Protocol of the Session on January 30, 2001

Ich rechne auch deswegen mit Konsens, weil alle Fraktionen dieses Hauses 1995 der Aufnahme des Artikels 118 Absatz 2 in die Bayerische Verfassung zugestimmt haben. Damit wurde ein weitgehender Gleichstellungsauftrag festgelegt. Außerdem ist auch bekannt, dass alle Parteien die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem für Frauen betonen, ja sie beschwören sie. Ich denke, es ist Zeit, dass mehr und viel Deutliches geschieht.

Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wissen: Eine Menge Kinderbetreuungseinrichtungen, auch Ganztagsschulen fehlen. Selbst von der CSU gibt es jetzt Signale, dass sich dort etwas tun wird. Zu dieser Vereinbarkeit gehört sozusagen als Basis aber auch, dass ein gleichberechtigter, fairer Umgang zwischen Männern und Frauen möglich ist.

Es ist also höchste Zeit, unseren Schulen Partnerschaft als Erziehungs- und Lernziel gesetzlich vorzugeben. Damit – das will ich doch betonen – wird der Katalog der Unterrichtsziele im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz endlich entsprechend dem Verfassungsauftrag erweitert. Ich finde, es wird sich sehr gut machen, wenn neben „Förderung des europäischen Bewusstseins“, „Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt“ künftig im Gesetz auch stehen wird, „die Schülerinnen und Schüler zur gleichberechtigten Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten in Familie, Staat und Gesellschaft zu befähigen“. Ich finde es auch gut, dass dort steht, „insbesondere Buben und junge Männer zu ermutigen, ihre Vaterrolle verantwortlich anzunehmen sowie Familien- und Hausarbeit partnerschaftlich zu teilen“.

Von den 16 Bundesländern haben bereits mindestens zehn ihre Hausaufgaben gemacht und in ihren Schulgesetzen den Verfassungsauftrag der Gleichstellung von Männern und Frauen umgesetzt. Im Übrigen wurde beim Bayerischen Hochschulgesetz in diesem Punkt auch schon gehandelt. Lassen Sie uns also einfach handeln und lassen Sie uns das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz entsprechend ändern.

Kolleginnen und Kollegen, Sie könnten mir entgegenhalten: Partnerschaftlichen Umgang kann man nicht per Gesetz verordnen. Es geht nicht um verordnen, sondern es geht darum, dass gleichberechtigte Partnerschaft von Kind auf eingeübt und gelernt werden muss. Ich will betonen, dass mir klar ist: Neben den Elternhäusern sind die Schulen der richtige Ort für dieses Einüben.

Im Übrigen – auch darauf will ich noch hinweisen – wurde 1995 der ursprüngliche Hoegnersche Verfassungsartikel erweitert. Er heißt jetzt: „Die Mädchen und Buben sind außerdem in Säuglingspflege, Kindererziehung und Hauswirtschaft besonders zu unterweisen.“ Dies steht in Artikel 131 Absatz 4. Ausdrücklich wird dort auf Buben hingewiesen.

Es ist also nur konsequent, wenn dies an den Schulen mit einer gesetzlichen Vorgabe und damit mit dem nötigen Nachdruck bewusst gemacht wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Feststellung, den jungen Frauen seien heute Familie und Beruf gleichermaßen wichtig, ist durch vielfache Befragungen erhärtet. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat kürzlich eine Untersuchung vorgelegt, in der dieses Thema abgefragt wurde. Die jungen Mädchen und die jungen Frauen sind leistungsbereit; dies beweisen nicht zuletzt ihre Schulergebnisse. Unsere Wirtschaft setzt mittlerweile voll auf sie, nicht zuletzt aus Gründen der demografischen Entwicklung.

Allerdings gibt es eine Zahl, die in eklatanter Weise zeigt, dass von einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in der Familie nicht die Rede sein kann. Nur 1,5% der Väter nehmen Erziehungszeit. Gewiss, das hat auch mit alten Strukturen zu tun und damit, dass Männer im Beruf schneller vorankommen und sich die Familie danach richtet, wer das höhere Einkommen hat. Dies hat aber auch mit tief verwurzelten Denkmustern zu tun. Die alte Rollenverteilung bricht wieder durch, sobald das erste Kind da ist. Die Erziehungsarbeit bleibt dann doch wieder bei den Frauen hängen. Ich sage nicht, dass Frauen nicht erziehen sollten. Ich bin jedoch der Auffassung, dass Väter und Mütter für die Erziehung der Kinder mit allen Konsequenzen zuständig sind.

(Beifall bei der SPD)

Die Familien sollen sich entscheiden können. Dabei soll keiner der beiden Partner Nachteile erfahren.

Wenn es uns nicht gelingt, ein Umdenken zu erreichen, werden junge Frauen mit Kinderverweigerung reagieren, was bereits viele tun. Da helfen dann auch die 1000 DM „Gebärgeld“, die der Ministerpräsident in Aussicht gestellt hat, nicht.

Ich möchte Ihnen noch einen letzten Grund nennen, warum der Landtag diesem Antrag zustimmen muss. In der vollmundig angekündigten Bildungsoffensive, die von der CSU-Staatsregierung als Antwort auf die Herausforderungen der „tief-greifenden technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung“ gedacht war, wird mit keinem Wort auf die veränderten Lebens- und Berufsperspektiven von Männern und Frauen eingegangen. Sie können das im Internet nachlesen. Mir fehlt in dieser Erklärung auch, dass es in den Geschlechterrollen einen grundlegenden Wandel gegeben hat. Unser Schulsystem muss diesen grundlegenden Wandel in den Geschlechterrollen erzieherisch begleiten und partnerschaftliches Zusammenleben fördern.

(Knauer (CSU): Und die Familienarbeit!)

Ich habe betont, dass dies für die Schulen und die Elternhäuser gilt.

(Knauer (CSU): Einverstanden!)

Sie sind damit einverstanden. Ich möchte das jedoch ausdrücklich festhalten, damit eine entsprechende Formulierung in das Erziehungs– und Unterrichtsgesetz kommt. Der Landtag, der eine Erziehung zur Partnerschaft im Gesetz vorgeben kann, bindet damit das Kultusministerium in seinen Vorgaben und Veröffentlichungen. Der Sache ist es auch nur förderlich, wenn Lehrerinnen und Lehrer für dieses neue Ziel zusätzlich sensibilisiert werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich erinnere mich an ein Interview von Herrn Glück zu diesem Thema. Dort war von einer neuen Rollenverteilung zwischen Vätern und Müttern die Rede. Reden Sie nicht nur von der Rollenverteilung. Gestalten Sie diese Rollenverteilung mit. Sie könnten dies tun, indem Sie unserem Gesetzesantrag zustimmen. Sie sollten jetzt praktisch handeln. Ich erwarte Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Knauer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Kronawitter, nach dieser mit viel Charme vorgetragenen Begründung sichere ich Ihnen zu, dass wir diesen Gesetzentwurf sehr wohlwollend im Ausschuss behandeln werden. Ich bitte jedoch auch um ein Entgegenkommen Ihrerseits: Die Staatsregierung hat angekündigt, noch in der ersten Jahreshälfte eine EUG-Änderung zur Beschulung bzw. Schulpflicht für Asylbewerberkinder einzureichen. Ich würde vorschlagen, dass wir dieses Thema im Ausschuss zurückstellen und darüber gemeinsam beraten. Dies wäre ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung.

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Münzel.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste es hier unumstritten sein, dass wir von einer Gleichstellung von Frauen und Männern noch sehr weit entfernt sind. Die CSU und die Staatsregierung haben dies heute sehr schmerzlich erfahren müssen, als sie auf die Suche nach Ministerinnen und Staatssekretärinnen gegangen sind. Man muss sich nur einmal ansehen, wie viele Männer Teilzeit arbeiten, wie viele Männer Erziehungsurlaub nehmen und wie viele Frauen in Führungspositionen sind. Die Zahlen sprechen für sich.

Herr Kollege Knauer, ich habe Ihr Signal mit Freuden vernommen. Sie wollen über diesen Antrag wohlwollend beraten. Das sagt zunächst einmal noch nichts aus.

(Knauer (CSU): Sie haben kein Vertrauen zu mir!)

Bei mir bleibt eine gehörige Portion Skepsis, dass von den Vorschlägen von Frau Dr. Kronawitter am Ende sehr viel übrig bleibt. Wir werden wohl sehr vieles umformulieren müssen, bevor es auf das Wohlwollen des Kollegen Knauer stoßen wird. Meine Skepsis bleibt, weil ich aus Erfahrung sprechen kann. Wir haben in der Vergangenheit sehr viele Anträge zur Gleichstellungspolitik einge

bracht. Wir haben sogar ein ganzes Bündel von Anträgen zum Thema „Wirtschaftspolitik und Frauen“ vorgelegt. Wir haben Anträge zur Verbesserung der ganztägigen Betreuung von Kindern eingebracht, was eine Voraussetzung für Gleichstellungspolitik ist. Schließlich haben wir einen Gesetzentwurf für ein wirkungsvolles Gleichstellungsgesetz vorgelegt. Diese Vorschläge sind in der Vergangenheit stets abgelehnt worden. Die CSU hat hauptsächlich auf eine Bewusstseinsveränderung gesetzt. Die Argumentation lautete, dass wir keine gesetzlichen Maßnahmen bräuchten, sondern eine Änderung des Bewusstseins.

Ich kann mich an viele Diskussionen erinnern, bei denen die CSU behauptet hat, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei eine Sache, die zwischen den Ehepartnern ausgehandelt werden müsse. Die CSU war der Auffassung, dass man hier nicht von außen reinregieren könne. Ob eine Frau bei diesem Aushandeln Erfolg hat, hängt wesentlich vom gesellschaftlichen Leitbild ab. In den Köpfen der meisten Männer ist immer noch die klassische Rollenverteilung präsent. Dies ist auch gesellschaftlich anerkannt. Für die Familie ist in erster Linie die Frau zuständig und für die Karriere der Mann.

Wenn die Frau Familie und Haushalt irgendwie geregelt hat, dann kann sie auch noch der Erwerbsarbeit nachgehen.

Wenn sich in den Köpfen etwas ändern soll – weg von der klassischen Rollenverteilung hin zum Leitbild einer partnerschaftlichen Beziehung, in der Familie und Erwerbsarbeit gerecht verteilt werden –, muss dafür etwas getan werden. Es wird sicher eine interessante Diskussion im Ausschuss geben, was man unter „partnerschaftlich“ versteht. Ich verstehe darunter, dass die Arbeit 50 : 50 geteilt wird. Ich glaube aber, dass das in den Köpfen der meisten CSU-Kollegen und auch CSUKolleginnen noch anders aussieht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die CSU spricht viel von Bewusstseinsveränderung. Allerdings kann ich mich an keine einzige Initiative der CSU erinnern, mit der eine Bewusstseinsveränderung aktiv angebahnt worden ist. Ein wichtiger Ort, um das Bewusstsein zu verändern, ist sicher die Schule. Sie ist sicherlich nicht der einzige Ort dafür, aber ein wichtiger.

Herr Kollege Knauer, Sie können sich vielleicht daran erinnern, dass wir GRÜNEN 1995 schon einen ähnlichen Gesetzentwurf wie Frau Dr. Kronawitter vorgelegt haben. Damals haben wir etwas abweichende Vorschläge gemacht und auch andere Artikel behandelt. Leider ist unser Vorschlag damals abgelehnt worden. Wir bedauern das sehr, freuen uns aber, dass sich Frau Dr. Kronawitter und die SPD auch einmal das EUG vorgenommen haben. Vielleicht ist die Zeit jetzt, fünf Jahre später, wirklich reif für eine Veränderung. Ich bin darauf gespannt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Ich sehe, damit besteht Einverständnis. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 4 b

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Stiftungsgesetzes (Drucksache 14/5498)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierung begründet. Herr Staatsminister Zehetmair, bitte.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Trotz fortgeschrittener Zeit möchte ich bewusst das Wort ergreifen und dem Bayerischen Landtag jenseits Fülle der Themen und der Turbulenzen des Alltagsgeschehens

(Dr. Hahnzog (SPD): Es ist hoffentlich nicht alltäglich, was wir vorhin behandelt haben!)

nahebringen, dass wir ein Gesetz novellieren wollen, das in Bayern eine große Tradition hat. Lieber Jurist Dr. Hahnzog, es handelt sich um das Bayerische Stiftungsgesetz, das es fast 50 Jahre gibt und das eine ungemein große Erfolgsbilanz aufweisen kann. Das Stiftungsgesetz hat ähnlich wie das Denkmalschutzgesetz Atmosphäre geschaffen und in den letzten 25 Jahren das Bewusstsein gebildet und geformt.

Ich rufe in Erinnerung, dass 1954 das erste Stiftungsgesetz entstanden ist und dass es damals schon darum ging, eine fördernde Aufsicht und nicht eine reglementierende Aufsicht im Gesetz zu verankern. In den Siebziger- und Achtzigerjahren ist das von großer Bedeutung gewesen, denn – manche werden sich daran erinnern – Stiftung und Stiftungsgesetz waren damals gar nicht dem Zeitgeist gemäß. Heute sind wir über diese Zeit hinweg. Es gibt in der gesamten Republik ein hohes Maß an Konsens hinsichtlich des Stifterwillens, des Stiftungsgesetzes und der Maßgaben, die wir damit verbinden wollen. Nach wie vor gilt, dass das Gesetz nur dann Sinn macht, wenn es von der Achtung vor dem Stifterwillen getragen ist. Das heißt, dass die Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht die Stiftungen verständnisvoll beraten, sie fördern und schützen und ihre Selbstverantwortung stärken sollen. Das ist in fast allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland Konsens. Dazu gehört – das hat Bayern mit einer guten Erfolgsbilanz bestätigt – ein stiftungsfreundliches Klima. Wir haben in den letzten Jahren geradezu einen Stiftungsboom erlebt. Während es 1950 insgesamt 33 Stiftungsgenehmigungen gab, sind es im Jahr 1998416 gewesen, mehr als 100 davon in Bayern.

Ich sage das aus aktuellem Anlass, weil im Deutschen Bundestag in Kollegenkreisen der CDU/CSU-Fraktion wieder der Vorstoss erörtert wird, das alles in ein Bundesstiftungsgesetz einzubringen. Die Bundesjustizministerin hatte vor nicht allzu langer Zeit bereits dargelegt, dass dies verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Daran halten wir fest. Ich werbe hier um eine gemeinsame Auffassung in der Erkenntnis, dass das Stiftungsrecht bei den Ländern, respektive in Bayern, in guten Händen ist.

Die übereinstimmende Auffassung praktisch aller Länder ist, dass sich das geltende Beratungs- und Genehmigungsverfahren ebenso wie die Rechtsaufsicht durch die Stiftungsaufsichtsbehörden grundsätzlich bewährt hat und dass wir kein neues Bundesgesetz brauchen. Das hat übrigens auch die Anhörung bei der Bundesjustizministerin Ende des letzten Jahres ergeben. Die Expertinnen und Experten waren alle der Auffassung, dass es keines Bundesgesetzes bedarf und dass dieses hinderlich wäre. Freilich, was der Bund weiter tun muss, ist, die steuerlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Das ist ein wichtiger Schritt. Hier besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf am Gesetz. Die einzige stiftungsrechtliche Änderung, die von einer breiten Mehrheit der Experten gewünscht wird, läuft darauf hinaus, dass das Recht auf Gründung einer Stiftung gesetzlich verankert wird. Damit sind wir bei dem entscheidenden Punkt.

Beide Forderungen finden Sie im Gesetzentwurf der Staatsregierung verankert.

Erstens. Im neugefassten Artikel 5 wird klargestellt, dass der Stifter bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Genehmigung der Stiftung hat.

Zweitens. Die bisher in der Ausführungsverordnung enthaltenen Bestimmungen über das vom Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung geführte Bayerische Stiftungsverzeichnis sollen in das Gesetz aufgenommen werden. Damit soll die Aussagekraft des Stiftungsverzeichnisses durch zusätzliche Angaben – etwa zur gesetzlichen Vertretung – und die Anschrift der Stiftungsverwaltung gesteigert werden.

Drittens sieht der Gesetzentwurf weitere Erleichterungen für die Stiftungsverwaltungen vor. Das kommt vor allem den Organen kleiner, meist ehrenamtlich tätiger Stiftungen zugute. Damit leistet der Gesetzentwurf auch einen Beitrag zur Förderung des Ehrenamtes.