich Ihnen, dass es nicht sein kann, sofern das Verursacherprinzip und politische Verantwortung noch etwas gelten, dass der Bund eine gut funktionierende und von den Soldaten gern angenommene Feldjägerschule in Sonthofen, die in einer wunderschönen Landschaft liegt, nach Hannover verlegt und die Liegenschaft hinterlässt, obwohl das Ballungsgebiet Hannover dies gar nicht nötig hätte. Denn das Gelände in Hannover wäre wirtschaftlich gut nutzbar. Für diese Fehlplanung bzw. diese Entscheidung soll jetzt das Land gerade stehen. Es kann doch nicht sein, dass der Bund die Löcher aufreißt und das Land für die Reparatur zuständig ist.

(Beifall bei der CSU – Prof. Dr. Gantzer (SPD): Rheinland-Pfalz!)

Sie haben den Eindruck erweckt, dass es dem Bund aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich sei zu helfen, da die Hilfe nach dem Grundgesetz eine Aufgabe der Länder sei. Es mag zweifelhaft sein, ob es eine einklagbare Verpflichtung des Bundes gibt, die aus dem Grundgesetz hergeleitet werden kann. Das lassen wir einmal dahingestellt. Wenn dem so wäre, dann könnte man gegen die Maßnahmen des Bundes klagen. Es ist aber abwegig und absurd zu glauben, aus dem Grundgesetz lasse sich ein Verbot für Hilfsmaßnahmen des Bundes ableiten. Diesen Eindruck haben Sie vermittelt. Wenn Sie behaupten, der Antrag der CSU sei verfassungswidrig, weil Forderungen an den Bund erhoben werden, dann erwecken Sie den Eindruck, dass es dem Bund verboten sei, in dieser Angelegenheit zu helfen.

(Sackmann (CSU): Das ist ein Ablenkungsmanöver!)

Herr Prof. Dr. Gantzer, Sie sind Notar. Hätten Sie so etwas in der Ersten Juristischen Staatsprüfung geschrieben, dann wären Sie nicht durch das Examen gekommen. Dem Bayerischen Landtag muten Sie aber eine solche Aussage zu. Das ist vollkommen abwegig.

(Beifall bei der CSU)

Nun weiß ich aber, dass Sie ein guter Jurist sind und versuchen, ein guter Politiker zu sein. In dem Bestreben, beides unter einen Hut zu bringen, sind Sie der Versuchung erlegen, hemmungslose Polemik zu betreiben. Ich will nur klarlegen, was die Motive Ihres Tuns sind. Möglicherweise werden Sie einwenden, wie es denn der Nichtjurist Huber wagen könne, Ihnen eine juristische Belehrung zu erteilen. Deshalb habe ich mich bei dem Kronjuristen Peter Welnhofer rückversichert und gefragt: „Lieber Peter, wie beurteilst Du juristisch die Aussage

von Herrn Kollegen Gantzer?“ Sein Kommentar war: „Schmarrn.“ Das wollte ich hier nur wiedergeben.

(Heiterkeit – Beifall bei der CSU)

Ich bedanke mich für diesen honorarfreien Rat. Die Staatsregierung wird das Herrn Kollegen Welnhofer nicht vergessen.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Einmal Schweinshaxe!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schläger?

Ja.

Herr Staatsminister, ist Ihnen klar, dass der Standort Wunsiedel 1993 aufgelöst worden ist und im Jahre 1998, als die unionsgeführte Bundesregierung abtreten musste, immer noch leer stand und erst nach 1998 durch die Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und der Kommune ein Fortschritt erzielt werden konnte? Die gleiche Situation, die Sie jetzt schildern, hatten Sie auch zu verantworten.

Herr Kollege, wenn Sie bedauern, dass die Kaserne so lange leer stand, dann teile ich dieses Bedauern sehr. Umso mehr müssten Sie eigentlich jetzt fordern, dass man etwas tun muss, damit das Gleiche nicht noch einmal erfolgt.

(Beifall bei der CSU)

Lassen Sie mich zu einer weiteren Hilfsbehauptung von Herrn Kollegen Prof. Dr. Gantzer kommen. Sie sagen, die Forderung an den Bund wäre moralisch nicht berechtigt, weil man sich 1993/94 darauf verständigt habe, den Ländern Geld zu geben, mit dem sie jetzt die Konversionsprogramme finanzieren könnten. Dazu möchte ich folgende Bemerkung machen:

Erstens. Ich glaube, dass im Jahre 1993, als die Entscheidungen über die Veränderung der Steuerverteilung gefallen sind, niemand eine Standortschließung des Jahres 2001 vorhersehen konnte. Deshalb kann die Forderung an den Bund nicht mit dem Hinweis abgelehnt werden, die Forderung sei mit der Umsatzsteuerverteilung von 1993 bereits abgegolten. Diese Argumentation ist abwegig.

Zweitens. Es ist in der Tat seit dieser Zeit bis heute strittig geblieben, ob der Bund seiner Verpflichtung zu einem Konversionsprogramm nachgekommen ist. Ich bedanke mich bei Frau Kollegin Kellner, dass sie die Äußerung von Ministerpräsident Streibl zitiert hat. Diese Äußerung belegt, dass wir auch gegenüber unseren Freunden in Bonn massiv protestiert haben.

(Sackmann (CSU): So ist es!)

Nehmen Sie sich doch ein Beispiel daran. Sie gehen doch vor Herrn Scharping und den Berlinern in die Knie. Sie trauen sich noch nicht einmal, etwas zu sagen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben 1993, als unsere Freunde in der Bundesregierung waren, gegen die Standortschließungen in Bayern massiv protestiert und Gelder von Bonn eingefordert. Ich bedanke mich dafür, Frau Kollegin Kellner, dass Sie mir als Kronzeugin zur Seite gestanden haben. Wir waren nie damit zufrieden, wie der Bund die Angelegenheit behandelt hat.