(Herbert Müller (SPD): Eine unserer großen Leistungen war es, dass wir den Pendler eingeführt haben!)
Wenn ich außerdem berücksichtige, dass Sie auch am Verfall des Euro durch diese Bundesregierung und aufgrund der Äußerungen des Bundeskanzlers nicht unwesentlich schuld sind, dann müssen Sie sich die 16 Pfennig, die allein durch den Euro-Verfall zusätzlich auf die Preise draufkommen, auch gefallen lassen. Die Bürger werden das so nicht hinnehmen.
Nun noch einige Bemerkungen zu Ihren Anträgen. Die SPD hat zunächst die Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer vorgeschlagen. Jetzt will sie diese Steuer nicht mehr erhöhen. Bringen Sie den Antrag in Berlin ein. Dort ist er richtig. Hier sind Sie auf jeden Fall falsch.
Die GRÜNEN haben vorgeschlagen, die von der Bundesregierung beschlossene Entfernungspauschale zu unterstützen.
Gut, dann kann ich nur ankündigen, dass wir Ihre Dringlichkeitsanträge pauschal ablehnen werden. Wenn Sie dafür von mir eine Begründung haben wollen, bin ich gerne bereit, sie Ihnen im Einzelnen zu geben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige abschließende Bemerkungen zur Debatte über die ökologische Steuerreform. Die heutigen Beiträge, insbesondere aber auch die der letzten Tage und Wochen, zeigen aus meiner Sicht ein weiteres Mal, mit welcher Unehrlichkeit leider allzu häufig in der Politik argumentiert und gearbeitet wird. Da wird zunächst verschwiegen, was man noch selbst vor nicht allzu langer Zeit in die Diskussion eingebracht hat. Zahlenwerte werden von beiden Seiten aus dem Zusammenhang herausgerissen zitiert und einseitig interpretiert. Die Zukunft lässt sich demgemäß entweder als Horrorszenario oder als energiepolitisches Paradies beschreiben. Die Wahrheit liegt aber – wie so oft – irgendwo zwischen den beiden Extremen.
Festzuhalten ist aus meiner Sicht, dass es zu einer sinnvoll ausgestalteten ökologischen Steuerreform keine ernsthaft diskutierbare Alternative gibt. Auch der CSUFraktion ist das bewusst, wenn sie in ihrem Umweltprogramm zum Beispiel fordert – Zitat –: „die Einführung von Umweltabgaben zur Lenkung des Verkehrs hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln“. Im gemeinsamen Steuerkonzept von CDU/CSU „Die bessere Alternative“ vom 18. Januar 2000 heißt es ergänzend – Zitat –:
Auch um eine Entscheidungsneutralität der Besteuerung sicherzustellen, soll unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel eine Pauschale von 50 Pfennig je Entfernungskilometer die bisherige Kilometerpauschale ersetzen. Die Entfernungspauschale wird jedoch nur für jeden Kilometer angesetzt, den die Arbeitsstätte weiter als 50 km von der Wohnung entfernt ist.
Zwei Seiten später wird für diese Maßnahme ungeniert ein Steuermehraufkommen von 5,1 Milliarden DM angesetzt.
Ebenso wenig nachvollziehbar sind für mich allerdings auch Übertreibungen von Rot-Grün. Deutliche Lenkungseffekte der Ökosteuer werden von beiden Seiten jeweils für sich reklamiert. Als Nachweis dient zum Beispiel die Ankündigung des VW-Chefs Piech, bis zum Jahr 2003 ein Ein-Liter-Auto einzuführen. Ein weiterer Nachweis besteht im Rückgang des Verbrauchs von Mineralölprodukten im ersten Halbjahr 2000, wobei doch jeder weiß, dass dieser in erster Linie auf die Zurückhaltung der Bürgerinnen und Bürger beim Kauf von Heizöl zurückzuführen ist und mit einer echten Einsparung absolut nichts zu tun hat.
Statt auf solche Halb- und Unwahrheiten sollten wir uns deshalb mehr auf die Fakten und die Frage konzentrieren, welche Optimierungen bei der ökologischen Steuerreform noch sinnvoll oder notwendig sind. Faktum ist jedenfalls – das zeigen jüngst vorgelegte Zahlen der EUKommission –, dass die Energiesteuerbelastung in Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten bislang eher moderat ausfällt. Mit 6% Umweltsteueraufkommen liegt die Bundesrepublik unter dem EU-Schnitt eines siebenprozentigen Anteils an den Gesamtsteuereinnahmen. Bei Benzin rangiert Deutschland an sechster, bei Diesel an fünfter Stelle, bei leichtem Heizöl für private Haushalte auf dem neunten und bei leichtem Heizöl für die Industrie sogar nur auf dem zwölften Rang.
Die tatsächliche Belastung ist bei uns sogar noch niedriger, da die Bundesrepublik über eine vergleichsweise niedrige Mehrwertsteuer verfügt und die Einnahmen nicht im allgemeinen Haushalt versacken, sondern überwiegend für die Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge eingesetzt werden.
Dennoch oder gerade deshalb bleibt auch bei uns noch viel zu tun. Aktuellen Berechnungen zufolge wird die ökologische Steuerreform in ihrer bisherigen Ausgestaltung die CO2-Emissionen um 1 bis 2% senken. Das ist zu wenig, um das angestrebte Klimaschutzziel von minus 25% bis zum Jahr 2005 gegenüber 1990 erreichen zu können.
Weshalb wird nicht wie in Schweden und Dänemark der Ausstoß von CO2 als Basis für die Energiebesteuerung angewendet? Weshalb, meine Damen und Herren aus der CSU-Fraktion, gibt es noch immer keine Besteuerung des Urans, wie zum Beispiel in Holland? Weshalb können die erneuerbaren Energien nicht, wie in Dänemark, von der Stromsteuer befreit werden, frage ich Sie von Rot-Grün.
Unbestrittenermaßen gibt es bei uns aber auch noch zu viele ungenaue Sonderregelungen, wie zum Beispiel Nachlässe an Unternehmen des produzierenden Gewerbes oder aus der Forst- und Landwirtschaft. Energieeffizienzanreizsysteme sind gleichzeitig viel zu rar gesät. Deshalb ist es an der Zeit, zur ökologischen Steuerreform eine systematische wissenschaftliche Begleitforschung einzurichten. Die meisten Vorreiterländer haben bereits Ökosteuer-Kommissionen. Diese untersuchen die Wirksamkeit bestehender Reformen und unterbreiten Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Programme. Eine solche Institution könnte zudem Entwicklungen in unseren Nachbarländern beobachten.
Ich bin sofort fertig, Herr Präsident. Abschließend möchte ich noch ein Wort zu UMTS sagen. Es enttäuscht mich zutiefst, dass Sie sich alle nur Gedanken darüber machen, wie und auf welchen Ebenen die eingenommenen Gelder zu verausgaben sind. Ich höre von Ihnen aber kein Wort darüber, mit welchen möglichen Konsequenzen die Installation neuer Masten verbunden sein wird. Den Angaben der Betreiber zufolge werden wir damit rechnen müssen, dass sich die Zahl der Basisstationen allein in Bayern von derzeit 6500 auf etwa 13000 erhöht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Während alle Welt stöhnt und ächzt über die hohen Spritpreise an den Tankstellen und die gesalzenen Heizölrechnungen – dafür muss man wirklich Verständnis haben –, gibt es eine Gruppe in unserem Lande, die diese Szenerie mit stiller und heimlicher Freude beobachtet und darauf hofft, dass die Preise an den Tankstellen und des Heizöls noch weiter steigen. Meine Damen und Herren, diese Gruppe in unserer Gesellschaft ist die CDU/CSU.
In dem Maße, wie der Spritpreis steigt, steigt die Chance, dass Ihre Kampagne dazu führt, dass die Menschen völlig den Kopf verlieren und auch noch den Unsinn glauben, den Sie Ihnen erzählen.
Ach, ist das eine lächerliche Kampagne! „Kinder statt Inder“ war schon mehr als peinlich, aber wenn Herr Goppel – schade, dass er jetzt nicht da ist –, der seit 15 Jahren mit Dienstwagen fährt, eine Zapfpistole in der Hand hält, ist das unglaubwürdig. Der Mann weiß nicht einmal mehr, wo beim Auto der Einfüllstutzen ist. Wie will er wissen, wie sich die Preise auf die Menschen auswirken?
Der Hintergrund ist Folgender: Herr Minister Faltlhauser – da der Ministerpräsident absent ist –, spätestens seitdem Sie auf klägliche Weise bei der Steuerreform gescheitert sind, übrigens zu Lasten des Freistaates Bayern – – Ihre Kolleginnen und Kollegen der Union waren wenigstens politisch so clever, in der letzten Verhandlungsnacht, nachdem klar war, dass es eine Zustimmungsmehrheit gibt, für ihr Land einige hundert Millionen herauszuholen. Diese Millionen hätten Sie für den Freistaat Bayern auch von der Bundesregierung kassieren können. Das haben Sie nicht getan.
(Lebhafter Beifall bei der SPD – Ach (CSU): Das war eine billlige Kaufpolitik! Wir sind kein Judas! – Zahlreiche weitere Zurufe von der CSU – Unruhe)
Der wahre Hintergrund ist: Sie brauchen ein Thema, mit dem Sie vom Zoff in der Unionsfamilie ablenken können. Alles läuft schief; nichts läuft mehr gerade. Die Harmonie zwischen CDU und CSU ist in Wahrheit so groß wie zwischen den Herren Hauser und Kienzle vom ZDF. Damit die Union davon ablenken kann, muss sie etwas erfinden, und deswegen erfindet sie diese blöde Kampagne, mit der sie die Menschen verdummen will, anstatt ein ernstes Problem ernsthaft anzupacken.
Damit betreiben Sie nicht das, was Sie vorgeben, nämlich Fürsorge für die Autofahrer oder Spediteure, wofür ich Verständnis hätte. In Wahrheit betreiben Sie das Geschäft der Multis und der Ölscheichs.
denn alle Bayern wissen, dass Sie – Herr Dinglreiter, damals waren Sie schon in der aktiven Politik – die Regierung im Jahr 1982 bei einer Mineralölsteuer von 48 Pfennig übernommen haben. Der Steueranteil am damaligen Preis entsprach im Übrigen etwa dem Anteil am heutigen Preis; das muss man sehen. Als Sie Ihre kläglichen 16 Jahre endlich beendet haben, waren wir bei einer Mineralölsteuer von 98 Pfennig. Die Steuer hat sich in dieser Zeit also glatt verdoppelt; also eine Steigerung um mehr als 100%. Sie haben uns vorhin vorgerechnet, dass wir fünf mal sechs Pfennige Aufschlag auf die Ökosteuer erheben werden. Nach Adam Riese sind das 30 Pfennig, und 30 Pfennig sind immer noch weniger als 50 Pfennig. Und das waren Ihre 50 Pfennig. So einfach ist das.
Der Kern der Sache ist aber, dass Sie mit der Steuer von 50 Pfennig weder die Umwelt entlastet noch die Sozialversicherungsbeiträge und damit die Lohnnebenkosten gesenkt haben. Das ist der entscheidende Unterschied zu unserem Ökosteuerkonzept.
Das Gegenteil ist eingetreten; wir haben bereits bei einer der ersten Reden vorhin darauf hingewiesen. Die Rentenversicherung ist während Ihrer Regierungszeit von 17,3% auf 20,3% gestiegen. Auch die Steuern sind gestiegen. Während Ihrer Regierungszeit haben Sie alle möglichen Steuern siebzehnmal erhöht. Sie waren die Steuererhöhungs- und Lohnnebenkostenerhöhungspartei. Gleichzeitig waren Sie die Partei, welche die Verschuldung in unserem Land vorangetrieben hat. Wir suchen jetzt nach Konzepten, wie wir dieses Land sozial gerecht und gleichzeitig so sanieren, dass Innovationen ausgelöst werden.
Viele von Ihnen sind Beamte, und Beamte dürfen nichts annehmen. Dennoch erwarte ich, dass Sie in dieser Frage wenigstens Vernunft annehmen.
Der Rohölpreis steigt in diesem Jahr von 9,7 oder 10 Dollar pro Barrel vereinzelt auf über 30 Dollar, und der Außenwert des Dollar steigt um rund 25%, wie wir von Professor Faltlhauser heute freundlicherweise belehrt worden sind, bzw. in gleichem Maße sinkt der Wert des Euro. Meine Damen und Herren, was wollen Sie bei diesem Umstand mit 6 Pfennigen Ökosteuer noch bewegen? Sie wissen haargenau, dass 90% der tatsächlichen Endpreisgestaltung, die der Markt heute hergibt, nicht auf die Ökosteuer und damit nicht auf die Politik zurückzuführen sind, sondern auf die Kräfte des Marktes.
Wenn Sie die Abschaffung der Ökosteuer fordern, müssen Sie stets einen Satz hinzufügen. Herr Faltlhauser, Herr Huber, sagen Sie das Ihrem Chef. Sie müssen dann sofort die Frage beantworten, wie Sie die Lohnnebenkosten, die auch Sie rein verbal senken wollen, in den Griff bekommen wollen. Davon habe ich noch nie etwas gehört. Wer die Abschaffung der Ökosteuer fordert, fordert gleichzeitig eine Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge und der Lohnnebenkosten für die Unternehmen sowie weniger Geld im Geldbeutel der Arbeitnehmer. Diese Gleichung müssen Sie aufstellen. Ich höre sie nur nie.