Schließlich ist für die jetzigen Verwerfungen auf dem Markt der übergangslose Öffnungsprozess des deutschen Energiemarktes verantwortlich, der von der alten Bundesregierung beschlossen wurde und uns in eine sehr ungünstige Wettbewerbssituation in Europa brachte. Deutschland als Europas größter Energieproduzent und größter Energieverbraucher ist im Vergleich zu vielen seiner Nachbarn und Konkurrenten eindeutig im Nachteil. Das haben Sie zu verantworten. Ich sage das Stichwort noch einmal: Übergangsloser Öffnungsprozess.
Der deutsche Alleingang der alten Bundesregierung unter Verzicht auf die Einführung einer wirksamen Gleichwertigkeit der Marktöffnung im Energiewirtschaftsgesetz wirkt sich nun negativ auf die Beschäftigten der Kraftwerke aus. Das erleben wir derzeit.
Ohne politische Rahmensetzungen wird sich dieser Prozess im Zuge der Europäisierung des Strommarktes fortsetzen. Das geht, wie bereits angeführt, zu Lasten von Beschäftigung, Erzeugung und Umweltschutz. Diese Tendenzen sind für die SPD ein wichtiger Grund, die Politik der Energiewende in Richtung auf Energieeinsparung, Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Koppelung, Brennstoffzellen und Nutzung von Sonne, Wind, Wasser, Geothermie und Biomasse zu verstärken. Herr Minister, diese Politik ist nicht Ursache der heutigen Schwierigkeiten, wie Sie angeführt haben. Sie ist im Gegenteil die Chance, Beschäftigung und Klimaschutz voranzutreiben und die Erschließung neuer Märkte zu erreichen, nichts anderes.
Ich sage Ihnen ein Beispiel. Sie haben 1600 Megawatt beim Abbau der Überkapazitäten angeführt So übertrifft zum Beispiel allein der von der Bundesregierung angestoßene Zuwachs an installierter Windenergieleistung von 1600 Megawatt im Jahr 1999 – in einem Jahr – die Nennleistung des Atomkraftwerks Stade, einem der ältesten Reaktoren, um ein Mehrfaches. Sie stellen die fossilen Kraftwerke mit der besten Technik ab und lassen die AKW teilweise veraltet und risikobehaftet am Netz. Genau das ist die Politik, die Sie hier verfolgen. In diesem Sinne ist auch der Ausstieg aus der – –
In diesem Sinne ist auch der Ausstieg aus der Atomenergie eine Richtungsentscheidung für die Zukunft. Das möchte ich klar herausstellen. Dadurch wird die Energiepolitik der letzten Jahrzehnte beendet, immer größere Kapazitäten zu schaffen, die eine entsprechend hohe Nachfrage brauchen. Die Energiepolitik der Zukunft setzt dagegen auf Effizienz und Innovation. Das ist unser Beitrag für Arbeit und Umwelt.
Als SPD-Landtagsfraktion können wir Ihnen gute Empfehlungen geben, wenn es darum geht, zukunftsträchtige, hochqualifizierte und sichere Arbeitsplätze auf dem Energiesektor sowie in den nachgeordneten Branchen in Bayern zu schaffen. Kolleginnen und Kollegen, fragen kostet nichts. Oder stimmen Sie doch einfach unserem Antrag zu, der in Kürze kommen wird, einem Änderungsantrag zum Haushalt auf dem Energiesektor. Hier haben Sie die Möglichkeit, Einsicht zu zeigen.
Wir fordern schon sehr, sehr lang, die vorhandenen technischen, finanziellen und organisatorischen Potentiale in Bayern zu bündeln und die Wende zu einer zukunftsweisenden Energiewirtschaft zu beschleunigen. Das hat die Mehrheit hier im Hohen Hause immer vehement abgelehnt. Auf Bundesebene – auch das möchte ich noch einmal anführen – hat die SPD-geführte Regierung bereits entscheidende Weichen für eine Energiewende gestellt: Wir haben den Energiekonsens mit den großen Energieversorgungsunternehmen erreicht, mit dem wir mittelfristig einen neuen Energiemix herbeiführen werden. Wir haben das 100000-Dächer-Solarstrom-Programm, das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Vorschaltgesetz zur Kraft-Wärme-Koppelung, das Programm zur Förderung von Forschungs- und Demonstrationsanlagen im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe und vieles, vieles andere mehr erreicht. Sie halten fest an der Atomkraft und behindern neue, zukunftsträchtige Arbeitsplätze gerade im Handwerk und im Mittelstand. Sie blockieren Wertschöpfung im eigenen Land sowie die Eroberung neuer Exportmärkte. Nichts anderes ist das, das möchte ich ganz klar sagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage zum Schluss: Energiepolitik kann intelligenter sein, als es die Bayerische Staatsregierung glaubt.
Die Förderung erneuerbarer Energien kann effizienter sein, als es die Praxis in Bayern erlaubt. Erneuerbare Energien sind eine Jobmaschine in Zukunftstechnologien und Zukunftsberufen gerade in Bayern. Erneuerbare Energien machen Schluss mit Ressourcenverbrauch und flankieren eine Umweltpolitik, die wirklich auf Nachhaltigkeit setzt und nicht immer nur dieses Schlagwort bringt. Ich appelliere erneut an Sie: Beginnen Sie endlich mit einer in die Zukunft gerichteten und wirklich nachhaltigen Energie- und Umweltpolitik.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Rede von Staatsminister Dr. Wiesheu ist deutlich geworden, dass sich die Rahmenbedingungen für die deutsche Energieversorgung im Zuge von Globalisierung und Liberalisierung, der die SPD-Fraktion in Berlin zugestimmt hat, grundlegend verändert haben.
Die nationale Energieproduktion ist vom internationalen Wettbewerb deutlich abhängig. Weil das so ist, gibt es überall Fusionen, nicht nur bei Viag und Veba, sondern zum Beispiel auch bei RWE. Ich darf hinzufügen, dass dieser Fusion auch die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag zugestimmt hat. Tun Sie jetzt nicht so, als wüssten Sie von nichts.
Wenn Sie von einer verfehlten bayerischen Energiepolitik sprechen, muss man deutlich machen, dass wir gern mehr Einfluss hätten, aber Energiepolitik ist eine bundespolitische Angelegenheit. Warum haben Sie uns denn von den so genannten Konsensgesprächen ausgeschlossen? Die Länder haben dort nicht mitreden dürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bayerische Energiepolitik dort, wo wir sie mitbestimmen konnten,
hat in den letzten 40 Jahren zu günstigen Energiepreisen für Wirtschaft und Verbraucher in Bayern beigetragen. Das war ein Erfolg, der wichtig war. Bayerische Energiepolitik hat dazu geführt, dass ein Drittel aller regenerativen Energien in Bayern erzeugt wird.
Das ist etwas. Wenn Sie, Frau Biedefeld, kritisieren, dass 13% nicht erreicht worden sind, zeigt das nur, dass mit Geld allein nicht alles machbar ist. Es ist ungeheuer schwierig, diese Energien voranzubringen. Wenn es leicht wäre, stellte sich die Frage, warum andere Länder nicht erreicht haben, was Bayern schon längst geschafft hat.
Und dann haben Sie, Frau Biedefeld, auch noch kritisiert, dass die Gleichwertigkeit der Marktöffnung nicht geschafft worden sei, obwohl das Liberalisierungsgesetz kurz vor Ende der letzten Legislaturperiode verabschiedet worden ist.
Gleich, nachdem ich den Satz zu Ende geführt habe. Hätte die Bundesregierung etwas in dieser Richtung tun wollen, hätte sie in Frankreich protestieren müssen. Denn es ist ein Unding, dass Frankreich billigen Kernenergiestrom nach Deutschland liefern kann, selbst aber nicht bereit ist, Strom aus Deutschland abzunehmen. Jetzt kann Frau Kollegin Biedefeld ihre Zwischenfrage stellen.
Wenn Geld allein, Herr Kollege, nichts nützt, wie erklären Sie dann, dass über 40% der Anträge im Rahmen des Marktanreizprogramms auf Bundesebene aus Bayern kommen?
Dazu komme ich noch. Das ist das Problem. Wenn nationale Energieproduktion vom internationalen Wettbewerb abhängt, ist es umso notwendiger, dass die Bundesregierung die energiepolitischen Interessen Deutschlands auf europäischer Ebene abstimmt und generell alle Möglichkeiten nutzt, internationale Handlungsspielräume auszuschöpfen, damit eine deutsche, wettbewerbsfähige Energiepolitik gesichert werden kann. Nichts dergleichen ist geschehen. Das Beispiel Erdöl hat gezeigt, dass die Bundesregierung nichts unternommen und keinen Einfluss auf die Erdölproduzenten ausgeübt hat. Deshalb gehen nicht nur Kohlekraftwerke in die Stilllegung, sondern auch Ölkraftwerke in die Reserve. Denn die hohen Preise sind nicht mehr zu verantworten.
Die von der Union durchgesetzte und von der SPD mitbestimmte Liberalisierung des Strommarktes hat zu deutlichen Preissenkungen geführt. Otto Wiesheu hat sie mit circa 15 Milliarden DM beziffert. Dadurch sind die deutschen Unternehmen im Wettbewerb gestärkt und private Haushalte spürbar entlastet worden. Dieser Erfolg der Liberalisierung darf aber nicht durch zusätzliche Steuern und Abgaben und auch nicht durch dirigistische Eingriffe der Politik konterkariert werden. Das ist leider der Fall. Um zum Beispiel die von der Bundesregierung befürworteten Umweltziele durch KWK-Zubau zu erreichen, müssten Kraftwerkskapazitäten in der Größenordnung von 15000 Megawatt neu gebaut werden. Selbst die energiepolitischen Fachleute der SPD geben zu, dass diese Kapazität nicht für elektrische Energie und Wärme gleichzeitig genutzt werden könnte. Wenn dem aber so wäre, würde es weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll sein, im Gegenteil: Es führte in die Irre. Vor allem führte es zu weiteren Stilllegungen von Kraftwerken mit entsprechenden Verlusten von Arbeitsplätzen.
Wir sind durchaus für Kraft-Wärme-Kopplung. Denn sie ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll, wenn Elektrizität und Wärme gleichermaßen genutzt werden. Erst dann rechnet sich diese Form der Energieerzeugung. Dann kann man sie dem Markt überlassen und von staatlicher Lenkung freistellen. Genau das wäre aber bei einem massiven Zubau nicht möglich.
(Maget (SPD): Auch keine steuerliche Förderung? – Glück (CSU): Lass dich nicht darauf ein, du hast nur 10 Minuten!)
Wenn Rot-Grün im Rahmen seiner Ausstiegspläne nur den Stromanteil erhöhen will, was offensichtlich der Fall ist, dann ist das kontraproduktiv. Denn das ist weder wirtschaftlich noch nützt es der Umwelt. Es führt nur dazu, dass Energieversorger aus Wettbewerbsgründen Strom für ein bis zwei Pfennige je Kilowatt zukaufen, statt ihn für das Mehrfache im Land erzeugen zu lassen. Die mittelfristige Belastung von 18 bis 20 Milliarden DM aufgrund des Umschichtungsprozesses hin zu regenerativen Energien hat die Kraftwerksbetreiber aufgeschreckt, weshalb sie jetzt auf die für uns ungute Weise dafür Vorsorge treffen wollen.
Problematisch ist vor diesem Hintergrund die unverhältnismäßig hohe Förderung der Photovoltaik. Wenn Sie das 100000-Dächer-Programm als markantes Beispiel ihrer alternativen Klima- und Energiepolitik preisen, darf ich darauf hinweisen, dass damit leider Gottes kein messbarer Beitrag zur Stromversorgung und zur CO2-Reduktion erreicht wird. Photovoltaik ist ohne Zweifel eine wichtige Zukunftsoption. Sie muss weiterentwickelt und erforscht werden; denn wir wollen sie industriepolitisch nutzen. Genau darauf muss sich die Förderung konzentrieren. Breitenförderung wie das 100000-Dächer-Programm führt zu nichts. Hier wird für eine Mark mit Geldern der übrigen Stromabnehmer erneuerbare Energie eingekauft, die tatsächlich nur wenige Pfennige wert ist; sie ist weit weg von der Wirtschaftlichkeit. Deshalb müssen wir uns fragen, ob die praktizierte Form der Förderung noch sinnvoll ist.
Ich sage meine Meinung dazu. Sie haben die Ihre; ich werde sie Ihnen lassen. Auch wenn Sie Generalsekretärin sind, müssen Sie damit rechnen, auf Widerspruch zu stoßen. Photovoltaik ist industriepolitisch sinnvoll, energiepolitisch aber für unsere Breitengrade noch lange keine nennenswerte Alternative. Wir sollten das Geld besser für regenerative Energien einsetzen, die näher am Markt sind und bei denen wir mit weniger Aufwand wettbewerbsfähige Alternativen erreichen können. Sonst droht eine zunehmende Verlagerung der Stromerzeugung auf Kernenergiebasis ins Ausland. Mir würde das englische Modell wesentlich besser gefallen, nämlich auszuschreiben, was an Geld verfügbar ist, und denjenigen Angeboten den Zuschlag zu geben, die am nächsten am Markt sind. Nur das führt zu wettbewerbsfähigen Alternativen.
Nicht alle, sonst hätten sie es anders gemacht. Wir müssen in Deutschland vor dem Hintergrund der Globalisierung und der Liberalisierung die gesamte Energiepolitik neu überdenken. Sonst gibt es bald weder eine regional ausgewogene Energiepolitik noch einen sinnvollen Energiemix. In Bayern ist das ohnehin schon infrage gestellt. Hier zeigt sich, dass es in Berlin keinen Energiekonsens mit differenzierten und umfassenden Zukunftsperspektiven gegeben hat, sondern allenfalls eine Vereinbarung über den Ausstieg aus der Kernenergie. Wenn Sie, Frau Biedefeld, das Verhalten der Konzerne beklagen, frage ich mich, mit wem Sie in Berlin verhandelt und einen Konsens geschlossen haben.
Die Aspekte, auf die ich hingewiesen habe, hätten doch auch zu einer umfassenden Zukunftsperspektive gehört. Heute stellt sich die Frage, wo beim Ausstieg aus der Kernenergie eine echte Alternative erkennbar ist, wenn Kohlekraftwerke in küstenfernen Gebieten stillgelegt und Ölkraftwerke in die Reserve genommen werden. Mittelfristig ist das ein Umstieg auf die Kernenergie, die scheinbar indirekt gewollt ist, deren Strom aber nicht in Deutschland erzeugt, sondern aus dem Ausland eingeführt wird – und das zu Bedingungen, die wir nicht gutheißen können. Wenn Sie uns das vorhalten, frage ich mich, weshalb Ihr Umweltminister nicht schon längst gegen Temelin protestiert hat. Er hat es zuerst gar nicht, dann zu spät und halbherzig getan.