Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen, werte Kollegen! Mit dem, was der vorliegende Entwurf für den Einzelplan 10 einschließlich der entsprechenden Nachschubliste und der von der CSUMehrheit beschlossenen Änderungen vorsieht, kann eine Reihe von Verbesserungen umgesetzt werden. Im Zusammenhang mit den Pflichtaufgaben nenne ich die enormen Steigerungen zugunsten der Forensischen Psychiatrie – Sie haben dieses Thema gerade angesprochen, Herr Wahnschaffe –, die Mehrung bei der Personalkostenförderung für Kindergärten und den Vollzug
des neuen Insolvenzrechts. Besonders erfreulich ist es für uns von der CSU-Fraktion, dass gerade bei den freiwilligen Leistungen wichtige Schwerpunkte gesetzt werden konnten.
Als Beispiele nenne ich nur das dreijährige Sonderprogramm zur Förderung von Investitionen zugunsten Behinderter, das mit 75 Millionen DM ausgestattet werden wird, die Erhöhung des Haushaltsansatzes zugunsten der offenen Behindertenarbeit um 1,5 Millionen DM im nächsten Jahr sowie 1 Million DM, die der kommende Doppelhaushalt zusätzlich für die Bekämpfung der Immunschwächeerkrankung Aids vorsehen wird, außerdem Verbesserungen beim Stellenschlüssel sowie Ausbildungsplätze für die Gewerbeaufsichtsämter. So kann die CSU-Fraktion dem vorliegenden Entwurf guten Gewissens zustimmen. Frau Staatsministerin Stamm, wir danken Ihnen und Ihrem Team für die engagierte Arbeit.
Der heute zur Beschlussfassung vorliegende Etatentwurf für die Jahre 2001 und 2002 wird eine sehr gute Grundlage dafür bieten, die erfolgreiche Sozialpolitik der Bayerischen Staatsregierung fortzusetzen. Der kommende Doppelhaushalt des Freistaats wird 7,5 Milliarden DM an Ausgaben für den Sozialbereich vorsehen. Hinzu kommen werden die Leistungen, die die örtlichen Träger – sprich: die Landkreise und die kreisfreien Städte – sowie die überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bezirke, tragen. Die Sozialhilfeleistungen einschließlich der Kriegsopferfürsorge werden in den nächsten Jahren ein Volumen von etwa 4,5 Milliarden DM haben. Über Einzelplan 10 und die Sozialhilfeträger in Bayern werden in den nächsten beiden Jahren also insgesamt 16,5 Milliarden DM – nämlich zwei mal 4,5 Milliarden DM bezogen auf zwei Jahre plus 7,5 Milliarden DM – für Sozialleistungen zur Verfügung gestellt werden. Damit wird deutlich, wie sehr wir unseren Leitspruch „menschlich, sozial, modern“ ernst nehmen.
Vergleicht man die bereinigten Zahlen des zu verabschiedenden Sozialetats mit den entsprechenden Werten der Vorjahre, ergibt sich für das Jahr 2001 eine Steigerungsrate von 1,2% und für das Jahr 2002 eine von 1,7%. Besonders interessant und aussagekräftig hinsichtlich des vorliegenden Entwurfs und der Gestaltungsmöglichkeiten des vorgesehenen Etats ist die Tatsache, dass die Ansätze für freiwillige Leistungen unter Berücksichtigung der von meiner Fraktion eingebrachten Initiativen – stichwortartig nenne ich nur Familienbildung, offene Behindertenarbeit, Sonderprogramm zur AidsBekämpfung – um 13% steigen können. Die gesetzlichen Pflichtleistungen machen einen Zuwachs in Höhe von 0,6% für das Jahr 2001 erforderlich. Aufgrund des noch zu verabschiedenden Gesetzes zum Landeserziehungsgeld wird es in den künftigen Doppelhaushalten an entsprechender Stelle deutliche Mehrungen geben. Herr Kollege Wahnschaffe, der nun vorliegende einschlägige Gesetzentwurf verschweigt gar nichts. Darin ist aufgeführt, wann womit begonnen werden soll und was genau vorgesehen ist.
Schon lange hat die CSU die Familienpolitik zur Schwerpunktaufgabe einer zukunftsorientierten Gesellschaft erklärt. Die Diskussion um die Rentenformel, die Zuwanderung und die Integration verschiedener Gesellschaftsgruppen zeigt vielen deutlich, wie wichtig eine zukunftsorientierte Familienpolitik ist. So habe ich bereits vor einigen Jahren die entsprechenden finanziellen Schwerpunkte unter dem Stichwort „bayerischen Kindermilliarde“ zusammengefasst. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang das Landeserziehungsgeld mit Ausgaben in Höhe von 349 Millionen DM, Personalkostenzuschüsse für Kindergärten in Höhe von 788 Millionen DM, 60 Millionen DM für die Kindergartenbauförderung sowie 48 Millionen DM an Zuschüssen für Kinderhorte, außerdem 10 Millionen DM für das „Netz für Kinder“. Das macht zusammen 1,25 Milliarden DM jährlich, die wir unter dem Stichwort „Kind“ zusammenfassen können. Ich meine, damit kann sich Bayern wirklich sehen lassen.
Zwischenzeitlich hat die Staatsregierung dem Landtag einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Leistungen beim Landeserziehungsgeld zugeleitet. Dieser hat folgende Ziele: Erstens. Die Einkommensgrenzen für das Landeserziehungsgeld sollen wie beim Bundeserziehungsgeld angehoben werden. Die Freibeträge für weitere Kinder werden bereits ab 2001 berücksichtigt werden. Zweitens. Der Höchstbetrag für das dritte und jedes weitere Kind wird auf 600 DM erhöht. Drittens. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird um binationale Ehen und Staatsangehörige aus Drittstaaten erweitert, soweit das Kind durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Viertens. Die Antragsstellung wird wesentlich einfacher und übersichtlicher als bisher.
Es wurde vorhin von mir bereits kurz erwähnt, im künftigen Doppelhaushalt ist ein Betrag von bis zu 111 Millionen DM dafür zusätzlich erforderlich. Herr Wahnschaffe, Sie haben angesprochen, was Bayern sonst noch tut, und dabei einige Punkte genannt. Ich nenne nur das Beispiel der Wohnungsbauförderung. Bayern gibt dafür im nächsten Jahr 605 Millionen DM aus, der Bund für Bayern ganze 50 Millionen DM. Daran wird deutlich, dass es eine große Diskrepanz gibt.
Sie haben auch das Stichwort „Steuerreform“ genannt. Wann war denn die letzte Steuerreform? – Natürlich haben auch unsere Finanzminister, Waigel und Stoltenberg, Steuerreformen durchgeführt. Die große Steuerreform war sicher die vor der Wende unter Stoltenberg. Diese Steuerreform hat jeder in Erinnerung. Sie ist zunächst schlecht gemacht worden, war aber in ihrer Wirkung positiv. Danach kam die deutsche Einheit. Bei den Reden der Opposition stelle ich immer wieder fest, wenn es um die Verschuldung, die Zins- und Tilgungsverpflichtungen, den Fonds „Deutsche Einheit“ und um die Frage, warum die Autobahn in den letzten zehn Jahren nicht gebaut worden ist, geht, merkt man auch nach zehn Jahren deutscher Einheit ganz deutlich, bei Ihnen besteht hier eine Lücke.
Es ist keine Unterstellung, zu sagen, dass manche die Einheit gar nicht wollten, denn Sie ignorieren sie zehn
Jahre danach noch, weil Sie nicht wahrhaben wollen, dass zehn Jahre Aufbauarbeit im Osten blühende Landschaften hervorgebracht haben. Jeder, der Zeit und Lust hat, kann sich diese ansehen. Ich kann nur empfehlen, das zu tun. Selbst hatte ich 1988 die Gelegenheit, mit dem Kreistag Erfurt und verschiedene Städte der damaligen DDR kennen zu lernen. Heuer habe ich mir an einem Wochenende die Zeit genommen, nach zwölf Jahren Erfurt wieder zu besuchen. Ich kann nur sagen, es war schön. Es war wie im Wunderland. Erfurt ist eine blühende Landschaft geworden. Das verschweigen Sie bei all Ihren Darstellungen.
Zurück zu unserem Sozialetat. Es ist auch eine große soziale Tat, dass man denen, die zu uns gekommen sind, geholfen hat und weiter hilft. Bemerkenswert ist hier der Antrag der SPD. Herr Kollege Wahnschaffe, in der vergangenen Plenarsitzung haben Sie, wie auch heute, das Erziehungsgeld angesprochen und gesagt, Bayern müsse noch schneller noch mehr tun. Auf meine Frage, warum die anderen SPD-geführten Länder der alten Republik nicht ebenfalls das Erziehungsgeld einführen, haben Sie zu kontern versucht, indem Sie gesagt haben, die SPD-geführten Länder hätten dafür andere Leistungen, zum Beispiel den Hort oder die Krippe; deswegen sei das anders.
Ihre Aussage hat mich veranlasst, nachzusehen, ob es wirklich so ist, wie Sie es dargestellt haben, und siehe da, es ist anders. Es ist unstrittig, dass es im wiedervereinigten Deutschland ein Ost-West-Gefälle bei Kinderhorten und Kinderkrippen gibt. Das ist der geschichtliche Werdegang. Aber es gibt auch einen Vergleich der Flächenländer der alten Republik. Hier sieht es folgendermaßen aus: Die Hortversorgung in Hessen ist mit 4,6% nahezu wie die in Bayern mit 4,5%. Ihre Vorhersage ist so zuverlässig wie die Wettervorhersage: NordrheinWestfalen mit 2,2% und Niedersachsen mit 1,8% stehen wesentlich schlechter da als das Land Bayern, das Landeserziehungsgeld zahlt. Damit ist es also nichts mit Ihrer Ausrede.
Das nächste Stichwort war die Kinderkrippe. Wie sieht es damit aus? – Das große Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt bei der Kinderkrippenversorgung bei 1,7%, Bayern bei 1,4%. Also wiederum Fehlanzeige. Fazit: Bayern tut tatsächlich mehr für Familien und Kinder als die SPD-geführten Flächenländer. Ein paar Stichworte darf ich dazu nennen, die nicht in der Statistik zum Ausdruck kommen: Netz für Kinder und Altersöffnung der Kindergärten nach unten und oben. Auch das sind Beispiele. Frau Staatsministerin Stamm hat auf die Mütterzentren hingewiesen, die bei uns per Richtlinie gefördert werden. Während Nordrhein-Westfalen dafür 100000 DM ausgibt, stellt Bayern 1 Million DM zur Verfügung. Schleswig-Holstein hat diesbezüglich Fehlanzeige zu melden. Andere Länder, die von Ihnen geführt werden, können ebenfalls nur wenig vorweisen. Das sind Beispiele, die unterstreichen, dass Bayern gut dasteht.
Nachdem Sie wieder beim Landeserziehungsgeld nachgebohrt haben, muss ich sagen, es ist nicht nur Bayern, sondern die gesamte Südschiene, nämlich Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg, die Landeserziehungsgeld zahlt. Das Tollste ist, dass es ein Bundesland
gab, das 1986 unter einer CDU-Regierung ein Familiengeld eingeführt hat. 1991 hat Herr Scharping die Regierung übernommen. Sie wissen, es handelt sich um Rheinland-Pfalz. 1994 ist die Förderung ausgelaufen. Der Ansatz der Union, die Förderung als Erziehungsgeld aufzubauen und zu erweitern, ist kläglich dahingeschmolzen.
Ich meine, es ist erstaunlich, dass Sie den Mut haben, hier zu sagen, man müsste schneller handeln und mehr tun. Wenn man eine solche Schwachstelle hat, spricht man diese in der Politik am besten nicht an. So etwas lässt man schlicht weg. Danke, dass Sie es trotzdem getan haben.
Folgende wesentlichen Änderungen haben sich bei den Pflichtaufgaben für die kommenden Haushaltsjahre ergeben: Bei der Forensik – Maßregelvollzug – ist ein Plus von 105 Millionen DM allein für die Personalkostenförderung festzustellen. Insgesamt gibt der Freistaat im nächsten Jahr 475 Millionen DM für den Maßregelvollzug aus. Deswegen hat Ministerpräsident Dr. Stoiber zu Recht gesagt: Seht her, wie wir es machen. Bei einer Summe von 475 Millionen DM darf man dies deutlich aussprechen.
Die Mittel für die Personalkostenförderung für Kindergärten steigen um 36 Millionen DM, die Mittel für die Umsetzung der Insolvenzverordnung um 4 Millionen DM. Die Insolvenzberatung ist in Bayern nicht so angelaufen, wie es von den Betroffenen und Beteiligten und auch von der Staatsregierung erwartet wurde. Zwischenzeitlich wurde die Beratungstätigkeit wesentlich verbessert. Der Haushaltsansatz wurde auf 5 Millionen DM pro Jahr angehoben; zudem stehen Haushaltsausgabereste zur Verfügung. Zur Zeit führt das Sozialministerium eine wissenschaftliche Untersuchung durch, in deren Rahmen festgestellt werden soll, wie sich der Beratungsumfang verbessern lässt. Für eine stärkere Inanspruchnahme des Insolvenzverfahrens wäre es notwendig, dass die Rahmenbedingungen insgesamt verbessert werden. Hier sind Sie von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gefordert. Notwendig ist, dass die Prozesskostenhilfe leichter erreicht werden kann. Die Voraussetzungen dafür muss der Bundesgesetzgeber schaffen. Diesbezüglich bitte ich um Unterstützung und um ein gemeinsames Vorgehen, sonst nützen die Haushaltsansätze nichts, denn sie werden nicht abgerufen.
Der Ländervergleich mit Nordrhein-Westfalen zeigt, dass die bayerische Unterstützung der von NordrheinWestfalen durchaus entspricht. Dies zeigen die ProKopf-Förderung und der prozentuale Anteil von Insolvenzanträgen.
In zwei Bereichen, in denen wir uns schon seit längerem um Kosteneinsparung bemühen, zeichnen sich nun Rückgänge ab. Beim Unterhaltsvorschussgesetz ist es gelungen, trotz Senkung der Bundesmittel durch einen konsequenten Vollzug die Ausgaben um insgesamt 31 Millionen DM niedriger anzusetzen. Erfreulich für unsere Kommunen ist, dass Bayern die Mindereinnahmen beim Unterhaltsvorschussgesetz auffängt und nicht, wie dies
andere Länder tun, an die Gemeinden weitergibt. Hier darf ich daran erinnern, der Bund hat bekanntlich seinen Anteil zulasten der Länder bzw. der Kommunen von einer hälftigen Mitfinanzierung auf ein Drittel reduziert.
Ich komme zu einem anderen Themenschwerpunkt. Die politische Lage in Osteuropa hat sich Gott sei Dank verbessert, und wir hoffen, dass die neue Regierung in Jugoslawien Schritt für Schritt den Weg zur Demokratie, zu einer guten Nachbarschaft und zur Anerkennung von Minderheitenrechten findet. Im Juni 1999 haben wir bei den Haushaltsberatungen noch zusätzlich 10 Millionen DM für Kosovoflüchtlinge bereitgestellt. Die Entspannung der Lage trägt mit dazu bei, dass allein bei der Unterbringung von Asylbewerbern im Doppelhaushalt Einsparungen in Höhe von 41 Millionen DM möglich sind.
Besonders stolz sind wir, dass wir bei den freiwilligen Leistungen neue und verstärkte Akzente setzen konnten. Der CSU-Antrag, 2 Millionen DM für Maßnahmen der Familienbildung einzuplanen, hat die bessere Vernetzung von Schule, Kindern und Jugend zum Ziel. Die Frauen in der Union haben sich dafür in besonderer Weise engagiert. Diesem neuen Haushaltsansatz liegen zwei Landtagsbeschlüsse vom Mai dieses Jahres zugrunde, die sich mit der Weiterentwicklung der Elternund Familienbildung befassen.
Mit einem dreijährigen Sonderprogramm, das sogar von Ihnen, Herr Wahnschaffe, anerkannt wurde, für das sich insbesondere unsere Vorsitzenden Alois Glück und Manfred Ach engagiert haben, wollen wir die notwendigen Investitionen für Behinderte zusätzlich unterstützen. Leider ist zu befürchten – hier spreche ich die SPD und die GRÜNEN an –, dass der Bund – man höre und staune – seinen Anteil an den Investitionen zurückfahren könnte, weil wir die Förderung erhöhen. Es wäre erfreulich, wenn es nicht so wäre. Unsere Bitte an Sie ist, dass Sie diesbezüglich Einfluss auf die Bundesregierung nehmen, denn es wäre wirklich traurig, wenn unsere Bemühungen auf diese Weise konterkariert würden.
Die offene Behindertenarbeit und deren hervorragende Leistungen, die eine große Akzeptanz genießen, wollen wir ebenfalls stärken. Unser Antrag mit Gegenfinanzierung sieht zusätzliche Mittel in Höhe von 1,5 Millionen DM vor. Verstärkt werden die Mittel durch die Erhöhung des Haushaltsansatzes im Entwurf. Die Förderung wird uns auch über das Jahr 2001 hinaus ein besonderes Anliegen sein. Die ambulante Behindertenarbeit hat sehr viele positive Aspekte, die man von ihrem menschlichen Ansatz her, die betroffenen Mitbürger in ihrem Umfeld belassen zu können, gar nicht hoch genug einschätzen kann. Dies war ein großer Wunsch in der Fraktion. An dieser Stelle möchte ich insbesondere der Behindertenbeauftragten, Frau Ina Stein, die dies zum Schwerpunkt ihrer Anliegen gemacht hat, sowie dem Kollegen Eberhard Rotter und unseren Sozialpolitikern einen besonderen Dank für die Beharrlichkeit aussprechen, mit der sie sich in diesem wichtigen und weithin akzeptierten Bereich für eine Verbesserung eingesetzt haben.
Bayern ist hier beispielhaft, andere Bundesländer können dies nicht vorweisen. In anderen Ländern ist die offene Behindertenarbeit Aufgabe der Kommunen. Bei uns wurden diese Dienste vor zwölf Jahren gegründet. Damals hat man mit 300000 DM und mit zehn Diensten bescheiden begonnen, während wir heute in Bayern bei 185 Diensten angekommen sind. Wir haben heute 71 Landkreise und 25 kreisfreie Städte, das heißt pro Einheit zwei Einrichtungen, wofür künftig 11,2 Millionen DM zur Verfügung stehen. Dass wir die Quote bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten verbessern müssen, ist richtig. An der Spitze steht das Sozialministerium mit 8,81%. Hier bedarf der Durchschnitt noch der Verbesserung. Danke an die Kollegen Dr. Helmut Müller und andere, die Anregungen bringen, wie dies bei der Polizei verbessert werden könne. Wir wollen mehr Schwerbehinderte beschäftigen und weniger nach Berlin abgeben; dies ist unser Ziel. Die Kollegen Unterländer und Sackmann haben sich für die Verbesserung der Aids-Hilfe eingesetzt. Insofern stimmen wir mit den GRÜNEN überein und haben wir einen gemeinsamen Nenner erzielt. Wir wollen entgegen aller sträflichen Behauptungen den Ausbau der Kinderhorte in Höhe von 10 Millionen DM weiter unterstützen. Für die Kinderhilfe und Jugendarbeit sind sowohl im Einzelplan 10 als auch im Kultusbereich zusätzlich insgesamt 5 Millionen DM vorgesehen.
Beispielhaft für den Abbau von Gewalt gegen Frauen und Kinder ist die neu gegründete Stiftung, welche mit 5 Millionen DM unterstützt wird. Diese neue Stiftung ist ein beispielhaftes Modell moderner Sozialpolitik Bayerns. Wichtig für alle Programme der EU ist, dass im Bereich des Arbeitsmarktes und für Jugendliche die Komplementärmittel um 5 Millionen DM und die Mittel für die IuKTechnologie um 2 Millionen DM angehoben werden.
Die wesentlichste Veränderung in der Nachschubliste betrifft die Rinderseuche BSE, die heute den Landtag intensiv beschäftigte. Noch vor dem jüngsten Fall in Schleswig-Holstein haben wir reagiert und zusätzliche Gelder eingeplant, um diese Risikomaterialien ordentlich beseitigen zu können. Die sorglose Handhabung in Großbritannien unterstreicht, wie wichtig es war, dass insbesondere Sie, Frau Staatsministerin Stamm, hier stets eine konsequente Linie in Berlin und Brüssel vertreten haben.
Allein zum Einzelplan 10 kamen von der SPD-Fraktion Mehrforderungen in Höhe von knapp 100 Millionen DM und insgesamt zum Haushaltsjahr 2001 von 1,5 Milliarden DM ohne Gegenfinanzierungsvorschläge. Soziale Politik misst sich jedoch nicht daran, wer die meisten Geschenke verteilt. Unter sozialer Politik verstehen wir, dass derjenige, der in Not kommt, selbstverständlich Hilfe von unserer Solidargemeinschaft erfährt. Soziale Politik ist für uns aber auch, dass jeder unabhängig von seiner Begabung und seiner Herkunft sein Leben in einer humanen, friedlichen und freien Gesellschaft selbst gestalten kann. Dazu bedarf es wichtiger Voraussetzungen. Bayern hat dazu einen großen Anteil geleistet und kann auf diese Grundlagen, wie sie sich in unserem Land darstellen, wahrlich stolz sein. Herr Wahnschaffe, Sie haben versucht, Bayern als Armutsland darzustellen. Ich hingegen nenne einige Punkte, wie es wirklich aussieht. Gott sei Dank sind diese Punkte mit
meiner Rede vom Vorjahr identisch: Beste Arbeitsmarktbilanz, niedrigste Arbeitslosenquote bei Jungendlichen, niedrigster Anteil an Langzeitarbeitslosen, höchste Erwerbstätigkeitsquote im Vergleich mit allen anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland, niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung, keine Neuverschuldung, höchste Investitionsquote, höchste Aufklärungsquote bei Straftaten – dies ist Bayern.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen. Zu später Stunde und – mit Blick auf die Reihen – mit leichten Ermattungstendenzen beraten wir den Sozialhaushalt. Ich möchte es aber nicht versäumen, auch von Seiten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN entsprechende Einschätzungen zu geben. Frau Staatsministerin, auch wenn Sie das Hohelied der erfolgreichen CSU-Politik singen, wenn es beim bayerischen Haushalt noch nicht an das Eingemachte geht und Diäten noch nicht so angesagt sind, wie in anderen Bereichen, muss ich sagen: Ich treffe im sozialpolitischen Ausschuss und auf Podiumsdiskussionen immer wieder Abgeordnete, die mit gesenkten Schultern und mit gesenktem Kopf den Refrain anstimmen: Aber im Rahmen der bestehenden Haushaltsmittel sei es nicht möglich. Ob Bund, Länder oder Gemeinden, die fetten Jahre, in denen man eines auf das andere draufgesattelt hat, sind vorbei.
Sozialpolitik ist auch im Zeitalter der Globalisierung, des Internets, der Flexibilität, des Börsengangs und der Wissensexplosion eher ein altmodisches Politikfeld, in dem Werte gefragt sind wie Hilfe zur Selbsthilfe, Unterstützung, Solidarität, also Werte, die zurzeit relativ wenig Konjunktur haben. Sozialpolitik steht im Spannungsbogen der Erwartungen: einerseits der Kostendruck und die ständigen Mutmaßungen, dass der Geldtopf für Hängemattenfreunde oder für übertriebenen Sozialkomfort bereitgestellt wird; andererseits soll die Sozialpolitik auch das politische Schmieröl sein, damit der Standort Deutschland entsprechend rund läuft.
In den meisten Fällen sind die Prognosen eher düster. Die Probleme und Herausforderungen in der Sozialpolitik wachsen stetig. Sie, Frau Staatsministerin, kühlen ihr Mütchen an allen bundespolitischen Fragen und geben die bayerische Jeanne d‚ Arc mit dem Flammenschwert, die im Kampf mit der bösen rot-grünen Regierung in Berlin die bayerischen Landeskinder vor Ungemach schützen will; Beispiel: bayerische Gesundheitspolitik. Mit Verve sind Sie als Partnerin im Bündnis gegen Gesundheit eingestiegen. Ihre Internetseiten waren noch in den letzten Tagen im Sozialministerium die Top News, dass Sie dort beigetreten sind. Sie geißeln fast schon mit pawlowscher Reflexhaftigkeit, was Berlin bei der Gesundheit auf die Tagesordnung bringt. Doch wissen auch Sie, dass im Sinne der Versicherten und der Arbeitgeber sowie der von Ihnen geforderten Stabilität des Beitragssatzes die Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitswesen gehoben werden müssen. Eine integrierte Ver
sorgung, bei der Doppeluntersuchungen vermieden und nicht das Einzelkämpfertum, sondern eine effektive Zusammenarbeit die Regel ist, sollte auch Ihren Beifall bekommen. Prävention, die den Versicherten nicht erst zum Patienten werden lässt, sollte auch Ihren ungeteilten Zuspruch bekommen.
Dass diese Prävention in der Zahnmedizin dem Zahnarzt den Bohrer verstauben lässt, müsste eigentlich auch Sie begeistern. Zur Selbsthilfe, ein Credo, das auch Sie gerne singen, Hilfe seitens der Betroffenen, um anderen Irrwege zu ersparen, da hätte ich auf Ihren Beifall gewartet. Dies sind nur einige Beispiele, bei denen ich Ihren Zuspruch vermisse. Stattdessen geißeln Sie emsig die Budgets. Auch wir wissen: Budgets sind kein politisches Dauermittel, die gesetzliche Krankenversicherung auf Kurs zu halten. Auch das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt Eigenverantwortung heraus. Aber Eigenverantwortung darf primär nicht damit gleichgesetzt werden: Geldbeutel auf, der Doktor kommt. Eigenverantwortung heißt eben auch, mit den entsprechenden Konsequenzen halbwegs gesund zu leben. Die Gesundheit beginnt nicht dann, wenn der Rezeptblock voll ist.
Vor allem wir Sozialpoliker müssen effektiv dafür werben, dass die gesetzliche Krankenversicherung, die Rentenversicherung und die Pflegeversicherung von Solidarität geprägte Versicherungssysteme sind und bleiben. Wo es geht: Jung für Alt und Gesund für Krank. Dies droht leider immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Oft gilt mehr die Devise: Ich bezahle viel Beitrag, was bekomme ich heraus?
Frau Staatsministerin, auch bei der Pflege erheben Sie ihr Flammenschwert in Richtung Berlin. Alle haben ihre Hausaufgaben zu machen, nur Sie haben im Grunde alles schon erledigt. Mit der Verlagerung der Heimaufsicht mussten Sie eine Niederlage einstecken, welche Ihnen Herr Dr. Beckstein eingebrockt hat, ein Minister, der bisher beim Thema Pflege mit besonderen Kompetenzen geglänzt hat. Denn im Innersten wissen auch Sie, dass die Verlagerung der Heimaufsicht auf Landkreisebene Interessenkollisionen en gros mit sich bringt.
Der Kontrollierte führt die Kontrolle durch. Aber auch Sie kommen doch ansonsten nicht auf die Idee, einen Alkoholentzug im Schnapsladen durchzuführen.
Deshalb und nur deshalb machen wir uns nach wie vor so stark die Mühe, Alternativkonzepte aufzuzeigen, um die Heimaufsicht fachlich und personell zu stärken.
Denn eine effiziente Heimaufsicht ist gerade deshalb notwendig, da die Fachkraftquote in Bayern mit 72% keinerlei Anlass gibt, sich selbstbeweihräuchernd in Jubelpose zu versetzen.