Ich fasse zusammen: Die Entfernungspauschale ist eine unzureichende Kompensation für einen kleinen Personenkreis, eine Überkompensation für ÖPNV-Benutzer und Mitfahrer. Arbeitnehmer, vor allem im mittleren und unteren Einkommensbereich, die nur mit dem Pkw zur Arbeitsstätte kommen können, haben von dieser Entfernungspauschale wenig oder gar nichts, etwa Arbeitnehmer mit einer Entfernung von bis zu 10 Kilometern zum Arbeitsplatz. Sie berücksichtigen das Transportgewerbe überhaupt nicht. Rentner, Studenten und viele Familien mit Kindern, also fast ein Drittel der Bevölkerung, werden nicht entlastet, sondern gehen leer aus.
Aus diesen Gründen werden wir Ihren Dringlichkeitsantrag ablehnen und wird die Staatsregierung im Bundesrat diesem Unsinn nicht zustimmen können.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei der Diskussion um die Entfernungspauschale – wer in Bayern wohnt, sagt besser: beim Schlagabtausch – wird deutlich, dass die Staatsregierung und die CSU-Fraktion jedes Augenmaß verlieren, wenn es um die Lösung von Problemen geht. Im Wüten gegen die Ökosteuer geben Sie Ihrer Ideologie vor den Sorgen der Pendlerinnen und Pendler Vorrang.
Wir hätten Verständnis dafür, wenn zum Beispiel Hamburg und Bremen gegen diesen Kompromiss stimmten, weil sie Anlass zur Sorge haben, dass damit die Zersiedelung gefördert wird. Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser, aber warum gerade Sie als Mitglied einer Staatsregierung, die einem Flächenstaat mit großen Auspendler-Regionen vorsteht – –
Die Menschen in Niederbayern und in der Oberpfalz wissen, was es heißt, wenn sie bis zu 100 Kilometer zum Arbeitsplatz fahren müssen. Sie bieten diesen Menschen keine Bahn-Infrastruktur, sondern haben, lange Zeit, bevor Rot-Grün an die Regierung kam, im Bayerischen Wald Bahnstrecken abgebaut. Wir wissen, was die Regelung für die Menschen bedeutet, die davon in großen Ausmaß betroffen sind.
Ihre Ankündigung, gegen die Entfernungspauschale zu stimmen, die die arbeitenden Menschen entlastet, verstehe, wer will. Dies werden die Pendler draußen nicht verstehen.
Bei der Diskussion über die Entfernungspauschale dürfen wir nicht vergessen, warum diese Änderung vorgenommen wurde: Es waren externe Faktoren, die zu diesem kräftigen Anstieg der Spritpreise geführt haben, nämlich der hohe Rohölpreis und der starke Dollar. Wenn Sie ehrlich sind – wir können notfalls mit dem Taschenrechner rechnen –, betrug der Anteil der Ökosteuer an den zuletzt 50 Pfennig mehr für den Spritpreis lediglich 12 Pfennig plus 2 Pfennig Mehrwertsteuer. Doch haben Sie dies zum willkommenen Anlass genommen, gegen die Ökosteuer zu hetzen. Sie sind mit Ihrer zweiten Kampagne gegen die Ökosteuer an die „Wand gefahren“. Ich prophezeie Ihnen: Beim dritten Anlauf wird es Ihnen ebenso ergehen.
Wer erinnert sich heute noch an Herrn Pfarrer Hinze, der sich einst als Tankwart versucht hat? Ihre Adventskalender-Aktion ist von ähnlicher Qualität.
Die Bundesregierung hingegen hat richtig gehandelt. Nachdem eine Änderung angesagt war, hat sie die ökologisch nicht sinnvolle Kilometerpauschale in eine umweltfreundliche Entfernungspauschale umgewandelt.
Damit hat sie die Nutzer von Bus und Bahn mit den PkwNutzern gleichgestellt. Wenn wir heute noch einmal eine Entlastung in Höhe von 1 Milliarde DM haben, dann geht dieser Vorteil zu zwei Dritteln an die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs. Ich gebe Ihnen Beispiele: Ein Arbeitnehmer, Steuerklasse I, 40 Kilometer, 80000 DM Einkommen, erhält für das Auto noch einmal eine Entlastung um 363 DM, für die Bahn aber 1951 DM. Ein Arbeitnehmer, Steuerklasse III, 50 Kilometer, 100000 DM Einkommen, erhält für den Pkw zusätzlich 374 DM, für die Bahn 1954 DM.
Ich sage Ihnen eines: Die ökologische Steuerreform befindet sich auf einem guten Weg. Sie tun gut daran, das zu akzeptieren, auch im Hinblick auf den europäischen Kontext.
Bevor Sie sich hier hinstellen und sich großspurig aufplustern: In Ihrem Steuerreformkonzept wollten Sie die Entfernungspauschale auf 50 Pfennige senken. Sie hätten damit die Senkung des Spitzensteuersatzes unter anderem zulasten der Pendlerinnen und Pendler finanziert. So viel, Herr Kollege Grabner, zu Ihren sozialen Großtaten.
Ein weiterer Punkt, der uns in Bayern beschäftigen muss, ist die Landwirtschaft. Das Hauptproblem der Landwirtschaft, der deutschen und bayerischen Landwirte ist nicht der Preis des Agrardiesels, sondern die Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU. Wenn der Unterschied zu Frankreich 33 Pfennige beträgt, dann ist das von uns ernst zu nehmen. Der Kompromissvorschlag lautete jetzt, die Mineralölsteuer auf Agrardiesel noch einmal um 10 Pfennige zu senken. Ich bin so ehrlich und sage als GRÜNE: Das war nicht die Lösung, die wir uns gewünscht hätten. Wir hatten einen nach vorne weisenden Vorschlag, nämlich in einer Vereinbarung mit den Landwirten zu versuchen, den Treibstoffverbrauch in der Landwirtschaft von 2 Milliarden Liter pro Jahr auf 1,6 Milliarden Liter zu senken. Damit hätte die Reduzierung des Steuersatzes auf Agrardiesel haushaltsneutral finanziert werden können.
Die Bundesregierung fördert darüber hinaus – dies ist ein Beitrag zur Umweltfreundlichkeit – den Umstieg auf biogene Treibstoffe; denn auch in der Landwirtschaft gilt: Der Diesel, der nicht verbraucht wird, ist der umweltfreundlichste und auch der billigste.
Herr Kollege Eckstein, wir als GRÜNE wissen im Gegensatz zu Ihnen von der CSU, dass nicht alles auf einmal zu haben ist. Wir wissen, dass in der Politik Kompromisse nötig sind, zum Ersten zwischen den Koalitionspartnern, zum Zweiten zwischen Bund und Ländern und zum Dritten zwischen unterschiedlichen Interessengruppen. Deshalb sage ich Ihnen und rate Ihnen: Hören Sie mit der Verweigerungshaltung auf, beteiligen Sie sich am Erarbeiten von Lösungen, und blockieren Sie diese Lösungen nicht. Merken Sie sich: Zu einer guten Politik gehört immer auch die Kompromissfähigkeit. Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen Sie dieser Entfernungspauschale zu, und tragen Sie damit den Bedürfnissen der bayerischen Bürgerinnen und Bürger Rechnung.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Da hat vorhin Herr Kollege Grabner beklagt, dass wir in der Bundesrepublik die höchsten Steuern auf Kraftstoffe haben. Recht haben Sie; denn für den Löwenanteil haben Sie gesorgt; 50 Pfennig an Steuern sind allein auf Ihre Arbeit zurückzuführen, die Sie damals in Bonn geleistet haben.
Was haben Sie aber mit dem Geld gemacht? Sie haben es genutzt, um Haushaltslöcher zu stopfen, die Sie allenthalben aufgerissen haben. Was macht die jetzige Regierung damit? Sie finanziert die Renten. Zwischen diesen beiden Situationen besteht doch ein ganz gewaltiger Unterschied.
Ich denke, dass es gut ist, die Renten zu finanzieren, weil diese Finanzierung zukunftsgerichtet ist.
Mit der beschlossenen Entfernungspauschale entsteht eine deutliche Entlastung der Fernpendler und der Nutzer von Bus und Bahn. Zum ersten Mal ist damit eine steuerliche Gleichbehandlung aller Verkehrsmittel erreicht worden. Dies ist ein bedeutender Fortschritt in der Förderung des ÖPNV und bringt eine steuerliche Entlastung für die Pendler, die Bus und Bahn benutzen. Leider hat sich die CSU bis jetzt den notwendigen Entlastungen für Pendler und Landwirte verweigert. Die Entlastung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer Größenordnung von über 1 Milliarde DM könnte, wenn es nach Ihnen geht, zum 1. Januar nicht eintreten.
Meine Damen und Herren von der CSU, ich prophezeie Ihnen: Sie werden in dieser Beziehung noch vor Weihnachten Ihr Waterloo erleben, genauso wie bei der Steuerreform.
Ein Beispiel zu den Auswirkungen: Ein Pkw-Pendler fährt täglich 40 Kilometer zu seiner Arbeit. Bei 220 Arbeitstagen entspricht dies einem steuerlich absetzbaren Betrag von 6820 DM. Der Bahnpendler mit gleicher Strecke kann denselben Betrag absetzen. Entscheidend ist jetzt auch noch, wenn man Pkw-Fahrgemeinschaften bildet, kann jeder Einzelne diese 6820 DM steuerlich geltend machen, was nach bisherigem Recht nicht ging, aber natürlich zum Teil gemacht worden ist.
Summa summarum gibt es jetzt weniger Bürokratie, und der genaue Nachweis muss lediglich von denjenigen erbracht werden, die über 10000 DM absetzen wollen. Nach den uns vorliegenden Berechnungen sind dies etwa 3% der Betroffenen.
Fazit: Der ÖPNV und die Bahn werden gefördert. Das Ergebnis ist einerseits ein Signal zum Umsteigen vom Pkw auf öffentliche Verkehrsmittel und fördert andererseits die Bildung von Pkw-Fahrgemeinschaften. Beides ist umwelt- und verkehrspolitisch sinnvoll; der Klimaschutz wird gefördert, die Straßen werden entlastet. Selbst der Fußgänger, der Fahrradfahrer oder der Motorradfahrer wird steuerlich genauso behandelt. Dies, meine Damen und Herren, ist für einen Flächenstaat wie Bayern und vor allem für Menschen, die in der Fläche wohnen, ganz enorm wichtig. Meine Damen und Herren von der CSU, mit Ihrer Haltung üben Sie Verrat an den Interessen der bayerischen Pendler.
Deshalb rufen wir Sie noch einmal auf: Ändern Sie Ihre Meinung und stimmen Sie unserem Antrag und dem, was die Bundesregierung vorgelegt hat, zu.
Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege Schläger, da Sie zur Rechtfertigung Ihrer Erhöhungen immer wieder die Mineralölsteuererhöhungen in den Neunzigerjahren heranziehen, muss ich Ihnen zum wiederholten Mal sagen, dass diese Erhöhungen zwei wesentlichen Aufgaben gedient haben, die diese Erhöhungen rechtfertigten. Zum einen wurde damit die Privatisierung der Bahn finanziert, zum anderen die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Beides geschah mit Ihrer Einwilligung.
(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Weiß das Herr Mehdorn schon? – Maget (SPD): Jetzt wird auch etwas Vernünftiges damit gemacht!)
Frau Kollegin Kellner, Sie reden davon, dass mit dieser Entfernungspauschale eine große Hilfe für die arbeitenden Menschen erreicht worden sei. Wo war denn diese große Hilfe bei Ihrer Steuerreform? Da haben Sie nicht daran gedacht. Jetzt sind Sie unter Druck gekommen.
Deshalb handeln Sie. Diese Entfernungspauschale ist nichts anderes als ein Mittel zur Kompensation der gestiegenen Treibstoffpreise. Diese Preise haben Sie wesentlich mitverursacht. Mit dieser Pauschale wird etwas repariert, was vorher mit der Ökosteuer mutwillig kaputt gemacht wurde.