um dort Dank abzustatten. Weihrauchkessel soll ich schwenken, um zu sagen: Danke schön Eichel, danke schön Schröder; ihr habt uns das große Wachstum beschert, und deshalb haben wir mehr Steuereinnahmen. Hier soll ich auch noch große Freudenfeste veran
stalten und Bier ausgeben, damit ich endlich einmal die Unterwürfigkeit des Freistaates Bayern gegenüber Berlin dokumentiere,
(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das Bier würden wir ausgeben, Herr Faltlhauser, wenn Sie es nicht machen!)
Meine Damen und Herren, wenn man dies so hört, erinnert man sich schon ein bisschen zurück – wer etwas länger als zwei, drei Monate zurückdenkt – an die sogenannte Wachstumsdelle Ende 1998/Anfang 1999. Damals ging es der Wirtschaft nicht so gut. Ich könnte Ihnen eine halbe Stunde Zitate des Bundeskanzlers und des damaligen Finanzministers Lafontaine und vieler anderer vortragen, die sagten: Diese wirtschaftliche Abschwächung ist ein Ergebnis der weltpolitischen Entwicklung; wir sind hier überhaupt nicht handlungsfähig. Ich zitiere Schröder, der fast wortwörtlich sagte: Da können wir nichts tun.
Ich stelle also fest: Wenn es mit der wirtschaftlichen Entwicklung nach unten geht, wenn wir Dellen oder Rezessionen haben, ist es die weltpolitische Entwicklung; wenn es hingegen nach oben geht, wenn wir Wachstum mit entsprechenden Steuereinnahmen haben, dann ist es selbstverständlich Herr Schröder persönlich, und dann ist es selbstverständlich so, dass es die großartige neue Bundesregierung ist. Meine Damen und Herren, mit einer derartigen These können Sie doch nicht ernsthaft vor das bayerische Volk und vor dieses Parlament treten. Das ist doch Humbug!
Ich werde nicht nach Berlin wallfahren; denn wenn es so wäre, dass diese Bundesregierung mit ihrer fabelhaften Politik die Grundlagen für die jetzt bestehenden Wachstumsraten gelegt hätte, dann müsste die Entwicklung doch einigermaßen flächendeckend sein. Sie ist es aber nicht. Wie sieht denn die Realität aus? Wir im Freistaat Bayern haben in der ersten Hälfte dieses Jahres ein reales Wachstum von 4,8% gehabt,
bundesweit sind es 3,3%. Die Entwicklung der Steuereinnahmen von Januar bis September 2000 weist an Steuermehreinnahmen aus für Rheinland-Pfalz minus 0,3%, Sachsen-Anhalt minus 0,6%; Wachstumsraten in Sachsen mit 1,3% oder Mecklenburg-Vorpommern mit 3,4%. Aber nicht nur in den neuen Ländern, sondern auch in den sogenannten alten Ländern haben wir ganz geringe Wachstumsraten, zum Beispiel in SchleswigHolstein mit 1,6%. Wo ist da der flächendeckende Erfolg dieses Supermanns Schröder? Nirgendwo! In Bayern haben wir gute Zahlen. Wissen Sie warum? – Weil hier ordentlich regiert wird. Das ist der Grund.
Deshalb: Lassen Sie es sein. Ich werde wirklich nicht nach Berlin wallfahren. Wir wissen, dass wir in Bayern höhere Wachstumsraten, eine geringere Arbeitslosigkeit und stark zurückgehende Arbeitslosenzahlen haben. Wir haben mehr Innovationen, und wir haben auch Gott sei Dank überproportionale Steuermehreinnahmen, weil hier ordentlich regiert wird und die Rahmenbedingungen in diesem Land stimmen. Das ist der Punkt.
Gestern wurde in Berlin die Debatte zum Haushalt geführt. Bundesfinanzminister Eichel hat in einer nicht abreißenden Wiederholung immer wieder gesagt, dass er sparen und nicht mehr Geld ausgeben werde. Ich zitiere ihn wörtlich: „Eine Steuerermäßigung durchzuführen, den Bürgern Geld zurückzugeben, ohne einen radikal stringenten Sparkurs, ist unvertretbar.“ Das bedeutet, in Berlin werden die Mehreinnahmen selbstverständlich für die Reduzierung der Nettoneuverschuldung verwendet.
In Bayern sollen wir jedoch das Gegenteil machen. Wenn wir zufälligerweise höhere Einnahmen haben, als im Haushaltsplan veranschlagt sind, sollen wir auf den Marktplatz treten und sagen: Wir haben es. Wer will noch mal? In Berlin wird das Gegenteil gepredigt. Herr Kollege Strasser und Frau Kollegin Kellner, Sie müssen sich endlich darüber klar werden, was Sie wollen. Wollen Sie einen Sparkurs oder einen Verschwenderkurs?
Die SPD ist inzwischen in allen Fragen eine Partei der Beliebigkeit. Dies gilt auch für die Finanzpolitik. In Berlin treten Sie für das Sparen ein, wobei Sie auch an der falschen Stelle, nämlich bei den Investitionen, sparen. In Bayern wollen Sie dagegen mit offenen Händen populistisch Geld ausgeben.
Gleich. Herr Präsident, diese vorliegenden Dringlichkeitsanträge sind Dokumente der Unzuverlässigkeit und der Unseriosität. Darin wird gefordert, was wir im Augenblick nicht machen dürfen.
Die Bundesregierung, Herr Schröder und Herr Eichel haben gestern bei der Haushaltsaussprache in Berlin genau dieser Vorgehensweise eine Absage erteilt. Dies wurde von den Koalitionsfraktionen, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, unterstrichen. Was gilt eigentlich? Wollen Sie die Bürger durch ein Doppelspiel hinters Licht führen? Frau Kollegin Kellner, jetzt beantworte ich gerne Ihre Frage.
Herr Staatsminister, erinnern Sie sich daran, dass Sie selbst für die Jahre 2001 und 2002 vorgeschlagen haben, rund 240 Millionen DM aus Steuermehreinnahmen für verschiedene Schwerpunkte zu verwenden? Aus diesen Steuermehreinnahmen wollen Sie einen Teil von 80 Millionen DM zur Rückführung der Nettoneuverschuldung verwenden. Genau dies wird mit dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN für das Jahr 2000 gefordert. Wir schlagen jedoch ein Volumen von 260 Millionen DM vor. Wir sagen, dass dieser Betrag auch aufgeteilt werden könnte.
Frau Kollegin Kellner, Geldplanung und das Ausgeben von Geld sind immer eine Frage der Größenordnung. Solidität entscheidet sich gerade in der Finanz– und Steuerpolitik an Zahlen. Der Weg, im Jahr 2001 den Spielraum in dringenden Eckpunkten zu vergrößern, ist vertretbar und zeugt von Augenmaß. Die Größenordnung, die in Ihrem Antrag und in dem Antrag der SPD festgelegt ist, ist jedoch absolut unvertretbar und mit einer soliden Finanzpolitik nicht in Einklang zu bringen. Ich sage noch einmal: In Berlin streicht Herr Eichel rücksichtslos, zum Beispiel bei der Bundeswehr oder bei der Finanzverwaltung. Wir merken das in der flächendeckenden Ausdünnung der Finanzverwaltung und der Zollämter. Wir werden 1350 Bundesbeamte weniger haben. Der Service vor Ort wird ausgedünnt. Rücksichtslos wird zulasten der Krankenversicherung, der Länder und der Kommunen gestrichen. Dies ist unabhängig von der unanständigen Vorgehensweise bei den UMTS-Erlösen. Hier werden Ländern und Kommunen 27 Milliarden DM von unserem weiß-blauen Himmel gestohlen.
Ich wiederhole, was Herr Kollege Ach bereits gesagt hat: Wo bleibt angesichts der Mehreinnahmen durch die UMTS-Erlöse in Höhe von rund 100 Milliarden DM der Nachtragshaushalt auf Bundesebene? Von uns verlangen Sie das Gegenteil von dem, was Sie in Berlin predigen. Mir liegt eine grafische Übersicht der Steuermehreinnahmen im Jahr 2000 und im Jahr 2001 vor. Die blaue Kurve zeigt die Steuermehreinnahmen insgesamt. Bund, Länder und Kommunen haben gegenüber der Schätzung vom Mai im Jahr 2000 Steuermehreinnahmen von insgesamt 9,5 Milliarden DM. Auf den Bund entfallen davon 4,4 Milliarden DM, auf die Länder 4,3 Milliarden DM, auf die Kommunen 0,3 Milliarden DM und auf die EU 0,4 Milliarden DM. Herr Kollege Strasser, im nächsten Jahr wird diese Kurve nach unten gehen. Insgesamt werden wir dann 41,6 Milliarden DM weniger Steuern einnehmen. Dies ist von der Bundesregierung gewollt. Wir haben das gleiche Ziel verfolgt, nur konsequenter, systematisch klarer und gerechter gegenüber dem Mittelstand. Meine Damen und Herren, wir haben nicht den Spielraum für alles Mögliche, Denkbare und Gute. Ich möchte nicht widersprechen, dass einzelne Punkte auf Ihrer Liste gut wären. Seriöse Politik ist
jedoch das Ergebnis eines Abwägens zwischen dem fachpolitisch Wünschenswerten und dem finanzpolitisch Vertretbaren. Was Sie fordern, ist finanzpolitisch nicht vertretbar.
Lassen Sie mich noch etwas zu den Steuereinnahmen des Jahres 2000 sagen. Dabei beunruhigt mich eine doppelte Asymmetrie dieser Steuermehreinnahmen. Herr Kollege Strasser, Sie haben richtigerweise angeführt, dass wir in der ersten Hälfte dieses Jahres Steuermehreinnahmen hatten, die über 10% hinausgingen. Im Juli, also keinem Ferienmonat, sind die Steuermehreinnahmen auch in Bayern ins Minus gerutscht. Sie blieben auch im August im Minus und sie sind im September auf niedrigem Niveau geblieben. Im Oktober haben sie sich leicht erholt. Das heißt, wir hatten im Jahr 2000 eine starke Asymmetrie der Steuereinnahmen. Wir können das nicht vollständig erklären. Unsere Schlussfolgerung lautet jedoch, dass man bei Steuermehreinnahmen über einige Monate hinweg nicht sofort „hurra“ schreien darf. Diese vorübergehenden Steuermehreinnahmen bedeuten nämlich nicht, dass sich der Staat dauerhaft mehr leisten könnte. Der Staat muss vielmehr einen stabilen Wachstumspfad beobachten. Dieser Wachstumspfad war im Jahr 2000 noch nicht erkennbar. Wir können uns nur auf Hochrechnungen stützen, wenn wir sagen, dass wir es im Jahr 2000 vielleicht schaffen, keine Nettoneuverschuldung aufnehmen zu müssen.
Nein. Herr Kollege Strasser, ich ringe um Ihre fachliche Aufmerksamkeit. Wenn Sie mir nicht zuhören, würde es sich nicht rentieren, dass Sie vor mir reden und ich Ihnen hinterher antworte. Das wäre kein parlamentarisches Gespräch.
Wir haben im Jahr 2000 in den einzelnen Ländern krass unterschiedliche Steuereinnahmen. Das ist der zahlenmäßige Beweis dafür, dass nicht die Wundermänner Schröder und Eichel flächendeckend für Deutschland steuerliche Mehreinnahmen bewirken. Weil es diese Steuerunterschiede gerade im Jahr 2000 gab, zahlt der Freistaat Bayern deutlich mehr für den Finanzausgleich. Nach unseren jetzigen Schätzungen zahlen wir gegenüber dem Jahr 1999 zusätzlich mehr als 800 Millionen DM für den horizontalen Finanzausgleich. Herr Kollege Ach, damit kommen wir auf rund 4 Milliarden DM. Zusammen mit dem Fonds „Deutsche Einheit“ kommen wir auf 5 Milliarden DM.
Wenn ich den Umsatzsteuervorwegausgleich hinzurechne, komme ich auf über 10% des Haushaltsvolumens. Frau Kollegin Kellner, gegenüber dem Haushaltsansatz müssen wir aufgrund dieser Asymmetrie eine halbe Milliarde DM zusätzlich an Finanzausgleich bezahlen. Dies macht mich sehr besorgt, weil wir in dra
matischer Weise Finanzausgleich bezahlen, wenn wir in Bayern weiterhin so erfolgreich wirtschaften. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Abstand zwischen dem Freistaat Bayern und den übrigen Ländern in Wachstum und Wohlstand weiter zunehmen wird. Wenn ich mir die Beweglichkeit der Nehmerländer in der Debatte um den neuen Finanzausgleich ansehe, stelle ich fest, sie wollen das Alte beibehalten und nichts Neues gestalten. Dieses wären keine guten Aussichten für Bayern. Das Resümee an der ganzen Sache ist daher, Bayern wird für seinen Erfolg und seinen Fleiß nicht belohnt werden.
Frau Kellner, im Jahr 2001 haben wir aufgrund der neuen Steuerschätzung relativ wenig Steuermehreinnahmen; denn es sind für Bayern nur rund 300 Millionen DM zusätzlich. Hinzu kommen 250 Millionen DM Einsparungen bei den Personalausgaben, weil wir aufgrund der faktischen Nullrunde durch Innenminister Schily – dagegen haben wir protestiert – und aufgrund des Sparens zulasten der Beamten weniger ausgeben werden; dies sind insgesamt 550 Millionen DM an Verbesserungen.
Der Landtag muss dies korrigieren, etwa durch 250 Millionen DM zusätzlicher Mehrbelastungen aus dem Länderfinanzausgleich und durch eine Reihe von Vorfestlegungen. Ich muss Sie insofern korrigieren, als es nicht um 25 Millionen DM nur für Behinderte geht. Das Behindertenprogramm ist vielmehr zusätzlich 75 Millionen DM schwer; denn es sind 3 Jahre hintereinander 25 Millionen DM hinzugekommen, um einen echten Engpass zu beseitigen. Ferner haben wir zusätzlich jährlich 50 Millionen DM für die zu renovierenden Kliniken eingeplant wie Sie, Frau Kellner, hervorgehoben haben. Auch hier ist mit dem Wissenschaftsminister vereinbart, dass wir nicht nur in einem Jahr 50 Millionen DM drauflegen, sondern für die nächsten Jahre eine Verpflichtungsermächtigung aussprechen.
Frau Kellner, Sie kritisieren, wir informierten nicht ordentlich. Dieser Vorwurf erstaunt mich sehr; denn am 09.10. sind die Steuerschätzer zusammengesessen, am Freitag sind die Zahlen veröffentlicht worden und am 14.10. hat Ihnen bereits der entsprechende Brief mit den Zahlen und Schlussfolgerungen für Bayern vorgelegen, in dem in aller Deutlichkeit auch die Schlussfolgerung für das Jahr 2000 steht. Wir können nicht schneller arbeiten, sondern haben Sie sofort informiert. Ich bitte Sie, das anzuerkennen und vor dem Parlament nicht andere Eindrücke zu erwecken.
Ich fasse zusammen: Erstens fordere ich Sie, die SPD und die GRÜNEN nochmals auf, bei sich zu klären, was Sie eigentlich wollen: sparen oder verschwenden. Zweitens werden wir glücklicherweise unsere Nettokreditermächtigung in diesem Jahr voraussichtlich nicht in Anspruch nehmen müssen; endgültig wissen wir es noch nicht, weil der Steuermonat Dezember erst noch vor uns liegt. Drittens werden wir selbstverständlich und konsequent nicht nur mit Sonntagsreden, sondern mit Haus
haltstaten auf dem Weg der Konsolidierung und zu einem ausgeglichenen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung weiterfahren. Insofern sind wir auf einem sehr guten Weg. Wir müssen auch, ähnlich wie im Jahr 1999, im Auge behalten, den Schuldenberg in Höhe von 36 Milliarden DM abzutragen. Wir brauchen für die nächsten Jahre intensiv Reserven für alles das, was kommen kann: geringeres Wachstum und Steuerausfälle aufgrund der Steuerreform. Ich will bei diesem Kurs der Nachhaltigkeit ohne Wenn und Aber bleiben; denn nur dies ist eine seriöse Finanzpolitik. Ich will im Jahr 2006 tatsächlich einen stabilen und ausgeglichenen Haushalt für Bayern; dies ist Dienst an der nächsten Generation.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/5088 der Fraktion der SPD seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Dies sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Abgeordneten Hartenstein. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Dies sind die Abgeordneten der CSU. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/5098 seine Zustimmung geben will, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. – Dies sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Dies ist die Fraktion der CSU. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Elisabeth Köhler, Christine Stahl, Tausendfreund und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)