Protocol of the Session on March 22, 2000

Es wird unsere Aufgabe sein, diese kulturelle Vielfalt und die internationale Kompetenz zu einer Gesellschaft mit vielfältigen Kompetenzen zusammenzuführen, damit ein Wertekonsens entsteht. Es ist unsere Aufgabe, zukunftsfähige Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen und nicht zu blockieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen uns für ein weltoffenes Bayern ein, für ein Bayern, in dem die Bürgerinnen und Bürger Bayerns die Vielfalt ihrer Lebensentwürfe leben können, in dem sie ihre Kompetenz, ihre Kreativität und ihre Kraft einbringen können, um sich selbst auszudrücken und gleichzeitig das Wohl unserer Gesellschaft zu stärken und voranzubringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kann nicht sein, dass Föderalismus unter der zentralistischen Führung der Staatskanzlei zu einem politischen Machtkalkül verkommt. Es gilt die gemeinsame internationale Verantwortung wahrzunehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Glück das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst eine Vorbemerkung zu den einleitenden Worten von Frau Schmidt und ihrer Empörung zu einer Nebenbemerkung des Herrn Ministerpräsidenten machen.

(Herbert Müller (SPD): Das war eine böse Bemerkung!)

Der Ministerpräsident hat mit keinem Wort den Bundespräsidenten kritisiert oder einen Vorwurf gegen ihn erhoben. Sie haben eine Verbindung zu Vorwürfen, die im Raum stehen, hergestellt. Der Ministerpräsident hat ausschließlich gesagt, –

(Herbert Müller (SPD): Das nennt man hinterfotzig!)

dass er Altbundespräsident Herzog vermisst.

(Beifall bei der CSU)

Damit gibt er das Lebensgefühl vieler Menschen wieder. Auch bei konkreten Vorwürfen ist natürlich der Bundespräsident nicht der Kritik entzogen. Auch Sie von der Opposition haben seinerzeit in einzelnen Sachfragen die Positionen von Bundespräsident Herzog kritisch hinterfragt. Das ist auch Ihr gutes Recht.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Das ist nicht der Punkt!)

Der Bundespräsident ist kein Monarch. Ich möchte aber ausdrücklich feststellen, dass sich Ministerpräsident Dr. Stoiber nie an der Kritik über die Art der Amtsführung von Herrn Rau als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen beteiligt hat.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Aber er hat Erwin Huber vorgeschickt!)

Es geht zunächst einmal darum, was der Herr Ministerpräsident hier gesagt hat.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte aber hinzufügen, dass viele Kommentatoren gesagt haben, dass auch ein Bundespräsident gerade wegen seiner Vorbildfunktion im Prinzip der Kritik nicht entzogen werden könne. Kritik ist also zunächst einmal kein Sakrileg. Diese hat aber in dieser Debatte ohnehin nicht stattgefunden.

(Herbert Müller (SPD): Das war genauso doppeldeutig gesagt wie es gemeint war!)

Mir liegt daran, dies festzuhalten, weil sonst so hinterfotzige Parolen verbreitet werden, wie Sie, Herr Müller, das jetzt tun.

(Beifall bei der CSU)

Frau Paulig, was Sie hier vorgetragen haben, ist schon eine schwer verdauliche Kost, aber nicht wegen der Sachpositionen, die Sie vertreten haben. Ich empfinde es geradezu als kühn, wenn Sie im Rahmen Ihrer Ausführungen über die Internationalisierung die Einhaltung der Menschenrechte beschwören, dabei aber völlig verdrängen, dass das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Herrn Fischer den Außenminister stellt. Insbesondere nach dem Parteitag in Karlsruhe finde ich Ihre Haltung fast als zynisch.

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, ich bin überzeugt, dass der Verlauf Ihres Parteitages eine tiefe Zäsur für Ihre Partei bedeuten wird, nicht nur wegen der Führungsstrukturen. Ihre Partei nimmt ständig für sich in Anspruch, Hüter der Moral zu sein. Sie, Frau Paulig, haben das soeben auch wieder getan. Gleichzeitig fassen Sie aber Beschlüsse zum Ausstieg aus der Kernenergie und zum Waffenexport nach dem Motto: „Wir sind dagegen, wichtiger ist aber in jedem Fall, dass wir in der Regierung verbleiben.“ Der Machterhalt ist Ihnen wichtiger als Ihre Prinzipien.

(Beifall bei der CSU)

Das ist der Charakter Ihrer Beschlüsse von Karlsruhe. Man muss sich einmal vor Augen halten, was das bedeutet. Deshalb nehme ich Ihre Reden über solche Dinge nicht mehr ernst.

(Beifall bei der CSU)

Ihnen geht im Zweifelsfall der Machterhalt über die Prinzipien.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist billige Polemik!)

Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu Ihren Äußerungen über Ministerpräsident Koch. Diese Angelegenheit muss zunächst in Hessen geklärt werden. Die Rechtslage ist eindeutig. Es gibt dazu politische Bewertungen, und ich glaube, dass mit dieser öffentlichen Bewertung Roland Koch Unrecht geschieht. Ich bezweifle, dass Sie zu der Kritik legitimiert sind. Herr Koch hat nicht Vorgänge zu verantworten, wie sie bei der Bundestagsfraktion der GRÜNEN vorgekommen sind, die unbestreitbar Fraktionsgelder rechtswidrig eingesetzt hat. Es handelte sich um Millionenbeträge.

(Beifall bei der CSU)

Das war im Zusammenhang mit der Mitarbeiterentschädigung. Es ist unbestritten, dass die Fraktion der GRÜNEN im Europäischen Parlament für rund 6 Millionen DM keine Deckung nachweisen kann. Herr Koch hat nichts Vergleichbares zu verantworten.

(Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist bodenlos!)

Hören Sie also bitte auf, sich in solchen Dingen als moralischer Richter aufzuspielen.

Herr Kollege Glück, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Paulig?

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sprechen nicht die Wahrheit!)

Es stimmt, was ich sage.

Frau Paulig, ich möchte noch eine Bemerkung zu Ihren Äußerungen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Bayern machen. Wenn Ihre Behauptungen wahr wären, dann müssten Ihre früheren und jetzigen Vertreter im Rundfunkrat dies längst zur Sprache gebracht haben. Das haben sie aber in keiner Sitzung des Rundfunkrats getan. Entweder Ihre Vertreter haben in eklatanter Weise ihre Pflicht im Rundfunkrat verletzt, oder aber Sie betreiben Verleumdung. Nur eine von beiden Aussagen kann richtig sein.

(Beifall bei der CSU – Frau Paulig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Es gibt den Daten- und Personenschutz, dem wir uns verpflichtet fühlen!)

Lassen Sie mich zur Föderalismusdebatte kommen. Es ist nur Bewegung in die Föderalismusdebatte gekommen, weil die Staatsregierung und die CSU die Bereitschaft zum Konflikt und zur Auseinandersetzung hatten. Nicht Bayern und die Staatsregierung haben sich isoliert, sondern die SPD und die GRÜNEN in Bayern haben sich in dieser Debatte isoliert.

(Ach (CSU): Wie so oft!)

Die Bewegung innerhalb der SPD ist nicht innerhalb der bayerischen SPD erfolgt, sondern in den Bundesländern, in denen die SPD die Regierungsverantwortung hat.

Dort hat man gemerkt, dass es um elementare Grundstrukturen für die Zukunft unseres Landes geht.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Ich habe nur meine Erklärung zu Maastricht vorgelesen!)

Frau Schmidt, ich will gar nicht im Einzelnen aufrechnen, wer wo wann und was versäumt hat. Natürlich haben Sie damit recht, dass in der Zeit der großen Koalition, im Zusammenwirken von CDU/CSU und SPD mit den Gemeinschaftsaufgaben eine besondere Form des kooperativen Föderalismus entwickelt wurde, die wir heute zu einem beträchtlichen Teil als Fehlentwicklung betrachten.

(Frau Renate Schmidt (SPD): Ich meinte den Artikel 23 des Grundgesetzes, und der geht auf bayerische Initiative zurück.)

Beim Artikel 23 gab es, glaube ich, ein sehr vernünftiges Zusammenwirken. Sie haben dies durchaus zum Ausdruck gebracht. In diesen Fragen dürfen wir nicht nur die Unterschiede betonen, denn wir sind gerade bei Grundgesetzänderungen auf die Zweidrittel-Mehrheit angewiesen. Wir müssen nur klarstellen, wo wir übereinstimmen und wo nicht.

Wenn Sie, wie in verschiedenen Umfragen geschehen, die bayerische Bevölkerung danach fragen, wer für die Interessen Bayerns einsteht und wer mit Bayern identifiziert wird, dann kommt die SPD bei den Menschen nur noch als ein Restposten vor. Wenn danach gefragt wird, wer mit Föderalismus identifiziert wird, wird die CSU genannt, die SPD erscheint gar nicht.

Trotzdem sollten wir, wenn es denn möglich sein sollte, mit der heutigen Debatte einen Schlussstrich unter die Vergangenheitsbewältigung ziehen und versuchen, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Dazu will ich Ihnen ein konkretes Angebot machen. Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung in einer Konkretheit, wie ich sie bislang nicht kannte, einen Katalog für eine künftige Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern vorgestellt. Lassen Sie uns diesen Katalog im zuständigen Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten beraten. Ich hielte es für hervorragend, wenn daraus eine gemeinsame bayerische Initiative entstehen würde. Dann werden wir sehen, wo wir Gemeinsamkeiten haben. Dieser Katalog kann von Ihnen selbstverständlich ergänzt werden. Vielleicht werden wir uns in einigen Punkten auch nicht treffen. Aber nur so können wir in der Sache weiterkommen.