Protocol of the Session on November 29, 2000

Mit derlei pflegen Sie das Feindbild bei der Landwirtschaft, auch wenn Sie noch so sehr von Kooperation sprechen. Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn angesichts der geplanten Neuerungen die Landwirte nicht mitmachen.

Nun zur Wald- und Forstpolitik. Es ist geplant, die so genannten Waldbiotope in den Vordergrund zu stellen. Drei Viertel aller Wälder Bayerns sollen unter Schutz gestellt werden. In der Folge stellt sich die Frage: Was ist, wenn diese Wälder weiterhin nachhaltig bewirtschaf

tet werden sollen? Das geht dann nicht mehr so wie bisher. Wer gleicht den Schaden aus, den die Waldbauern, den die Grundstückseigentümer erleiden? Wer kommt dafür auf?

Trittin schreibt natürlich hinein, dass dies die Länder machen sollen. Meine Damen und Herren, dazu sage ich Ihnen klipp und klar: Dafür ist mir unser Umwelthaushalt zu schade. Wir wollen den Umwelthaushalt nicht zur Zahlung von Schadenersatz verwenden, sondern wir wollen damit Umweltpolitik gestalten. Dies muss doch das Ziel einer modernen Umweltpolitik sein.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Kollege Wolfrum, zur Umweltbildung. Wir zwei liegen gar nicht weit auseinander. Ich wäre dir sehr, sehr dankbar, wenn du auch einmal deinen grünen Kollegen in Berlin mitteilen könntest – du weißt, wovon ich spreche –, dass man die sogenannten Nutzerverbände bewusst aus der Umweltbildung herausdrängen will. Auf Bundesebene gibt es eine Initiative ihrer grünen Kollegen – lesen Sie es im Internet nach; dort ist das groß veröffentlicht –, dass Jagdverband, Fischereiverband und andere herausgedrängt werden sollen; sie sollen nicht mehr in die Schulen, nicht mehr in die Kindergärten; der Lernort Natur, durch den Hunderttausende von Kindern jährlich durchgeschleust werden, soll verboten werden. Warum wohl? – Weil sie so erfolgreich sind. Das wollen Sie nicht.

(Beifall bei der CSU)

Das ist doch der Punkt. Das muss man auch hier einmal deutlich ansprechen.

Meine Damen und Herren, lieber Herr Wolfrum, ich meine – das hat Kollege Kiesel auch deutlich gemacht –, dass wir da vielleicht noch einiges werden draufsatteln können. Herr Ach und der Haushaltsausschuss werden sich mit Sicherheit noch darüber Gedanken machen. Die Umweltpolitik muss vom Herzen kommen. Das ist das Entscheidende. Allein das Geld bringt es nicht.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da haben Sie Recht!)

Entscheidend ist, wie ich Umweltpolitik betreibe. Ich sage immer wieder – damit komme ich auch zum Schluss –: Gehen Sie doch hinaus. Reden Sie nicht immer von einem Schreckensszenario in Bayern, so wie Sie es vorhin getan haben. Gehen Sie doch hinaus in unsere liebenswerte bayerische Natur. Schauen Sie sich das doch einmal an. Warum kommen denn so viele Touristen nach Bayern? Doch nicht deshalb, weil hier kein Baum mehr, kein Strauch mehr und nichts Grünes mehr ist, sondern deshalb, weil es hier so schön ist. Darum kommen sie so gerne. Reden Sie das deshalb bitte nicht immer kaputt. Das muss ich hier auch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der CSU)

Zu dem, was wir brauchen, zitiere ich unseren Ministerpräsidenten. Wir brauchen keine Mundwerker, sondern

Handwerker im Naturschutz. Lassen Sie mich das auf die Haushaltsdebatte übertragen: Wir brauchen keine Mundwerker, die ständig nur nach noch mehr Steuergeldern rufen und sich so aus ihrer eigenen Verantwortung freikaufen. Was wir brauchen, sind vom Staat motivierte Handwerker für die Natur, die bereit sind, ihren eigenen Lebensraum freiwillig aktiv mit zu gestalten und ihre liebenswerte Heimat für Menschen, Tiere und Pflanzen in Bayern zu erhalten. Das brauchen wir.

Deshalb sage ich: Die CSU-Fraktion lässt sich von diesem Weg nicht abbringen, weder von einer rot-grünen Opposition in Bayern, geschweige denn von der rot-grünen Bundesregierung in Berlin. Wir stimmen deshalb für die Vernunft, für den mündigen, aktiven Bürger und damit auch für den Haushaltsansatz, den Einzelplan 14 der Bayerischen Staatsregierung.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Mehrlich. Bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren! Herr Umweltminister Dr. Schnappauf, der größte Betrag, über den Sie zu verfügen haben, beträgt 750 Millionen DM für Wasser und Abwasser. Ich muss Ihnen attestieren, dass Sie mit Ihrer heutigen Rede Ihrer Verantwortung für diese 750 Millionen DM in keiner Weise gerecht geworden sind;

(Hofmann (CSU): Eine hervorragende Arbeit!)

denn Abwasser, die RZWas und die Liberalisierung der Wasserversorgung haben in Ihrer Rede nur am Rande eine ganz kleine und unwichtige Rolle gespielt. Nach meiner Auffassung sind Sie damit Ihrer Verantwortung für dieses Gebiet und für die 750 Millionen DM in Ihrem Haushalt nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Schnappauf, Sie haben mit Blick auf die Liberalisierungsdiskussion bei der Trinkwasserversorgung sinngemäß gesagt: Ich fordere die Bundesregierung auf, endlich ein klares Wort zu sprechen. Wie kommen Sie dazu, mit dem Finger nach Berlin zu deuten, wenn Sie im Kabinett bereits im September 1999 einen Beschluss gefasst und eine Arbeitsgruppe eingesetzt haben, die im Frühjahr dieses Jahres im Kabinett berichten sollte, dieser Bericht aber heute, in der vorvorletzten Sitzungswoche des Jahres 2000 noch immer nicht vorliegt?

(Hofmann (CSU): Zu welchem Thema?)

Hättest du zugehört, lieber Walter, dann wüsstest du jetzt, was ich gesagt habe.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber er macht dafür Zwischenrufe!)

Unterlasse bitte diese unqualifizierten Zwischenrufe.

(Lachen bei der SPD)

Sie sind also – dies wird deutlich – Ihrer Verantwortung auch in diesem ganz konkreten Fall nicht gerecht geworden.

Wer hat denn die – sozusagen – ideologischen Grundlagen der Liberalisierung und Privatisierung in allen möglichen Bereichen der Daseinsvorsorge gelegt? Sie haben nahezu seit Jahrzehnten von Deregulierung, von Privatisierung und vom schlanken Staat gesprochen. Jetzt fürchten Sie sich vor den Auswirkungen Ihrer eigenen Ideologie.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies alles wollten Sie doch genauso wie die RZWas, die Richtlinie für die Bezuschussung von Wasser- und Abwassermaßnahmen, am Landtag vorbei in die Welt setzen. Ihre Fraktion hat Sie in diesem Bemühen sogar noch unterstützt. Wir beklagen uns nahezu tagtäglich darüber, dass der Bund den Ländern und dass die EU dem Bund und den Ländern Zuständigkeiten und Kompetenzen abnimmt. Die CSU-Fraktion lässt es aber zu, dass im Bayerischen Landtag von der Staatsregierung in gleicher Weise verfahren wird. Dies nenne ich Doppelzüngigkeit, und dies nenne ich eine Inkonsequenz in der Politik.

(Beifall bei der SPD)

Was hat denn die RZWas gebracht, meine sehr verehrten Damen und Herren? Die RZWas neu ist rückwirkend zum 1. Januar 2000 in Kraft getreten, die Auswirkungen waren aber bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 zu vermelden. Sie haben die Förderschwelle von bisher 1500 DM bzw. 2000 DM bei der Abwasserentsorgung auf jetzt 2500 DM erhöht. Das heißt, eine Kommune mit 4000 Einwohnern erhält für Investitionen in die Abwasserentsorgung in Höhe von 10 Millionen DM keine müde Mark an staatlichen Geldern, oder anders ausgedrückt: Eine Kommune mit 10000 Einwohnern, die 25 Millionen DM investiert, erhält keine müde Mark an staatlichen Zuschüssen. Sie sagen dann, dadurch würde die Bezuschussung schneller erfolgen. Das ist wohl richtig, aber um welchen Preis erfolgt die Bezuschussung schneller? – Auf wesentlich niedrigerem Niveau. Hinzu kommt, dass durch die neue Richtlinie zirka 50% der bayerischen Kommunen überhaupt keine müde Mark an Zuschüssen mehr erhalten. Wenn sie keine müde Mark mehr erhalten, ist es ihnen schnurzpiepegal, wenn die anderen etwas schneller Zuschüsse bekommen.

(Sinner (CSU): Wie ist das in Nordrhein-Westfalen, Herr Kollege Mehrlich?)

Herr Kollege Sinner, wir sind, wie Sie wissen, in Bayern.

Dies bedeutet, dass letztendlich wieder die Bürger herhalten müssen. Die Gebühren werden steigen, und die Ergänzungsbeiträge bei entsprechenden Maßnahmen müssen höher ausfallen. Schließlich und endlich muss die Gemeinde auch noch höhere Darlehen und Hypothe

ken aufnehmen, was über die Zinszahlungen letztendlich wiederum den Bürger trifft. Auch damit, Herr Dr. Schnappauf, bereiten Sie den Boden für die materielle Privatisierung im Abwasser- und Wasserbereich. Viele Kommunen sind aufgrund der enormen Zuschusskürzungen nämlich schlicht und einfach nicht mehr in der Lage, die notwendigen Investitionen zu finanzieren und zu tätigen.

(Beifall bei der SPD)

Das Schönste ist, obwohl über die RZWas erst Mitte des Jahres 2000 entschieden wurde, gab es bereits einen Kabinettsbeschluss vom 14. Dezember über die Eckpunkte. Die RZWas wurde dann rückwirkend zum 1. Januar 2000 in Kraft gesetzt. Sie ersetzt die RZWas von 1991. Was haben Sie in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 gemacht? Sie haben die Zuschüsse für die Kommunen um 15 Prozentpunkte gesenkt. Das bedeutet, wenn eine Kommune einen Zuschuss auf die förderfähige Summe von 30% erhalten hätte, bekam sie jetzt nur noch 15%, was einer tatsächlichen Kürzung von 50% der anzunehmenden Bezuschussung entspricht. Das nennen Sie dann auch noch Vertrauensschutz. Ich sage Ihnen: Das ist eine Verhöhnung der Kommunen und nichts anderes.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedauere zutiefst, dass der Bayerische Gemeindetag dazu seinen Segen gegeben hat.

(Ach (CSU): Das war vernünftig! – Kaul (CSU): Der Bayerische Gemeindetag weiß, dass es nicht so ist, wie Sie es darstellen!)

Es ist genau so, wie ich es darstelle. Ich möchte Ihnen mitteilen, welche Zuschusskürzungen sich daraus für meinen Landkreis in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 ergeben haben. Im Landkreis Main-Spessart sind insgesamt zwölf Kommunen und fünfzehn Maßnahmen betroffen. Die Zuschusskürzungen belaufen sich auf insgesamt 6,5 Millionen DM. Sie selbst haben zu den Eckpunkten des Kabinettsbeschlusses vom 14. Dezember gesagt, dass damit – wie es so schön heißt – 305 Millionen DM Fördergelder freigesetzt werden sollen. Man könnte es auch anders ausdrücken. Die Zuschusskürzung beträgt 304 Millionen DM. Das ist die korrekte Bezeichnung für diesen Vorgang. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Bayern besteht für das Wasser und für das Abwasser ein Investitionsbedarf von 20 Milliarden DM. Im Bund beläuft sich der Investitionsbedarf auf 200 Milliarden DM. In dieser Situation und der herrschenden Liberalisierungstendenz kürzen Sie die Zuschüsse für die Gemeinden so drastisch.

Wie sieht es eigentlich mit den Gemeindefinanzen aus? Von 1988 bis 1998 stieg der Staatshaushalt um 49,7% bei einer Inflationsrate von 28,3%. Die Schulden des Freistaates stiegen in diesen zehn Jahren um 28,3% auf rund 40 Milliarden DM. Die Schulden der Kommunen stiegen in diesem Zeitraum jedoch um 72%. Sie ziehen den finanziellen Strick, den Sie um den Hals der bayerischen Kommunen gelegt haben, immer mehr zu. Diese

Zahlen sprechen eine eindeutige und unwiderlegbare Sprache. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte noch einige Ausführungen zur Liberalisierung bzw. Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland machen. Die Spatzen pfeifen inzwischen von den Dächern, dass Bayern diese Liberalisierung begrüßt hat und sie vorantreiben wollte.

(Dr. Bernhard (CSU): So ein Schmarrn! – Kaul (CSU): Legen Sie die entsprechenden Unterlagen auf den Tisch! Das wollen wir sehen!)

Dafür spricht auch der Kabinettsbeschluss vom September 1999. Außerdem wurden in diese Kommission nicht nur Vertreter des Umweltministeriums, des Innenministeriums und des Wirtschaftsministeriums berufen, sondern auch Vertreter privater Wasserversorger. Sie haben außerdem die Zuschüsse radikal gekürzt. Deshalb ist es doch wohl kein Wunder, wenn viele Kommunen keinen Ausweg mehr sehen und deshalb nicht nur eine formelle Privatisierung, sondern auch eine materielle Privatisierung vornehmen. Nun ist ja eigentlich eine Privatisierung im Gegensatz zu einer Liberalisierung, also der Aufgabe des Gemeindemonopols, an sich gar nicht so schlecht. Allerdings muss sichergestellt sein, dass in einer solchen GmbH die Kommunen die Mehrheit haben. Die Kommunen müssen schließlich kontrollieren können. Deshalb muss einer solchen GmbH ein demokratisch legitimierter Ausschuss gegenüber stehen.

Wir waren seinerzeit sehr froh, dass die Zuständigkeit für das Wasser aus dem Innenministerium in das Umweltministerium verlagert wurde. Auch die SPD hat dies damals gefordert. Inzwischen drängt sich mir der Eindruck auf, dass dies ein Fehler gewesen ist, weil Herr Dr. Schnappauf dieses wichtige Gebiet sträflich vernachlässigt.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Meißner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte über den heutigen Umwelthaushalt hat gezeigt, dass in Bayern Umweltschutz nicht nur in einem Spannungsfeld mit der Umsetzung vor Ort steht. Die Umweltpolitik hängt auch von der Frage ab, ob wir ein gutes Miteinander vor Ort und eine moderne Umweltpolitik im Konsens haben wollen, oder einen Regulierungswahn à la Brüssel. Deshalb müssen wir uns heute auch über die europäische Dimension des Umweltrechts unterhalten.