Protocol of the Session on March 22, 2000

Herr Kollege Straßer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Beckstein?

Herr Beckstein wird sicher nachher reden. Dann kann er das, was er sagen will, vorbringen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, am 11. Oktober erhielt das Ministerium diese Information.

(Renate Schmidt (SPD): Am 11. Oktober?)

Ja, am 11. Oktober letzten Jahres.

Frau Ministerin, ich kann Ihnen die Unterlagen geben; ich habe sie da.

Man hätte das also lösen können. Es besteht kein Problem. Das Innenministerium, das Sozialministerium und das Finanzministerium können dies regeln. Es handelt sich nicht um ein Entgelt. Man kann es anders bewerten. So haben es die Baden-Württemberger gemacht.

(Kobler (CSU): Das sind nur Halbwahrheiten!)

Zum Zweiten. Meine Herrschaften, wir unterscheiden uns schon vom Herrn Kobler. Herr Kobler, Sie haben heute bei der mündlichen Anfrage gewusst, was Wahrheit ist. Das haben Sie mitbekommen. Sie hatten da ja etwas behauptet, was in Wirklichkeit anders ausschaut. Wir reden nur von Fakten. Ich habe alles schwarz auf weiß. Über alles andere reden wir nicht.

Der Zielpunkt ist – da sind wir uns vielleicht wieder einig –: Wenn die Rentenversicherungsträger und die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger sagen, es handle sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, sodass eine Zahlungspflicht besteht, dann müssen wir als Erstes diese Argumentation aus dem Weg räumen. Wir müssen sie, wie es auch die BfA sagt, zu einer landesweiten Regelung kommen.

Jetzt komme ich zu dem Thema, zu dem wir heute früh bereits ausführlich etwas gehört haben. Es war ja begeisternd, was wir heute über den Föderalismus gehört haben, darüber, was wir alles tun müssen und tun können. Es war unwahrscheinlich viel. Es hieß, dass wir uns gegen den Zentralismus wehren. Dem stimmen wir zu. Nur, jetzt haben Sie die Möglichkeit, in der Richtung etwas zu tun. Jetzt können Sie handeln, wenn Sie handeln wollen. Jetzt können Sie Ihre föderalen Gedanken beweisen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch nicht in Ordnung, wenn Sie hier heute früh stehen und sagen, wir müssten Föderalismus betreiben und was die Länder alles selber tun müssten, zum Beispiel in der Steuergesetzgebung usw., während Sie am Nachmittag sagen: Nein, wir sind die Ärmsten; wir können nicht, wir wollen nicht, wir dürfen nicht. Nein, Sie können das regeln!

Jetzt sage ich Ihnen ein Beispiel. Lieber Franz Meyer, ich könnte sogar ein Dutzend Beispiele nennen. Schauen wir uns einmal das Feuerwehrgesetz an. Da geht es um Fakten. In den Ausführungsbestimmungen des Feuerwehrgesetzes steht, dass es hier um steuerpflichtige Einkünfte geht. Es ist von Einkünften die Rede. Genau das ist der Punkt, wo es Baden-Württemberg geregelt hat. Dort hat man genau diese Wortwahl getroffen, sodass zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt.

Meine Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen das Nächste. Es gibt einen Kommentar dazu. Da bitte ich darum und fordere die Ministerin auf, dass sie sich daran hält und wirklich darum kämpft, wie es die AOK gemacht hat. Man muss dafür kämpfen und darf nicht immer nur aus parteipolitischen Gründen nach Berlin zeigen. Das ist nicht in Ordnung.

In dem Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrgesetz steht, dass das Problem nicht neu ist. Strittig ist aber die Frage, ob der Kreisbrandrat der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Es ist nicht so, dass das unbekannt wäre und dass das plötzlich aus heiterem Himmel

kommt. Was ich sagte, steht im Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrgesetz. Sie müssen solche Kommentare natürlich lesen und dürfen nicht hergehen, Herr Kobler, und irgendetwas sagen, was nicht stimmt. Strittig ist die Frage, ob der Kreisbrandrat der Versicherungspflicht unterliegt. Dazu steht im Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrgesetz etwas drin, und zwar: Dies ist zu verneinen. Dann verneinen wir es halt gegenüber den Sozialversicherungsträgern! Dann tun wir das halt, was in unserem Gesetz steht!

(Beifall bei der SPD)

Dass das Bayerische Staatsministerium für Arbeit eine Verantwortung hat, geht aus den verschiedenen Unterlagen hervor. Ich habe nachgeblättert und mir viel Mühe gemacht. In früheren Kommentaren und Stellungnahmen der AOK in Bayern steht: Es bestehen keine Bedenken, wenn der Landesverband gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung die Auffassung vertritt, dass Kreisbrandräte in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen.

Es hat schon immer wieder Kontakte gegeben, auch einen Schriftverkehr aus dem Landkreis Neu-Ulm. Darin steht ganz klar: Auch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung sieht derzeit keine rechtliche Möglichkeit, gegen diese Entscheidungsfindung vorzugehen.

Entscheidend sind nach Ansicht des Staatsministeriums – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – die im Bayerischen Feuerwehrgesetz für Führungskräfte vorgegebenen Aufgaben und Befugnisse. Das ist Ihr Kommentar, meine Damen und Herren.

Dann machen wir es halt so, damit es insgesamt passt, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sagen nach wie vor: Ihre Fakten sind falsch. Wir können das im Sinne des Föderalismus auch selber erledigen. Wir fordern Sie auf, liebe Frau Ministerin, hier unverzüglich tätig zu werden. Die Feuerwehrkameraden können nicht noch wochenlang warten, wenn hier auf einer Tischtennisplatte Pingpong gespielt wird. Dazu sind uns die Feuerwehrleute zu schade. Die machen ihre hervorragende Arbeit. Liebe Frau Ministerin, da sind Sie am Zug. Sie haben die Sache hier zu erledigen und zwar zusammen mit dem Finanzministerium und dem Innenministerium. Sie können, wenn Sie wollen!

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Staatsministerin Stamm.

Frau Staatsministerin Stamm (Sozialministerium) : Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Straßer, was Sie hier jetzt geliefert haben,

(Beifall bei der SPD)

ist eine schwer verdauliche Kost.

(Lachen bei der SPD)

Ich bin gespannt, ob Sie jetzt zumindest die Fairness haben, so wie ich Ihnen hier in Ruhe und Geduld zuhören musste, dass Sie das jetzt auch von Ihrem Platz aus tun können,

(Beifall bei der CSU)

damit ich Ihnen einmal ein paar Fakten zu dem geben kann, was Sie gesagt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich bin eigentlich zunächst davon ausgegangen – auch in der Vorbereitung auf die Debatte für den heutigen Nachmittag –, dass uns das ehrenamtliche Engagement von Männern und Frauen in unserer Gesellschaft verbindet. Uns sollte weiter das verbinden, was wir gemeinsam in diesem Hause zur Stärkung des Ehrenamts beitragen können. Davon bin ich ausgegangen.

(Beifall bei der CSU und Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Straßer, nachdem Sie jetzt so viel aus Briefen zitiert haben, werden Sie auch die Geduld haben müssen, eine Reihe von Zitaten aus Schreiben über sich ergehen zu lassen, weil nicht Emotionen, Geschrei und Getöse die Probleme lösen.

(Beifall bei der CSU)

Vielmehr brauchen wir eine Sachlichkeit, damit wir die Dinge gemeinsam aufarbeiten können.

(Maget (SPD): Haben Sie auch Argumente?)

Ja, ich habe Argumente. Warten Sie bitte einmal ab.

Ich zitiere zunächst aus einem Brief, der aus Berlin kam. Darin heißt es – –

(Zurufe von der SPD)

Entschuldigen Sie, ich bin jetzt hier am Rednerpult. Wenn auch ungeheuerliche Angriffe gekommen sind, würde ich es begrüßen, dass Sie zumindest den Anstand haben, ruhig zu sein, zu schweigen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Schmidt, ich lasse diese Angriffe nicht auf mir sitzen.

Ich habe gesagt, ich zitiere jetzt aus einem Brief aus Berlin. Darin heißt es, Herr Kollege Straßer:

Aus meiner Sicht ist die Einbeziehung von Personen in die gesetzliche Sozialversicherung für eine Beschäftigung, in der sie Einkommen erzielen, nicht zu beanstanden.

Dies widerspricht auch nicht der von Ihnen angesprochenen Stärkung des Ehrenamtes. Erhält der Feuerwehrmann für seine nebenberufliche Tätigkeit ein, wenn auch geringes pauschales Entgelt, das die Grenzen der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit übersteigt, liegt jedenfalls begrifflich eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht mehr vor, die typischerweise von Unentgeltlichkeit geprägt ist. Dem besonderen Charakter des kommunalen Engagements trägt die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Freistellung eines nicht unerheblichen Anteils des Entgelts Rechnung. Damit gilt unverändert, dass in einer Vielzahl von Fällen ehrenamtliches Engagement auf kommunaler Ebene sozialversicherungsrechtlich unterstützt wird.

Dies ist ein Schreiben des Bundesarbeitsministers, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zurufe von der SPD: Richtig!)