Sizilien und Kreta, Sie haben völlig Recht. Es kommt aber in der Oberpfalz niemand auf die Idee, sich bei der Ernährung an der Küche Kretas zu orientieren.
Das ist das Dilemma, in dem wir uns befinden. Wir müssen in vielen Bereichen aufgrund von Gesundheitsberichten und Surveys feststellen, dass es bei den verschiedenen Erkrankungsformen regionale Unterschiede gibt. Dies kann aber nicht dazu führen, dass wir heute das Konstrukt eines Gesetzes zur Entwicklung der Gesundheitsförderung in Bayern beschließen, weil damit der Eindruck entsteht, als würde in Bayern im Bereich der Prävention und Gesundheitsversorgung und -förderung ein Defizit bestehen. Dabei sind diese Dinge in vielen Bereichen schon aufgegriffen und umgesetzt worden.
Herr Kollege Pfaffmann, ich konnte den zitierten Sozialbericht erst am Montag lesen und ihn mit Ihrem Gesetzentwurf vergleichen. Sie haben zum Großteil die Ergebnisse und das Vorwort dieses Sozialberichts wörtlich übernommen. Das ehrt Sie, weil Sie damit auch zum Ausdruck bringen, dass Sie die Grundproblematik, die die Staatsregierung schon vor zwei Jahren erkannt hat, zwei Jahre später nachvollziehen können.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben ein Vorgehen vorgeschlagen, das meines Erachtens von der gesetzgeberischen Systematik her nicht gut ist. Sie haben fünf verschiedene Gesichtspunkte schwerpunktmäßig in ein Gesetz hineingepackt, zum Beispiel den Bereich Gesetz des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Das ist wiederum eine Bestätigung dafür, Herr Kollege Pfaffmann, dass Sie die aktuelle Diskussion im Gesundheitsausschuss nicht nachvollziehen können, weil Sie ihm nicht angehören. Wir haben uns vor nicht allzu langer Zeit im Landesgesundheitsrat – es wäre übrigens nett, Herr Pfaffmann, wenn Sie dort wieder einmal erschienen – eingehend mit dieser Thematik auseinandergesetzt und über die Parteigrenzen hinweg übereinstimmend festgestellt, dass der ÖGD neue Aufgaben erhalten muss. Wie ich höre, wird in absehbarer Zeit das neue Gesetz des öffentlichen Gesundheitsdienstes eingebracht werden, wobei die Diskussionen mit den Fachleuten im Landesgesundheitsrat berücksichtigt werden.
Ebenso verhält es sich mit anderen Bereichen, zum Beispiel der regionalen Gesundheitskonferenz oder der Gesundheitsberichterstattung. Ich glaube, Herr Kollege Pfaffmann, Sie haben Ihrer Fraktion mit diesem Gesetzentwurf, der dürftig und in vielen Teilen abgeschrieben ist und sich wie ein Plagiat liest, keinen Dienst erwiesen. Sie haben nicht dazu beigetragen, einer vernünftigen Gesundheitspolitik, die die Staatsregierung bereits seit Jahren in Bayern betreibt, weiterhin zum Erfolg zu verhelfen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Zimmermann, Sie haben Frau Schopper schon vermisst. Ich reiße mir keineswegs auch noch die Gesundheitspolitik unter den Nagel.
Frau Schopper ist verhindert. Ich möchte zu dem Teil des Gesetzentwurfes Stellung nehmen, der in meinen Kompetenzbereich fällt, nämlich die Änderung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes. Es ist verständlich, dass einem die Schule in den Sinn kommt, wenn man über eine Verbesserung der Gesundheitsförderung redet. Das ist auch richtig so, weil in unseren Bildungseinrichtungen, in den Schulen, die Grundlagen gelegt werden.
Herr Kollege Pfaffmann, es ist meiner Meinung nach allerdings eine Illusion zu glauben, man könne ein Problem durch die Einführung eines neuen Fachs lösen. Für mich ist Gesundheitserziehung eine klassische Querschnittsaufgabe. Sie haben das in Ihrer Rede letztendlich auch angedeutet. Sie sprechen von Haltungsschäden, Übergewicht usw. bei Kindern. In dieser Beziehung ist in erster Linie der Schulsport zuständig. Gesundheitserziehung, in Biologie, in der Hauswirtschaft, in Chemie, in Deutsch und im Werken ist ebenfalls notwendig. Man kann auch den ethischen Aspekt der Gesundheit im Fach Religion ansprechen. Wenn man sich genauer damit auseinandersetzt, wird man feststellen, dass es kein Fach gibt, in dem Gesundheitserziehung nicht eine entsprechende Bedeutung haben könnte. Wir könnten der Gesundheitserziehung in der Schule zu einer größeren Bedeutung verhelfen und die Lehrpläne daraufhin überprüfen, ob die Gesundheitsbildung in ausreichendem Maß verankert ist.
Den anderen Vorschlägen der SPD stehen wir aufgeschlossen gegenüber. Ich möchte aber die SPD-Fraktion bitten, den schulischen Teil noch einmal zu überdenken, damit wir in den Ausschussberatungen zu einem Konsens kommen können.
Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik als federführendem Ausschuss zu überweisen. Ich sehe, dass damit Einverständnis besteht. Damit so beschlossen.
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der CSU vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Auswirkungen der geplanten Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes auf die Arbeitsplätze in Bayern“ beantragt. In die Beratung beziehe ich ein:
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner zehn Minuten sprechen. Dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung kraft Amtes das Wort nimmt, wird die Zeit seiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zeit der Dauer der Aussprache zu sprechen. Ich bitte Sie, jeweils auf mein Signal zu achten. Erster Redner ist Herr Kollege Dinglreiter.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Bundeskabinett hat gestern ein neues Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet – und dies, obwohl sich das bestehende Betriebsverfassungsgesetz im Großen und Ganzen bewährt hat. Zwar wäre es grundsätzlich nicht falsch gewesen, das geltende Arbeitsrecht auf den Prüfstand zu stellen. Dann aber sollte geprüft werden, ob das geltende Arbeitsrecht noch zeitgemäß ist und ob es auch künftig eine moderne flexible Betriebsorganisation ermöglicht, ob es Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen fördert und ob es generell dem durch Globalisierung und Digitalisierung veranlassten Wandel der Arbeitswelt gerecht wird. Eine solche Überprüfung wäre notwendig gewesen. Nichts von dem ist aber geschehen. Die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft hat offensichtlich weder den Arbeitsminister noch den Bundeskanzler interessiert. Sie wollten stattdessen eine vom DGB gesteuerte Betriebsräterepublik schaffen,
welche kostentreibend, bürokratisch, investitionshemmend, strukturkonservierend und rückwärts gewandt ist, obwohl Aufbruch und die Harmonisierung des Arbeitsrechts im Vergleich zu anderen europäischen Staaten notwendig und sinnvoll gewesen wären.
Ist Riester und dem Bundeskanzler nicht bekannt, dass bisher ausländische Investitionen wegen unseres restriktiven Arbeitsschutzes unterblieben sind? Nach der jetzt beschlossenen Regelung wird sich dieses Problem fortsetzen. Insbesondere bei unseren Mittelstandsunternehmen werden in Zukunft Investitionen unterbleiben. Ist das eine Politik für die Zukunft unserer Betriebe? Das Gegenteil ist der Fall.
Lieber Herr Kollege Dr. Scholz, ich werde es gleich darlegen. Das überzogene deutsche Arbeitsrecht ist weder ein geeignetes Arbeitsbeschaffungsprogramm, noch entspricht es dem Leitbild des mündigen Bürgers, welches der DGB sonst bei vielen gesellschaftspolitischen Entscheidungen immer bemüht. Es entspricht auch nicht dem Leitbild des mündigen Arbeitnehmers. Dieser könnte sich nämlich im Betrieb selbst behaupten und bräuchte keinen DGB als Vormund.
Ich will nicht falsch verstanden werden. Wir sind nicht gegen Mitbestimmung im Betrieb durch einen von Betriebsangehörigen gewählten Betriebsrat. Wir würden dem Betriebsrat durch eine Erweiterung des Günstigkeitsprinzips sogar noch mehr Rechte einräumen, zum Beispiel dann, wenn es für die Mitarbeiter und den Betrieb günstiger wäre, vom Tarifvertrag abweichende Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Dagegen wollen wir keine Fremdbestimmung und Fernsteuerung durch den DGB. Gerade das aber wurde mit diesem Gesetz beschlossen.
Dieses Gesetz bedeutet nicht mehr Demokratie, wie dargestellt wurde, sondern es bedeutet die Entdemokratisierung der Betriebsverfassung zum Nutzen des DGB und zum Schaden von Betrieb und Arbeitnehmern.
Bundesarbeitsminister Riester verkauft die Leute für dumm, wenn er vollmundig erklärt, es handle sich bei diesem Gesetz um eine Anpassung an die veränderte Arbeitswelt und um eine Modernisierung der Betriebsverfassung.
Ich frage Sie – und darauf sollen Sie Antwort geben: Was ist denn modern an größeren Betriebsräten, wenn gleichzeitig die Unternehmen ihre Führungshierarchie abbauen? Worin sehen Sie den Sinn, dass ein Handwerksbetrieb mit fünf Mann künftig zwei Betriebsräte haben muss, die Sonderrechte wie zum Beispiel Kündigungsschutz genießen?
Wollten Sie unter diesen Voraussetzungen noch Handwerker sein und das ganze finanzielle Risiko für den Betrieb übernehmen? Sie wollten dies nicht, dessen bin ich mir ganz sicher.
Was ist modern an den neuen Freistellungsregelungen? Die Großbetriebe können die bisherigen Regelungen
beibehalten, aber ein Betrieb mit 200 Mitarbeitern muss künftig einen Mitarbeiter für den Betriebsrat freistellen. Ich nenne Ihnen ein konkretes Beispiel: Ich kenne einen Gebäudereinigungsbetrieb mit 210 zum großen Teil Teilzeitbeschäftigten – andere bekommt er nicht –, welchen dieses neue Gesetz rund 90 Prozent seines Vorsteuergewinns in Höhe von 145000 DM kostet. Würden Sie an Stelle eines solchen Betriebes dieses Gesetz begrüßen? Würden Sie nicht auch an dieser Regelung, die die Bundesregierung für solche Unternehmer geschaffen hat, zweifeln?
Was ist modern an einem Betriebsverfassungsgesetz, wenn die Mitarbeiter in einem Betrieb nicht mehr mit Mehrheit darüber entscheiden können, ob sie einen Betriebsrat wollen oder nicht, sondern wenn sie nur noch entscheiden können, wer Betriebsrat werden soll, und das auch noch ohne Quorum? Ist das mehr Demokratie? Was ist modern an Bestimmungen, die auch betriebsoder unternehmensübergreifende Betriebsräte ermöglichen? Der Betriebsbegriff wird damit aufgehoben. Er existiert für den DGB gar nicht mehr. Es gibt zum Beispiel gemeinsame Betriebsräte für mehrere Unternehmen oder Spartenbetriebsräte für ausgegliederte Unternehmen an Stelle eines Konzernbetriebsrates bisheriger Prägung. Das England der Siebziger Jahre lässt grüßen.
Was ist modern an der neuen Betriebsverfassung, wenn die Bürokratielast für die Betriebe durch eine Aufblähung des Mitbestimmungsapparates, durch zusätzliche Abstimmungserfordernisse und Anhörungs- und Beratungspflichten größer wird? Das bringt doch vor allem bei kleineren und mittleren Betrieben nur Sand ins Getriebe, statt dass ihnen die Anpassung an die Wettbewerbsverhältnisse ermöglicht wird. Bei den kleineren und mittleren Betrieben hat die Abstimmung bisher funktioniert, ohne dass ferngesteuerte Betriebsräte eingesetzt wurden.
Was also ist an dieser Regelung zukunftsfähig? Was ist modern an der Betriebsverfassung, wenn der Betriebsrat politisiert wird, indem ihm ein Antragsrecht zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb eingeräumt wird? Zum Beispiel dürfte der Betriebsrat in solchen Fällen die Zustimmung zur Einstellung verweigern. Eine solche Politisierung gehört nicht in die Betriebe. Das steht im Widerspruch zum jetzt noch gültigen Betriebsverfassungsgesetz. Meine Damen und Herren, ich könnte die Beispiele fortsetzen, ich will es aber dabei belassen. Meine Kolleginnen und Kollegen werden dazu auch noch Stellung nehmen.
Mein Resümee: Die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes ist alles andere als eine Modernisierung des Arbeitsrechtes. Sie stellt den Rückschritt in eine industriegeprägte Erwerbsgesellschaft dar. Das wollte der Bundeswirtschaftsminister verhindern. Er wollte dabei, wie er sagte, nicht wirkungslos bleiben. Aber wir stellen fest, er ist wirkungslos geblieben. Er ist ein echter Papiertiger geblieben, wie wir ihn auch schon bei anderen Gelegenheiten erlebt haben. Ich nenne nur die Steuerreform.
Vielleicht ist es aber auch nur ein Trick des Bundeskanzlers, dass er seinen Bundeswirtschaftsminister zuerst große Töne spucken lässt, damit die Wirtschaft glaubt, in der Bundesregierung gäbe es auch einen unternehmerfreundlichen Klüngel, welcher die Sorgen der Wirtschaft ernst nimmt. Hinterher nämlich wird mit ein paar kosmetischen Reparaturen eine Änderung herbeigeführt, die nur dem Unbedarften Bewegung signalisiert, obwohl im Kern alles beim Alten bleibt. Das ist ein taktisches Spiel zu Lasten der Wirtschaft. Anders kann man es nicht nennen.
Wie hätten Riester und Schröder in dieser Situation aber anders gekonnt? Es war doch klar, dass der DGB irgendwann den Preis für sein Zugeständnis zu einer unsozialen Rentenreform und zur Wahlkampfunterstützung für die SPD einfordern wird. Jetzt hat er es getan. Es ist nur schade, dass die deutsche Wirtschaft diesen hohen Preis bezahlen muss. Deshalb werden wir auch weiterhin gegen dieses Betriebsverfassungsgesetz kämpfen.