Es ist also die Anmeldung der Lebenspartnerschaft beim Standesbeamten vorgesehen – wie bei der Eheschließung. Die Namensführung ist wie nach der Eheschließung vorgesehen. Bei Verbindungen mit Ausländern sind Einbürgerungserleichterungen wie bei Verheirateten vorgesehen. Vor dem Standesamt würden sich deshalb die Voraussetzungen für eine eingetragene Lebensgemeinschaft von denjenigen einer Eheschließung so gut wie nicht mehr unterscheiden.
Gerade deswegen wollen wir nicht auch noch das i-Tüpfelchen darauf setzen durch die Bestimmung des Standesamtes zur zuständigen Behörde und so noch einmal ein Zeichen dafür setzen, dass eine eingetragene Lebenspartnerschaft eine eheähnliche, wenn nicht sogar ehegleiche Verbindung ist. So etwas hat beim Standesamt nichts zu suchen. Wenn es denn sein muss, dann beim Landratsamt oder beim Notar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Welnhofer, wir haben etwas gerätselt, wie oft Sie das Wort „deviativ“ benutzt haben.
Ja, deviativ. Wenn Sie einmal mit dem Auto durch Frankreich fahren, sehen Sie manchmal Schilder „Deviation“, das heißt „Umleitung“. Sie kommen auf anderem Weg genau zu demselben Ziel.
Also, wenn Sie das auch machen wollen, können wir uns manchmal treffen, am Ende der Umleitung, nicht bei den Schlaglöchern vorher.
Ein Zweites: Ich finde es erschreckend, wie inhuman Sie, wie inhuman Herr Staatsminister Dr. Weiß mit vielen Tausend Menschen umgehen, die nichts anderes wollen, als sich zu einem Partner zu bekennen und Verpflichtungen zu übernehmen – und das in einer Zeit, wo die Vereinzelung von allen Seiten, auch von Herrn Glück, sehr stark beklagt wird. Das ist doch ein Fortschritt, den Sie unterstützen sollten.
Ein Drittes: Sie in der CSU verhalten sich so wie bis zum Jahre 1969, als es wie im Mittelalter die absolute generelle Strafbarkeit homosexueller Beziehungen zwischen Männern gab. Letztendlich wollen Sie dies nicht auf dem strafrechtlichen Gebiet, aber auf dem gesellschaftlichen Gebiet weiterführen. Sie wollen, dass Menschen, die
sich positiv zu anderen Menschen verhalten wollen, ausgegrenzt werden. Es hat nur noch gefehlt, dass Sie gesagt hätten, es sei „widernatürlich“, wie sich diese Menschen verhalten.
Ich habe auf dieses Wort aus dem Regensburger-Umfeld gewartet, aber es ist nicht gekommen. Aber in der Sache ist es ähnlich.
Und ein Viertes: Was Sie machen, ist doppelzüngig und schizophren wie sonst etwas. Der Bayerische Landtag hat auf Vorschlag der Staatsregierung im Jahre 1997 das erste Gesetz in der Bundesrepublik geschaffen, in dem die Lebenspartnerschaften neben der Ehe als Gesetzesformulierung auftauchen. Wahrscheinlich haben Sie das vergessen. Das haben wir damals hier angesprochen. In dem Gesetz zur Sicherheitsüberprüfung aus dem Jahre 1997 sind Ehepartner und sonstige Lebenspartner gleichgestellt. Warum dann nicht auch in anderen Bereichen, fragt man sich. Also, die Gleichstellung als solche, die Sie so sehr angreifen, kann doch wohl nicht der Punkt der Beanstandung sein.
Dann zu den verfassungsrechtlichen Fragen. Mei, mei, das kommt immer wieder. Es gab extra ein Hearing im Bundestag. Dort gab es wohl keinen, der eindeutig gesagt hat, das widerspreche Artikel 6 des Grundgesetzes.
Nein, der ist auch belehrt worden und hat das dann anders angesehen. Wir haben nämlich den Herrn Bundesinnenminister und auch die CSU hilfreich darauf hingewiesen, dass schon 1990 eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich gesagt hat, dass es – wenn auch nicht aus Artikel 6 – einen grundrechtlichen Schutz aus dem freien Recht der Persönlichkeitsentfaltung nach Artikel 2 des Grundgesetzes auch für solche Lebenspartnerschaften gibt. Dieses hat Grundrechtsschutz. Eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts hat dies 1993 noch einmal verstärkt und gesagt, dass die Rechtlosigkeit der Partnerschaften von Lesben und Schwulen – Zitat – vielfältige Behinderungen ihrer privaten Lebensgestaltung und Benachteiligungen gegenüber Ehepartnern zur Folge habe, wobei die Vereinbarkeit dieser Behinderungen mit dem Grundgesetz fraglich sei. Das ist direkt eine Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber, diese Schlechterstellungen zu beseitigen.
Also, wie Sie da immer noch mit dem Grundgesetz hantieren, das ist wirklich Volksverdummung sondersgleichen.
Bei diesem Thema muss man die Gesamtsituation ansprechen, so wie Sie und Frau Stahl es gemacht haben. Wenn es Ihnen ernst damit ist, dass nicht allzu lockere Verbindungen zustande kommen, dann gibt es
kein besseres Mittel als die Standesämter mit dieser Aufgabe zu betrauen. Als Kreisverwaltungsreferent der Stadt München war ich neun Jahre lang auch für die Standesämter zuständig. Sie wissen vielleicht gar nicht, dass Standesbeamte in einzelnen Fällen weisungsunabhängig sind. Es gibt eine eigene Aufsicht. Kein Oberbürgermeister kann Weisungen erteilen. Wegen dieser Unabhängigkeit haben die Standesbeamten eine Akribie entwickelt, die man in keinem anderen Zweig der Staatsverwaltung – auch nicht bei den Notaren mit ihrem besonderen Status – findet. Wenn man sicherstellen will, dass die Angelegenheit richtig gehandhabt wird, dann sind die Standesämter der Garant dafür und niemand sonst. Vielleicht kommen Sie auf die Idee, dass die feierliche Umrahmung etwas anders gestaltet werden soll, wenn die Standesämter mit dieser Aufgabe betraut werden. Das wäre aber lächerlich und würde dem Ernst der Sache nicht gerecht werden.
Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Wir gehen davon aus, dass der Kernpunkt, der in den beiden Gesetzen steht, nämlich eine Verbesserung zu bringen und Diskriminierung abzubauen, bald im Bundesgesetzblatt stehen wird.
Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Die Aufforderung an die Staatsregierung, in der Bundesratssitzung am 1. Dezember darauf hinzuwirken, dass als zuständige Behörde im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Bayern die Standesämter gelten, verkennt die Situation. Es war schließlich die rot-grüne Koalition, die es in der Hand hatte, insoweit eine eindeutige Regelung zu treffen. Ursprünglich war auch im gemeinsamen Fraktionsentwurf von SPD und GRÜNEN der Standesbeamte als zuständige Behörde für die Beurkundung von Erklärungen über die Eingehung einer Lebenspartnerschaft vorgesehen. Es war dann aber die rot-grüne Koalition, die aus durchsichtigen Gründen wenige Tage vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag das Vorhaben in zwei getrennte Gesetze auseinandergerissen hat, nämlich das Lebenspartnerschaftsgesetz und das Lebenspartnerschaftsgesetz-Ergänzungsgesetz. Schon dieses Wortungetüm zeigt, welche Verrenkungen vorgenommen wurden.
Die Abspaltung beider Gesetze hat keinen sachlichen Bezug. Sie ist lediglich der durchsichtige Versuch, die Zustimmungsbedürftigkeit des Vorhabens zu unterlaufen. Die Koalition hofft offensichtlich darauf, dass zunächst das aus ihrer Sicht nicht zustimmungsbedürftige Lebenspartnerschaftsgesetz im Bundesrat nicht angehalten werden kann, weil entweder kein Vermittlungsverfahren zustande kommt oder dieses ohne Ergebnis enden wird. Sollte auch ein entsprechender Einspruch des Bundesrates dann zurückgewiesen werden, könnte zwar das Lebenspartnerschaftsgesetz als Torso in Kraft treten, allerdings ohne die aus der Sicht der Urheber
besonders wesentlichen Regelungen, zum Beispiel im Steuerrecht, welche letztlich die Lebenspartnerschaft ganz nahe an die Ehe heranführen würden.
Festzuhalten bleibt somit, dass es die rot-grüne Koalition war, die durch diese sachwidrige Aufspaltung des Gesetzesvorhabens in zwei Teilkomplexe überhaupt einen Entscheidungsbedarf für das Landesrecht herbeigeführt hat. Denn sollte das Lebenspartnerschaftsgesetz ohne das zustimmungsbedürftige Ergänzungsgesetz verabschiedet werden, bliebe offen, welche Behörde für die Entgegennahme von Erklärungen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz zuständig wäre. Zwar könnten die Länder eine solche Zuständigkeitsregelung treffen, offen ist aber, ob sie anstelle des Bundes Verfahrensregelungen für die dann jeweils zuständigen Behörden erlassen können, da die Regelungskompetenz für diese originär personenstandsrechtliche Materie nach wie vor beim Bund liegt.
Die Staatsregierung lehnt jedoch sowohl das Lebenspartnerschaftsgesetz als auch das Ergänzungsgesetz ab. Das Lebenspartnerschaftsgesetz ist eine provokante und bewusste Abwendung der Bundesregierung vom Leitbild der Familie, wie es das Grundgesetz vorgibt. Was die Bundesregierung macht, meine Damen und Herren, ist die Aufweichung des Artikels 6 des Grundgesetzes auf kaltem Wege. Es ist wohl nicht bestreitbar, dass das Grundgesetz ausdrücklich den staatlichen Institutionen einen besonderen Schutz von Ehe und Familie auferlegt.
Die Eheähnlichkeit wird schon durch den Partnerschaftsnamen, die gemeinsame Unterhaltsverpflichtung, die Einräumung des Erbrechts, die Einführung einer QuasiScheidung wie bei Ehepartnern und eine Reihe von weiteren Punkten, die Herr Kollege Welnhofer dargelegt hat, deutlich. Die Staatsregierung wird deshalb dem Vorhaben, soweit es zustimmungsbedürftig ist, nicht zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/5089 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Herr Kollege Hartenstein und die Fraktion der SPD. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, Ihnen eine Freude zu bereiten, meine Damen und Herren von der Opposition.
Unser Dringlichkeitsantrag zum strafrechtlichen Sanktionensystem hat folgende grundsätzlichen Überlegungen zur Grundlage: Für uns hat der Schutz der Bevölkerung Vorrang und die Resozialisierung von Verbrechern demgegenüber Nachrang. Im Zweifel – das ist unsere Position – müssen Verbrecher nicht durch Freiheiten schon während des Vollzugs resozialisiert, sondern eingeschlossen werden. Die Erlebnisse der letzten Tage, Wochen und Monate – –