Meine Damen und Herren, wenn ich die Antwort auf die große Anfrage von damals lese, stelle ich fest, dass auch gefragt worden ist, wie sich das auf die Bundesländer auswirke. Damals wurden vor allem die ausländischen Streitkräfte abgebaut. Bayern hat dazu folgendes erklärt. Ich zitiere wieder aus der Antwort: „In Bayern sind in den Jahren von 1990 bis 1996 rund 49500 USSoldaten abgezogen worden und 70000 zivile Arbeitsplätze bei den US-Streitkräften verloren gegangen.“
Ich kann mich erinnern, dass dies damals so war. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass Herr Huber damals ein solches Spektakel veranstaltet hätte, wie er das heute tut. Wir haben seinerzeit diese Antwort zur Kenntnis genommen und sind zur Tagesordnung übergegangen. Bei der Bundeswehr wurden von 1991 bis 1995 19704 Stellen und von 1995 bis heute 13796 Stellen, insgesamt also 33500 Stellen abgebaut. Wenn ich die US-Streitkräfte hinzurechne, komme ich auf einen Stel
lenabbau von insgesamt 90000 Stellen. Dabei ist hinzuzufügen, dass dieser Stellenabbau bei den deutschen Streitkräften sozialverträglich erfolgte. Niemand wurde arbeitslos oder auf die Straße geschickt.
Ich habe diese Zahl von 90000 Stellen ganz bewusst hervorgehoben, weil ich Ihnen ein Gegenbeispiel aufzeigen will. Das „kleine“ Land Rheinland-Pfalz, das mit seinen insgesamt 4 Millionen Einwohnern nicht mit Bayern zu vergleichen ist, hat seit 1987 100 000 militärische und zivile Stellen verloren, also mehr als alle anderen Bundesländer. Was hat Rheinland-Pfalz gemacht? Rheinland-Pfalz hat nicht nach Bundesmitteln geschrien, sondern gewusst, dass dies eine Länderaufgabe ist. Deswegen hat es ein eigenes Konversionsprogramm eingeführt und dafür inzwischen 2,5 Milliarden DM aus Landesmitteln ausgegeben. Mit diesem Programm sind mehr als zwei Drittel aller Konversionsfälle gelöst worden. Das war ein Erfolgsprogramm.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Ihr Antrag ist ein typischer Oppositionsantrag. Sie versuchen, die Verantwortung auf den Bund abzuschieben, der dafür nach der Verfassung nicht zuständig ist. Sie wollen mit diesem Problem nichts zu tun haben. Ihr Antrag ist ein Konversionsverhinderungsantrag.
Von der Bundeswehrreform ist vor allem der Standort Heidenheim betroffen. Wenn ich mir Ihren Antrag ansehe, frage ich mich, wie Sie dem Standort Heidenheim helfen wollen. Sie helfen Heidenheim nicht, indem Sie vom Bund Mittel anfordern, die Sie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht bekommen können. Sie haben die Mittel bereits im eigenen Haushalt. Sie verweigern den Leuten, die ohnehin schon gebeutelt wurden, die Hilfe. Das halte ich für unanständig. Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen. Bayern hat bereits einige Erfahrungen mit der Rüstungskonversion und mit der Umnutzung militärischer Liegenschaften gesammelt. Ich erinnere Sie an die Aufgabe militärischer Flächen Anfang der Neunzigerjahre. Damals war unter anderem auch meine Heimatstadt Landshut betroffen. Ich habe damals als Stadträtin miterlebt, wie so etwas abläuft. Daher müssen wir nicht bei Null anfangen. Von Anfang an war klar, dass die Bundeswehr aufgrund der geänderten politischen Gegebenheiten reduziert wird. Gott sei Dank haben sich diese politischen Gegebenheiten geändert.
Herr Staatsminister Huber, bevor Sie sich jetzt in Jammertiraden über das Ungemach ergießen, das Ihnen von Berlin angetan wird, möchte ich Ihnen ein Zitat aus einem Artikel über den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Max Streibl vom 17. März 1993 vorlesen. Dort steht unter der Zwischenüberschrift „Kritik an Rühe“:
Belastet wird Bayern auch durch den Bundeswehrabbau. Nach einer Kabinettsitzung in München kritisierte Streibl am Dienstag in scharfer Form die Planungen des Verteidigungsministeriums. Er verlangte von Verteidigungsminister Rühe zunächst ein Gesamtkonzept für die absehbare Zukunft vorzulegen, bevor Garnisonen in Bayern aufgelöst werden. Der Standortabbau komme einer Bestrafung Bayerns gleich.
Dies haben Sie zu Ihrem eigenen Minister gesagt. Heute sagen Sie das Gleiche. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, trocknen Sie Ihre Krokodilstränen und stellen Sie sich den Realitäten. In Passau, Neu-Ulm und einigen anderen Orten zeigt sich, wie gut die Reduzierung bewältigt werden kann.
Herr Huber, natürlich sind die lokalen Gegebenheiten unterschiedlich. Dass es in kleineren Orten größere Schwierigkeiten als in einer mittleren Stadt gibt, ist klar. Deshalb ist für diese Reduzierung auch ein Stufenplan vorgesehen. Ich habe mit Interesse gelesen, dass vor Ort einige Leute darauf warten, dass die Flächen frei werden. Der Chef des Feldafinger Gewerbeverbandes hat gesagt, er sei froh, dass das Gelände freigegeben werde. Daraufhin setzten die politischen Spielchen ein. Er wurde beschimpft und ist dann zurückgetreten. Letztlich hat er nur die Wahrheit gesagt, nämlich, dass diese Gelände vielerorts für Gewerbeansiedlungen, für kommunale Zwecke und für öffentliche Einrichtungen gut zu gebrauchen sind.
Sie sollten aufhören zu schimpfen und das tun, was notwendig ist. Es ist wichtig, dass ein Zeitplan entwickelt wird, dass die frei werdenden Flächen zügig freigegeben werden, vor allem dass sie altlastenfrei gestellt werden. Das ist mitunter ein sehr großes Problem und kann auch zu hohen Kosten bei der Nachnutzung führen. Weiterhin sollten Sie darangehen, günstige Konditionen für die einzelnen Standorte auszuhandeln. Dazu gibt es auch Stufenpläne, wann gezahlt werden muss etc. Das alles wurde bereits an x Standorten vollzogen.
Dann kommt der nächste Schritt. Es müssen Nachnutzungskonzepte erstellt werden. Viele Orte werden städtebauliche Wettbewerbe ausschreiben müssen. Auch das habe ich damals selbst miterlebt. Es dauert einige Jahre, bis ein positives Ergebnis zu sehen ist. Es ist eine gewisse Durststrecke zu überwinden. Ich gebe durchaus zu, dass das in unterschiedlicher Intensität geschieht, dass sich Feldafing damit leichter tut als zum Beispiel der Memminger Berg in Schwaben bei der Kollegin Köhler. Aber wir haben dazu auch eigene Wirtschaftsförderprogramme, wir haben die Städtebauförderung. Wenn die Standorte in Ziel-2-Gebieten liegen, ist auch Förderung mit EU-Mitteln möglich. Ich habe mir das alles angeschaut und festgestellt, dass damit doch einiges bewegt werden kann.
Es ist uns ein Anliegen, Herr Staatsminister Huber, die bisher durchgeführten Konversionen zu bewerten. Dabei denke ich nicht daran, dass man jetzt ermittelt, ob der Bäcker, der vorher dorthin die Semmeln geliefert hat,
nachher genauso viele Semmeln verkauft, sondern dass man prüft, was unter dem Strich herausgekommen ist. Wenn ich nach Passau-Kohlbruck schaue, stelle ich fest, dass das eine gelungene Konversion ist.
Natürlich gibt es heutzutage nichts umsonst. Aber es ist doch eine feine Sache, wenn man Militär reduzieren kann, weil es aufgrund der geänderten Lage nicht mehr gebraucht wird, und wenn man dort zum Beispiel wie in Passau innovativen Wohnungsbau machen kann. Ich sehe auch, welche Schwierigkeiten wir in Landshut haben. Der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Mitunter ist es auch schwierig, die Flächen an geeignete Bauträger zu bringen. Aber letztlich muss ich sagen, dass die Kaserne wie ein Riegel in der Stadt war und dass wir jetzt dort Entwicklungspotenzial haben.
Aber man darf nicht nur das Schlechte sehen, sondern muss auch die Chancen sehen, die damit verbunden sind.
Man darf nicht immer nur der Vergangenheit nachjammern. Ich fände es angebracht, Herr Staatsminister Huber, dass Sie einmal eine Broschüre dazu auflegen. Das Umweltministerium hat eine Broschüre über die Bewältigung der Altlasten herausgegeben. Etwas Ähnliches könnte man jetzt darüber machen, wie sich die Nachnutzung der einzelnen Gelände gestaltet, damit den Kommunen etwas die Angst genommen wird. Es ist klar, dass die Leute Angst vor Veränderungen haben. Der Bundeswehrstandort war ein verlässlicher Faktor. Dadurch hatte man Einnahmen. Man wusste, woran man war. Aber man muss doch auch an die Zukunft denken, die Chancen begreifen und die Chancen nutzen, statt nur herumzujammern.
Ich möchte zu den beiden anderen Anträgen noch etwas sagen. Den Antrag der CSU-Fraktion lehnen wir ab, da wir nicht der Meinung sind, dass das Konversionsprogramm aus den UMTS-Zinserlösen gespeist werden sollte.
Beim Antrag der SPD werden wir uns der Stimme enthalten, weil wir einige Details anders gestaltet haben möchten, vor allem was die Einrichtung der darin genannten Stellen betrifft. Wir könnten uns vorstellen, dass man das in Bestehendes integriert etc., aber die Richtung unterstützen wir selbstverständlich.
Vorbemerkung Nummer 1 – das kann ich mir nicht verkneifen –: Wir diskutieren über ein Thema – damit spreche ich vor allem Herrn Prof. Dr. Gantzer an –, nämlich die Reduzierung der Bundeswehr, das wir nach wie vor nur unter finanzpolitischen Gesichtspunkten sehen. Für die Erörterung fachpolitischer Gründe der Reduzierung gibt es keinen Anlass.
Vorbemerkung Nummer 2. Als Sie das letzte Mal von mir gebeten wurden, unserem Antrag zum Erhalt der Standorte zuzustimmen, hat nicht ein einziger von Ihnen die Kraft gehabt, mit uns zu stimmen. Sie haben vor allem bei meinem Beitrag ganz besonders hämische Zwischenrufe gestartet, als ich gesagt habe: Die Frage ist, inwieweit denn überhaupt Ihr Konzept finanzpolitisch abgesichert ist. Es hat nicht einmal drei Wochen gedauert, und schon hat Herr Scharping einen Offenbarungseid leisten müssen. In der „Welt am Sonntag“ war zu lesen, dass ein junger Luftwaffenoffizier berichtete, dass er nicht einmal mehr bei Einsätzen ernst genommen werde bzw. dass man die deutsche Luftwaffe nur noch als Feind ansehen könne, weil sie nicht mehr Nato-weit agieren kann. Das sind Dinge, die einen betroffen machen.
Ich war in einer Zeit Soldat, als Herr Apel Kürzungen vornehmen musste. Ich war Wehrpflichtiger und war damals enttäuscht, weil ich mich gefragt habe, welchen Sinn ich überhaupt in meiner Aufgabe sehe.
Gestern hat General Lahl Ähnliches dargestellt. Er hat gesagt, wichtig sei, dass der Abbau bei der Bundeswehr mit entsprechender Finanzierung stattfinde.
Nun zum Antrag der SPD. Ich halte ihn, Herr Prof. Dr. Gantzer, für ein reines Ablenkungsmanöver. Sie wollen davon ablenken, dass für die Standortreduzierungen niemand anders zuständig ist als der Bund, nicht Bayern, sondern der Bund. Deswegen halte ich es für einen zwar aus Ihrer Sicht richtigen Ansatz, aber für einen aus unserer Sicht falschen Ansatz, plötzlich den Freistaat Bayern in die Pflicht zu nehmen. Wir sind die Hauptbetroffenen und nicht die Verursacher. Ein Drittel aller Schließungen findet hier in Bayern statt.
Erlauben Sie mir, dass ich dabei ganz ausdrücklich sage: Sie gehen in einer zynischen Weise mit den Betroffenen um. Sie loben sich in Ihrem Antrag selbst wegen Schwaben und sagen dazu, der Abbau gehe durch Ihre Initiativen gerechter vonstatten. Das sagen Sie bitte einmal in Heidenheim, in Ebern, in Murnau oder in Kötzting. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine zynische Art und Weise der Politik mit den Menschen.
Lassen Sie uns das am Beispiel von Heidenheim einmal darstellen. Heidenheim hat 1600 Einwohner. Die Verkehrserschließung ist ganz schlecht. Es ist kaum eine Bundesstraße in der Nähe. Es gibt Probleme bei der Verkehrserschließung. Die Gemeinde hat einen Kindergarten gebaut, viel größer, als sie ihn jetzt braucht. Die Kanalisation wurde im Hinblick auf den Bundeswehrstandort gebaut. Alle kommunalen Investitionen in dieser kleinen Kommune sind auf den Bundeswehrstandort ausgerichtet. Aber der wird jetzt geschlossen, und da sprechen Sie davon, dass der Abbau der Bundeswehr in Bayern dank Ihrer Initiativen gerechter vonstatten gehe. Das kann wirklich niemand mehr verstehen, in Heidenheim gar niemand.
Die GRÜNEN sollten in Heidenheim einmal das sagen, was ich der „Staatszeitung“ vom 9. März entnommen habe: Die Schließung der Bundeswehrstandorte bietet für betroffene Kommunen sogar die Chance, eine neue Strukturpolitik beginnen zu können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann für Landshut oder anderswo zutreffen, aber für Heidenheim sind sicherlich für viele Jahre die Lichter ausgegangen.
Liebe Frau Kollegin Kellner und lieber Herr Prof. Dr. Gantzer, jetzt komme ich auf den Punkt der großen Mär, die Sie hier verbreiten wollen. Die Behauptung, dass Bayern seit Jahren Gelder zur Rüstungskonversion bekomme, ist falsch. Es ist richtig, dass Anfang der neunziger Jahre der Umsatzsteuerregelsatz von 14 auf 15% erhöht wurde. Nur wurde das damals nicht zur Finanzierung von Rüstungskonversion hergenommen, sondern alles floss in den Fonds Deutsche Einheit.
Der Bund hat damals aus seiner Sicht zu Recht die Verbindung hergestellt. Der Bundesrat und die Länder haben dies aber ausdrücklich abgelehnt. Ich darf aus dem Protokoll des Bundesrats vom 14. Februar 1992 zitieren. Herr Eichel sagte:
das Konversionsprogramm im Vermittlungsverfahren zugesagt. Am 30. September wollten Sie es mit den Ländern aushandeln. Damals hatten die Verhandlungen nicht einmal begonnen. Da haben Sie es in ein neues Vermittlungsverfahren hineingezogen und am Schluss überhaupt nicht mehr erscheinen lassen. Dies lässt an der Seriosität der Geschäftsfähigkeit des Bundes im Verhältnis zu den Ländern die größten Zweifel entstehen.
So viel zur damaligen Stimmungslage im Bundesrat. Das waren die Äußerungen des damaligen Ministerpräsidenten Hans Eichel.
Ich habe mich auf die Diskussionen im Vermittlungsausschuss 1992 bezogen. Diesen Bezug haben auch Sie hergestellt. Die Äußerungen über hohe Summen entbehren also jeder Grundlage. Ich stelle fest, in die Rüstungskonversion sind keine Umsatzsteuerpunkte eingegangen. Zusätzliche finanzielle Spielräume haben wir nicht bekommen. Es gibt sogar eine Rechnung aus dem Jahr 1993, wonach der Freistaat Bayern letztlich 182 Millionen DM weniger hatte. Wir haben also sogar noch Verluste gehabt.